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22.09.2015 · IWW-Abrufnummer 145389

Oberlandesgericht München: Beschluss vom 19.12.2013 – Verg 12/13

1. Im Hinblick auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs darf der unbestimmte Rechtsbegriff "unverzüglich" nicht zu eng ausgelegt werden, so dass eine Rüge nach § 107 Abs.3 Nr.1 GWB innerhalb von sieben Werktagen noch rechtzeitig sein kann, wobei vieles dafür spricht aus Rechtssicherheitsgründen auf den Eingang der Rüge abzustellen.

2. Wird in der Bekanntmachung eines Verhandlungsverfahrens mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb nach den Bestimmungen der VOF die der Zahl der Wirtschaftsteilnehmer, die zur Angebotsabgabe bzw. Teilnahme aufgefordert werden, auf eine bestimmte Anzahl beschränkt, hat die Vergabestelle sich selbst gebunden und es stellt einen Verstoß gegen das Willkürverbot und das Transparenzgebot eines Vergabeverfahrens dar, wenn die Vergabestelle darüber hinaus einen weiteren Bieter zulässt.

3. Bei der Bewertung der Frage der Vergleichbarkeit der Referenz kommt der Vergabestelle, die regelmäßig über spezifisches Fachwissen und fachliche Erfahrung zum Gegenstand der Ausschreibung verfügt, ein nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu.


Oberlandesgericht München

Beschl. v. 19.12.2013

Az.: Verg 12/13

Tenor:

I.

Die sofortige Beschwerde der Beigeladenen zu 1 gegen den Beschluss der Vergabekammer Südbayern vom 8.10.2013 wird zurückgewiesen.
II.

Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren trägt die Beigeladene zu 1. Im Übrigen tragen die Verfahrensbeteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf EUR 27.550,00 festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsgegnerin beabsichtigt im Rahmen der Errichtung eines Sport- und Freizeitbads samt Parkdeck in F. die Projektsteuerungsleistungen nach § 205 AHO - Projektstufen 1 - 5, Handlungsbereiche A - E zu vergeben.

Eine entsprechende Veröffentlichung erfolgte am 25.04.2013 im Rahmen einer EU-weiten Bekanntmachung im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften unter der Nummer 2013/S 081-1366444 im Wege eines Verhandlungsverfahrens mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb nach den Bestimmungen der VOF. Nebenangebote wurden nicht zugelassen. Der Auftrag wird als Gesamtauftrag vergeben. Mit der Durchführung des Vergabeverfahrens wurde ein Büro für Bau- und Projektmanagement beauftragt. In der europaweiten Bekanntmachung heißt es u.a.:

II.1.5) Kurze Beschreibung des Auftrags oder Beschaffungsvorhabens

Die Stadtwerke beabsichtigen die Errichtung eines Sport- und Freizeitbades mit Sauna-Anlage, Freibad und Parkdeck in F. mit wettkampfgerechtem Sportbecken (Abmessungen 25 x 16 m / = 6 Bahnen), Wettkampf-Kategorie C des DSV, kombiniertem Lehrschwimm- und Freizeitbecken, Kinderbecken sowie angeschlossenem Ganzjahresbecken (Option), Gastronomie und Saunalandschaft. Im Freibad ist der Neubau eines Nichtschwimmerbeckens als Attraktionsbecken und ein Kinderspielplatz geplant. Die jährliche Besucherzahl für das Bad (mit Freibad) ist mit rund 235 000 Gästen (190 000 Badegäste, 20 000 Saunabesucher, 25 000 Schüler- und Vereinssportler) prognostiziert.

III.2.3) Technische Leistungsfähigkeit

...

- Referenzliste über vergleichbare Leistungen hinsichtlich Maßnahmeinhalt und Projektgröße in den letzten 5 Jahren unter Angabe des Auftragsgegenstandes (Projektstufen, Handlungsbereiche, Leistungsinhalte), der Projektkosten, der Ausführungszeit/Projekttermine sowie der Nachweise diese eingehalten zu haben....

IV.1.2) Beschränkung der Zahl der Wirtschaftsteilnehmer, die zur Angebotsabgabe bzw. Teilnahme aufgefordert werden

Geplante Zahl der Wirtschaftsteilnehmer: 3

Objektive Kriterien für die Auswahl der begrenzten Zahl von Bewerbern: Bewertung It. veröffentlichten Kriterien und Bewertungsschema aus Antragsunterlagen. Für den Fall, dass mehr als 3 Bewerber die Kriterien in gleichem Maß erfüllen, entscheidet das Los.

Die Bewerbungsunterlagen wurden von 24 Büros angefordert. Neben der Antragstellerin haben sich sechs weitere Ingenieurbüros bei der Antragsgegnerin fristgerecht mit einem Teilnahmeantrag beworben.

Die Beigeladene zu 3 gab in ihrer Bewerbung folgendes Bauvorhaben mit einem Kostenvolumen von 12,3 Millionen EUR als Referenz an:

Generalsanierung K. B.W.

Generalsanierung,mit Hotellerie, 19.000 m3 BRI, davon 2.561 m2 BGF

Wellnessbereich

3 Schwimmbecken und 1 Außenbecken

Projektstufen: 1 - 5 § 205 AHO

Handlungsbereiche: A - E

Nach Auswertung und Bepunktung der Teilnahmeanträge, wobei die Beigeladenen und die Antragstellerin jeweils die Höchstpunktzahl 24 für ihre Referenzen erhielten, ergab sich folgende Reihenfolge aller Bewerber:

1.


Antragstellerin


100 Punkte

2.


Beigeladene zu 2)


99 Punkte

3.


Beigeladene zu 3),


99 Punkte

4.


Beigeladene zu 1)


98 Punkte

5.


weiterer Bewerber


88 Punkte

6.


weiterer Bewerber


26 Punkte

7.


weiterer Bewerber


25 Punkte

Die Antragstellerin sowie die Beigeladenen zu 1 - 3 wurden mit Schreiben vom 1.7.2013 von der Antragsgegnerin zur Teilnahme am Verhandlungsgespräch am 01.08.2013 nach § 11 VOF und Abgabe eines Angebots aufgefordert.

Die Wertung des Verhandlungsgespräches ergab 33,59 Punkte für die höchstbewertete Beigeladene zu 1 und 26,30 Punkte für die drittplatzierte Antragstellerin.

Die Teilnehmer wurden im Anschluss an die Gespräche über das Resultat in Kenntnis gesetzt.

Die Antragstellerin erhielt nach telefonischer Rücksprache am 7.8.2013 ein E-Mail mit der Auflistung ihrer Bewertungen pro Tagesordnungspunkt.

Mit Schreiben vom 9.8.2013 rügte die Antragstellerin u.a., dass vier Bieter zu der Angebotsabgabe aufgefordert worden seien.

Nachdem die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 13.8.2013 die Rügen zurückgewiesen hatte, beantragte die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 14.8.2013 die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens, mit dem Ziel, dass das Vergabeverfahren in den Stand vor der Aufforderung zur Verhandlung zurückversetzt wird.

Die Antragstellerin führte zur Begründung aus:

Entgegen der Bekanntmachung seien vier Bieter zur Angebotsabgabe aufgefordert worden, mit der Folge, dass die Beigeladene zu 1 an den Verhandlungsgesprächen nicht hätte teilnehmen dürfen. Die Antragstellerin habe davon erst am 7.8.2013 Kenntnis erlangt.

Die Antragsgegnerin wandte sich gegen den Nachprüfungsantrag und nahm wie folgt Stellung:

Die Vergabestelle habe lediglich die Mindestanzahl von drei Bietern bekannt gemacht, und habe diese Anzahl nach oben hin überschreiten, aber gemäß 10 Abs. 4 S.1 VOF nicht unterschreiten dürfen. Die Antragstellerin habe bereits am 2.8.2013 im Rahmen eines Pressegesprächs Kenntnis erlangt, dass an dem Verhandlungsverfahren vier Firmen teilnehmen. Die Rüge sei daher nicht unverzüglich im Sinne von § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB erfolgt.

Die Beigeladene zu 1 beantragte, den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen und trug vor:

Die Antragstellerin hätte aufgrund Vorbefassung vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werden müssen, da sie am Architektenwettbewerb für das Vorhaben beteiligt gewesen sein. Der Teilnahmeantrag sei fehlerhaft ausgewertet worden. Der im Kriterium 8.5 vorgenommene Punktabzug sei nicht nachvollziehbar.

Die Vergabekammer gab dem Nachprüfungsantrag mit Beschluss vom 8. Oktober 2013 mit folgendem Tenor statt:

Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, soweit diese ihre Vergabeabsicht beibehält, das Verhandlungsverfahren unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer in den Stand vor der Aufforderung zur Verhandlung zurückzusetzen, die ersten drei Bewerber aus dem öffentlichen Teilnahmewettbewerb zur Angebotsabgabe aufzufordern und eine erneute Wertung durchzuführen.

Die Vergabekammer führte zur Begründung aus:

Die Rüge sei nicht verspätet. Die Ausschreibung sei so auszulegen, dass nur drei Teilnehmer zu dem Verhandlungsverfahren zugelassen werden. Es liege ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und das Transparenzgebot vor. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Präsentation der nichtteilnahmeberechtigten Beigeladen zu 1 die Bewertung der weiteren Angebote beeinflusst habe.

Die Antragstellerin hätte nicht zwingend aus dem Verfahren wegen Vorbefassung ausgeschlossen werden müssen. Ob ein Vorteil durch die Teilnahme an dem vorangegangenen Architekturwettbewerb bestehe, sei eine Frage des Einzelfalles. Vorliegend sei für die Antragstellerin für den Teilnahmewettbewerb kein Wissensvorsprung zu erkennen.

Hinsichtlich der Angebotsabgabe und des Verhandlungsverfahrens habe für die Antragstellerin ein deutlicher Wissensvorsprung gegenüber den weiteren Beteiligten bestanden, da sie spätestens seit dem 5. Juli 2013 die Arbeiten des Architektenwettbewerbs gekannt habe und daher in der Lage gewesen sei, ein präziseres Honorarangebot zu kalkulieren. Auch sei nur der Antragstellerin das Energiekonzept bekannt gewesen. Die Antragsgegnerin sei durch die Übersendung einer CD mit den Auslobungsunterlagen zum Architektenwettbewerb ihrer Verpflichtung nicht in ausreichendem Maße nachgekommen, da dadurch nicht sämtliche Wissensvorteile ausgeglichen worden seien. Auch die Übersendung der Ergebnisse des Architektenwettbewerbes einen Tag vor Ende der Abgabefrist, habe den Wissensvorsprung der Antragstellerin gegenüber den Beigeladenen nicht in ausreichendem Maße ausgleichen können.

Da die Beigeladene zu 1 den Wettbewerb gewonnen habe, habe sich die Vorbefassung der Antragstellerin zu ihren Lasten nicht wettbewerbsverzerrend ausgewirkt. Bei einer Wiederholung des Wettbewerbers müsse allerdings die Antragsgegnerin den Wissensvorsprung der Antragstellerin durch geeignete Maßnahmen ausgleichen.

Die Prognoseentscheidung der Antragsgegnerin, die Beigeladene zu 3 aufgrund ihrer vorgelegten Referenzen und ihrer sonstigen Ausführungen im Teilnahmewettbewerb für geeignet zu halten, sei nicht zu beanstanden. Bei der Wertung der Teilnahmeanträge stehe der Vergabestelle ein Beurteilungsspielraum zu, der von den Nachprüfungsinstanzen nur eingeschränkt überprüfbar sei. Die Entscheidung erscheine angesichts des Auftragsvolumens der Referenz als vertretbar, auch wenn das Büro B. festgestellt habe, dass die Kosten des Hotels und der Badeanlage nicht trennbar seien.

Hiergegen wendet sich die Beigeladene zu 1 mit ihrer sofortigen Beschwerde.

Die Beigeladene zu 1 trägt vor:

Der Nachprüfungsantrag sei unzulässig, weil die Antragstellerin die Teilnahme der Beigeladenen zu 1 an der 2. Stufe des Verhandlungsverfahrens nicht unverzüglich beanstandet habe. Die Antragstellerin habe erst mit Zugang am 12.08.2013 und somit verspätet eine rechtlich einwandfreie Rüge erhoben.

Es stehe fest, dass zwischen Herrn V. und Herrn B. schon am 02.08.2013 ein Gespräch stattgefunden und Herr V. auf Nachfrage die Einladung von vier Bewerbern bestätigt habe. Ihrer Rügeobliegenheit sei die Antragstellerin in dem Gespräch am 02.08.2013 nicht nachgekommen. Die Äußerung von Herrn B., dass die Einladung von vier Bewerbern ein "Vergabeverstoß" sei, könne nicht als rechtlich relevante Rüge im Sinne von § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB qualifiziert werden, da Herr B. gegenüber der Vergabestelle nicht habe erkennen lassen, dass er die Beseitigung des Vergaberechtsfehlers erwarte. Als empfangsbedürftige Willenserklärung sei die Rüge erst am 12.08.2013 der Antragsgegnerin zugegangen, § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB. Zwar sei das Rügefax am Freitag, dem 09.08.2013, um 14.28 Uhr abgesetzt worden. Diese Übermittlungszeit liege aber deutlich nach Dienstschluss bei der Antragsgegnerin. Die Rüge sei verspätet, da zwischen dem Gespräch am 02.08.2013 und der Rüge volle 10 Kalendertage liegen würden. Dieser Zeitraum sei selbst bei einer großzügigen Auslegung des Merkmals der "Unverzüglichkeit" im Sinne von § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB als zu lang anzusehen.

Die Antragsgegnerin habe die Beigeladen zu 1 den Verhandlungsgesprächen einladen dürfen, da die Klausel dahingehend zu verstehen sei, dass die Antragsgegnerin nur verpflichtet gewesen sei, die ersten Drei einzuladen und es im übrigen ihr freigestanden habe, weitere Bieter zur Teilnahme aufzufordern.

Selbst wenn, seien durch die Teilnahme der Beigeladenen zu 1 die Auftragschancen der Antragstellerin nicht beeinträchtigt worden. Die notwendige Kausalität zwischen dem Vergabeverstoß und der Beeinträchtigung der Auftragschancen könne nicht festgestellt werden. Eine Beeinträchtigung der Auftragschancen der Antragstellerin könne nicht allein damit begründet werden, dass die prozentuale Zuschlagschance der Antragstellerin sich verringert hätten. Rechtlich unerheblich sei auch die Überlegung, ob die Antragstellerin in einer Neuauflage der Verhandlungsphase ohne Teilnahme der Beigeladenen zu 1 bessere Erfolgsaussichten hätte. Wäre die Beigeladene zu 1 nicht zur Abgabe eines Angebotes aufgefordert worden, so hätte sich an dem konkreten Inhalt des Angebotes der Antragstellerin nichts geändert. Anders als die Vergabekammer meine, gebe es keine Logik, die besage, dass eine schlechte Präsentation und die daraus resultierende Abwertung darauf zurückzuführen sei, dass die Konkurrenten besser präsentiert hätten. Erfahrungsgemäß sei im Rahmen der Bewertung einer Präsentation regelmäßig eine Vielzahl von Gründen für eine Abwertung ausschlaggebend, ohne dass dies auf einer besseren Präsentation der anderen Bewerber beruhe. Die von der Antragsgegnerin vorgenommenen Abwertungen beruhten nicht auf der Präsentation der Beigeladenen zu 1, sondern seien einzig und allein auf die Defizite der präsentierten Angebotsinhalte der Antragstellerin zurückzuführen.

Der Nachprüfungsantrag sei jedenfalls unbegründet, weil die Beigeladene zu 1 im Ergebnis zu Recht von der Antragsgegnerin zur Angebotsabgabe aufgefordert worden sei. Denn die Beigeladene zu 1 habe zu den drei besten Bewerbern aus dem Teilnahmewettbewerb gehört, da der Teilnahmeantrag der Beigeladenen zu 3 mangels Eignungsnachweis ausgeschlossen hätte werden müssen. Die vorgelegte Projektreferenz "K. Bad W." der Beigeladenen zu 3 sei fehlerhaft gewertet worden.

Die Antragsgegnerin habe offensichtlich den Maßstab der Vergleichbarkeit verkannt, indem sie das "K. Bad W." als vergleichbare Projektreferenz gewertet habe. Das "K. Bad W." sei keine "sonstige Sportstätte" und schon gar nicht ein "Sport- und Freizeitbad" im Sinne der Vorgaben der Antragsgegnerin. Das K. Bad W. sei dagegen ein Wellnesshotel bzw. ein Kneipp- und Naturheilzentrum - und eben definitiv keine Sportstätte.

Es sei vergaberechtlich grob fehlerhaft, dass die Projektreferenz "K. Bad W." von der Beraterin der Antragsgegnerin mit der maximalen Punktzahl von 6 Punkten bedacht worden sei. Das "K. Bad W. " sei kein "Freizeitbad mit Ganzjahresbetrieb mit Außen- und Innenwasserflächen" und Baukosten von mehr als 10 Mio. EUR.

Unterstelle man einmal (fälschlicherweise) die Vergleichbarkeit dieser Projektreferenz, dann sei hier allenfalls nur der SPA-Bereich des "K." wertungsrelevant. Nur die insoweit relevanten Projektkosten könnten — wenn überhaupt — in die Wertung einfließen. Die Beigeladene zu 3 habe offensichtlich nur die Gesamtkosten für Hotelanlage plus SPA-Bereich in dem Referenzschreiben angegeben. Demgegenüber hätten die Kosten für Hotel einerseits und SPA-Bereich andererseits hier getrennt ausgewiesen werden müssen, um die Referenz überhaupt wertbar zu machen. Allenfalls würden sich für den allein wertungsrelevanten SPA-Bereich Projektkosten von nur 3,7 Mio. EUR bzw. nur 4,81 Mio. EUR errechnen. Die offensichtlich vollkommen willkürliche und grob rechtswidrige Wertung der Projektreferenz der Beigeladenen zu 3 könne keinen Bestand haben.

Die Beigeladene zu 1 beantragt:

1.

Der Beschluss der Vergabekammer Südbayern vom 08.10.2013 wird aufgehoben. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin vom 14.08.2013 wird zurückgewiesen.
2.

Hilfsweise: Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, die im Verfahren abgegebenen Angebote unter Ausschluss des Teilnahmeantrages der Beigeladenenzu 3 neu zu werten.
3.

Hilfsweise: Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, die im Verfahren abgegebenen Angebote unter Ausschluss des Angebotes der Antragstellerin neu zu werten.

Die Antragsgegnerin, die keinen Antrag gestellt hat, trägt vor:

Der Nachprüfungsantrag sei unzulässig und unbegründet, soweit die Antragstellerin gerügt habe, dass die Antragsgegnerin die Beigeladene zu 1 zur Abgabe eines Angebotes in dem Verhandlungsverfahren aufgefordert habe.

Die Antragstellerin habe am 02.08.2013 von dem Vergabeverstoß gewusst. Eine Rüge i.S.d. § 107 Abs.3 S. 1 GWB sei jedoch in dem Gespräch am 2.8.2013 nicht erhoben worden, da keine Abhilfe verlangt worden sei. Auch habe der Zeuge B. erklärt, dass er erst am darauffolgenden Mittwoch (dem 07.08.2013) die Entscheidung zur Rüge getroffen habe. Die Vornahme der Rüge wäre daher im konkreten Fall, vor dem 09.08.2013 und erst recht, vor dem Zugang der Rüge am 12.08.2013 angemessen und möglich gewesen.

Ein Verstoß gegen § 12 Abs.1 und 2 VOF sei nicht gegeben.

Der Antragstellerin sei kein Schaden durch den Vergabeverstoß entstanden.

Die Festlegung einer Zahl in der Bekanntmachung habe nicht den Sinn hat, den ausgewählten Bewerbern eine gewisse "prozentuale" Chance auf den Auftrag zu sichern. Tatsächlich habe die Antragstellerin bei der Durchführung des Verhandlungsverfahrens bis zur endgültigen Entscheidung die gleiche Ausgangsposition und Wertungschance, wie ihre Mitkonkurrenten gehabt.

Die Antragstellerin habe bei allen Kriterien hinter der Beigeladenen zu 1 und auch hinter der Beigeladenen zu 2 gelegen. Dies habe auch für das Honorarangebot gegolten und somit auch bei den Kriterien, die unabhängig von einer gelungenen Präsentation gewesen seien. Der Abstand zur Beigeladenen zu 2 sei zu groß gewesen, als dass die Antragsstellerin Aussicht auf den Auftrag gehabt hätte, selbst wenn die Beigeladene zu 1 nicht eingeladen worden wäre.

Obgleich die Antragsgegnerin, sich hinsichtlich der Einschätzung der vorgelegten Referenz der Beigeladenen zu 3 angeschlossen habe, könnten Zweifel an der Richtigkeit der Punktevergabe für dieses Referenzprojekt bestehen. Eine ausdrückliche Begrenzung auf zumindest Sportanlagen, könne in den Kriterien nicht gesehen werden. Die Zweifel bezögen sich darauf, ob der Schwerpunkt des Referenzprojekts tatsächlich auf dem Badbereich liege und es tatsächlich im technischen als auch organisatorischen Bereich einen zumindest gleichen Schwierigkeitsgrad aufweise.

Die Voraussetzungen für einen Ausschluss der Antragstellerin wegen Vorbefassung seien nicht gegeben, da durch die Vorbefassung keine Wettbewerbsverzerrung eingetreten sei.

Die Antragstellerin beantragt:

Die von der Beigeladenen zu 1 mit der Einlegung der sofortigen Beschwerde vom 23.10.2013 gestellten Anträge werden zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt vor:

Die Antragstellerin sei mit ihrer Rüge, die Antragsgegnerin habe entgegen eigener Vorgaben vier statt drei Bieter eingeladen, nicht gemäß § 107 Abs.3 S.1 Nr.1 GWB präkludiert. Die Vorschrift sei wegen Unvereinbarkeit mit Unionsrecht nicht anwendbar. Selbst wenn, sei die Rüge am 2.8.2013 oder mit Email am 9.8.2013 unverzüglich erhoben worden. Die Antragsteller habe in dem Gespräch am 2.8.2013 die Einladung von vier Teilnehmern gerügt. Der Zeuge B. als vertretungsberechtigter Bevollmächtigter habe im Gespräch am 02.08.2013 geäußert, die Aufforderung an vier Bieter sei vergaberechtswidrig. Dies stelle eine den Anforderungen des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB genügende Rüge dar. Grundsätzlich sei eine mündliche Rüge ausreichend.

Sollte der Senat § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB anwenden und damit die Frage der Unverzüglichkeit der Rüge prüfen, so sei festzuhalten, dass die Rüge mit Schreiben vom 09.08.2013 unverzüglich i.S.d. Vorschrift erfolgt sei. Es komme zur Beantwortung der Frage der Rechtzeitigkeit der Rüge i.S.v. § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB auf die Unverzüglichkeit der Absendung an. Zudem sei zur Berechnung der Frist i.S.d. Vorschrift auf Werktage abzustellen. Es werde bei durchschnittlichen Fällen als Richtschnur eine Zeitspanne von 5-7 Werktagen als angemessen angesehen. Lege man die Anzahl der Werktage zu Grunde, so sei hier die Rüge sogar bereits nach fünf Werktagen abgesendet worden, so dass die Regelrügefrist in jedem Fall gewahrt sei.

Der Nachprüfungsantrag sei auch insoweit begründet, als die Antragstellerin durch die vergaberechtswidrige Aufforderung von vier Bietern zur Angebotsabgabe in ihren subjektiven Rechten i.S.d. § 97 Abs. 7 GWB verletzt sei. Die Aufforderung von vier Bietern zur Angebotsabgabe stelle einen Vergaberechtsverstoß dar. Es sei nicht ausgeschlossen, dass die Zuschlagsentscheidung bei Ausschluss der Beigeladenen zu 1 zu Gunsten der Antragstellerin ausgefallen wäre. Das Erfordernis einer Kausalität dergestalt, dass mit Sicherheit feststehen müsse, dass ohne den Vergabeverstoß die Antragstellerin den Zuschlag erhalten hätte, sei weder aus dem Wortlaut des GWB noch aus dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung abzuleiten. Aufgrund der hier vorliegenden Konstellation, dass der Vergabeverstoß sich auf eine Wertungs- und Ermessensentscheidung der Vergabestelle auswirke, sei hier eine Beeinträchtigung der Auftragschancen der Beschwerdegegnerin zumindest nicht von vornherein ausgeschlossen.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung die seitens der Antragsgegnerin an dem Verhandlungsverfahren beteiligten Andreas V. und Frank S. als Zeugen vernommen und den Prokuristen der Antragstellerin Herrn Wilhelm B. befragt.

II.

Die zulässige Beschwerde der Beigeladenen zu 1 erwies sich in den Haupt- und Hilfsanträgen als unbegründet.

Die Beschwerde war zurückzuweisen, da die Beigeladene zu 1 unter Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften und Grundsätze zu dem Verhandlungsverfahren geladen wurde und die Antragstellerin dadurch in ihren Rechten verletzt wurde (§ 97 Abs.7 GWB)

A. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist auch insoweit zulässig, als sie die Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften wegen der Beteiligung von vier Bietern an dem Verhandlungsverfahren rügt. Die Antragstellerin hat die Rüge rechtzeitig im Sinne von § 107 Abs. 3 S.1 Nr.1GWB erhoben.

I. Der Senat lässt offen, ob die Vorschrift nach der Entscheidung des EuGH vom 28.1.2010 - Rs. C- 406/08 noch anwendbar ist (so OLG Dresden vom 7.5.2010 - WVerg 6/10 und OLG Rostock vom 20.10.2010 - 17 Verg 5/10) oder dem Europarecht widerspricht (so OLG Celle vom 4.3.2010 - 13 Verg 1/10). Jedenfalls aber lässt sich der EuGH-Entscheidung entnehmen, dass der Primärrechtsschutz nicht durch zu unklare Anforderungen verhindert werden soll. Das bedeutet auch, dass bei einer Auslegung von unbestimmten Rechtsbegriffen nicht zu kleinlich zu verfahren ist (vgl. OLG München vom 6.8.2012 - Verg 14/12).

II. Unverzüglich bedeutet gemäß § 121 BGB "ohne schuldhaftes Zögern". In der vergaberechtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass zur Abklärung, ob eine Rüge - und damit nachfolgend ein Nachprüfungsantrag - eingereicht werden soll, der Rat eines Anwalts eingeholt werden bzw. dem Bieter eine Überlegungsfrist zuzubilligen ist. Dies ist in Anbetracht der nicht leicht zu durchschauenden rechtlichen Fragen und der nicht unerheblichen finanziellen Folgen, welche sich an die Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens knüpfen, auch berechtigt.

III. Der Senat geht nach der Beweisaufnahme davon aus, dass die Antragstellerin im Gespräch am Freitag, den 2.8.2013, Kenntnis davon erlangt hat, dass die Antragsgegnerin vier Teilnehmer zu dem Verhandlungsverfahren zugelassen und der Prokurist der Antragstellerin, Dipl. Ing. B., dies gegenüber seinem Gesprächspartner als einen Vergaberechtsverstoß bezeichnet hat. Die Beweisaufnahme hat aber keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Antragstellerin bereits vor diesem Zeitpunkt von der Zahl der zugelassenen Bieter Kenntnis hatte. Auch wenn nach der Aussage des Zeugen V. Herr B. zugleich nach Mitteilung, dass sein Büro nicht berücksichtigt worden sei, die Frage nach der Teilnehmerzahl gestellt hat, kann daraus nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit der Schluss gezogen werden, dass die Antragstellerin vor der Präsentation oder noch früher Kenntnis hatte.

IV. Es kann nach Auffassung des Senates dahingestellt bleiben, ob Dipl.Ing B. als Bevollmächtigter der Antragstellerin durch die Wortwahl Vergaberechtsverstoß bereits eine Rüge im Sinne von § 107 erhoben hat und ob die Rüge unverzüglich abgesendet, eingegangen oder zugegangen sein muss, da zwischen der Kenntnis des Vertreters der Antragstellerin am Freitag den 2.8.2013 und der belegten Kenntnisnahme der Vergabestelle am 12.8.2013 um 8:43 Uhr (Weiterleitung des Rügeschreibens) 7 Werktage liegen und die Rüge auch unter Zugrundelegung dieser Berechnung noch unverzüglich war.

V. Unter Anwendung der obigen Grundsätze reicht eine Rüge innerhalb von sieben Werktagen ab Kenntnisnahme noch aus. Der Antragstellerin war eine Überlegungsfrist einzuräumen. Der Zeuge B. war nicht Geschäftsführer der Antragstellerin, es bedurfte einer Abstimmung mit dem Geschäftsführer und einer Überprüfung der Rechtslage. Es kann auch nicht ohne weiteres unterstellt werden, dass die erforderlichen Abstimmungen im Hause der Antragstellerin vor Beginn der folgenden Woche erfolgen konnten. Berücksichtigt man weiter, dass die Rüge per Fax am Freitag, den 9.8.2013 um 14.28 Uhr bei der Antragsgegnerin einging, dass im Hinblick auf die Rechtsprechung des EuGH der unbestimmte Rechtsbegriff "unverzüglich" nicht zu eng ausgelegt werden darf, liegt, selbst wenn auf einen Zugang erst am Morgen des 12.8.2013 abzustellen ist, nach Bewertung des Senates noch eine unverzügliche Rüge vor. Stellt man - nach Auffassung des Senats zutreffender - auf den Eingang der Rüge ab, liegen zwischen der Kenntniserlangung und Erhebung nur 6 Werktage.

VI. Die von den Parteien aufgeworfene Frage, ob auf den Zeitpunkt der Absendung (§ 121 Abs.1 S.2 BGB), auf den Eingang oder den Zugang abgestellt werden (vergleiche zur Unterscheidung Palandt/Ellenberger BGB, 72. Auflage § 130 Rn.7) ist daher entscheidungsunerheblich. Nach Auffassung des Senates sprechen Gründe der Rechtssicherheit und die Funktion des § 107 Abs.3 Nr.1 GWB als prozessuale Ausschlussfrist dafür, auf den Eingang der Rüge abzustellen (vgl. Dicks in Ziekow/Völlink Vergaberecht § 107 GWB Rn.47 Fn.180; Wiese in Kulartz/Kus/Portz GWB § 107 Rn.107). Anzumerken ist, dass die von der Beigeladenen zu 1 zitierte Entscheidung des Oberlandesgerichts Rostock (NJW-RR1998, 526 [OLG Rostock 24.09.1997 - 5 U 23/96]) nicht einschlägig ist, da diese Entscheidung sich mit der Annahme eines Angebotes eines Bauunternehmers außerhalb eines Vergabeverfahrens nach den allgemeinen Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches zu befassen hatte.

B. Die Beigeladene zu 1 wurde zu Unrecht zu dem Verhandlungsverfahren eingeladen, da die Teilnehmerzahl auf drei beschränkt war, die Beigeladene zu 1 lediglich den vierten Platz belegt hat und auch nicht durch Ausschluss der Antragstellerin und/oder einer Neubewertung der Beigeladenen zu 3 auf den dritten Platz des Teilnahmewettbewerbes vorrücken konnte.

I. Der Senat stimmt der Vergabekammer zu, dass in der Bekanntmachung die Zahl der Teilnehmer auf drei beschränkt wurde und es sich insoweit nicht um eine Mindestteilnehmerzahl handelte.

II. Die Klausel IV.1.2 der Auftragsbekanntmachung ist in ihrer Gesamtheit auszulegen. Auch wenn die Formulierung "geplante Zahl" noch dafür spricht, dass die Vergabestelle sich nicht selbst binden will, wird durch den weiteren Satz (...Los entscheidet) hinreichend klar, dass die Teilnehmerzahl bindend auf drei Bieter beschränkt wird. Eine andere Auslegung dieser Klausel ist mit dem Gesamtwortlaut unvereinbar. Die Vergabestelle hat sich insoweit selbst gebunden und es stellt einen Verstoß gegen das Willkürverbot und das Transparenzgebot eines Vergabeverfahrens dar, wenn die Vergabestelle einen vierten Bieter zulässt.

III. Die Beigeladene zu 3 war nicht aus dem Teilnahmewettbewerb auszuschließen bzw. die vorgelegten Referenzen nicht mit einer geringeren Punktzahl zu bewerten.

1. Vergleichbar ist eine Referenzleistung mit der ausgeschriebenen Leistung, wenn sie dieser so weit ähnelt, dass sie einen tragfähigen Rückschluss auf die Leistungsfähigkeit des Bieters für die ausgeschriebene Leistung eröffnet, d.h. die Referenzen den hinreichend sicheren Schluss zulassen, dass der Bieter über die für die Durchführung des Auftrags erforderliche Fachkunde und Leistungsfähigkeit verfügt. Bei der Bewertung der Frage der Vergleichbarkeit der Referenz kommt der Vergabestelle, die regelmäßig über spezifisches Fachwissen und fachliche Erfahrung zum Gegenstand der Ausschreibung verfügt, ein nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Öffentliche Aufträge sind, um dem öffentlichen Auftraggeber eine möglichst kostengünstige Beschaffung zu ermöglichen, im Wettbewerb der Bieter zu vergeben (vgl. § 97 Abs. 1 GWB). Eine zu restriktive Auslegung des Merkmals Vergleichbarkeit birgt die Gefahr in sich, dass, was wettbewerbsfeindlich wäre, faktisch abgeschlossene Teilmärkte entstehen: da ein Newcomer keine vergleichbaren Referenzen vorlegen kann, erhält er den Auftrag nicht und weil er den Auftrag nicht erhalten hat, kann er auch bei zukünftigen Ausschreibungen keine vergleichbare Referenz vorlegen (OLG München vom 12.11.2012 Verg 23/12; Kulartz in Kulartz/Kus/Portz GWB § 91 Rn.116).

2. Nach Auffassung des Senats ist die Wertung der Antragsgegnerin auf Grundlage der vorgelegten Referenz und der von der Antragsgegnerin vorgenommen Nachfrage hinsichtlich des Kostenvolumens unter Anwendung dieser Grundsätze nicht zu beanstanden.

3. Bei der Entscheidung, ob der Beurteilungsspielraum eingehalten wurde, ist zu überprüfen, ob auf Grundlage der zum Zeitpunkt der Entscheidung bestehenden Erkenntnisse der Beurteilungsspielraum so eingeengt war, dass die Vergleichbarkeit verneint hätte werden müssen oder ob der Antragsgegnerin vorgeworfen werden kann, dass die Tatsachengrundlage für die Entscheidung nicht ausreichend war bzw. noch nicht bejaht hätte dürfen.

a) Die Referenz der Beigeladenen genügt zunächst den formellen Anforderungen und enthielt die in der Bekanntmachung geforderten Angaben. Das Projekt wurde ausweislich der Bestätigung der K. Stiftungen vom 22.5.2013 im Januar 2009 und somit innerhalb der letzten fünf Jahre vor Einreichung des Teilnahmeantrags abgeschlossen.

b) Eine Vergleichbarkeit setzt keine Identität der Vorhaben hinsichtlich Umfang und Durchführung voraus, so dass sich zwangsläufig Unterschiede zwischen der Referenz und dem Vorhaben aufführen lassen und je nach Perspektive, die Unterschiede oder Gemeinsamkeiten in den Vordergrund gestellt werden können.

c) Die Referenz der Beigeladenen zu 3 war nicht bereits als nicht vergleichbar einzustufen, weil das Vorhaben eine Generalsanierung mit Hotellerie, Wellnessbereich, drei Schwimmbecken und einem Außenbecken betroffen hat. Dieses Vorhaben wies hinsichtlich der Errichtung von Schwimmbecken, dem Bau eines Außenbeckens, Wellnessbereich und der Einrichtung einer Gastronomie Gemeinsamkeiten mit dem Beschaffungsvorhaben auf. Unterschiede ergaben sich hinsichtlich der Nutzung einerseits als ein öffentliches Sport- und Freizeitbad mit wettkampfgerechten Sportbecken und andererseits als Schwimmbad und Wellnessbereich eines Hotels ohne angegebene Verwendung als Sportbecken. Nach Auffassung des Senates sind die Unterschiede, die sich aus den Angaben der Referenz und der Beschreibung des Bauvorhabens ergeben, nicht derart gewichtig, dass eine Vergleichbarkeit von vorneherein ausgeschlossen ist.

d) Die Antragsgegnerin hat nur wegen der Projektkosten bei der Referenzgeberin nachgefragt und die Auskunft erhalten, dass die Kosten nicht getrennt werden können. Da aus den Gesamtkosten von ca.12 Millionen EUR ersichtlich war, dass es sich um ein umfangreiches Bauprojekt gehandelt hat, ist es nachvollziehbar, dass der Antragsgegnerin diese Mitteilung genügt hat.

e) Nach Auffassung des Senates kann der Antragsgegnerin nicht vorgeworfen werden, vor ihrer Entscheidung keine weiteren Angaben zu dem Referenzobjekt eingeholt zu haben. Die Nutzung des Referenzobjekts, die genaue Größe und Tiefe der Schwimmbecken, die möglichen Öffnungszeiten und erwartete Besucheranzahl stehen nicht im unmittelbaren Zusammenhang zwischen der von der Beigeladenen zu 3 angebotenen Leistung (Projektstufen 1-5 nach § 205 AHO), als dass die Beachtung der Unterschiede hinsichtlich der Nutzung, Besucheranzahl, Öffnungszeiten, Beckengröße und geplanter Wassertemperatur für die Prognose, dass der Bieter über die für die Durchführung des Auftrags erforderliche Fachkunde und Leistungsfähigkeit verfügt, unerlässlich ist.

f) Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Antragsgegnerin bei der Einstufung der Referenz als vergleichbar und bei der Bewertung ihren Beurteilungsspielraum nicht überschritten hat, da die Gemeinsamkeiten des Beschaffungsvorhabens und der Referenz ausreichen, um eine Vergleichbarkeit zu bejahen.

IV. Die Antragstellerin war weder von dem Teilnahmewettbewerb noch dem Verhandlungsverfahren wegen Vorbefassung auszuschließen.

1. Nach der Rechtsprechung des Senates (OLG München vom 25.7.2013- Verg 7/13) sind folgende Grundsätze zu beachten: Nach § 4 Abs. 5 VOF haben die Auftraggeber dann, wenn Bewerber oder Bieter vor Einleitung des Vergabeverfahrens Auftraggeber beraten oder sonst unterstützt haben, sicherzustellen, dass der Wettbewerb durch die Teilnahme dieser Bewerber oder Bieter nicht verfälscht wird. Diese Vorschrift beruht letztlich auf der Entscheidung des EuGH vom 3.3.2005 - C-21/03 und 34/03 -Fabricom. In dieser Entscheidung hat der EuGH ausgeführt, dass die Beteiligung von Projektanten grundsätzlich als Gefährdung eines ordnungsgemäßen Wettbewerbs angesehen werden müsse, da ein solcher Projektant entweder bei der Abgabe seines Angebots aufgrund seines Informationsvorsprungs begünstigt sei oder er bei der Vorbereitung des Ausschreibungsverfahrens die Bedingungen für die Erteilung des Auftrags in einem für ihn günstigen Sinn beeinflussen könne. Doch sei ein genereller Ausschluss eines solchen Bieters unverhältnismäßig; vielmehr müsse im konkreten Einzelfall geprüft werden, ob durch die Vorbefassung des Bieters der Wettbewerb tatsächlich verfälscht worden sei. Nur in diesem Fall könne sein Angebot ausgeschlossen werden. Ein vorbefasster Bieter kann daher nur dann vom Wettbewerb ausgeschlossen werden, wenn durch seine Teilnahme der Wettbewerb verfälscht wird.

2. Die Vorschrift des § 4 Abs. 5 VOF umfasst jede Tätigkeit im Vorfeld eines Vergabeverfahrens, die einen Bezug zum konkreten Vergabeverfahren aufweist (Völlink in Ziekow/Völlink Vergaberecht § 6a VOB/A Rn. 24).

3. Erscheint eine konkrete Wettbewerbsverfälschung bei objektiver Betrachtung der Leistung möglich, obliegt dem betreffenden Unternehmen der Nachweis, dass ihm durch die Vorbefassung kein ungerechtfertigter Vorteil erwachsen ist (OLG Brandenburg vom 19.12.2011 - VergW 17/11). Dem Auftraggeber obliegt die Verpflichtung, den Wissensvorsprung des einen Bieters auszugleichen durch Information aller anderen Bieter (OLG Düsseldorf vom 13.8.2008 - Verg 28/08; OLG München vom 10.2.2011 - Verg 24/10). Welche Egalisierungsmaßnahme im Einzelfall erforderlich ist, entscheidet der öffentliche Auftraggeber nach pflichtgemäßem Ermessen (Völlink a.a.O Rn. 25).

4. Die Vergabekammer hat zutreffend eine Vorbefassung der Antragstellerin bejaht, da die Antragstellerin an der Auslobung und der Auswertung des vorangegangenen Architektenwettbewerbs beteiligt war. Die Antragstellerin hatte im März 2013 die Unterlagen für den Architektenwettbewerb erstellt und ab dem 5.7.2013 Kenntnis von den eingegangenen Wettbewerbsbeiträgen.

5. Die Vergabekammer hat zutreffend einen wettbewerbsverzerrenden Wissensvorsprung der Antragstellerin für den Teilnahmewettbewerb verneint.

6. Die Antragstellerin kannte zum Zeitpunkt der Abgabe des Teilnehmerantrags (21.5.2013) nur die Auslobungsunterlagen des Architektenwettbewerbs. Des weiteren waren im Teilnahmewettbewerb ausweislich des Teilnahmebogens nur Fragen zur fachlichen Eignung zu beantworten. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit Kenntnisse aus den Auslobungsunterlagen des Architektenwettbewerbs die Beantwortung hätten erleichtern können.

7. Die Beigeladene zu 1 beruft sich ohne Erfolg darauf, dass die Antragstellerin von dem Verhandlungsverfahren ausgeschlossen hätte werden müssen.

a) Die Vergabekammer hat festgestellt, dass die Antragstellerin durch Kenntnis der Unterlagen des Architektenwettbewerbs einen Informationsvorsprung hatte und dieser von der Antragsgegnerin durch Übersendung der CD mit den Auslobungsunterlagen und des Protokolls über das Ergebnis des Architektenwettbewerbs (31.7.2013) nicht hinreichend ausgeglichen worden ist. Selbst wenn dadurch eine Wettbewerbsverzerrung des Verhandlungsverfahrens (wogegen allerdings das Ergebnis spricht) eingetreten wäre, wäre ein Ausschluss der Antragstellerin nur dann gerechtfertigt gewesen, wenn die Antragsgegnerin den Wissensvorsprung eines Bieters nicht ausgleichen kann. Die Antragsgegnerin kann und konnte den Informationsvorsprung der Antragstellerin durch eine zeitgerechte Übersendung der maßgeblichen und für die Kalkulation relevanten Unterlagen des Architektenwettbewerbs ausgleichen. Relevante Unterlagen erst einen Tag vor Angebotsabgabe den Bietern zur Verfügung zu stellen, reicht allerdings nicht aus. Da die Antragsgegnerin ihrer Verpflichtung den Vorsprung auszugleichen, nicht nachgekommen ist, hätte die Antragstellerin - eine Wettbewerbsverzerrung unterstellt - nicht ausgeschlossen werden dürfen.

b) Der Senat ist weiter der Auffassung, dass die Beigeladene zu 1 als Viertplazierte des Teilnahmewettbewerbs keinen Anspruch auf Beteiligung an dem Verhandlungsverfahren gehabt hätte, wenn ein Bieter ausgeschlossen hätte werden müssen. In den Teilnahmebedingungen ist wie oben ausgeführt, keine Mindestteilnehmerzahl bestimmt. Ein Anspruch auf Nachrücken im Fall des Ausschlusses eines vorplatzierten Teilnehmers im nachfolgenden Verhandlungsverfahren besteht nicht. Die in § 10 Abs.4 VOF genannte Mindestzahl von 3 betrifft nur die Anzahl der Teilnehmer, die zur Angebotsabgabe aufzufordern sind, bedeutet aber nicht, dass bei Ausschluss eines Bieters im Verhandlungsverfahren, die Verpflichtung besteht, den nächstplatzierten Bieter im Teilnahmerwettbewerb nunmehr zur Angebotsangabe aufzufordern.

C. Die vergaberechtswidrige Aufforderung von vier Bietern zur Angebotsabgabe hat die Antragstellerin in ihren subjektiven Rechten i.S.d. § 97 Abs. 7 GWB verletzt.

D. Die Aufforderung von vier Bietern zur Angebotsabgabe stellt wie oben ausgeführt einen Vergaberechtsverstoß dar.

E. Die Feststellung einer subjektiven Rechtsverletzung setzt nicht voraus, dass feststeht, dass die Antragstellerin bei Einhaltung der Vergabevorschriften den Zuschlag erhalten hätte. Es reicht nach der Rechtsprechung des Senats vielmehr aus, dass nicht oder nicht zuverlässig beurteilt werden kann, ob der Antragsteller bei Wiederholung des fehlerhaften Abschnitts des Verfahrens in der Wertung den ersten Platz erringen kann (OLG München vom 19.03.2009, Verg 2/09, vom 21.05.2010 2/10; vgl. auch OLG Düsseldorf, Beschl. v. 14.4.2010 - VII-Verg 60/09).

F. Nach Auffassung des Senats kann nicht ausgeschlossen werden, dass bei einer Wiederholung der Präsentation mit nur drei Teilnehmern die Wertung anders ausfällt. Die Vergabekammer hat zutreffend dargelegt, dass die Präsentation eines vergaberechtswidrig an der Präsentation teilnehmenden Bieters, zumal wenn er als erster sich vorstellen durfte, einen Standard setzt, der auf die Bewertung der nachfolgenden Teilnehmer Auswirkungen hat. Da die Bewertung einer Präsentation nur bedingt objektivierbar ist, kann nicht ausgeschlossen werden, dass bei einer erneuten Präsentation sich eine andere Reihenfolge ergibt.

G. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §§ 97 Abs.1 ZPO. Die Festsetzung des Geschäftswertes des Beschwerdeverfahrens wird gemäß § 50 Abs. 2 GKG auf 5% der Bruttoauftragssumme der Antragstellerin festgesetzt.

Verkündet am 19.12.2013

RechtsgebietGWBVorschriften§ 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB

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