29.09.2015 · IWW-Abrufnummer 145476
Oberlandesgericht Düsseldorf: Beschluss vom 19.08.2015 – 3 Wx 191/14
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Düsseldorf
I-3 Wx 191/14
Tenor:
Die Beschwerde der Beteiligten zu 2. bis 6. vom 18. Juni 2014 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Neuss – Nachlassgericht – vom 20. Mai 2014 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten zu 2. – 6. tragen die gerichtlichen und die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Wert des Streitgegenstandes: bis 310.000 €
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G r ü n d e :
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I.
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Der Beteiligte zu 1. war der Lebensgefährte der Erblasserin, die Beteiligte zu 2. deren Schwester und die Beteiligten zu 3. – 6. deren Neffen bzw. Nichten.
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Die Erblasserin, litt an Leukämie. Sie unterzog sich am 04. März 2013 bei örtlicher Betäubung einer Biopsie. An diesem Tage errichtete sie auf einem kleinen Zettel eine letztwillige Verfügung mit dem folgenden Inhalt:
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„4.3.2013 Dies ist mein Testament
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Sollte heute bei diesem
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Eingriff etwas passieren
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und ich nicht mehr aufwachen
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vermache ich mein ganzes
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Vermögen u. Haus Herrn A..
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Ich setze ihn auch als
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Betreuer ein. Ich möchte keine
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lebensverlängernde Maßnahmen.
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Dieses ist mein letzter Wille
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Unterschrift 4.3.2013“
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Der Eingriff verlief ohne Komplikationen. Die Erblassern starb am 23. Juli 2013.
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Der Beteiligte zu 1. hat einen Erbschein als Alleinerbe beantragt und behauptet, die Erblasserin habe ihm am Tage nach dem Eingriff das Testament gezeigt und es anschließend in einem Leinenbrieftäschchen in einer Schublade bei allen anderen Papieren verwahrt, wo er es gefunden habe. Sie habe gewusst, dass sie nur noch wenige Monate zu leben hatte und habe deshalb ihre Erbsache regeln wollen.
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Die Beteiligten zu 2. – 6. haben behauptet, der Beteiligte zu 1. habe nach dem Tod der Erblasserin bei ihnen nachgefragt, ob sie wüßten, wo die Erblasserin ein Testament hinterlassen haben könnte. Er habe ursprünglich angegeben, das Testament zerknüllt in einer Jogginghose gefunden zu haben. Die Erblasserin habe nach der Biopsie wiederholt mit der Beteiligten zu 2. telefoniert und darüber gesprochen, ob es wohl notwendig oder zweckmäßig sei, ein Testament zu errichten.
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Die Beteiligte zu 2. habe ihr erklärt, das müsse sie selbst entscheiden. Der Zusatz „u.Haus“ sei nicht von der Erblasserin geschrieben.
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Das Nachlassgericht hat die zur Begründung des Erbscheinsantrages des Beteiligten zu 1. erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet.
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Das Testament sei unstreitig von der Erblasserin verfasst. Ob auch der Zusatz von ihr stamme oder nachträglich eingefügt worden sei, sei unerheblich. Das Testament habe auch nicht unter einer Bedingung gestanden. Die Formulierungen „Dies ist mein Testament s“ und „Dieses ist mein letzter Wille“ machten deutlich, dass sie eine letztwillige Verfügung habe treffen wollen. Die Formulierung „Sollte heute ... etwas passieren ...“ sei so zu verstehen wie etwa die Formulierung „für den Fall meines Todes“. Sie stelle keine echte Bedingung dar. Dafür sprächen auch die weiteren Umstände.
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Die Beteiligten zu 2. – 6. haben sich gegen diese Entscheidung beschwert und weiter zu ihrer Auffassung ausgeführt, das Testament habe eindeutig nur für den Fall gelten sollen, dass der Erblasserin bei dem Eingriff am 04. März 2013 etwas zustosse und sie nicht mehr aufwache. Der Fall sei aber gerade nicht eingetreten.
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Im übrigen sei der Beteiligten zu 2. von einer unbeteiligten Zeugin ein von der Erblasserin selbst geschriebenes Kuchenrezept zugegangen. Es sei aufgrund dessen festzustellen, dass die Handschrift mit der des Testamentes nicht identisch sei. Damit müsse behauptet werden, dass das Testament von der Erblasserin nicht selbst geschrieben worden sei. Für die Anfertigung eines Sachverständigengutachtens stehe das Original des Rezeptes zur Verfügung.
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Der Beteiligte zu 1. tritt der Beschwerde entgegen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Akten Bezug genommen.
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II.
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Die Beschwerde der Beteiligten zu 2. – 6. ist statthaft und auch im übrigen zulässig. Sie ist dem Senat nach der vom Nachlassgericht erklärten Nichtabhilfe zur Entscheidung angefallen, auch wenn das Nachlassgericht sich mit dem – neuen – Einwand, die Erblasserin habe das Testament nicht selbst geschrieben, nicht befasst hat.
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In der Sache hat die Beschwerde keinen Erfolg.
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Das Nachlassgericht hat zu Recht die für den Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 1. erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet.
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Der Beteiligte zu 1. ist aufgrund des Testamentes vom 04. März 2013 alleiniger Erbe der Erblasserin. Die von den Beteiligten zu 2. – 6. gegen die Wirksamkeit des Testamentes erhobenen Einwendungen sind unbegründet.
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Dass die Erblasserin den Beteiligten zu 1. nur für den Fall zu ihrem alleinigen Erben hat einsetzen wollen, dass sie den medizinischen Eingriff vom 04. März 2013 nicht überleben würde, kann nicht festgestellt werden.
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Die von der Erblasserin gewählte Formulierung ist – dies ist in Rechtsprechung (vgl. OLG München, NJW 2012, 2818 m.N. – Verwendung eines Konditionalsatzes im Zusammenhang mit einer Operation; auch schon BayObLG, NJW-RR 2003, 659, 661) und Literatur (vgl. Leipold in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl., 2013, § 2074, 6f. m.N.) anerkannt und für andere ähnliche Formulierungen erörtert und entschieden – auslegungsbedürftig und zwar insbesondere im Hinblick darauf, ob es sich um eine Bedingung oder die bloße Mitteilung eines Beweggrundes, eines Motivs bzw. des Anlasses für die Testierung handelt. In der Regel verwendet ein Erblasser solche Formulierungen, um auszudrücken, warum er sich veranlasst gesehen hat, das Testament zu errichten und die darin vorgesehene (allgemeingültige) Regelung für Rechtsnachfolge nach seinem Tod zu treffen. Ohne weitere konkrete Anhaltspunkte kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein Erblasser diese Rechtsfolge nur dann will, wenn der Eingriff einen negativen Ausgang nimmt. Gerade im vorliegenden Fall ließe sich argumentieren, es sei so unwahrscheinlich, dass eine Biopsie mit nur örtlicher Betäubung tödlich verlaufe, dass gerade deshalb die Erbeinsetzung davon unabhängig gewollt gewesen sein müsse.
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Gerade im Erbrecht ist mit der Annahme einer echten Bedingung Zurückhaltung zu wahren (Leipold, a.a.O., Rdnr. 7). Solange sich nach dem Inhalt der auszulegenden Erklärung keine unmittelbare Verknüpfung zwischen dem „motivierenden“ Umstand und dem Eintritt der testamentarisch angeordneten Rechtsfolge feststellen läßt, kann eine Bedingung nicht angenommen werden. Es muss der Wille des Erblassers erkennbar sein, die Wirksamkeit der Erbeinsetzung mit dem angegebenen, von ihm selbst für ungewiss gehaltenen Umstand unmittelbar zu verknüpfen (Leipold, a.a.O.; OLG München, a.a.O.; BayObLG, a.a.O.).
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Anhaltspunkte dafür, dass die Erblasserin die Erbeinsetzung des Beteiligten zu 1. unmittelbar und ausschließlich mit ihrem Tod bei der Biopsie vom 04. März 2013 hat verknüpfen wollen, liegen nicht vor. Auch die Beteiligten zu 2. – 6. haben solche Anhaltspunkte nicht anzuführen vermocht, sondern ihre Ansicht auf die Auslegung des Testamentes gestützt, die aber aus den dargelegten Gründen dieses Ergebnis nicht rechtfertigt.
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Auf die vom Beteiligten zu 1. für seinen Antrag angeführten und von den Beteiligten zu 2. – 6. bestrittenen Umstände kommt es daher nicht an. Insbesondere sind die angeblichen Telefonate über die Zweckmäßigkeit einer Testamentserrichtung nicht aussagekräftig.
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Zweifel an der eigenhändigen Errichtung des Testamentes vom 04. März 2013 durch die Erblasserin sind nicht gerechtfertigt.
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Liegen keine besonderen Umstände vor, die gegen eine eigenhändige Errichtung eines privatschriftlichen Testaments sprechen, genügt es, wenn der Tatrichter selbst die Schriftzüge des ihm vorliegenden Testaments mit anderen Schriftproben vergleicht und das Ergebnis würdigt; die Einholung eines Gutachtens zur Echtheit eines eigenhändigen Testaments ist nur in Zweifelsfällen geboten (Senat, FGPrax 2014, 31 m.N.).
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Hier sind derartige Zweifel nicht veranlasst.
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Insoweit ist bemerkenswert, dass die Beteiligten zu 2. – 6. zunächst Bedenken gegen die eigenhändige Errichtung des Testaments gerade nicht erhoben, sondern lediglich geltend gemacht haben, der Einschub „u. Haus“ sein nicht von der Erblasserin geschrieben, sondern nachträglich eingefügt worden. Erst im Beschwerdeverfahren haben sie in einem die Beschwerdebegründung ergänzenden Schriftsatz ein einzelnes Schriftstück mit der Handschrift der Erblasserin vorgelegt mit der lapidaren und nicht näher erläuterten Bemerkung, aufgrund dessen sei festzustellen, dass die Handschrift des Testamentes eine andere sei, und es müsse behauptet werden, dass das Testament nicht von der Erblasserin selbst geschrieben wurde.
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Nach dem Eindruck des Senates, der das im Beschwerdeverfahren vorgelegte Schriftstück mit dem Testament verglichen hat, ergeben sich für die Annahme der Beteiligten zu 2. – 6. keine Anhaltspunkte.
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Dies und die dargestellte Entwicklung im Vortrag der Beteiligten zu 2. – 6. lassen die Einholung eines Schriftgutachtens nicht als geboten erscheinen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG.
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Die Wertfestsetzung stützt sich auf §§ 40 Abs. 1 Nr. 2, 61 GNotKG.