23.10.2015 · IWW-Abrufnummer 180276
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 10.02.2015 – 8 Sa 372/14
In dem Rechtsstreit
XXX
gegen
Firma C., C-Straße, C-Stadt
- Beklagte und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte/r: Arbeitgeberverband D., D-Straße, D-Stadt
hat die 8. Kammer des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz auf die mündliche Verhandlung vom 10. Februar 2015 durch die Richterin am Arbeitsgericht Dunker als Vorsitzende und den ehrenamtlichen Richter Langen und den ehrenamtlichen Richter Bastian als Beisitzer für Recht erkannt:
Tenor:
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 30.04.2014 - 4 Ca 321/14 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Verbesserungsvorschlag.
Der Kläger war ab dem 01. September 1989 bei der Beklagten beschäftigt. Nach Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung verständigten sich die Parteien in einem Vorprozess vor dem Landesarbeitsgericht in einem Vergleich vom 21. Februar 2013 auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 30. Juni 2012. In Ziff. 4 dieses Vergleichs (Bl. 17 d. A.) heißt es:
Bei der Beklagten gilt eine Gesamtbetriebsvereinbarung zum Vorschlagswesen vom 01. August 1997 (Bl. 54 ff. d. A.), die unter anderem folgende Bestimmungen enthält:
Im Betrieb 202 der Beklagten fällt Schmutzwasser an, das bis zum Jahr 2000 durch Rohre in den Betrieb 311 gepumpt wurde. Der Kläger arbeitete von 1993 bis 2008 bei der Beklagten in der Maschinenschlosserei. In dieser Funktion war er unter anderem auch damit beschäftigt, das alte System im Betrieb 202 zu warten, zu reparieren und instand zu setzen. Das Schmutzwasser war so mit Säure benetzt, dass sich die Abdichtung der Pumpe nach au ßen auflöste und damit Flüssigkeit ins Freie drang. Aufgrund der immer höheren Kosten für die Ersatzteile entschloss sich die Beklagte dazu, das Schmutzwasser durch eine Firma I. mit einem Saugwagen aus dem Betrieb 202 abzusaugen und zum Betrieb 311 zu befördern. Das alte System wurde demontiert, die gegen Frost geschützten Rohrleitungen blieben bestehen.
Das von dem Kläger unter dem 30. November 2009 ausgefüllte Formular (Bl. 164 f. d. A.) für einen Verbesserungsvorschlag hat die Beklagte mit der Berufungserwiderung zur Akte gereicht. Der Kläger hat daraufhin seinen Vortrag, er habe den Vorschlag erst am 01. Dezember 2010 bei der Beklagten eingereicht, korrigiert und die Einreichung am 01. Dezember 2009 unstreitig gestellt.
Der Kläger hat das Formular in den hier relevanten Punkten wie folgt ausgefüllt:
Der Vorschlag wurde von der Beklagten mit der Nummer 506876 versehen und wie folgt (Bl. 21 d. A.) erfasst:
Ein Kollege des Klägers reichte dem ideeNet-System der Beklagten zufolge am 03. Dezember 2009 einen Verbesserungsvorschlag - Nr. 506889 - ein, der wie folgt (Bl. 71 d. A.) aufgenommen wurde:
Dieser Vorschlag wurde unter Hinweis darauf, es liege bereits ein Verbesserungsvorschlag mit gleichem Inhalt (Nr. 506876 - der des Klägers) vor, abgelehnt.
Inzwischen verzichtet die Beklagte auf die Fahrten der Firma I. und befördert das Wasser die genannte Strecke mit Hilfe zweier Pumpen, eines Filters sowie einer Dosiereinrichtung, mit deren Hilfe das Wasser in einem Verhältnis der Spaltsäure zudosiert wird, damit letztlich nur klare und feststofffreie Flüssigkeiten in den Auffangbehälter eingeleitet werden.
Mit Schreiben vom 18. September 2013 (Bl. 23 d. A.) teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass der Zugang eines Ablehnungsschreibens vom 22. März 2012 an ihn nicht mehr nachvollzogen werden könne und ihm daher die Möglichkeit des Einspruchs nochmals eingeräumt werde. Der sodann eingereichte Einspruch des Klägers wurde am 11. Dezember 2013 zurückgewiesen und der Kläger hierüber mit Schreiben vom 20. Dezember 2013 (Bl. 28 d. A.) in Kenntnis gesetzt.
Mit seiner am 17. Februar 2014 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage begehrt der Kläger im Wege der Stufenklage Auskunft über den Nutzen seines Verbesserungsvorschlags sowie nach erteilter Auskunft Abrechnung und Zahlung der sich nach Ziff. 6 der Gesamtbetriebsvereinbarung ergebenden Bruttoprämie.
Wegen des wechselseitigen erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 30. April 2014, Az.: 4 Ca 321/14 (Bl. 88 ff. d. A.), Bezug genommen.
Der Kläger hat beantragt:
Die Beklagte beantragt,
Das Arbeitsgericht hat die Klage durch das genannte Urteil vom 30. April 2014 abgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, dass unter einem Verbesserungsvorschlag im Sinne der Gesamtbetriebsvereinbarung nur ein solcher Vorschlag zu verstehen sei, der zu einer Verbesserung betrieblicher Arbeitsabläufe usw. führe. Dies ergebe sich insbesondere auch daraus, dass sich gemäß Ziff. 6 der Vereinbarung die Prämie für umgesetzte Vorschläge "nach dem Nutzen des VV, der sich aus Faktoren wie Kapazitätserhöhung, Kostenreduktion, Qualitätsverbesserung und Verbesserung des Arbeitsumfeldes berechnet", bemessen solle. Der in dem ideeNetSystem der Beklagten erfasste Vorschlag, "das Schmutzwasser mit Pumpen aus der Grube Betrieb 202 zum Betrieb 311 fördern", sei kein Verbesserungsvorschlag, da er - allein für sich betrachtet - lediglich den Zustand habe wieder herstellen sollen, bevor die Firma I. beauftragt worden sei. Von dem damaligen Verfahren habe der Kläger selbst berichtet, dass es permanent zu Schäden an der Pumpe gekommen sei und dies für die Zukunft keine Lösung mehr gewesen sei, um das Schmutzwasser abzuleiten. Einen Verbesserungsvorschlag hätte der Kläger nur dann gemacht, wenn er zugleich den Einsatz der jetzt durch die Beklagte installierten Technik vorgeschlagen hätte, nämlich das installierte System mit einem Filter sowie zwei Pumpen, wobei die zweite lastabhängig je nach Säurekonzentration Wasser hinzuführe. In der Klageschrift habe der Kläger dies nicht behauptet, sondern sich nur auf den vorgeschlagenen Einsatz allgemein von Pumpen bezogen. Der Kläger habe auch in den folgenden Schriftsätzen mehrdeutige Formulierungen verwendet und nicht unmissverständlich vorgetragen, er habe seinen Vorschlag in Bezug auf die später tatsächlich eingesetzte Technologie mit Filter und Dosiereinrichtung gegenüber der Beklagten konkretisiert. Das Formular der Beklagten sei entgegen den Ausführungen des Klägers so gestaltet, dass ein etwaiger Vorschlag, die jetzt zur Anwendung kommende Technik zu installieren, ohne Weiteres hätte mit aufgenommen werden können. Dass der zuständige Mitarbeiter den Verbesserungsvorschlag des Klägers gerade um den entscheidenden Passus gekürzt hätte, sei angesichts des Prozedere nach Ziff. 4 der Gesamtbetriebsvereinbarung unwahrscheinlich. Soweit die Formulierungen des Klägers in seinem letzten Schriftsatz so zu verstehen sein sollten, dass er bereits den Einsatz der neuen Technologie vorgeschlagen habe und nicht nur die Rückkehr zum alten System, fehle es jedenfalls an einem tauglichen Beweisantritt hierfür.
Selbst wenn jeder in Betracht kommende Mitarbeiter der Beklagten gewusst haben sollte, dass der Vorschlag des Klägers, die vorhandenen Rohrleitungen wieder zu benutzen, nur dann gegenüber den Fuhren der Firma I. einen Vorteil mit sich bringen würde, wenn zusätzlich ein Filter und eine Dosiereinrichtung eingebaut würden, ergebe sich hieraus noch nicht, dass auch der Kläger bereits diese Idee gehabt habe. Der Kläger wende daher ohne Erfolg ein, eine detaillierte Beschreibung sei nicht notwendig gewesen
Das Urteil ist dem Kläger am 13. Mai 2014 zugestellt worden. Er hat hiergegen mit einem am 12. Juni 2014 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom selben Tag Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 07. Juli 2014, beim Landesarbeitsgericht am 10. Juli 2014 eingegangen, begründet.
Zur Begründung seiner Berufung macht der Kläger geltend:
Soweit im Urteil erster Instanz gefordert werde, er hätte den Einsatz der jetzt durch die Beklagte installierten Technik vorschlagen müssen, sei dies ein Wertungsfehler des Gerichts. Die Pumpentechnik habe sich bis zur Einreichung seines Vorschlags erheblich weiter entwickelt. Dies sei ihm und allen Beteiligten der Beklagten bekannt gewesen. Er habe deswegen mit dem streitgegenständlichen Verbesserungsvorschlag vorgeschlagen, zwei neuwertige Pumpen nach dem heutigen Stand der Technik, also mit hochwertigeren, temperaturempfindlicheren und leistungsstärkeren Materialien einzusetzen. Dann müsste man künftig nur den Antrieb wechseln, nicht mehr jedoch die komplette Pumpe. Filter und Dosiereinrichtung seien bei solchen Pumpanlagen übliche Zusatzeinrichtungen, die generell nicht gesondert erwähnt würden. Für alle Seiten sei klar gewesen, dass bei Einreichung des Verbesserungsvorschlags auch Pumpen nur mit dem aktuellen Stand der Technik gemeint sein könnten. Keiner, der einen Verbesserungsvorschlag einreiche, würde ein veraltetes System damit meinen. Die Neuerung liege in der verbesserten Pumpentechnik. Die Spekulation, ob andere Mitarbeiter einen Gedanken auch gehabt haben könnten, sei nicht behilflich. Ein Recht auf Prämie habe eben nun mal nur derjenige, der als erster den Vorschlag einreiche.
Bis zu dem vorliegenden Verfahren sei die Beklagte selbst davon ausgegangen, dass er einen Verbesserungsvorschlag im Sinne der Gesamtbetriebsvereinbarung gemacht habe. Deswegen sei auch der Vorschlag des Kollegen mit dem Hinweis, es liege bereits ein Verbesserungsvorschlag mit gleichem Inhalt vor, abgelehnt worden. Ihm, dem Kläger, sei immer wieder, u.a. auch durch eine Betriebsingenieurin und den Projektleiter, bestätigt worden, dass sich sein Verbesserungsvorschlag in der Umsetzung befinde.
Der Kläger beantragt:
Die Beklagte beantragt,
Sie trägt vor:
Zu der von ihr entwickelten und letztlich installierten wesentlich komplexeren Anlage finde sich in dem Vorschlag des Klägers kein Hinweis. Um feststofffreies Schmutzwasser aus der Abwassergrube des Betriebes zu transportieren, kämen sowohl Filter zum Einsatz als auch eine spezielle Umwälzung mit einer ersten Pumpe mit Absaugung aus der AS-Grube in B 202 sowie eine lastabhängige Dosierung des Wassers über eine zweite Pumpe mit einer dazugehörigen Sicherheitsabschaltung am Behälter T-262.
Dass es sich bei Filtern und Dosiereinrichtungen um "übliche Zusatzeinrichtungen" handle, die nicht gesondert erwähnt werden müssten, liege angesichts ihrer zentralen Bedeutung für die Anlage und der zwei Jahre dauernden Entwicklung des Systems neben der Sache. Wenn der Vortrag des Klägers zutreffend sei, müsse er sich fragen lassen, worin dann überhaupt die kausal auf seine gedankliche Leistung zurückzuführende Neuerung seines Vorschlags liegen solle. Jeder andere Mitarbeiter hätte dann diesen Gedanken haben können. Allgemeingut als prämierungswürdigen Verbesserungsvorschlag zu verkaufen, entspreche nicht dem Sinn der Gesamtbetriebsvereinbarung.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
Langen
Bastian
Verkündet am: 10.02.2015