13.01.2016 · IWW-Abrufnummer 146139
Finanzgericht Münster: Urteil vom 16.04.2015 – 5 K 2317/12 U
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Münster
5 K 2317/12 U
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
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Tatbestand
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Streitig ist der Anspruch auf Vorsteuerabzug eines Zwangsverwalters eines Grundstücks.
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Das Grundstück A-Str. 62 in T befand sich bis zur Zwangsversteigerung durch Zuschlagserteilung vom 18.02.2011 (Versteigerungstermin am 15.02.2011) im Eigentum der I GmbH & Co. KG. Das Grundstück wurde bis zur Versteigerung aufgrund der Option zur Umsatzsteuerpflicht nach § 9 Umsatzsteuergesetz (UStG) für gewerbliche Zwecke an die Firma O steuerpflichtig vermietet. Im Rahmen der Grundstücksveräußerung im Zwangsversteigerungsverfahren wurde kein Antrag auf Option zur Umsatzsteuerpflicht gestellt. Die Eigentumsübertragung war deshalb umsatzsteuerfrei nach § 4 Nr. 9 a UStG.
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Der Kläger (Kl.) war in der Zeit vom 22.08.2008 bis 17.03.2011 als Zwangsverwalter des Grundstücks bestellt.
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In der Umsatzsteuervoranmeldung für März 2011 machte der Kl. u.a. Vorsteuern in Höhe von insgesamt 18.736,96 € aus Abschlagsrechnungen einer P GmbH (P-GmbH) vom 18.02.2011 und 28.02.2011 geltend. Die Abschlagsrechnungen betreffen einen am 29.01.2010 eingetretenen Versicherungsschaden am Objekt A-Str. 62 in T und nehmen Bezug auf ein Angebot vom 17.11.2010. Dort war die Sprinklerzentrale aufgrund eines Wasserschadens demontiert und neu aufgebaut worden. In der Abschlagsrechnung vom 18.02.2011 heißt es „1. ABSCHLAGSRECHNUNG (Nach Auftragsvergabe)“, in der vom 28.02.2011 heißt es „2. ABSCHLAGSRECHNUNG (Nach Baubeginn)“. Die Schlussabnahme der vom Kl. beauftragten Reparaturarbeiten erfolgte laut Schlussrechnung vom 30.04.2011 am 20.04.2011, mithin nach der Zwangsversteigerung des Gebäudes. Neben den ersten beiden Abschlagsrechnungen vom 18.02.2011 und 28.02.2011 wies eine dritte Abschlagsrechnung vom 31.03.2011 eine weitere Umsatzsteuer von 9.368,46 € und die Schlussrechnung vom 30.04.2011 eine weitere Umsatzsteuer von 5.695,77 € aus.
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Im Rahmen einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung für die Jahre 2009 und 2010 sowie für die Monate Januar bis März 2011 stellte die Prüferin fest, dass die Sprinklerzentrale nach Abnahme und Inbetriebnahme am 20.04.2011 lediglich für die Ausführung der Grundstückslieferung im Wege der Zwangsversteigerung verwendet worden sei. Alleiniger und ausschlaggebender Ausgangsumsatz sei damit die nach § 4 Nr. 9 a UStG steuerfreie Grundstückslieferung im Zwangsversteigerungsverfahren. Der Vorsteuerabzug sei deshalb gemäß § 15 Abs. 2 UStG ausgeschlossen. Auf den Prüfungsbericht vom 11.08.2011 wird Bezug genommen.
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Der Beklagte (Bekl.) schloss sich der Auffassung der Prüferin an und erließ am 25.10.2011 einen entsprechend geänderten Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid für März 2011.
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Mit dem hiergegen gerichteten Einspruch vom 17.11.2011 machte der Kl. geltend, dass er als Zwangsverwalter optiert habe und somit zum Vorsteuerabzug berechtigt sei. Als Zwangsverwalter habe er auch nach der Beendigung der Zwangsverwaltung noch Rechnungen bezahlen müssen, die in der Zeit der Zwangsverwaltung entstanden seien. Bei der Zwangsversteigerung selbst handele es sich um einen Umsatz, der außerhalb der Zwangsverwaltung angefallen sei. Soweit die Zwangsverwaltung aber reiche, seien vorliegend nur umsatzsteuerbare und wegen der Option auch umsatzsteuerpflichtige Ausgangsumsätze getätigt worden. Die fehlende Ausübung der Option für die Zeit nach der Zwangsverwaltung sei allein dem Vollstreckungsschuldner zuzurechnen. An einer Zurechnungs- oder Haftungsnorm zulasten der Zwangsverwaltungsmasse fehle es. Er, der Zwangsverwalter, habe in seinem Verantwortungsbereich keine abzugsschädlichen Ausgangsumsätze getätigt.
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Bei den Reparaturmaßnahmen der Sprinkleranlage habe es sich nicht um eine Baumaßnahme gehandelt, die in Auftrag gegeben worden sei, um das Objekt besser veräußern zu können. Die Instandsetzung der Anlage habe den Zweck gehabt, den ordnungsgemäßen Zustand der Anlage wiederherzustellen. Grund für die Instandsetzung sei ein Versicherungsschaden an der Sprinklerzentrale am 29.01.2010 gewesen. Nachdem noch am gleichen Tag die Gebäudeversicherung informiert worden sei, hätten diverse Ortstermine mit unterschiedlichen Gutachtern und Firmen stattgefunden, um die Ursache für die Überschwemmung der Sprinklerzentrale zu klären. Zudem habe es zwischen der Versicherung und der Zwangsverwaltung diversen Schriftverkehr gegeben, ob der Schaden von der Versicherung zu übernehmen sei. Letztlich habe die Versicherung entschieden, sämtliche Kosten zu übernehmen.
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Der Versteigerungstermin hätte mit der Abwicklung des Versicherungsschadens nichts zu tun. Aus dem Pflichtenkatalog des Zwangsverwalters ergäbe sich, dass dieser verpflichtet sei, erforderliche Maßnahmen zu ergreifen, um den Bestand und den Wert des Objekts zu erhalten. Er als Zwangsverwalter habe kein Ermessen gehabt, ob die Reparatur durchgeführt werde oder nicht. Hätte es sich um eine Verbesserungsmaßnahme gehandelt, hätte eine Zustimmung für eine freiwillige Baumaßnahme über das Vollstreckungsgericht eingeholt werden müssen, was vorliegend nicht geschehen sei. Dass die Leistungen wirtschaftlich nicht mit dem späteren Erwerber im Zusammenhang gestanden hätten, würde auch daraus deutlich, dass die Versicherungserstattungen mit der restlichen Masse an die betreibende Gläubigerin ausgekehrt worden seien.
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Sämtliche Reparaturmaßnahmen seien in der Zeit der Zwangsverwaltung beauftragt worden, lediglich die Fertigstellung der Arbeiten sei nach dem Zuschlagstermin erfolgt. Die erste Rechnung der P-GmbH datiere bereits vom 23.03.2010. In der Folgezeit hätte zwischen den Beteiligten Uneinigkeit über die zu ergreifenden Maßnahmen bestanden, so dass sich die Entscheidung über die letztendlichen Maßnahmen verzögert hätte. Die Annahme des endgültigen Angebots sei dann tatsächlich erst Ende des Jahres 2010 erfolgt.
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Mit Einspruchsentscheidung vom 08.06.2012 wies der Bekl. den Einspruch als unbegründet zurück. Unstreitig sei, dass der Kl. wirksam optiert habe und er die mit der Vermietung im Zusammenhang stehende Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen könne. Im Rahmen des § 15 Abs. 2 und 3 UStG komme es aber darauf an, ob der Unternehmer im Zeitpunkt des Leistungsbezugs die Absicht habe, die Eingangsumsätze für solche Umsätze zu verwenden, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen würden. Vorliegend sei mit der Demontage und dem Neuaufbau der Sprinklerzentrale zu einem Zeitpunkt begonnen worden, in dem bereits festgestanden habe, dass das Grundstück zwangsversteigert werden solle. Der Termin der Versteigerung vom 15.02.2011 sei am 07.12.2010 im Internet bekannt gegeben worden. Somit habe bei Beginn der Arbeiten an der Sprinklerzentrale im Februar 2011 bzw. bei der Bezahlung der Abschlagsrechnungen im März 2011 bereits festgestanden, dass die Anlage nicht mehr für die Vermietung des Grundstücks habe verwendet werden können. Vielmehr könne aufgrund der zeitlichen Nähe zwischen dem Beginn der Arbeiten und der Versteigerung davon ausgegangen werden, dass durch den Neuaufbau der Sprinklerzentrale die Verkaufs- bzw. Versteigerungsfähigkeit des Grundstücks habe herbeigeführt oder erhöht werden sollen. Die neue Sprinkleranlage habe den bisherigen gewerblichen Mietern der Zwangsverwaltung nicht mehr zugute kommen können, da die Zwangsverwaltung mit Ablauf des 17.03.2011 geendet habe. Die Schlussabnahme und erste Inbetriebnahme der Sprinkleranlage sei erst am 20.04.2011 und damit über einen Monat nach Beendigung der Zwangsverwaltung erfolgt. Demnach sei die Sprinklerzentrale für die Zwangsversteigerung des Grundstücks verwendet worden. Die Eigentumsübertragung durch die Zwangsversteigerung sei steuerfrei erfolgt, so dass der Ausschluss vom Vorsteuerabzug eintrete.
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Hierauf hat der Kl. fristgerecht Klage erhoben, zu deren Begründung er ergänzend zu seinen Ausführungen im Einspruchsverfahren wie folgt geltend macht:
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Es treffe nicht zu, dass die Reparatur der Sprinkleranlage deshalb vorgenommen worden sei, damit das zwangsverwaltete Gebäude verkaufsfähig gemacht werde. Er sei gemäß § 9 Abs. 3 ZwVwV verpflichtet gewesen, das Objekt gegen Leitungswasserschäden zu versichern. Hieraus folge auch die Pflicht, im Schadensfall für eine entsprechende Wiederherstellung des Gebäudes Sorge zu tragen. Es sei zu berücksichtigen, dass die Reparaturmaßnahme aufgrund eines Anfang 2010 entstandenen Versicherungsschadens vorgenommen worden sei. Während der Zeit bis zur Beauftragung der P-GmbH sei von einer Zwangsversteigerung noch keine Rede gewesen. Die erste Rechnung der P-GmbH stamme vom 23.03.2010. Dann hätten sich die Reparaturarbeiten verzögert. Insbesondere habe zunächst der Erdbunker, in dem sich die Sprinkleranlage befinde, abgedichtet werden müssen. Es sei nicht nachvollziehbar, warum der Bekl. dann nicht auch den Vorsteuerabzug hinsichtlich dieser Abdichtungsarbeiten bemängelt habe. Die Argumentation des Bekl. sei unlogisch und sachlich nicht haltbar. Zu Unrecht stelle der Bekl. einen Zusammenhang zwischen der Reparatur der Sprinkleranlage und dem neuen Eigentümer her. Die später erfolgte Zwangsversteigerung des Grundstücks sei in einem gesonderten Verfahren erfolgt, auf welches er als Zwangsverwalter keinen rechtlichen Einfluss habe.
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Am 12.01.2015 hat der Bekl. einen Umsatzsteuerbescheid für 2011 erlassen und die Umsatzsteuer 2011 auf 2.735,88 € festgesetzt. Hierbei hat der Bekl. die Besteuerungsgrundlagen entsprechend der abgegeben Umsatzsteuervoranmeldungen für Januar und Februar 2011 und der abgegebenen berichtigten Umsatzsteuervoranmeldung für März 2011 geschätzt. Da in den Umsatzsteuervoranmeldungen Vorsteuern aus Rechnungen der P-GmbH nicht erklärt worden waren, berücksichtigte der Bekl. die streitigen Vorsteuern damit weiterhin nicht.
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Mit Schriftsatz vom 15.04.2015 macht der Kl. nunmehr auch die Vorsteuern aus der dritten Abschlagsrechnung der P-GmbH vom 31.03.2011 in Höhe von 9.368,46 € und aus der Schlussrechnung vom 30.04.2011 in Höhe von weiteren 5.695,78 € geltend. Außerdem hat er weitere Rechnungen vorgelegt, aus denen er ebenfalls den Vorsteuerabzug geltend macht. Diese neu vorgelegten Rechnungen, auf die Bezug genommen wird, betreffen neben weiteren Arbeiten an der Sprinkleranlage auch einen Teil der Brandschutzanlage des Objekts A-Str. 62 in T, die bei dem am 29.01.2010 eingetretenen Wasserschaden zusammen mit der Sprinkleranlage überschwemmt und zerstört worden ist.
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Der Kl. beantragt,
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den Umsatzsteuerbescheid für 2011 vom 12.01.2015 dahingehend zu ändern, dass die USt um 41.988,21 € herabgesetzt wird.
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Der Bekl. beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung nimmt er Bezug auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.
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Die Sache ist am 16.04.2015 vor dem Senat mündlich verhandelt worden. Auf das Sitzungsprotokoll wird Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe
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Die Klage ist unbegründet.
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Der Umsatzsteuerbescheid für 2011 vom 12.01.2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kl. nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO). Der Bekl. hat den Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der P-GmbH (drei Abschlagsrechnungen und eine Schlussrechnung) sowie aus den weiteren, mit Schriftsatz vom 15.04.2015 vorgelegten Rechnungen zu Recht versagt.
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Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen. Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 UStG). Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist die Steuer für Lieferungen sowie für sonstige Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG). Mithin ist der Vorsteuerabzug ausgeschlossen, wenn der Unternehmer die bezogenen Lieferungen und sonstigen Leistungen zur nach § 4 Nr. 12a UStG steuerfreien Vermietung und Verpachtung von Grundstücken verwendet. Verzichtet der Unternehmer gemäß § 9 Abs. 1 UStG aber insoweit auf die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 12a UStG, ist auch der Vorsteuerabzug aus den für diese Ausgangsumsätze bezogenen Leistungen nicht ausgeschlossen.
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Für die Entstehung des Rechts auf Vorsteuerabzug ist entscheidend, ob der Unternehmer im Jahr des Leistungsbezugs mit den Investitionsausgaben tatsächlich Ums ätze ausführt, für die der Vorsteuerabzug zugelassen ist, bzw. wenn die tatsächliche Verwendung noch aussteht, ob der Unternehmer die durch objektive Anhaltspunkte belegte Absicht hatte, mit den Investitionsausgaben Umsätze auszuführen, für die der Vorsteuerabzug zugelassen ist (vgl. BFH-Urteil vom 2.3.2006 V R 49/05, BFHE 213, 249, BStBl II 2006, 729, unter II.2.a der Gründe; BFH-Beschluss vom 27.8.2009 XI B 124/08, BFH/NV 2009, 2010). Leistet der Unternehmer für die Lieferung von Gegenständen oder für eine Dienstleistung eine Anzahlung, bevor die angezahlte Leistung an ihn bewirkt ist, so ist für den Vorsteuerabzug auf seine Verwendungsabsicht im Zeitpunkt der Leistung der Anzahlung abzustellen (vgl. BFH-Urteil vom 17.5.2001 V R 38/00, BFHE 195, 437, BStBl II 2003, 434).
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Bei der Beurteilung des Vorsteuerabzugs sind für die wirtschaftliche Zuordnung / Zurechnung der vorsteuerbelasteten Leistungen zu den ausgeführten Umsätzen des Unternehmers grundsätzlich nur Umsätze zu berücksichtigen, die nach Inanspruchnahme der vorsteuerbelasteten Leistungen ausgeführt werden. Das Recht auf Abzug der Umsatzsteuer für eine bezogene Leistung als Vorsteuer setzt also voraus, dass die Aufwendungen für diese Leistung bereits als Kostenelement der versteuerten Umsätze berücksichtigt worden sind. Die Aufwendungen müssen in die Kosten der ausgeführten Umsätze eingegangen sein. Das Kostenelement muss regelmäßig vor Ausführung der Verwendungsumsätze entstanden sein. Dies entspricht auch Sinn und Zweck der Vorsteuerabzugsregelung des Umsatzsteuergesetzes, die mit der des Gemeinschaftsrechts vereinbar ist (BFH-Urteil vom 10.4.1997 V R 26/96, BFHE 182, 432, BStBl II 1997, 552, Rz. 25 ff., 33, auch unter Bezugnahme auf die Formulierung in § 15 Abs. 2 und 4 UStG).
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Obwohl getrennte Umsatzsteuerbescheide gegen den Vollstreckungsschuldner (Grundstückseigentümer) und gegen den Zwangsverwalter je nach deren Tätigkeitsbereich zu erlassen sind, sind auch die Umsätze, die der Zwangsverwalter im Rahmen seiner Verwaltungstätigkeit nach § 152 Abs. 1 ZVG ausführt, dem Vollstreckungsschuldner – und nicht dem Kl. als Zwangsverwalter – als Unternehmer zuzurechnen, (BFH-Urteil vom 10.4.1997 V R 26/96, BFHE 182, 432, BStBl II 1997, 552, Rz. 22). Daraus folgt, dass die Prüfung, ob bzw. inwieweit Vorsteuerbeträge aus Leistungen, die der Zwangsverwalter bezogen hat, gemäß § 15 Abs. 2 UStG vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen sind, nicht auf die sog. Verwendungsumsätze des Zwangsverwalters begrenzt werden kann. Maßgeblich sind – auch bei Zwangsverwaltung – die tatsächlich mit den bezogenen Leistungen durch den Unternehmer (selbst oder ihm zuzurechnend) ausgeführten Umsätze. Diese liegen ggf. erst in Besteuerungsabschnitten nach der Tätigkeit des Zwangsverwalters vor. So ist es möglich, dass der Zwangsverwalter während seiner Verwaltungstätigkeit bezogene Leistungen nicht selbst zur Ausführung von Umsätzen verwenden kann (BFH-Urteil vom 10.4.1997 V R 26/96, BFHE 182, 432, BStBl II 1997, 552, Rz. 23). Demnach muss für die vom Zwangsverwalter beabsichtigte Verwendung auch Berücksichtigung finden, wenn das zwangsverwaltete Grundstück umsatzsteuerfrei zwangsversteigert wurde, obwohl die Zwangsverwaltung nicht den Verkauf bzw. die Zwangsversteigerung des Grundstücks, sondern nur die Verwaltung des Grundstücks betrifft.
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Vorliegend sind dem Vollstreckungsschuldner hinsichtlich des Grundstücks A-Str. 62 in T sowohl die vom Kl. als Zwangsverwalter ausgeführten steuerpflichtigen(Vermietungs-) Umsätze als auch der steuerfreie Umsatz in Form der Veräußerung im Rahmen der Zwangsversteigerung zuzurechnen. Nach erfolgter Zwangsversteigerung mit dem Objekt ausgeführte Ums ätze sind hingegen nicht mehr dem Vollstreckungsschuldner zuzurechnen.
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Vorliegend ist u.a. der Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der P-GmbH streitig. Die ersten beiden Abschlagsrechnungen der P-GmbH wurden ausweislich des jeweils aufgebrachten Vermerks (Stempelaufdruck bzw. handschriftlicher Vermerk) am 14.03.2011 bezahlt und die dritte Abschlagsrechnung wurde laut Abschlussrechnung noch vor dem 30.04.2011 bezahlt. Die erste Verwendung der neuen Sprinklerzentrale erfolgte ausweislich der Schlussrechnung vom 30.04.2011 mit Inbetriebnahme am 20.04.2011. Mithin maßgeblich für den Vorsteuerabzug ist nach der dargestellten Rechtslage die Verwendungsabsicht am 14.03.2011 (dem Tag der Zahlung der ersten und zweiten Abschlagsrechnungen) und danach. Damit scheidet der Vorsteuerabzug aus diesen bezogenen Reparaturmaßnahmen bzw. der Erneuerung der Sprinkleranlage aus, weil in die am 14.03.2011 und danach maßgebende, durch objektive Anhaltspunkte belegte Verwendungsabsicht allein die steuerfrei erfolgte Zwangsversteigerung hatte einfließen können, welche gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führt. Denn mit den Reparaturmaßnahmen wurde erst nach dem Zuschlag im Versteigerungstermin vom 15.02.2011 begonnen. So heißt es in der Abschlagsrechnung vom 18.02.2011 „1. ABSCHLAGSRECHNUNG (Nach Auftragsvergabe)“ und in der Abschlagsrechnung vom 28.02.2011 „2. ABSCHLAGSRECHNUNG (Nach Baubeginn)“. Dies belegt, dass erst in der Zeit zwischen dem 18.02.2011 und 28.02.2011 mit den Arbeiten begonnen wurde. In die am 14.03.2011 und danach maßgebende beabsichtigte Verwendung der neuen Sprinklerzentrale konnten hingegen die bis dahin getätigten Ausgangsumsätze, insbesondere die während der Zwangsverwaltung erfolgten steuerpflichtigen, dem Vollstreckungsschuldner zuzurechnenden Vermietungsumsätze, keinen Eingang finden. Und ab dem 14.03.2011 fand keine dem Vollstreckungsschuldner zuzurechnende steuerpflichtige Vermietung mehr statt, da das vom Kl. zwangsverwaltete Grundstück zu diesem Zeitpunkt bereits den Eigentümer gewechselt hatte. Im Versteigerungstermin vom 15.02.2011 war das Grundstück bereits dem neuen Eigentümer zugeschlagen worden. Nach der Zwangsversteigerung ausgeführte Umsätze sind dem Vollstreckungsschuldner nicht mehr zuzurechnen, so dass sie keine Berücksichtigung finden.
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Die Brandmeldeanlage ist ausweislich der vorgelegten Teilrechnungen der U GmbH im Zeitraum vom 01.04.2011 bis mindestens 30.11.2011 instandgesetzt worden. Für den Vorsteuerabzug aus den vor Inbetriebnahme ausgestellten und bezahlten Teilrechnungen ist auf die Verwendungsabsicht im Zeitpunkt der Leistung der jeweiligen Anzahlung abzustellen. Da die auf den 13.04.2011 datierende erste Teilrechnung am 12.05.2011 bezahlt worden ist, scheidet der Vorsteuerabzug aus den Teilrechnungen ebenfalls aus, weil in die am 12.05.2011 und danach maßgebende, durch objektive Anhaltspunkte belegte Verwendungsabsicht allein die steuerfrei erfolgte Zwangsversteigerung hatte einfließen können, welche gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führt. Denn mit den Maßnahmen wurde erst nach dem Zuschlag im Versteigerungstermin vom 15.02.2011, ausweislich der Teilrechnungen nämlich am 01.04.2011, begonnen. Insoweit wird auf die Ausführungen zu den Aufwendungen für die Sprinkleranlage verwiesen. Eine Berücksichtigung der in der 6. Teilrechnung vom 30.11.2011 ausgewiesenen Umsatzsteuer scheidet auch bereits deshalb aus, weil die entsprechende Anzahlung erst am 03.01.2012 geleistet worden ist, mithin nicht mehr im Streitjahr 2011.
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Auch der Vorsteuerabzug aus den weiteren, mit Schriftsatz vom 15.04.2015 vorgelegten Rechnungen scheidet aus. Entweder erbrachten die Leistenden ihre Leistungen ausweislich der von ihnen ausgestellten Rechnungen erst nach erfolgter Zwangsversteigerung, so dass der Vorsteuerabzug entsprechend der obigen Ausführungen ausscheidet. Oder die Rechnungen weisen nicht den richtigen Leistungsempfänger aus (§ 14 Abs. 4 Nr. 1 UStG), indem sie an die …aktiengesellschaft, wenn auch mit dem Zusatz „z. Hd. Herrn L “, „Rechtsanwalt N L “ oder „Abteilung ZVW Herr L“ adressiert sind. Diese Adressierung bezeichnet den Rechnungsempfänger nicht hinreichend deutlich, denn es ist unklar, ob die Rechnung an die …aktiengesellschaft oder den Kl. gerichtet ist.
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Die Erneuerung der Sprinkler- und Brandmeldezentrale hat zur Überzeugung des erkennenden Senats trotz der erst nach der Zwangsversteigerung begonnenen Arbeiten noch Eingang in den Ausgangsumsatz der steuerfreien Zwangsversteigerung finden können, weil die Versicherung bereits zuvor die Kostenübernahme erklärt hatte, so dass die Erneuerung der Sprinkler- und Brandmeldezentrale in die Kostenkalkulation des Erwerbers bereits hatte einfließen können.
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Da es sich um einen Schaden handelte, deren Kosten die Versicherung übernahm, kann das Gericht auch ausschließen, dass die bezogenen Reparaturmaßnahmen als Kostenelement bei den im Rahmen der Zwangsverwaltung erfolgten Vermietungsumsätzen berücksichtigt wurden. Es bestehen trotz der sich lange hinziehenden Verhandlungen mit der Versicherung keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kl. die Aufwendungen für die erforderliche Reparatur bereits in die Vermietungsumsätze hat einfließen lassen.
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Der Senat übersieht bei seiner Entscheidung nicht, dass der Zwangsverwalter auch hinsichtlich der noch während der Zwangsverwaltung angefallenen laufenden Kosten, für die aber erst nach Beendigung der Zwangsverwaltung eine Rechnung erstellt wird, grundsätzlich einen Anspruch auf Vorsteuerabzug hat. Maßgeblich für einen Vorsteuerabzug aus Anschaffungen, Reparaturen etc. ist aber wie ausgeführt die jeweils zukünftig beabsichtigte Verwendung. Eine Verwendung der neuen bzw. reparierten Sprinkler- und Brandmeldezentrale kann hier aber wegen der bereits erfolgten Zwangsversteigerung weder durch den Vollstreckungsschuldner noch durch den Kl. als Zwangsverwalter beabsichtigt gewesen sein.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.