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31.05.2016 · IWW-Abrufnummer 186170

Landesarbeitsgericht Hamm: Urteil vom 31.03.2016 – 17 Sa 1619/15

Zur Nachwirkung einer Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeitflexibilisierung durch Führung von Arbeitszeitkonten in einem Betrieb, der nach Kündigung der Betriebsvereinbarung durch den einköpfigen Betriebsrat betriebsratslos geworden ist. Die klagenden Arbeitnehmer lehnen eine Nachwirkung ab, während der Arbeitgeber die Betriebsvereinbarung weiterhin anwendet.


Tenor:

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 10.09.2015 - 3 Ca 643/15 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt jeder Kläger zu 1/7.

Die Revision wird zugelassen.



Tatbestand



Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, die Kläger mindestens 7,8 Stunden arbeitstäglich zu beschäftigen, sowie über die Anwendbarkeit einer Betriebsvereinbarung.



Die Kläger vereinbarten mit der Beklagten eine Wochenarbeitszeit von 39 Stunden.



Sie sind als Fahrer beschäftigt. Bei der Beklagten sind drei weitere Fahrer tätig.



Am 11.02.2014 erließ die betriebliche Einigungsstelle einen Spruch zu einer Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeitgestaltung und Einführung eines flexiblen Arbeitszeitmodells (Bl. 4 bis 5 d. A.). Nach § 2 der Betriebsvereinbarung bestimmt sich die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit der Kraftfahrer nach den individuellen Arbeitsverträgen. Die Arbeitszeit wird auf fünf Wochentage verteilt. § 3 der Betriebsvereinbarung enthält Regelungen zur Flexibilisierung der Arbeitszeit und § 4 zur Dienstplangestaltung. Nach § 4 (Schlussbestimmungen) trat die Betriebsvereinbarung am 01.03.2014 in Kraft und konnte mit einer Frist von drei Monaten zum Monatsende gekündigt werden. Sie wirkt nach dem Spruch in allen Bestandteilen nach.



Bei der Beklagten bestand zum Zeitpunkt des Einigungsstellenspruchs ein einköpfiger Betriebsrat. Dieser kündigte die Betriebsvereinbarung am 15.02.2014 zum 31.05.2014 und schied danach aus seinem Arbeitsverhältnis zu der Beklagten aus. Die Beschäftigten wählten keinen neuen Betriebsrat.



Mit Schreiben vom 20.02.2014 (Bl. 6, 7 d.A.) vertrat die Beklagte gegenüber allen Mitarbeitern die Auffassung, die Betriebsvereinbarung sei weiterhin anzuwenden, da sie nachwirke.



Mit Schreiben vom 09.12.2014 (Bl. 9 d.A.) machten die Kläger geltend, die Beklagte müsse sie arbeitstäglich 7,8 Stunden beschäftigen



Mit ihren am 13.02.2015 bei dem Arbeitsgericht Dortmund eingegangenen Klagen haben die Kläger zunächst die Feststellung begehrt, dass die Betriebsvereinbarung seit Juni 2014 keine Nachwirkung entfaltet. Mit am 13.05.2015 bei dem erstinstanzlichen Gericht eingegangenem Schriftsatz haben sie ihre Klage geändert und verlangt, die Beklagte zu verurteilen, sie an jedem Arbeitstag mindestens 7,8 Stunden zu beschäftigen und ihre Mehrarbeitsstunden mit der Abrechnung für denjenigen Monat, in dem sie tatsächlich erbracht wurden, abzurechnen und zu vergüten.



Sie haben die Auffassung vertreten, die Betriebsvereinbarung vom 11.02.2014 wirke nicht nach.



Sie haben behauptet:



Die Beklagte setze sie in völlig unterschiedlichen und willkürlich langen Schichten ein. Zum Teil beschäftige sie sie nur wenige Stunden täglich, während an anderen Arbeitstagen eine Arbeitszeit deutlich über 7,8 Stunden hinaus verlangt werde. Es sei des Öfteren vorgekommen, dass sie erst bei Arbeitsantritt darüber informiert worden seien, dass sie am jeweiligen Tag nicht eingesetzt würden. Teilweise seien sie nach nur zwei Stunden Arbeitszeit wieder nach Hause geschickt worden.



Ihre Probleme hätten damit begonnen, dass die Beklagte von ihren Mitarbeitern den Abschluss neuer Arbeitsverträge verlangt habe, die sie finanziell ungünstiger gestellt hätten. Alle Mitarbeiter hätten zuvor durchschnittlich mehr als 200 Stunden monatlich gearbeitet und entsprechend gut verdient. Sie - die Kläger - hätten sich geweigert, die neuen Arbeitsverträge zu unterzeichnen. Seitdem seien sie nicht mehr wie zuvor beschäftigt worden, sondern nur noch mit der arbeitsvertraglichen Stundenzahl. Ihr Verdienst habe sich drastisch reduziert. Lediglich die wenigen Mitarbeiter, die die neuen Arbeitsverträge unterzeichnet hätten, dürften nach wie vor über 200 Stunden monatlich arbeiten.



Da sie der Einrichtung eines Arbeitszeitkontos nicht zugestimmt hätten, sei die Beklagte verpflichtet, sie 7,8 Stunden pro Arbeitstag zu beschäftigen.



Geleistete Mehrarbeitsstunden würden ohne ihre Zustimmung nicht am Ende des Monats abgerechnet und vergütet, in dem sie angefallen seien. Sie würden in das Arbeitszeitkonto eingestellt und nach undurchschaubaren und willkürlichen Einzelentscheidungen irgendwann teilweise verrechnet.



Für die in der Vergangenheit geleistete Arbeitszeit verwiesen sie beispielhaft auf eine Arbeitszeitaufstellung des Klägers N (Bl. 65 d. A.) sowie auf Lohnabrechnungen des Klägers Q (Bl. 66 bis 68 d. A.) und des Klägers J (Bl. 69 bis 76 d. A.).



Der Kläger J sei am 14.03.2014, 21.07.2014, 22.07.2014 und 07.11.2014 nur sieben Stunden beschäftigt worden. Am 27.01.2015 sei er 7,25 Stunden, am 28.01.2015 und 29.01.2015 sieben Stunden, am 18.03.2015, 08.04.2015, 13.05.2015 und 11.06.2015 jeweils 7,5 Stunden, am 10.06.2015 sieben Stunden tätig gewesen.



Ein ähnliches Bild ergebe sich bei ihnen allen.



Die Kläger haben zuletzt beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, sie an jedem Arbeitstag mindestens 7,8 Stunden zu beschäftigen und ihre Mehrarbeitsstunden mit der Abrechnung für denjenigen Monat, in dem sie tatsächlich erbracht wurden, abzurechnen und zu vergüten.



Die Beklagte hat der Klageänderung widersprochen und beantragt,

die Klage abzuweisen.



Sie hat die Auffassung vertreten, trotz Fortfalls des Betriebsrates wirke die Betriebsvereinbarung vom 11.02.2014 fort.



Sie hat behauptet:



Ihre Schichtplanung erfolge unter Berücksichtigung des Arbeitskräftebedarfs unter Anwendung der Betriebsvereinbarung. Sie setze ihre Fahrer entsprechend § 2 des Einigungsstellenspruchs mindestens sieben Stunden arbeitstäglich ein, zahle jedenfalls insoweit die Vergütung. Im Übrigen sei die Arbeitszeit unter Zugrundelegung der Betriebsvereinbarung flexibilisiert.



Die Überstundenzuschläge zahle sie in dem Monat, in dem die Überstunden erbracht worden seien. Lediglich der Wert für eine Stunde "Normalarbeit" werde für jede Überstunde dem Arbeitszeitkonto zugeschrieben.



Mit Urteil vom 10.09.2015 hat das Arbeitsgericht Dortmund die Klagen abgewiesen.



Es hat ausgeführt:



Die Klageänderung sei im Sinne des § 263 2. Alt. ZPO sachdienlich und deshalb zulässig. Die Klagen seien jedoch unbegründet.



Eine Verpflichtung der Beklagten, die Kläger arbeitstäglich mindestens 7,8 Stunden zu beschäftigen, könne sich nur aus vertraglichen Vereinbarungen der Parteien ergeben, die allerdings die Dauer der täglichen Arbeitszeit nicht geregelt hätten. Es gebe auch keinen allgemeinen Grundsatz, bei der Vereinbarung einer 5-Tage-Woche die Wochenarbeitszeit proportional gleichmäßig auf die Arbeitstage zu verteilen. Der Arbeitgeber sei gemäß § 106 Satz 1 GewO berechtigt, die Arbeitszeit vorbehaltlich kollektivrechtlicher und gesetzlicher Beschränkungen festzulegen.



Die Beklagte sei auch nicht verpflichtet, die Mehrarbeitsstunden der Kläger am Ende des Monats abzurechnen und zu vergüten, in dem sie geleistet worden seien. § 614 BGB gelte im Hinblick auf die Betriebsvereinbarung nicht. Diese wirke trotz Wegfalls des Betriebsrates nach.



Dieser lasse die normative Wirkung der Betriebsvereinbarung unberührt. Der Arbeitgeber könne ihre Wirkung durch Kündigung gegenüber allen betroffenen Arbeitnehmern beenden.



Die Frage, ob eine Betriebsvereinbarung in einem betriebsratslosen Betrieb nach ihrer Kündigung weitergelte, werde in Literatur und Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet.



Eine Auffassung lehne die Nachwirkung mit der Begründung ab, dass diese eine zwingende Mitbestimmung voraussetze, die bei Fehlen eines Betriebsrates nicht mehr bestehe. Eine andere Auffassung, der die Kammer folge, bejahe eine Nachwirkung. Sinn und Zweck des § 77 Abs. 6 BetrVG lägen darin, in dem Bereich zentraler und damit dem Gesetzgeber besonders gewichtiger Regelungsvorgänge kein Regelungsvakuum durch die Beendigung einer Kollektivrechtsregelung entstehen zu lassen und eine materielle Besitzstandgarantie zu gewährleisten. Dieser Zweck sei bezüglich materieller Arbeitsbedingungen aus Sicht der Kammer erst recht dann gegeben, wenn es keinen Betriebsrat mehr gebe. Dann sei zunächst nicht mit dem Abschluss neuer Betriebsvereinbarungen zu rechnen.



Allerdings sei den Klägern zuzugeben, dass bei Verneinung der Nachwirkung die individualvertraglichen und gesetzlichen Regelungen verblieben, die allerdings oftmals nicht ausreichend seien, um für die betriebliche Wirklichkeit handhabbare Lösungen zu finden. Das gelte hier deshalb, weil die Beklagte in den Wintermonaten eine geringere Auslastung im Baustofftransport zu verzeichnen habe, so dass die Flexibilisierung der Arbeitszeit letztlich der Erhaltung des Betriebs und damit auch den Interessen der Arbeitnehmer diene. Mithin gelte die Betriebsvereinbarung vom 11.02.2014, soweit sie materielle Arbeitsbedingungen enthalte, trotz Wegfalls des Betriebsrates als Inhalt der klägerischen Arbeitsverträge fort. Sie behalte ihre Wirkung nicht bis zum Ende der Geschäftstätigkeit der Beklagten, denn sie sei durch eine anderweitige Abmachung oder Regelung änderbar. Die Kläger hätten die Möglichkeit, mit der Beklagten individuelle Vereinbarungen zu treffen. Sie könnten einen Betriebsrat wählen, der sodann eine neue Betriebsvereinbarung abschließen könnte.



Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Urteils wird auf Bl. 80 bis 87 d. A. Bezug genommen.



Gegen das ihnen am 17.09.2015 zugestellte Urteil haben die Kläger am 12.10.2015 bei dem Landesarbeitsgericht eingehend Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 17.12.2015 an diesem Tag bei dem Landesarbeitsgericht eingehend begründet.



Sie rügen das erstinstanzliche Urteil als fehlerhaft und führen aus:



Mit ihrem Begehren, die Arbeitszeit gleichmäßig auf die einzelnen Arbeitstage zu verteilen, wollten sie völlig willkürliche Regelungen der Beklagten ausschließen. Diese würden nur bei ihnen, nicht bei den Fahrern vorgenommen, die sich auf schlechtere Vertragskonditionen eingelassen hätten. Sie wollten das Willkürverbot durchsetzen. Deshalb verlangten sie eine gleichmäßige Verteilung der Arbeitszeit auf die Wochenarbeitstage.



Gleichzeitig begehrten sie die Regelung der Bezahlung der Mehrarbeitsstunden, da das von der Beklagten eingeführte System zu völlig undurchschaubaren Ergebnissen führe. Es gelte § 614 BGB, da entgegen der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts die Betriebsvereinbarung vom 11.02.2014 keine Nachwirkung habe. Die Betriebsvereinbarung betreffe Regelungsgegenstände des zwingenden Mitbestimmungsrechts und setze deshalb die Existenz eines Betriebsrates voraus. Nach Wegfall des Betriebsrates sei das Betriebsverfassungsgesetz nicht mehr anwendbar.



Zu berücksichtigen sei, dass auf Arbeitnehmerseite kein "Betriebspartner" mehr handeln könne. Das führe dazu, dass sie bei Bejahung der Nachwirkung dauerhaft an die Betriebsvereinbarung gebunden seien. Die Beklagte berufe sich auf diese und sei nicht bereit, sie selbst zu kündigen. Es sei für sie - die Kläger - aussichtslos, mit der Beklagten individuelle ablösende Vereinbarungen zu treffen. Das habe sie abgelehnt.



Das von dem erstinstanzlichen Gericht besorgte Regelungsvakuum werde durch die Geltung gesetzlicher Bestimmungen ausgeschlossen.



Die Kläger haben zunächst die Anträge angekündigt,

unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Dortmund vom 10.09.2015 - 3 Ca 643/15 - nach ihren Schlussanträgen erster Instanz zu entscheiden.



Sie beantragen nunmehr nach gerichtlichem Hinweis vom 29.03.2015 (Bl. 134 d.A.),

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Dortmund vom 10.09.2015 - 3 Ca 643/15 - die Beklagte zu verurteilen, sie an jedem Arbeitstag mindestens 7,8 Stunden zu beschäftigen, und festzustellen, dass die Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeitgestaltung und Einführung eines flexiblen Arbeitszeitmodells vom 11.02.2014 auf ihr Arbeitsverhältnis keine Anwendung findet.



Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.



Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil als zutreffend und führt aus:



Sie plane den Arbeitseinsatz entgegen der Behauptung der Kläger nicht willkürlich. Nur in seltenen Fällen leisteten sie eine unterdurchschnittliche Arbeitszeit. Sofern ein Fahrer im Wochenverlauf die individuell vereinbarte Arbeitszeit nicht erreiche, setze sie entsprechend den individuellen arbeitsvertraglichen Vorgaben und unter Berücksichtigung von § 2 der Betriebsvereinbarung die Wochenarbeitszeit zur Abrechnung an. Finanzielle Nachteile entstünden den Fahrern nicht.



Aufgrund saisonaler Schwankungen und unterschiedlicher Tagesanforderungen von Kunden könne sie die zu leistenden Transportfahrten nicht im Vorlauf von mehreren Wochen verbindlich planen, sondern müsse Dienstpläne wöchentlich aufstellen. Letztlich könne sie erst mit einem Tag Vorlauf die Einsatzplanung endgültig festlegen.



Um einerseits eine betriebswirtschaftlich sinnvolle Planung zu gewährleisten, andererseits aber auch eine möglichst gleichmäßige und mit einem hinreichenden zeitlichen Vorlauf verbindliche Einsatzplanung zu erzielen, habe der damalige Betriebsrat die Einigungsstelle angerufen, die am 11.02.2014 entschieden habe. Entsprechend dem Spruch nehme sie die Einsatzplanung vor. Die Kläger hätten ein Abweichen von der Betriebsvereinbarung nicht substantiiert dargelegt.



Der Einigungsstellenspruch befinde sich in der Nachwirkung. Sie sei nach wie vor betriebsratsfähig, deshalb könne der Spruch nach Wahl eines neuen Betriebsrates durch eine Betriebsvereinbarung abgelöst werden.



Bei Ausschluss der Nachwirkung seien die gesetzlichen Bestimmungen gerade nicht geeignet, betrieblichen Bedürfnissen gerecht zu werden. Sie hätte dann einen deutlich weitergehenden Spielraum bei der Arbeitseinteilung und müsse die Kläger lediglich 39 Wochenstunden beschäftigen. Das bedeute jedoch nicht einen Einsatz von mindestens 7,8 Stunden pro Arbeitstag.



Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.



Entscheidungsgründe



A.



Die gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, 64 Abs. 2 b, 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO an sich statthafte und form- sowie fristgerecht eingelegte Berufung der Kläger gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 10.09.2015 ist unbegründet. Zu Recht hat das erstinstanzliche Gericht die Klage abgewiesen.



I.



Der zulässige Leistungsantrag auf Verurteilung der Beklagten, die Kläger jeweils mindestens 7,8 Stunden arbeitstäglich zu beschäftigen, ist unbegründet.



1. Ein Anspruch auf eine Mindestbeschäftigungsdauer arbeitstäglich folgt nicht aus den Arbeitsvertragsvereinbarungen der Parteien. Unstreitig haben sie nur eine Wochenarbeitszeit von 39 Stunden vereinbart, jedoch die arbeitstägliche Arbeitszeit nicht vertraglich festgelegt.



2. Eine Mindestarbeitszeit folgt - unabhängig von ihrer Geltung - nicht aus der Betriebsvereinbarung vom 11.02.2014.



In § 2 der Betriebsvereinbarung ist lediglich die Verteilung der vertraglich vereinbarten Wochenarbeitszeit auf fünf Wochenarbeitstage geregelt. Aus § 3 Abs. 1 der Betriebsvereinbarung folgt die Flexibilisierung der Arbeitszeit durch Führung eines Arbeitszeitkontos. § 4 Abs. 3 Satz 2 (Dienstplangestaltung) der Betriebsvereinbarung bestimmt nur, dass die Dienstplangestaltung für eine gleichmäßige Auslastung der Fahrer und die gleichmäßige Belastung der Arbeitszeitkonten Sorge tragen muss. Gleichmäßige Auslastung bedeutet jedoch nicht eine gleichmäßige Verteilung der Wochenarbeitszeit auf die Wochenarbeitstage.



3. Ein Anspruch auf die begehrte Mindestarbeitszeit ergibt sich auch nicht aus dem Arbeitszeitgesetz. Aus § 3 Satz 1 ArbZG folgt, dass die werktägliche Arbeitszeit acht Stunden nicht überschreiten darf. Eine Mindestbeschäftigungszeit unterhalb dieser Schwelle ist nicht geregelt.



4. Fehlt es an einer vertraglichen oder gesetzlichen Regelung, kann der Arbeitgeber gemäß § 106 Satz 1 GewO die Lage der Arbeitszeit kraft seines Weisungsrechts unter Wahrung billigen Ermessens festsetzen (BAG, 16.04.2014 - 5 AZR 483/12 - Rn. 18, NZA 2014, 1262 [BAG 16.04.2014 - 5 AZR 483/12] ; 18.04.2012 - 5 AZR 195/11 - Rn. 20, NZA 2012, 796 [BAG 18.04.2012 - 5 AZR 195/11] ; ErfK/Preis, 16. Aufl., § 106 GewO Rn. 19).



Die Ausübung des Direktionsrechts nach billigem Ermessen bedeutet nicht, dass die Wochenarbeitszeit gleichmäßig auf die vereinbarten Arbeitstage zu verteilen ist (BAG, 16.04.2014, a.a.O. Rn. 18). Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Einzelfalls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt sind. Ob sie angemessen berücksichtigt sind, unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB (BAG, 25.02.2015 - 1 AZR 642/13 - Rn. 36, NZA 2015, 442 [BAG 25.02.2015 - 1 AZR 642/13] ).



Hier bleibt es den Klägern unbenommen, konkrete Dienstpläne auf die Ausübung billigen Ermessens gerichtlich überprüfen zu lassen.



5. Der Anspruch ergibt sich auch nicht aus §§ 612 a, 134 BGB.



Danach darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt.



Den Arbeitnehmer trifft die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er wegen seiner Rechtsausübung vom Arbeitgeber benachteiligt worden ist (BAG, 02.04.1987 - 2 AZR 227/86 - Rn. 27, NZA 1988, 16). Bei der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast sind die Grundsätze der sekundären Darlegungslast zu beachten (APS/Linck, Kündigungsrecht, 4. Aufl., § 612 a BGB, Rn. 22 a). Für den Arbeitnehmer kann der Beweis des ersten Anscheins sprechen. Ein Anscheinsbeweis ist insbesondere dann anzunehmen, wenn ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Rechtsausübung und Maßnahme des Arbeitgebers besteht und mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass die Maßnahme des Arbeitgebers als Reaktion auf die Ausübung eines Rechts durch den Arbeitnehmer erfolgt ist (APS/Linck a.a.O. § 612 a BGB, Rn. 23 m.w.N.). Diese tatsächliche Vermutung muss der Arbeitgeber durch substantiierten Sachvortrag widerlegen und nachweisen, dass er die Maßnahme aus sachgerechten Gründen vorgenommen hat (LAG Niedersachsen 12.09.2005 - 5 Sa 396/05 - Rn. 55, NZA-RR 2006, 346 [LAG Niedersachsen 12.09.2005 - 5 Sa 396/05] ).



Hier ist dem Vortrag der Kläger schon nicht zu entnehmen, wann ihnen welches Angebot mit verschlechternden Bedingungen unterbreitet worden ist, wann sie es abgelehnt haben und wann die weiteren drei Fahrer es angenommen haben. Weiterhin ist nicht erkennbar, bei welchen Dienstplänen in welchem Zeitraum nach Ablehnung des Vertragsangebots sie von der Beklagten im Gegensatz zu den Kollegen dergestalt benachteiligt wurden, dass diese stets und ausnahmslos mindestens 7,8 Stunden beschäftigt, die Kläger dagegen anlasslos unterhalb dieser Schwelle eingesetzt wurden. Der Vortrag der Kläger N und J beschränkt sich darauf darzustellen, an welchen Arbeitstagen in 2014 und 2015 sie weniger als 7,8 Stunden beschäftigt waren. Er bietet jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Schwankungen in den Einsatzzeiten bei den Fahrern, die einer Vertragsänderung zugestimmt haben, nicht zu verzeichnen waren. Das ergibt sich insbesondere nicht aus der pauschalen Behauptung, die drei Arbeitnehmer arbeiteten wie zuvor (wann?) in einem Umfang von 200 Wochenstunden. Selbst wenn es den Klägern nicht möglich gewesen sein sollte, die Arbeitszeiten der Kollegen detailliert darzustellen, so hätten sie zumindest darlegen können, aus welche Tatsachen sie hergeleitet haben, im Vergleich zu den Kollegen benachteiligt zu werden.



6. Aus diesem Grund vermochte die Kammer auch keine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes festzustellen.



II.



1. Der auf Feststellung der Unanwendbarkeit der Betriebsvereinbarung vom 11.02.2014 auf das Arbeitsverhältnis gerichtete Antrag ist zulässig.



a) Gemäß § 256 Abs. 1 ZPO kann auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses geklagt werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird.



Ein Rechtsverhältnis in diesem Sinne ist jede durch die Herrschaft einer Rechtsnorm über einen konkreten Sachverhalt entstandene rechtliche Beziehung einer Person zu einer anderen Person, wobei sich der Feststellungsantrag nicht notwendig auf das Rechtsverhältnis als Ganzes erstrecken muss. Er kann sich auch auf daraus folgende Einzelbeziehungen, Ansprüche oder Verpflichtungen und auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (BAG, 24.02.2016 - 7 ABR 23/14 - Rn 12). So kann die Anwendbarkeit eines Tarifvertrags auf das Arbeitsverhältnis Gegenstand einer Feststellungsklage sein (LAG Rheinland-Pfalz, 23.07.2015 - 5 Sa 121/15 - Rn. 46).



Hier streiten die Parteien nicht lediglich über Vorfragen eines Rechtsverhältnisses, sondern darüber, ob die Arbeitszeiten der Kläger aufgrund der Betriebsvereinbarung vom 11.02.2014 durch die Führung eines Arbeitszeitkontos flexibilisiert sind, ob die Betriebsvereinbarung kraft Nachwirkung auf die Arbeitsverhältnisse anwendbar ist. Mit der Rechtskraft einer dem Feststellungsantrag entsprechenden Entscheidung wird der Streit insgesamt beseitigt, weil sich dann die Arbeitszeiten und die Vergütung allein nach den vertraglichen und gesetzlichen Bestimmungen richten.



b) Der Änderung des Antrags von einer Leistungsklage auf eine Feststellungsklage steht nicht § 533 ZPO entgegen.



Es kann dahinstehen, ob die Kläger lediglich im Sinne des § 264 Nr. 2 ZPO bei gleichbleibendem Klagegrund von einem Leistungsantrag auf den Feststellungsantrag übergegangen sind.



Selbst wenn eine Klageänderung nach § 263 ZPO vorliegt, ist sie im Sinne des § 533 Nr. 1 ZPO sachdienlich, weil sie geeignet ist, den Streit der Parteien zu bereinigen, und sie im Sinne des § 533 Nr. 2 ZPO auf Tatsachen gestützt ist, die das Berufungsgericht nicht zu der Beurteilung eines völlig neuen Streitstoffes zwingt.



2. Der Antrag ist jedoch unbegründet.



Die Arbeitsverhältnisse der Kläger unterliegen weiterhin den Regelungen der Betriebsvereinbarung vom 11.02.2014.



a) Der Wegfall des Betriebsrates durch Ausscheiden des einzigen Mitglieds aus dem Arbeitsverhältnis hier zu der Beklagten beendet nicht automatisch die normative Wirkung der Betriebsvereinbarung (zum Wegfall des Gesamtbetriebsrates nach Betriebsübergang BAG, 18.09.2002 - 1 ABR 54/01 - Rn. 50, BAGE 102, 356; Richardi, BetrVG, 15. Aufl., § 77 BetrVG Rn. 209; Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, BetrVG, 27. Aufl., § 77 BetrVG Rn 175; GK/Kreutz, BetrVG, 10. Aufl., § 77 BetrVG Rn. 408; MüArbR/Matthes, 3. Aufl., § 239 Rn. 45; Müller/Krenz, NZA 2005, 4; Salomon, NZA 2007, 367; a.a.O. Gaul, NZA 1986, 628, 631).



Die Betriebsvereinbarung ist gemäß § 4 Satz 1 BetrVG in ihrer Geltung unmittelbar und zwingend, setzt demnach objektives Recht, das von dem Wegfall des Betriebsrates als Betriebspartner nicht beeinflusst wird (Müller/Krenz, a.a.O., S.5).



b) Der Betriebsrat L hat jedoch die Betriebsvereinbarung während seiner Amtszeit zum 31.05.2014 gekündigt.



aa) Gegen die Wirksamkeit der Kündigung haben die Kläger keine Bedenken erhoben. Es wurde die Kündigungsfrist nach § 77 Abs. 5 BetrVG i.V.m. § 4 (Schlussbestimmungen) der Betriebsvereinbarung gewahrt.



bb) Die Kammer ist wie das Arbeitsgericht Dortmund der Auffassung, dass in entsprechender Anwendung des § 77 Abs. 6 BetrVG die Nachwirkung der Betriebsvereinbarung nicht ausschlossen ist.



(1) Sie betrifft eine Angelegenheit, in der ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann. Die Einführung von Arbeitszeitkonten zur Flexibilisierung der Arbeitszeit unterliegt dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG (ErfK/Kania, 16. Aufl., § 87 BetrVG Rn. 29). Zwingende tarifliche Regelungen standen dem Einigungsstellenspruch nicht entgegen.



(2) Nach Ablauf der Betriebsvereinbarung gelten die Regelungen der Betriebsvereinbarung so lange weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden. Das bedeutet, dass die Betriebsvereinbarung keine zwingende Wirkung mehr beanspruchen kann, dass ihre Regelungen aber bis zu einer ablösenden Vereinbarung weiterhin gelten (Richardi a.a.O. § 77 BetrVG Rn. 100; ErfK/Kania a.a.O. § 77 BetrVG Rn.100).



Als ablösende Vereinbarung kommt bei mitbestimmungspflichtigen Tatbeständen insbesondere eine neue wirksame Betriebsvereinbarung in Betracht.



(a) § 77 Abs. 6 BetrVG enthält kein zwingendes Recht. Die Nachwirkung ist dispositiv und kann von den Betriebspartnern (konkludent) abbedungen werden (BAG, 17.01.1995 - 1 AZR 784/94 - Rn. 24; 08.10.1997 - 4 AZR 87/96 - Rn 22, 23, BAGE 86, 366 zum Ausschluss der Nachwirkung eines Tarifvertrags).



Hier folgt die Nachwirkung ausdrücklich aus § 4 Satz 3 (Schlussbestimmungen) des Einigungsstellenspruchs.



(b) Der Abschluss einer ablösenden Betriebsvereinbarung kommt nach Wegfall des Betriebsrates so lange nicht in Betracht, wie kein neuer Betriebsrat wirksam gewählt ist.



Wie das erstinstanzliche Gericht zutreffend dargestellt hat, bestehen in der Literatur und Rechtsprechung unterschiedliche Auffassungen zu der Frage, ob § 77 Abs. 6 BetrVG in betriebsratslosen Betrieben entsprechende Anwendung findet.



Teilweise wird darauf verwiesen, dass die Nachwirkung mit der Folge der unmittelbaren Geltung der Normen der gekündigten Betriebsvereinbarung - wie dargestellt - voraussetzt, dass der Spruch der Einigungsstelle die Einigung der Betriebsparteien ersetzt, es sich also um zwingende Mitbestimmungstatbestände handelt. Gebe es keinen Betriebsrat mehr, gebe es keine mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten. Demnach sei die Nachwirkung ausgeschlossen (ErfK/Kania, a.a.O., § 77 BetrVG Rn. 101; GK-BetrVG, a.a.O., § 77 BetrVG Rn. 430; MüArbR/Matthes, a.a.O., § 239 Rn. 45; Solomon, NZA 2007, 367, 368).



Teilweise wird die Notwendigkeit einer analogen Anwendung von § 77 Abs. 6 BetrVG verneint, weil es an einem Regelungsbedürfnis fehle. Bei Wegfall des Betriebsrates könne die Nachwirkung lediglich durch Individualvereinbarungen mit der Belegschaft ausgeschlossen werden. Lehnten alle oder einzelne Arbeitnehmer den Abschluss einer ablösenden Vereinbarung ab, so sei der Arbeitgeber unbegrenzt an die nachwirkende Betriebsvereinbarung gebunden, ohne dass ein entsprechendes Schutzbedürfnis der Arbeitnehmer bestehe, die jederzeit die Möglichkeit der Wahl eines neuen Betriebsrates hätten. Deshalb sei zur Vermeidung einer dauerhaften Fortgeltung der Betriebsvereinbarung der Ausschluss der Nachwirkung interessengerecht (Müller/Krenz, a.a.O. S. 6).



Nach anderer Meinung entfalten gekündigte Betriebsvereinbarungen auch nach Wegfall des Betriebsrates Nachwirkung (LAG Köln, 08.04.2003 - 1 Sa 1219/02 - Rn. 31; Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, a.a.O. § 77 BetrVG Rn. 179; Gaul, a.a.O. S. 632).



Die entscheidungserhebliche Frage der Nachwirkung im betriebsratslosen Betrieb ist - soweit ersichtlich - höchstrichterlich noch nicht entschieden. Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 05.05.1988 (6 AZR 521/85, BAGE 58, 248) lediglich erkannt, dass eine Dienstvereinbarung nach dem Landespersonalvertretungsgesetz NW dann nicht nachwirkt, wenn den Parteien der Personalvertretungsverfassung die übereinstimmende Regelungsmacht für den fraglichen Regelungskomplex fehlt, weil echte Mitbestimmungsrechte fehlen, nicht oder nicht mehr bestehen, da sie nicht existent waren oder aber zwar bestanden haben, wegen der Kollision mit zwischenzeitlich in Kraft getretenen höherrangigen Normen jedoch entfallen sind (Rn 35). Der Entscheidung liegt ein Fall zugrunde, in dem eine Dienstvereinbarung gekündigt wurde, aber der Neuabschluss im Hinblick auf die Sperrwirkung einer Tarifnorm für künftige Dienstvereinbarungen mit gleichem oder ähnlichem Inhalt nicht möglich war. Die Entscheidung trifft keine Aussage zu der dem Berufungsgericht vorgelegten Rechtsfrage. Auch nach § 77 Abs. 6 BetrVG wäre die Nachwirkung ausgeschlossen, stünde dem Neuabschluss einer Betriebsvereinbarung über einen Regelungsgegenstand nach § 87 Abs. 1 BetrVG eine tarifliche Regelung entgegen, die das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates ausschließt.



Bezüglich der hier zu entscheidenden Frage schließt sich die Kammer der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts an.



Der Ausschluss der Nachwirkung lässt sich nicht allein damit begründen, dass mangels Bestehens eines Betriebsrates keine mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten mehr vorliegen. Daraus folgt noch nicht, dass bereits bestehende Regelungen im Rahmen zwingender Mitbestimmungsrechte nicht nachwirken sollen. Es ist lediglich die Ablösung durch Vereinbarung einer neuen Betriebsvereinbarung ausgeschlossen. Dagegen bleibt die Möglichkeit, die Nachwirkung durch Individualvereinbarungen oder durch tarifliche Regelungen zu beenden. Die andere Abmachung kann sich auf die bloße Aufhebung der Nachwirkung beschränken (ErfK/Kania, a.a.O. § 77 BetrVG Rn 100; Richardi, a.a.O. § 77 BetrVG Rn. 77). Den Arbeitnehmern bleibt auch die Möglichkeit, einen neuen Betriebsrat zu wählen, der eine ablösende Betriebsvereinbarung mit dem Arbeitgeber schließt, während diesem bei Scheitern von Verhandlungen mit den Arbeitnehmern die Gestaltungsmöglichkeit der Änderungskündigung zur Verfügung steht (Gaul, a.a.O. S. 632).



Zu berücksichtigen ist ferner der Zweck der Nachwirkung. Durch die unmittelbare, wenn auch nicht zwingende Geltung der Betriebsvereinbarung nach ihrem Ablauf wird sichergestellt, dass in dem Bereich zentraler und damit dem Gesetzgeber besonders gewichtiger Regelungsvorgänge kein Regelungsvakuum durch die Beendigung einer Kollektivrechtsregelung entsteht und eine Art materielle Besitzstandsgarantie gewährleistet wird, bis eben eine ablösende Vereinbarung geschlossen wird (Gaul, a.a.O., S. 631).



Diese Zielsetzung des § 77 Abs. 6 BetrVG rechtfertigt die Nachwirkung auch in betriebsratslosen Betrieben. Wird sie verneint, gelten zwar die vertraglichen Vereinbarungen. Diese erfassen jedoch den Regelungsgegenstand der Betriebsvereinbarung häufig nicht. Auch gesetzliche Regelungen, hier bezüglich der Lage der Arbeitszeit (§ 106 GewO), bezüglich der Vergütung von Mehrarbeit (§§ 611, 612, 614 BGB) enthalten nur unzureichende Regelungen. Ohne nachfolgende Individualvereinbarungen wäre die mit der Betriebsvereinbarung intendierte Flexibilisierung der Arbeitszeit durch Führung eines Arbeitszeitkontos ausgeschlossen. Das bedeutet auch, dass das Ziel der Einführung des flexiblen Arbeitszeitmodells nicht mehr erreicht werden kann, nämlich unterschiedliche betriebliche Produktions- und Arbeitszeitzyklen innerhalb eines Jahres auszugleichen, um die Arbeitszeitenstärke den betrieblichen Bedürfnissen anzupassen und die Notwendigkeit der Einführung von Kurzarbeit oder des Ausspruchs betriebsbedingter Kündigungen zu reduzieren. Die Vorgaben zur Dienstplangestaltung, § 4 Abs. 1 bis 3 (Dienstplangestaltung) der Betriebsvereinbarung, entfielen zugunsten eines Weisungsrechts des Arbeitgebers nach billigem Ermessen. Darauf hat bereits das Arbeitsgericht hingewiesen.



Die Nachwirkung der Betriebsvereinbarung führt nicht zu einer Geltung "bis in alle Ewigkeit". Den Arbeitnehmern bleibt es unbenommen, einen neuen Betriebsrat zu wählen, der eine neue Betriebsvereinbarung abschließt. Sie können mit der Beklagten abändernde individualrechtliche Abmachungen treffen, wobei den Klägern zuzugestehen ist, dass sie dabei ebenso auf die Bereitschaft der Beklagten zu Verhandlungen angewiesen sind, wie sie es umgekehrt ist, will sie die Regelungen zum Arbeitszeitkonto und zur Erstellung der Dienstpläne ändern. Die Arbeitnehmer können auch Änderungskündigungen aussprechen, die grundsätzlich unter Einhaltung der Kündigungsfrist zulässig sind (KR-Kreft, 11. Aufl., § 2 KSchG Rn. 10; Löwisch, NZA 1988, 633, 634).



B.



Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO.



Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen, da die entscheidungserhebliche Frage der Nachwirkung einer Betriebsvereinbarung in einem betriebsratslosen Betrieb von grundsätzlicher Bedeutung ist.

Vorschriften§ 263 2. Alt. ZPO, § 106 Satz 1 GewO, § 614 BGB, § 77 Abs. 6 BetrVG, §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, 64 Abs. 2 b, 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO, § 3 Satz 1 ArbZG, § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB, §§ 612 a, 134 BGB, § 256 Abs. 1 ZPO, § 533 ZPO, § 264 Nr. 2 ZPO, § 263 ZPO, § 533 Nr. 1 ZPO, § 533 Nr. 2 ZPO, § 4 Satz 1 BetrVG, § 77 Abs. 5 BetrVG, § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG, § 87 Abs. 1 BetrVG, § 106 GewO, §§ 611, 612, 614 BGB, §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO, § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG

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