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15.06.2016 · IWW-Abrufnummer 186565

Landesarbeitsgericht Köln: Urteil vom 30.09.2015 – 11 Sa 991/14

Zum Heraushebungsmerkmal "besondere Schwierigkeit und Bedeutung"


Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung der Anschlussberufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 22.08.2014 - 5 Ca 2432/14 - abgeändert und die Klage kostenpflichtig abgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand



Die Parteien streiten über die tarifgerechte Vergütung.



Der Kläger ist seit dem September 1991 bei der Beklagten im Bundesverwaltungsamt (BVA) beschäftigt. Seit dem Juli 2006 erfolgt sein Einsatz als Sachbearbeiter im Referat . Er ist im Wesentlichen mit der Bewilligung von Zuwendungen, der Projektsteuerung und der Prüfung von Verwendungsnachweisen betraut. Im Referat des Klägers wird kein Grundsatzsachbearbeiter beschäftigt. Die Beklagte vergütet den Kläger nach der Entgeltgruppe (EG) 9 TVöD-Bund.



Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft einzelvertraglicher Bezugnahme die Vorschriften des Bundes-Angestelltentarifvertrags (BAT) und den diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträge Anwendung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Arbeitsvertrages vom 19.01.1996 wird auf Bl. 37 d. A. Bezug genommen.



Dem BVA wurden vom Bundesministerium für F , S (BMFS ) u.a. die Prüfung der Förderfähigkeit von Projekten in den Bereichen Gleichstellungspolitik, Bauförderung, Familienbildung, Familienerholung, Kinder-, Jugend- und Seniorenpolitik, die Fertigung von Zuwendungsbescheiden und die Überprüfung von Verwendungsnachweisen nach Abschluss der jeweiligen Projekte übertragen. In Abstimmung mit dem BMFS werden u.a. in Modellprojekten einheitliche Ausgaben- und Finanzierungspläne sowie Definitionen der zuwendungsfähigen Ausgaben entwickelt. Das BVA erbringt Beratungsleistungen für die Zuwendungsempfänger und die Fachaufsicht.



Die Tätigkeitsdarstellung (TD) und Tätigkeitsbewertung (TB) vom Januar 2007 (Bl. 39 ff. d. A.) wurde im Jahre 2013 hinsichtlich der TD vom Fachvorgesetzten des Klägers, dem Referatsleiter F , aufgrund einer Änderung der Arbeitstätigkeit mit Stand Oktober 2011 neu verfasst. Die sich anschließende TB wurde unter dem 16.05.2013 von dem Personalverantwortlichen H und der für Eingruppierungsfragen zuständigen Sachbearbeiterin L unterzeichnet. Die TB endet mit der Bewertung der Tätigkeit des Klägers nach der Vergütungsgruppe (VG) IVb Fallgruppe (Fg.) 1a, Teil I BAT. Die Beklagte wertete demnach die Tätigkeit des Klägers als eine solche, die gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert und zudem besonders verantwortungsvoll ist. Wegen der Einzelheiten der TD/TB vom 16.05.2013 wird auf Bl. 49 ff. d. A. verwiesen.



Der Kläger hatte bereits mit Schreiben vom 26.11.2012 erfolglos die Höhergruppierung in die EG 11 beantragt, weil aus seiner Sicht aufgrund ausgeübter Beratungstätigkeit eine qualitative Anreicherung erfolgt und damit das Tätigkeitsmerkmal der besonderen Schwierigkeit und Bedeutung gegeben sei.



Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 22.08.2014 (Bl. 170 ff. d. A.) der Klage unter Zurückweisung des Zahlungsbegehrens auf der Basis einer Vergütung nach der EG 11 TVöD-Bund stattgegeben, soweit der Kläger eine Vergütung nach der EG 10 TVöD-Bund begehrt hat. Es ist auf der Grundlage der Wertungen der TD/TB vom 16.05.2013 davon ausgegangen, dass der Kläger zu 35 % Tätigkeiten ausübe, die besonders schwierig seien. Die herausgehobene Bedeutung habe die Beklagte nicht widerlegen können, im Übrigen sei bei der Lösung von Grundsatzfragen regelmäßig davon auszugehen, dass das Tarifmerkmal der Bedeutung gegeben sei. Wegen der weiteren Einzelheiten des streitigen und unstreitigen Vorbingens sowie der Antragstellung der Parteien erster Instanz wird auf den Tatbestand, wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichts wird die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.



Gegen das ihr am 25.09.2014 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 20.10.2014 Berufung eingelegt und diese innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 23.12.2014 begründet.



Nach Zustellung der Berufungsbegründungsschrift am 08.01.2015 hat der Kläger am 03.02.2015 Anschlussberufung eingelegt. Zugleich hat er die Zahlungsklage für den Zeitraum August 2014 bis Januar 2015 erweitert.



Der Kläger ist der Ansicht, seine Tätigkeit bestehe aus einem einzigen, besonders schwierigen und bedeutsamen Arbeitsvorgang der Zuwendungsbewilligung und Prüfung der Verwendungsnachweise, alle weiteren Tätigkeiten seien Zusammenhangstätigkeiten. Aus diesem Grunde seien die Eingruppierungsvoraussetzungen nach der VG IVa Fg. 1a/EG 11 TVöD-Bund gegeben. Die TD vom 16.05.2013 sei unter Einbindung des Organisationsreferats erstellt worden. Der dem Kläger vorgesetzte Referatsleiter F sei ein ausgewiesener Fachmann in Eingruppierungsfragen. Die TD/TB vom 16.05.2013 sei von dem Personalverantwortlichen und der für Eingruppierungsfragen zuständigen Sachbearbeiterin unterzeichnet worden und daher für die Eingruppierung maßgebend. Die TD vom 16.05.2013 enthalte wiederum unter Ziffer 5.3.1. (Bearbeitung besonders schwieriger Fallkonstellationen mit besonderer Schwierigkeit und Bedeutung) den Hinweis, dass etwa 35 % der Tätigkeit des Klägers als bedeutend anzusehen seien.



Der Kläger beantragt,

1. die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 22. August 2014, Az.:5 Ca 2432/14, zurückzuweisen; 2. im Wege der Anschlussberufung das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 22. August 2014, Az.:5 Ca 2432/14, abzuändern, soweit es die Klage abgewiesen hat und a) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger seit dem 01.08.2014 nach der Entgeltgruppe 11 TVöD-Bund zu vergüten; b) die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 20.344,97 € brutto nebst Zinsen in Höhe von5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus15.255,68 € vom 23.08.2014 bis zum 31.08.2014, aus 16.010,32 € vom 01.09.2014 bis zum 30.09.2014, aus 16.764,96 € vom 01.10.2014 bis zum 31.10.2014, aus 17.519,60 € vom 01.11.2014 bis 30.11.2014, aus 18.835,69 € vom 01.12.2014 bis 31.12.2014, aus 19.590,33 € vom 01.01.2015 bis 31.01.2015 und aus 20.344,97 € seit dem 01.02.2015 zu zahlen.



Die Beklagte beantragt,

1. das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 22.08.2014, Aktenzeichen 5 Ca 2432/14 - abzuändern und die Klage abzuweisen; 2. die Anschlussberufung zurückzuweisen und die Klage auch hinsichtlich der Klageerweiterung vom 09.03.2015 abzuweisen.



Die Beklagte meint, die Tätigkeit des Klägers gliedere sich in fünf Arbeitsvorgänge. Im Rahmen der Arbeitsvorgänge Antragsverfahren und Prüfung von Verwendungsnachweisen fielen drei weitere Arbeitsvorgänge an. Dabei handele es sich zum einen um die Prüfungen von Eingruppierungen nach dem TVöD/BAT in speziellen und schwierigen Eingruppierungsfällen, zum anderen um die Prüfung von Verwendungsnachweisen auf betriebswirtschaftlicher Basis und schließlich um die Anwendung spezieller Rechtsvorschriften in Einzelfällen. Sämtlichen Arbeitsvorgängen fehle das Heraushebungsmerkmal der Bedeutung. An die tarifrechtlich relevanten wertenden Feststellungen der TD vom 16.05.2013 sei sie nicht gebunden, da sie nicht vom für die Tätigkeitsbewertung zuständigen Organisationsreferat ( ) sondern vom Referatsleiter verfasst worden seien. Förderentscheidungen mit Auswirkung auf Eingruppierungsfragen seien nur für den Einzelfall bedeutsam. Eine Auswirkung auf andere am Förderprojekt beteiligte Zuwendungsempfänger erfolge nur mittelbar unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Aufgrund des jeweiligen Projektbezugs seiner Tätigkeit treffe der Kläger auch keine Grundsatzentscheidungen. Grundsätzliche Entscheidungen mit Auswirkung auf bundesweite Modellprojekte seien dem BVA nicht übertragen, sondern dem BMFS vorbehalten.



Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze der Parteien vom 23.12.2014, 09.03.2015, 16.09.2015 und 29.09.2015, die Sitzungsniederschrift vom 30.09.2015 sowie den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.



Entscheidungsgründe



I. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, denn sie ist gemäß § 64 Abs. 2 c) ArbGG statthaft und wurde innerhalb der Fristen des § 66 Abs. 1 ArbGG ordnungsgemäß eingelegt und begründet. Auch die Anschlussberufung des Klägers ist nach den §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 524 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 ZPO zulässig.



II. Die Berufung der Beklagten ist begründet, die Anschlussberufung des Klägers unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte aus § 611 Abs.1 BGB in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag weder einen Anspruch auf Zahlung einer Vergütung nach der EG 10 TVöD-Bund noch nach der EG 11 TVöD-Bund für den Zeitraum Dezember 2012 bis Januar 2015.



1. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft einzelvertraglicher Vereinbarung der BAT sowie die ihn ergänzenden, ändernden und ersetzenden Tarifverträge Anwendung. Damit richtet sich die Eingruppierung der Klägerin seit dem 01.10.2005 nach dem TVöD, der ein den BAT ersetzender Tarifvertrag ist (BAG, Urteil vom 21.01.2015 - 4 AZR 253/13 - m.w.N.).



2. Für den Zeitraum bis Dezember 2013 galt nach § 17 Abs. 1 TVÜ-Bund a.F. bis zum In-Kraft-Treten der Eingruppierungsvorschriften des TVöD (mit Entgeltordnung) die §§ 22, 23 BAT einschließlich der Vergütungsordnung fort. Für Eingruppierungen nach dem 01.10.2005 waren die Vergütungsgruppen der Vergütungsordnung (Anlage 1a zum BAT) den Entgeltgruppen des TVöD zugeordnet (§ 17 Abs. 7 TVÜ-Bund in Verbindung mit Anlage 3). Mit dem 01.01.2014 ist Entgeltordnung des Bundes (TV EntgO Bund) in Kraft getreten. Die Eingruppierung richtet sich nach § 12 Abs. 1 Satz 1 TVöD-Bund seither nach dem TV EntgO Bund, der Beschäftigte ist nach der Entgeltgruppe, in der er eingruppiert ist, zu vergüten (§ 12 Abs. 1 Satz 2 TVöD-Bund). Die für den Streitfall maßgebenden allgemeinen Tätigkeitsmerkmale für den Verwaltungsdienst (Anlage 1a BAT bzw. Anlage Teil I EntgO Bund) sind, soweit für das vorliegende Verfahren von Relevanz, inhaltlich unverändert geblieben.



Hiernach sind zu vergüten:



Nach der EG 9b (zuvor VG IV b BAT Fg. 1a)



1. Beschäftigte, der Fallgruppe 2 oder 3, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Fallgruppe 2 oder 3 heraushebt, dass sie besonders verantwortungsvoll ist.



(...)



3. Beschäftigte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst deren Tätigkeit gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert (Hierzu Protollerklärungen Nrn. 2, 3 und 4).



Nach der EG 10 (zuvor VG IV a BAT Fg. 1b)



Beschäftigte der Entgeltgruppe 9b Fallgruppe 1, deren Tätigkeit sich mindestens zu einem Drittel durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Entgeltgruppe 9b Fallgruppe 1 heraushebt.



Nach der EG 11 (zuvor VG IV a BAT Fg. 1a)



Beschäftigte der Entgeltgruppe 9b Fallgruppe 1, deren Tätigkeit sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Entgeltgruppe 9b Fallgruppe 1 heraushebt.



3. Die Tätigkeitsmerkmale der genannten Fallgruppen bauen aufeinander auf. Bei Aufbaufallgruppen ist zunächst zu prüfen, ob die Anforderungen der Ausgangsfallgruppe erfüllt werden und anschließend, ob die qualifizierenden Merkmale der höheren Vergütungsgruppen vorliegen. Der Kläger einer Eingruppierungsfeststellungsklage hat diejenigen Tatsachen vorzutragen und im Bestreitensfalle zu beweisen, aus denen der rechtliche Schluss möglich ist, dass er die für sich beanspruchten tariflichen Tätigkeitsmerkmale unter Einschluss der darin vorgesehenen Qualifizierungen im geforderten zeitlichen Umfang erfüllt. Zu einem schlüssigen Vortrag genügt auch eine genaue Darstellung der eigenen Tätigkeit dann nicht, wenn das Heraushebungsmerkmal der "besonderen Schwierigkeit und Bedeutung" in Anspruch genommen wird. Allein aus der Betrachtung der jeweiligen Tätigkeit der klagenden Parteien sind noch keine Rückschlüsse darauf möglich, ob sich die Tätigkeit gegenüber derjenigen eines Angestellten nach den tarifvertraglichen Qualifizierungsmerkmalen der EG 9b Fg. 1 TVöD-Bund heraushebt. Der Tatsachenvortrag muss erkennen lassen, warum sich eine bestimmte Tätigkeit aus der in der Ausgangsfallgruppe erfassten Grundtätigkeit heraushebt und einen wertenden Vergleich mit diesen nicht unter das Heraushebungsmerkmal fallenden Tätigkeiten erlauben (vgl.: BAG, Urteil vom 19.05.2010- 4 AZR 912/08 - m.w.N.). Der Kläger kann dabei Vergleichsgruppen benennen, deren Tätigkeiten nach der Ausgangsfallgruppe bewertet sind und sodann erläutern, warum sie die Tarifmerkmale der Ausgangsfallgruppe erfüllen. Sodann ist die Vergleichstätigkeit mit der eigenen Tätigkeit wertend abzugleichen (vgl.: BAG, Urteil vom 21.01.2015 - 4 AZR 253/13 -).



4. Die Tätigkeit des Klägers erfordert gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen im Sinne der EG 9b Fg. 3 TVöD-Bund und hebt sich dadurch aus der Ausgangsfallgrupe heraus, dass sie besonders verantwortungsvoll ist (EG 9b Fg. 1 TVöD-Bund). Hiervon gehen beide Parteien übereinstimmend aus. Jedenfalls die Darstellung der Tätigkeiten, wenn auch nicht ihre Bewertung, ist zwischen den Parteien nicht umstritten. Die übereinstimmende Ansicht der Parteien, dass jedenfalls die die Tarifmerkmale der EG 9b Fg. 1 TVöD-Bund gegeben ist, ist im Rahmen einer summarischen, pauschalen Überprüfung (vgl. hierzu: BAG, Urteil vom 21.01.2015 - 4 AZR 253/13 - m.w.N.) nicht zu beanstanden. Die Bewilligung von Zuwendungen sowie die Projektsteuerung und die Projektbegleitung erfordern im Hinblick auf die notwenigen Kenntnisse des Haushaltsrechts gründliche und umfassende Fachkenntnisse. Die Durchführung des Zuwendungsverfahrens erfordert selbständige Leistungen, weil eine eigene geistige Initiative des Klägers erforderlich ist. Die Prüfung der Verwendungsnachweise - auch auf betriebswirtschaftlicher Basis - setzt gründliche und umfassende Fachkenntnisse insbesondere des Zuwendungsrechts voraus, der Kläger hat bei der Kontrolle zudem ein erhebliches Ermessen. Bei der Überprüfung von Arbeitsplatzbeschreibungen und Arbeitsplatzbewertungen kommen gründliche und umfassende Fachkenntnisse auf dem Gebiet des Tarifrechts zum Tragen, wobei auch hier dem Kläger bei seiner Bewertung ein Ermessensspielraum verbleibt. Soweit der Kläger spezielle Rechtsvorschriften zu beachten hat, handelt es sich um eine Erweiterung der Fachkenntnisse aus dem Haushalts- und Zuwendungsrecht. Sämtliche seiner Tätigkeiten sind im Hinblick auf die wirtschaftlichen Auswirkungen auf seinen Dienstherrn sowie den Zuwendungsempfängern von gesteigerter Verantwortung geprägt.



5. Die Feststellung, ob sich Angestellte mit ihrer Tätigkeit dadurch aus der EG 9b Fg. 1 TVöD-Bund herausheben, dass ihre Tätigkeit die Heraushebungsmerkmale "besondere Schwierigkeit und Bedeutung" erfüllt, lässt sich nur gemessen an den in der Ausgangsfallgruppe gestellten Anforderungen treffen. Bereits die EG 9b Fg. 1 TVöD-Bund setzt "gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen" sowie eine "besonders verantwortungsvolle" Tätigkeit voraus. Die tarifliche Anforderung der besonderen Schwierigkeit der Tätigkeit bezieht sich auf die fachliche Qualifikation des Angestellten, also sein fachliches Können und seine fachliche Erfahrung. In der EG 10 EG TVöD-Bund sowie der EG 11 TVöD-Bund wird somit ein Wissen und Können verlangt, das die Anforderungen der EG 9b Fg. 1 TVöD-Bund in gewichtiger Weise, d.h. beträchtlich übersteigt (vgl.: BAG, Urteil vom 19.05.2010 - 4 AZR 912/08 - m.w.N.). Diese erhöhte Qualifikation kann sich im Einzelfalle aus der Breite und Tiefe des geforderten fachlichen Wissens und Könnens ergeben, aber auch aus außergewöhnlichen Erfahrungen oder einer sonstigen gleichwertigen Qualifikation, etwa besonderen Spezialkenntnissen (BAG, Urteil vom 17.08.1994 - 4 AZR 644/93 -; BAG, Urteil vom 04.05.1994 - 4 AZR 447/93 - m.w.N.).



Das Tätigkeitsmerkmal der Bedeutung knüpft an die bestehende Bedeutung des Aufgabenkreises an, das heißt an die Größe des Aufgabengebietes, die Tragweite der zu bearbeitenden Materie oder die Auswirkungen der Tätigkeit für den innerdienstlichen Bereich, die betroffenen Bürger oder die Allgemeinheit. Die Bedeutung muss - aufgrund ihres Gehalts als Heraushebungsmerkmal - zumindest zu einer deutlich wahrnehmbar gesteigerten Tätigkeitsanforderung gegenüber den voranstehenden Vergütungsgruppen führen (BAG, Urteil vom 19.05.2010 - 4 AZR 912/08 - m.w.N.). Eine herausgehobene Bedeutung für den internen Dienstbetrieb kann z.B. anzunehmen sein, wenn die Tätigkeit des Angestellten sich erheblich auf den Personaleinsatz und richtungsweisend auf die Durchführung der Arbeit der Beschäftigungsbehörde auswirkt, etwa bei einem Referatsleiter der alle sein Referat betreffenden Grundsatzfragen richtungsweisend selbst entscheidet und damit die Tätigkeit der Referatsmitarbeiter bestimmt und die Weichen für die Zukunft stellt (vgl.: BAG, Urteil vom 10.02.1982 - 4 AZR 466/79 -).



6. Im Streitfall lässt sich - unabhängig von der Anzahl der zu bildenden Anzahl von Arbeitsvorgängen - zur Überzeugung der Berufungskammer nicht feststellen, dass die Tätigkeit des Klägers das Tarifmerkmal der (herausgehobenen) Bedeutung erfüllt.



a) Entgegen der Ansicht des Klägers ist nicht bereits davon auszugehen, dass aufgrund der TD vom 16.05.2013 das Erfüllen des Tarifmerkmals der Bedeutung zu jedenfalls 35 % der Tätigkeit des Klägers feststeht.



Grundsätzlich ist die vorprozessuale Mitteilung über das Erfüllen von Eingruppierungsmerkmalen lediglich die Äußerung einer Rechtsansicht. Die Parteien sind weder an die Äußerung von Rechtsansichten gebunden noch kann eine Partei darauf vertrauen, dass sich die von ihrem Vertragspartner geäußerte Rechtsansicht als zutreffend erweist (vgl.: BAG, Urteil vom 04.05.1994 - 4 AZR 447/93 - m.w.N.). Als Grundlage für eine Tätigkeitsbewertung kommt eine Stellenbeschreibung/Tätigkeitsdarstellung in Betracht, soweit sie die tatsächlich ausgeübten einzelnen Tätigkeiten und Arbeitsvorgänge des Stelleninhabers ausreichend differenziert wiedergibt und damit der Identifizierung der auszuübenden Tätigkeit dient. Sofern die Entgeltgruppen bestimmte Fachkenntnisse und Fertigkeiten, die Erbringung selbständiger Leistungen, Eigenverantwortlichkeit oder besondere Anforderungen an analytische Fähigkeiten voraussetzen, ist die Stellenbeschreibung allenfalls dann dienlich, wenn sie in erkennbar gewollter Übereinstimmung mit den jeweiligen tariflichen Begrifflichkeiten entsprechende Angaben enthält. Das dürfte ausnahmsweise dann gegeben sein, wenn sie von einer Stelle angefertigt worden ist, die über die entsprechenden Tarifkenntnisse verfügt und erkennbar auf die tariflichen Tätigkeitsmerkmale abgestellt hat. Die Einschätzung eines Vorgesetzten des Arbeitsplatzinhabers ist unerheblich (BAG, Urteil vom 21.03.2012 - 4 AZR 292/10 - m.w.N.).



Die TD vom 16.05.2013 wurde vom Fachvorgesetzten des Klägers erfasst. Bei ihm handelt es sich nicht um die Stelle, die mit der TB betraut ist. Die zuständige Stelle für die TB, bei der entsprechende Tarifkenntnisse angenommen werden können, ist das Organisationsreferat. Welche konkreten Kenntnisse des Eingruppierungsrechts der Fachvorgesetzte besitzt ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Darüber hinaus steht die TD in Widerspruch zu der TB des zuständigen Organisationsreferats, soweit sie unter der Überschrift der Tätigkeit zu 5.3.1. (Bearbeitung besonders schwieriger Fallkonstellationen mit besonderer Schwierigkeit und Bedeutung) die Prüfung von Eingruppierungen nach dem TVöD/BAT, die betriebswirtschaftliche Prüfung von Verwendungsnachweisen und die Anwendung spezieller Rechtsvorschriften als besonders schwierig und bedeutsam anspricht. Der TD zu Ziffer 5.3.1 lässt sich inhaltlich aber nur zur Frage der Prüfung von Eingruppierungen nach dem TVöD/BAT entnehmen, warum diese Tätigkeit grundsätzliche Bedeutung haben soll. Jedoch fehlt auch insoweit ein wertender Vergleich mit den Anforderungen der Ausgangsfallgruppe. Dies unterscheidet sie von der TB des Organisationsreferats, die sich zu jedem einzelnen angenommenen Arbeitsvorgang mit den Heraushebungsmerkmalen der besonderen Schwierigkeit und Bedeutung auseinandergesetzt und letztendlich verneint hat.



b) Soweit der Kläger vorträgt, die herausgehobene Bedeutung seiner Tätigkeit zeige sich daran, dass er nicht nur einzelfallbezogen arbeite, sondern unter Feststellung des Bundesinteresses Modellprojekte bearbeite, wobei er die zuwendungsfähigen Ausgaben eigenverantwortlich festlege und die Finanzierungspläne selbst erstelle, die Eingruppierungen von Geschäftsführern und Referenten der Spitzenverbände für die Freie Wohlfahrtspflege überprüfe, vermag dies im Ergebnis nicht zu überzeugen.



Dem BVA ist die Feststellung des Bundesinteresses, d.h. die Entscheidung über die Förderung eines bestimmten Projekts nicht übertragen, so dass der Kläger dies auch nicht im Rahmen der auszuübenden Tätigkeiten verrichtet. Das BVA ist vielmehr im Vorfeld beratend tätig, die Entscheidungshoheit über die Förderung liegt beim BMFS . Die Entwicklung von Ausgabe- und Finanzierungsplänen sowie einheitlicher Definitionen der zuwendungsfähigen Ausgaben im Rahmen eines Modellprojekts hat zwar Ausstrahlungswirkung auf weitere Projekte, weil das Interesse und die Verpflichtung der Beklagten besteht, eine Gleichbehandlung von Zuwendungsempfängern und ein einheitliche Handhabung des Zuwendungsrechts zu gewährleisten. Die vom Kläger entwickelten Ausgabe- und Finanzierungspläne sowie Definitionen zuwendungsfähiger Ausgaben wie auch die Eingruppierungsprüfung werden aber auf den Einzelfall bezogen entwickelt und werden weder für einen anderen Sachbearbeiter, das Referat oder das BMFS vom Kläger bindend festgestellt. Der Kläger ist vorbereitend an der Weichenstellung beteiligt. Er wirkt bei der Entscheidungsfindung qualifiziert beratend mit. Er hat sich dabei mit der Referatsleitung und der Fachaufsicht abzustimmen.



c) Seine Tätigkeit ist auch nicht mit der eines Grundsatzsachbearbeiters mit herausgehobener Bedeutung vergleichbar. Der Kläger entwickelt nicht verantwortlich abstrakte Regelungen über das jeweilige Förderprogramm hinaus und unabhängig von dem zu bearbeitenden Einzelfall. Zudem ist nicht hinreichend ersichtlich, dass die von ihm erarbeitenden "Grundsatzlösungen" von der Tragweite oder den Auswirkungen für die Beklagte, den Zuwendungsempfänger oder die Allgemeinheit von herausgehobener Bedeutung sind.



Zwar ist in der TD vom 16.05.2013 der Aufgabenbeschreibung im Rahmen der Projektphase auch die Erarbeitung von Lösungen, "auch von Grundsatzfragen über Einzelfälle hinaus" genannt. Der Kläger hat diese Grundsatzentscheidungen beispielhaft in seinem Schriftsatz vom 08.08.2014 (Bl. 159 ff. d. A.) erläutert. Hierbei handelt es sich um eine Zuwendungsregelung zur Anschaffung von technischem Gerät, die Erarbeitung eines Musterweiterleitungsvertrags sowie eines Frage- und Antwortkatalog über Abrechnungsverfahren, Verwendungsnachweis und die Bearbeitung von Anfragen im Rahmen des Projekts Zukunftsinvestition: Entwicklung jungen Engagements im Sport "ZI:EL". Anhand dieser Beispiele zeigt sich aber nicht die Tätigkeit eines Grundsatzsachbearbeiters mit herausgehobener Bedeutung. Der Zuwendungsbescheid vom 19.02.2014, gerichtet an die D Sportjugend im D Olympischen Sportbund e.V. regelt u.a. konkret, dass Ausgaben für die Anschaffung von technischem Gerät nicht zuwendungsfähig sind, die Anschaffung von Sportgeräten, Sportkleidung usw. bis 410,00 € je Einzelmaßnahme anerkannt werden kann, sofern dies für das Projekt unabdingbar notwendig ist und nach Maßgabe der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit vorgenommen wird. Hinsichtlich des technischen Geräts (Laptops, Kameras, Kopierer) handelt es sich um einen Randbereich der Sportförderung ohne erkennbar gewichtige Bedeutung für den Zuwendungsempfänger, die Beklagte oder Dritte. Ob für den Bereich der Anschaffung von Sportgeräten und Sportkleidung eine andere Beurteilung in Betracht zu ziehen ist, ist nicht hinreichend vorgetragen. Weder ist die absolute noch die relative Größe des auf diesen Bereich entfallenden Teils der Förderung erkennbar. Auf welche anderen Projekte sich diese Regelung weichenstellend ausgewirkt hat, bleibt offen. Die Mitwirkung des Klägers an der Erarbeitung eines Vertrags über die Weiterleitung von Mitteln aus dem Kinder- und Jugendplan des Bundes stellt zwar keine Einzelfallbearbeitung dar, jedoch ist der Vertrag in erster Linie die Zusammenfassung formaler Zuwendungskriterien. Soweit er materielle Regelungen - wie etwa unter § 2 Ziffer 5. wiederum der Ausschluss von technischem Gerät als nicht zuwendungsfähig sowie die Anerkennung der Anschaffung von Sportgerät im Einzelfall bis 410,00 € - enthält, fehlt es an der Darlegung der Tragweite der Regelungen und deren Auswirkungen. Der Frage- und Antwortkatalog über Abrechnungsverfahren und Verwendungsnachweis im Rahmen des Projekts Zukunftsinvestition: Entwicklung jungen Engagements im Sport "ZI:EL" stellt eine zusammenfassende Übersicht der Kostenerstattung ohne eigenen grundsätzlichen Regelungsgehalt dar. Die Bearbeitung von Anfragen im Rahmen des genannten Projekts unterstreicht die qualifiziert beratende Tätigkeit, der Kläger tritt aber nicht als richtungsweisender(Mit-)Entscheider auf.



III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.



IV. Die Revision wurde nicht zugelassen, da die gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht vorliegen.

Vorschriften§ 64 Abs. 2 c) ArbGG, § 66 Abs. 1 ArbGG, §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 524 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 ZPO, § 611 Abs.1 BGB, § 17 Abs. 1 TVÜ-Bund, §§ 22, 23 BAT, Anlage 1a zum BAT, § 17 Abs. 7 TVÜ-Bund, § 12 Abs. 1 Satz 1 TVöD, § 12 Abs. 1 Satz 2 TVöD, Anlage 1a BAT, § 91 Abs. 1 ZPO, § 72 Abs. 2 ArbGG

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