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21.06.2016 · IWW-Abrufnummer 186685

Landesarbeitsgericht Düsseldorf: Urteil vom 24.05.2016 – 3 Sa 735/15


Tenor:
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 15.06.2015 - 12 Ca 4043/14 - wird zurückgewiesen.


2. Die Kosten der Berufung hat die Klägerin zu tragen.


3. Die Revision wird zugelassen.



Tatbestand



Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung und die Weiterbeschäftigung der Klägerin.



Die am 17.06.1962 geborene, verheiratete Klägerin hat eine 19jährige Tochter. Sie ist gelernte Bürogehilfin und wurde gemäß Bestätigungsschreiben vom 10.06.1981 am 01.07.1981 bei der T. D. Bank als Schreibkraft eingestellt. Zum 01.04.1991 wurde das Arbeitsverhältnis von der Rechtvorgängerin der Beklagten übernommen. Schriftlich teilte diese den Mitarbeitern in diesem Zusammenhang u.a. Folgendes mit:

"...Im Hinblick auf Ihren erreichten Besitzstand möchten wir ausdrücklich bestätigen, daß die WestLB die bestehenden Anstellungsverhältnisse unter Berücksichtigung Ihres bisher bei T. D. und der WestLB (Europa) AG erreichten arbeitsrechtlichen Besitzstand übernimmt. Im Hinblick auf die zusätzlich geltenden Regelungen des Manteltarifvertrages für das private und öffentliche Bankgewerbe und die Betriebsvereinbarung der WestLB gilt mit Wirkung vom 01.04.1991 an eine 39-Stunden-Woche. Nach Abschluss der mit dem Betriebsrat geführten Verhandlungen freuen wir uns, Ihnen ferner mitteilen zu können, daß die WestLB bereit ist, bei den Vergünstigungen der Paragraphen 2, 5, und 12 der Betriebsvereinbarung Ihre Betriebszugehörigkeit anzurechnen und auf die festgelegten Wartezeiten zu verzichten....."



Die Parteien vereinbarten ab dem 01.01.2004 eine Beschäftigung als Telefonistin und Versetzung innerhalb des Unternehmensbereichs Konzerndienste, Geschäftsbereich Interner Service zu den Betriebsdiensten, Empfang, Telefonzentrale, Fahrdienst - Telefondienste - mit einer 30-Stunden-Woche. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 01.10.2003/28.10.2003 (Bl. 116/117 d. A.) Bezug genommen. Zuletzt war die Klägerin bei der Beklagten in der Telefonzentrale in einer 30-Stunden-Woche zu einer durchschnittlichen Monatsvergütung von 3.505,00 € brutto, eingruppiert in die Tarifgruppe 4 (im Folgenden: TG), beschäftigt.



Die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die Landesbank des Landes Nordrhein-Westfalen, war aufgrund eines Beschlusses der Europäischen Kommission vom 20.12.2011 abzuwickeln.



Die Beklagte selbst beschäftigt regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer, darunter auch Mitarbeiter mit vertraglichem Rückkehrrecht zur landeseigenen Bank (sogenannte Doppelverträgler). Sie unterliegt dem Geltungsbereich des Manteltarifvertrages für das Bankgewerbe (im Folgenden: MTV).



Bei der Beklagten bzw. ihren Rechtsvorgängerinnen existiert seit dem Jahr 1969 eine Betriebsvereinbarung (im Folgenden: BV), die mehrfach - zuletzt am 18.12.2009 - abgeschlossen wurde und die unter § 4 (Kündbarkeit nur aus wichtigem Grund) folgende Regelung enthält:

"Mitarbeiter/-innen, die mehr als zwanzig Jahre ununterbrochen in der Bank tätig gewesen sind, können nur aus einem in ihrer Person liegenden wichtigen Grund gekündigt werden."



§ 17 Ziffer 3 MTV enthält seit dem 12.11.1975 folgende Regelung:

"Arbeitnehmer, die das 50. Lebensjahr vollendet haben und dem Betrieb mindestens zehn Jahre ununterbrochen angehören, sind nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes und bei Betriebsänderungen im Sinne des § 111 BetrVG kündbar. Das gilt nicht, wenn ein Anspruch auf Altersruhegeld bzw. vorgezogenes Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder Rente wegen Erwerbsminderung geltend gemacht werden kann. Im Fall des Eintretens der teilweisen Erwerbsminderung und der teilweisen Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit entfällt der Kündigungsschutz nur unter der weiteren Voraussetzung, dass für den Arbeitnehmer kein seinem Leistungsvermögen angemessener Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt worden ist oder werden kann. Die Möglichkeit der Änderungskündigung bleibt unberührt. Für die Verdienstsicherung gilt § 7 Ziffer 5 MTV."



In den Schlussbestimmungen des MTV zuletzt in § 19 Ziffer 3. ist - unverändert seit dem 01.11.1954 - Folgendes geregelt:

"Günstigere Arbeitsbedingungen, auf die ein Arbeitnehmer durch Betriebsvereinbarung oder kraft eines besonderen Arbeitsvertrages Anspruch hat, bleiben bestehen."



Zwischen der Rechtsvorgängerin der Beklagten und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di wurde unter dem 03.11.2011 ein Tarifvertrag zur Restrukturierung und Beschäftigungssicherung bei der WestLB AG (im Folgenden: HTV) geschlossen zur Regelung der Restrukturierungsmaßnahmen, die durch die Umsetzung von Auflagen aus verschiedenen EU-Entscheidungen veranlasst sind bzw. werden (§ 2 HTV). Dieser lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 4 Beschäftigungssicherung bei Restrukturierungsmaßnahmen gemäß § 2: 1. Grundsatz 1. Betriebsbedingte Beendigungskündigungen sind bis zum 31.12.2012 ausgeschlossen. Auch danach sind betriebsbedingte Beendigungskündigungen möglichst zu vermeiden. Dies setzt voraus, dass die Abbauziele, die sich aus den Umstrukturierungsmaßnahmen gemäß § 2 ergeben, erreicht werden. Die Abbauziele sind bei den Verhandlungen über den Interessenausgleich von der Bank zu beschreiben. Bank und Betriebsrat überprüfen jeweils zum Quartalsende, ob die Abbauziele zum jeweiligen Jahresende erreicht sein werden. Sind die Abbauziele nach den zum Überprüfungszeitraum bekannten Personalveränderungen zu dem auf den Prüfungszeitpunkt folgenden jeweiligen Jahresende - beim vierten Quartal das Jahresende desselben Jahres - zu 90 % erreicht, ist der Ausspruch betriebsbedingter Beendigungskündigungen bis zum nächsten Prüfungszeitpunkt ausgeschlossen. Im Interessenausgleich können abweichende Stichtage vereinbart werden. 2. Zur Beschäftigungssicherung wird die Bank, insbesondere für die Dauer der Maßnahmen zur Einleitung und Umsetzung der Restrukturierungen, vor jeder Entscheidung zum Einsatz externer Beratung und Dienstleistung prüfen, ob die entsprechenden Leistungen nicht von internen Mitarbeitern erbracht werden können. ..."



Unter dem 04.12.2012 kündigte die Beklagte die BV vorsorglich zum 30.06.2013.



Die Beklagte schloss am 12.07.2013 mit dem Betriebsrat den Interessenausgleich "Rückbau Q. AG und Errichtung Servicegesellschaft Q. Financial Services" (im Folgenden: Interessenausgleich). Nach § 7 Ziffer 1 des Interessenausgleichs ermöglicht die Beklagte den Mitarbeitern unter den dort näher aufgeführten Voraussetzungen einen Ringtausch von Beschäftigten, die von den Maßnahmen aus diesem Interessenausgleich nicht betroffen sind und vergleichbaren Beschäftigten, die ein Angebot auf Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung oder einer Altersregelung nicht annehmen wollen. Mitarbeiter, die an einem solchen Ringtausch interessiert sind, können ihr Interesse der Evidenzstelle (§ 9 Interessenausgleich) mitteilen und werden dort auf der "Evidenzliste" geführt. Eine Zustimmung der Beklagten zum Ringtausch ist erforderlich.



§ 7 Ziffer 2. lautet auszugsweise:

"Betriebsbedingte Beendigungskündigungen im Zusammenhang mit der Betriebsänderung gemäß § 2 sind möglichst zu vermeiden. Dies setzt voraus, dass die Bestandsplanungen und die daraus abzuleitenden Abbauziele im Inland, wie in der Anlage 4 beschrieben, erreicht werden. Q. und Betriebsrat überprüfen die Zielerreichung jeweils zum Quartalsende; im Rahmen dieses Interessenausgleichs erstmalig zum Ende des 3. Quartals 2013. Ist die Bestandsplanung und sind die daraus abzuleitenden Abbauziele nach den zum Überprüfungszeitraum bekannten Personalveränderungen zudem auf den Prüfungszeitpunkt folgenden jeweiligen Jahresende - beim 4. Quartal das Jahresende desselben Jahres - zu 90 % erreicht, ist der Ausspruch betriebsbedingter Änderungskündigung bis zum nächsten Prüfungszeitpunkt ausgeschlossen. Basis für die Überprüfung der Zielerreichung ist die Summe über alle GB/FB-bestand Ziele (formuliert in Anzahl Mitarbeiter) zum jeweiligen Zeitpunkt. Bei der Ermittlung der Zielerreichung (formuliert in Anzahl Mitarbeiter) werden im Rahmen der quartalsmäßigen Überprüfung zeitlich begrenzt bis einschließlich zum 4. Quartal 2014 "Doppelverträgler" im Ist und Soll nicht berücksichtigt."



Soweit gleichwohl betriebsbedingte Kündigungen auszusprechen sind, erfolgen notwendige betriebsbedingte Kündigungen - nach den Regeln der ordnungsgemäßen Sozialauswahl gegebenenfalls auch geschäftsbereichsübergreifend und unter Einbeziehung der Beschäftigten des GB Restrukturierung - unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfristen. Die Betriebsparteien sind sich einig, dass nach den o.g. vier Prüfungsterminen im Jahr 2013 nur in einem Quartal und in 2014 nur in zwei Quartalen, die von Q. einseitig festgelegt werden, gekündigt werden kann. Im Hinblick auf eine Sozialauswahl haben die Betriebsparteien die als Anlage 6 diesem Interessenausgleich beigefügte "Betriebsvereinbarung und Auswahlrichtlinie zur Besetzung von Stellen und für die Auswahl bei betriebsbedingten Kündigungen" geschlossen....



Gemäß § 23 des Interessenausgleichs wurden vom Stellenabbau betroffene Mitarbeiter, die ein Angebot zum freiwilligen Ausscheiden abgelehnt hatten, nach dem Wegfall ihrer Stelle dem Geschäftsbereich Restrukturierung zugeordnet.



Im Hinblick auf eine Sozialauswahl haben die Betriebsparteien die als Anlage 6 dem Interessenausgleich beigefügte "Betriebsvereinbarung und Auswahlrichtlinie zur Besetzung von Stellen und für die Auswahl bei betriebsbedingten Kündigungen" geschlossen.



Der Bereich der inneren Dienste (Postservicecenter, Empfang/Telefonzentrale, Wirtschaftsdienste) wurde zum 31.12.2013 fremd vergeben. Die Telefonzentrale wurde von der Firma L. übernommen. Die zuvor als Telefonistin beschäftigte Klägerin wurde dem Geschäftsbereich Restrukturierung zugeordnet. Mit Schreiben vom 29.09.2013 bot die Beklagte der Klägerin einen Aufhebungsvertrag zum 31.07.2014 an, den die Klägerin am 15.10.2013 ablehnte.



Die Beklagte übermittelte dem Betriebsrat mit einem schriftlichen "Mitarbeiter-Abbau/Sozialplanreport" vom 23.4.2014 (Bl. 238, Anlage B 14 d. A.) Informationen zur Zielerreichung hinsichtlich des geplanten Personalabbaus. Die Abbauziele für das vierte Quartal 2014 waren danach ohne Berücksichtigung der Doppelverträgler zu 73,2% erreicht.



Mit Schreiben vom 11.06.2014 hörte die Beklagte den Betriebsrat zur beabsichtigten Kündigung von mehreren Arbeitnehmern u.a. der Klägerin an. Mit Schreiben vom 18.06.2014 widersprach der Betriebsrat auch der Kündigung der Klägerin.



Mit Schreiben vom 20.06.2014, der Klägerin am selben Tage per Boten zugestellt, kündigte die Beklagte das Anstellungsverhältnis ordentlich betriebsbedingt zum 31.01.2015 und stellte die Klägerin ab dem 01.07.2014 von der Arbeitsleistung frei.



Mit der am 03.07.2014 beim Arbeitsgericht Düsseldorf eingegangenen Klage wandte sich die Klägerin gegen die Kündigung, und begehrte mit der Klageerweiterung vom 10.12.2014 die Weiterbeschäftigung.



Sie hat die Auffassung vertreten, dass die ausgesprochene Kündigung wegen eines Verstoßes gegen § 4 BV unwirksam sei. Sie habe jedenfalls auf die Wirksamkeit der Regelung vertrauen können. Außerdem sei die Kündigung gemäß § 4 HTV i.V.m. § 7 Ziffer 2 des Interessenausgleiches vom 12.07.2013 ausgeschlossen. Sie hat die Sozialauswahl gerügt und behauptet, dass Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten bestanden hätten. Sie hat weiter die Auffassung vertreten, dass die Beklagte zu ihren Lasten keinen Ringtausch zwischen der Betriebsratssekretärin N.-B. und der Mitarbeiterin C. vorgenommen habe. Sie könne anstatt von Frau I. als Sekretärin arbeiten oder auch die Tätigkeiten des Mitarbeiters F. ausüben. Sie sei sowohl kündigungsrechtlich als auch versorgungsrechtlich mit den Doppelverträglern gleichzustellen. Sie hat ferner die Auffassung vertreten, dass die Beklagte eine Massenentlassungsanzeige nach § 17 KSchG hätte erstatten müssen. Außerdem sei die Betriebsratsanhörung nicht ordnungsgemäß und die Wochenfrist des § 102 BetrVG nicht eingehalten worden. Weiterbeschäftigung könne sie allein schon aufgrund des Widerspruchs des Betriebsrats verlangen.



Sie hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagtem vom 20.06.2014 aufgelöst worden ist; 2. die Beklagte zu verurteilen, sie zu den bisherigen arbeitsvertraglichen Bedingungen als Telefonistin, hilfsweise als Schreibkraft, hilfshilfsweise als Sekretärin bei weiterhin bestehender Eingruppierung unter der Tarifgruppe 4, hilfshilfshilfsweise mit den Tätigkeiten einer Bürokauffrau betraut, insbesondere in der Abteilung Restrukturierung, bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über Feststellungsantrag zu 1.) weiter zu beschäftigen.



Die Beklagte hat beantragt,

1. die Klage abzuweisen; 2. vorsorglich die vorläufige Vollstreckbarkeit eines erstinstanzlichen Urteils auf Weiterbeschäftigung auszuschließen.



Sie hat behauptet, dass die Stelle der Klägerin mit der Auslagerung der inneren Dienste ersatzlos entfallen sei. Weitere Beschäftigungsmöglichkeiten gebe es nicht. Es seien keine freien Arbeitsplätze vorhanden, die ihr nach ihren Kenntnissen und Qualifikationen zur Vermeidung der betriebsbedingten Kündigung hätten angeboten werden können. Die aufgeführten Mitarbeiter seien nicht vergleichbar. Sie hat weiter behauptet, dass die Stelle der Betriebsratssekretärin in die Tarifgruppe 6 eingruppiert sei, die Mitarbeiterin I. seit dem 01.05.2001 als Team-Assistentin in der Tarifgruppe 5 beschäftigt sei und der Mitarbeiter F. der Vorgesetzte der Klägerin sei.



Mit Urteil vom 15.06.2015 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Es hat im Wesentlichen ausgeführt, dass die Kündigung nicht nach § 4 BV i.V.m. § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG unwirksam sei. § 4 BV sei wegen Verstoßes gegen § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG unwirksam. Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt seien oder üblicherweise geregelt würden, könnten nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Die Regelungssperre greife hier ein, da § 17 Ziffer 3 MTV eine Regelung zum Sonderkündigungsschutz enthalte, der an die Betriebszugehörigkeit anknüpfe. § 17 Abs. 3 Satz 2 MTV und § 4 BV enthielten gleiche Regelungstatbestände. Die Rechtsfolge (Ausschluss von Kündigungen) sei bei beiden Vorschriften dieselbe. § 19 Ziffer 3 MTV enthalte auch keine Öffnungsklausel für von den tariflichen Regelungen abweichende Betriebsvereinbarungen. Danach blieben zwar günstigere Arbeitsbedingungen, auf die ein Arbeitnehmer durch Betriebsvereinbarung oder Kraft eines besonderen Arbeitsvertrages Anspruch habe, bestehen. Diese Vorschrift gestatte aber keine Abweichungen oder Ergänzungen des Manteltarifvertrages durch die Betriebsparteien, sondern stelle lediglich eine Besitzstandsklausel für die vom Arbeitnehmer bereits erworbenen Ansprüche dar. Die betriebsverfassungsrechtlich unwirksame Regelung in § 4 BV könne auch nicht in entsprechender Anwendung des § 140 BGB in eine Gesamtzusage umgedeutet werden. Eine Unwirksamkeit der Kündigung sei auch nicht nach § 4 Ziffer 1 Abs. 1 HTV ausgeschlossen. Mangels Gewerkschaftszugehörigkeit der Klägerin finde der HTV auf das Arbeitsverhältnis keine Anwendung. Die Kündigung sei gem. § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG sozial gerechtfertigt, da der Arbeitsplatz der Klägerin durch Fremdvergabe der Telefonzentrale weggefallen sei. Anhaltspunkte für eine offensichtlich unsachliche bzw. willkürliche Unternehmerentscheidung lägen nicht vor. Die Fremdvergabe von Tätigkeiten sei auch nicht nach § 4 Ziffer 1 Abs. 2 HTV ausgeschlossen, da die Vorschriften nur eine Überprüfung der Maßnahmen vorsehe. Die Kündigung scheitert auch nicht nach § 1 Abs. 2 S. 3 KSchG, da kein freier Arbeitsplatz vorgetragen sei, auf dem die Klägerin hätte beschäftigt werden können. Die Stellen der Mitarbeiter auf der Evidenzliste seien nicht als frei anzusehen. Die Klägerin habe auch keine unzureichende Sozialauswahl gemäß § 1 Abs. 3 KSchG dargelegt. Insbesondere ergebe sich keine Austauschbarkeit mit den angegebenen Mitarbeitern. Die Kündigung sei nicht mangels ordnungsgemäßer Betriebsratsanhörung unwirksam iSd. § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG. Im Anhörungsschreiben seien die Änderungsgründe ausreichend dargelegt worden. Die ausgesprochene Kündigung sei auch nicht nach § 134 BGB i.V.m. § 17 Abs. 1 Nr. 3 KSchG wegen Verstoßes gegen ein Verbotsgesetz (unterlassenen Massenentlassungsanzeige) nichtig, da die darlegungs- und beweisbelastete Klägerin nicht ausreichend dargelegt habe, dass überhaupt eine Verpflichtung zur Erstattung einer Massenentlassungsanzeige bestanden habe.



Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Weiterbeschäftigung gem. § 102 Abs. 5 S. 1 BetrVG. Die Widerspruchsbegründung des Betriebsrats genüge nicht den gesetzlichen Anforderungen nach § 102 Abs. 3 Nr. 1, 2, 3 und 5 BetrVG.



Gegen das der Klägerin am 09.07.2015 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat die Klägerin mit dem am 16.07.2015 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 02.10.2015 mit dem am 02.10.2015 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.



Die Klägerin ist weiterhin der Auffassung, dass der Ausspruch einer ordentlichen Kündigung gegen § 4 BV verstoße. Erst unter dem 09.09.2015 habe sie erfahren, dass der Arbeitgeber sehenden Auges in Kenntnis der fehlenden Öffnungsklausel des MTV weiterhin die Betriebsvereinbarung abgeschlossen habe. Dies ergebe sich aus dem Vermerk der Rechtsabteilung der Beklagten vom 08.01.1968. Da die Berufung auf die Unwirksamkeit des § 4 BV rechtsmissbräuchlich sei, greife folglich auch zu ihren Gunsten der Vertrauensschutz. Dafür spreche auch, dass sich die Beklagte in der Betriebsöffentlichkeit immer auf § 4 BV berufen habe. Zur Beurteilung des individuellen Vertrauensschutzes könne die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur betrieblichen Altersversorgung herangezogen werden. Unabhängig davon sei der Sonderkündigungsschutz Inhalt des Arbeitsvertrages geworden. Greife diese Argumentation nicht, so sei § 4 BV aufgrund der wiederholten Regelung als Gesamtzusage dahingehend zu verstehen, dass sich die Beklagte in jedem Fall gegenüber den Arbeitnehmern entsprechend habe verpflichten wollen. Die Kündigung sei auch vor dem Hintergrund des § 4 HTV sozial ungerechtfertigt. Diese Regelung könne nur dahingehend verstanden werden, dass eine Kündigung nur möglich sei, wenn die Aufgaben nicht durch interne Mitarbeiter erbracht werden könnten. Hierzu fehle es an einer Prüfung. Es sei zudem aufgrund der Möglichkeit des Ringtausches zumindest absehbar gewesen, dass Stellen bis zum Wirksamwerden der Kündigung frei würden. Unabhängig davon sei eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf der Stelle von Frau I. als Teamassistentin/Sekretärin gegeben. Dass Frau I. höher (Tarifgruppe 5) eingruppiert sei, stehe dem nicht entgegen, da sie selbst zu niedrig eingruppiert sei. Die Beklagte habe auch nicht die soziale Auswahl beachtet. In die soziale Auswahl hätten auch Frau I., Frau N.-B., C. und N. einbezogen werden müssen. Letztere habe mit ihr in der Telefonzentrale gearbeitet.



Die Klägerin beantragt,

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 20.06.2014 aufgelöst worden ist. 2. Die Beklagte zu verurteilen, sie zu den bisherigen arbeitsvertraglichen Bedingungen als Telefonistin, hilfsweise als Schreibkraft, hilfshilfsweise als Sekretärin bei weiterhin bestehender Eingruppierung unter der Tarifgruppe 4, hilfshilfshilfsweise mit den Tätigkeiten einer Bürokauffrau betraut, insbesondere in der Abteilung Restrukturierung, bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag zu 1.) weiter zu beschäftigen.



Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.



Die Beklagte folgt der Auffassung des Arbeitsgerichts, dass die Kündigung nicht wegen § 4 BV unwirksam sei. Die Regelung in der BV verstoße gegen die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 BetrVG, da der anwendbare MTV den besonderen Kündigungsschutz regle. Die Klägerin könne sich weder auf einen Vertrauensschutz berufen noch sei die Regelung in eine Gesamtzusage umzudeuten. Ein hypothetischer Wille den in der BV geregelten Kündigungsschutz individualrechtlich zuzusagen sei nicht erkennbar. Der Vermerk der Rechtsabteilung von 1968 führe nicht zu einer anderen Beurteilung. Die Kündigung sei auch sozial gerechtfertigt. Der Arbeitsplatz sei aufgrund der Ausgliederung der Telefonzentrale weggefallen. Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten auf einem anderen Arbeitsplatz seien nicht gegeben. Auf den Ringtausch könne sich die Klägerin nicht berufen, da es sich um ein freiwilliges Angebot handele, das für beide Seiten freiwillig sei. Die Sozialauswahl sei beachtet worden. Die Klägerin könne sich nicht mit den aufgeführten Mitarbeiterinnen vergleichen, da sie auf einer anderen Betriebshierarchieebene ihre Tätigkeiten ausübten. Die Klägerin sei als Telefonistin in die TG 3 ausnahmsweise 4 einzuordnen. Die aufgeführten Mitarbeiter seien mindestens in die TG 5 eingruppiert. Zudem seien die Tätigkeiten nicht zu vergleichen. Frau I. sei seit 2001 Team-Assistentin/Sekretärin (TG 5), Frau N.-B. bis zu ihrem Ausscheiden 2014 als Sekretärin (TG 6), Frau C. als Sekretärin (TG 6) und Frau N. bis zu ihrem Ausscheiden als Sachbearbeiterin (TG 5) tätig gewesen.



Von der weitergehenden Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und wegen der übrigen Einzelheiten des zugrundeliegenden Sachverhalts sowie des widerstreitenden Sachvortrags und der unterschiedlichen Rechtsauffassungen der Parteien gemäß § 69 Abs. 3 Satz 2 ArbGG ergänzend auf den Akteninhalt, insbesondere die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen aus beiden Instanzen Bezug genommen.



Entscheidungsgründe



A.Die Berufung der Klägerin ist zulässig.



Sie ist an sich statthaft (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässig (§ 64 Abs. 2 Ziffer b ArbGG) sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO).



B. Die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg.



I. Zu Recht hat das Arbeitsgericht den Kündigungsschutzantrag abgewiesen. Das Arbeitsgericht ist in zutreffender Darstellung und Anwendung der für die Entscheidung des Rechtsstreits maßgeblichen Rechtsgrundsätze zu dem Ergebnis gelangt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 20.06.2014 beendet worden ist. Im Berufungsverfahren haben sich weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht neue Gesichtspunkte ergeben, die zu einer Abänderung der ausführlich begründeten Entscheidung des Arbeitsgerichts Veranlassung geben könnten.



1. Die Kündigung ist nicht nach § 4 BV i.V.m. § 77 Abs. 4 S. 1 BetrVG unwirksam. § 4 BV ist wegen des Verstoßes gegen die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 S. 1 BetrVG unwirksam.



a) Nach § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG können Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Eine gegen § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG verstoßende Betriebsvereinbarung ist von Anfang an unwirksam (BAG, Urteil vom 18.03.2010 - 2 AZR 337/08 -, EzA § 626 BGB 2002 Unkündbarkeit Nr 17 mw.N; Fitting 27. Aufl. § 77 Rn. 99). Sonstige Arbeitsbedingungen iSd. § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG sind nicht nur materielle Arbeitsbedingungen, die den Umfang der Leistung des Arbeitnehmers und der Gegenleistung des Arbeitgebers betreffen, sondern alle Regelungen, die als Gegenstand tarifvertraglicher Inhaltsnormen nach § 1 TVG den Inhalt von Arbeitsverhältnissen ordnen (BAG, Urteil vom 18.03.2010 - 2 AZR 337/08 - a.a.O.). Diese Regelung dient der Sicherung der ausgeübten und aktualisierten Tarifautonomie sowie der Erhaltung und der Stärkung der Funktionsfähigkeit der Koalition. Sie will verhindern, dass Gegenstände, derer sich die Tarifvertragsparteien angenommen haben, konkurrieren - und sei es inhaltsgleich - in Betriebsvereinbarungen geregelt werden (BAG, Urteil vom 18.03.2010 - 2 AZR 337/08 - aaO, BAG, Urteil vom 30.05.2006 - 1 AZR 111/05 - BAGE 118, 211). Dazu räumt sie den Tarifvertragsparteien den Vorrang zur Regelung von Arbeitsbedingungen ein. Diese Befugnis soll nicht durch ergänzende oder abweichende Regelungen der Betriebsparteien ausgehöhlt werden können (BAG, vom 13.03.2012 - 1 AZR 659/10 - AP Nr. 27 zu § 77 BetrVG 1972 Tarifvorbehalt).



Eine tarifliche Regelung von Arbeitsbedingungen liegt vor, wenn sie in einem Tarifvertrag enthalten sind und der Betrieb in den räumlichen, betrieblichen, fachlichen und persönlichen Geltungsbereich dieses Tarifvertrags fällt. Tarifüblich ist eine Regelung, wenn der Regelungsgegenstand in der Vergangenheit in einem einschlägigen Tarifvertrag enthalten war und die Tarifvertragsparteien über ihn Verhandlungen führen (BAG, Urteil vom 13.10.2015 - 1 AZR 853/13 -NZA 2016, 54 - 57; BAG, Urteil vom 05.03.2013 - 1 AZR 417/12 - AP Nr. 105 zu § 77 BetrVG 1972).



b) Der Tarifvertrag MTV kommt zur Anwendung. Der Betrieb der Beklagten fällt in den Geltungsbereich des Manteltarifvertrages für das private Bankgewerbe. Auf die Tarifbindung der Beklagten kommt es nicht an. Die Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG hängt nicht davon ab, dass der Arbeitgeber tarifgebunden ist (BAG, Urteil vom 18.03.2010 - 2 AZR 337/08 - aaO).



c) Die Kammer folgt der Auffassung des Landesarbeitsgerichts in der Entscheidung vom 30.10.2013 (- 7 TaBV 56/13 - BB 2013, 3124; [...]). Die Regelungssperre greift hier ein. § 17 Abs. 3 MTV Banken regelt einen besonderen Kündigungsschutz, anknüpfend an die Betriebszugehörigkeit und das Lebensalter. Danach sind Arbeitnehmer, die das 50. Lebensjahr vollendet haben und dem Betrieb mindestens 10 Jahre ununterbrochen angehören, nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes und bei Betriebsänderungen im Sinne des § 111 BetrVG kündbar. Diese Regelung ist in Bezug auf den Sonderkündigungsschutz abschließend (LAG Düsseldorf Urteil vom 30.10.2013 - 7 TaBV 56/13 - BB 2013, 3124; [...]; LAG Berlin-Brandenburg Urteil vom 19.11.2013 - 7 Sa 1114/13 - nv; LAG Berlin-Brandenburg Urteil vom 10.02.2015 - 7 Sa 1694/14 -, Rn. 42, [...]). Die Tarifvertragsparteien haben festgelegt, wann ein Arbeitsverhältnis nur noch außerordentlich kündbar ist. Der Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen wird lediglich für Betriebsänderungen eingeschränkt. Bei Betriebsänderung sollen ordentliche betriebsbedingte Kündigungen möglich sein.



§ 4 BV regelt ebenfalls einen besonderen Kündigungsschutz für Mitarbeiter; unter welchen Voraussetzungen nur noch aus wichtigem Grund gekündigt werden kann. Zwar ist dieser Sonderkündigungsschutz nicht noch vom Lebensalter der Betroffenen abhängig, knüpft nur an bestimmte Tätigkeitszeiten der Bank an, gilt auch für einen größeren Mitarbeiterkreis und führt so zu einer Verbesserung der kündigungsrechtlichen Situation der Beschäftigten, worauf die Klägerin zutreffend hinweist. Es verbleibt aber eine tarifliche Regelung über einen vom Gesetz abweichenden besonderen Kündigungsschutz. Die Regelung tritt damit in Konkurrenz zur tariflichen Bestimmung. Gerade das will § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG verhindern (LAG Berlin-Brandenburg Urteil vom 10.02.2015 - 7 Sa 1694/14 - aaO). Eine solche Regelung ist unwirksam (BAG, Urteil vom 18.03.2010 - 2 AZR 337/08 - EzA § 626 BGB 2002 Unkündbarkeit Nr. 17).



d) Dem Arbeitsgericht ist auch zu folgen, dass § 19 Abs. 3 MTV keine Öffnungsklausel bezogen auf § 17 Abs. 3 MTV für Betriebsvereinbarungen darstellt. Wie das LAG Düsseldorf (Beschluss vom 30.10.2013 - 7 TaBV 56/13 -aaO) zutreffend ausgeführt hat, soll § 19 Abs. 3 MTV schon nach seinem Wortlaut nur bereits entstandene Ansprüche des einzelnen Arbeitnehmers erhalten ("auf die ein Arbeitnehmer Anspruch hat"). § 19 Abs. 3 MTV ist eine Besitzstandsklausel; gestattet nach seinem Wortlaut und der systematischen Stellung im Tarifvertrag aber keine Abweichungen oder Ergänzungen vom MTV durch die Betriebsparteien (s.a. LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10.02.2015 - 7 Sa 1694/14 - aaO). Zu Recht weist die Beklagte auch darauf hin, dass der Manteltarifvertrag verschiedene konkret formulierte Öffnungsklauseln enthält, die jeweils im Zusammenhang mit dem Regelungsbereich eingefügt worden sind. Aus diesem Grunde kann § 19 Ziff. 3 MTV nicht daneben noch als generelle Öffnungsklausel für jede Betriebsvereinbarung verstanden werden.



Rechtsfolge eines Verstoßes gegen § 77 Abs. 3 BetrVG ist nach den obigen Grundsätzen die Unwirksamkeit der Regelung in der Betriebsvereinbarung. Dies betrifft die Unwirksamkeit der Regelung zur Unkündbarkeit insgesamt (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10.02.2015 - 7 Sa 1694/14 - aaO).



e) Für die Anwendung des § 77 Abs. 3 BetrVG kommt es nicht darauf an, ob die tarifliche Regelung des MTV erst nach der Betriebsvereinbarung in Kraft getreten ist. Unwirksam sind Betriebsvereinbarungen über einen tariflich (üblicherweise) geregelten Gegenstand nicht nur, wenn bei ihrem Zustandekommen entsprechende Tarifverträge bereits bestanden. Die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 BetrVG wirkt vielmehr auch dann, wenn entsprechende Tarifbestimmungen erst später in Kraft treten. Eine vorvertragliche BV verliert mit dem Inkrafttreten des TV ihre Wirksamkeit ex nunc (BAG, Beschluss vom 21.01.2003 - 1 ABR 9/02 - AP Nr. 1 zu § 21a BetrVG 1972; Fitting 27. Aufl. § 77 BetrVG Rn. 99). Unabhängig davon bestand die tarifliche Regelung schon vor der BV.



f) Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf die Schutzfunktion der §§ 111 ff BetrVG berufen. Zu Recht weist die Beklagte darauf hin, dass die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 BetrVG nach § 112 Abs. 1 S. 4 BetrVG nur auf Sozialpläne nicht anwendbar ist. Bei § 4 BV handelt es sich um keine Regelung aus einem Sozialplan.



2. Dem Arbeitsgericht ist auch zu folgen, dass die unwirksame Regelung in § 4 BV nicht in entsprechender Anwendung des § 140 BGB in eine Gesamtzusage umgedeutet werden kann.



a) Entspricht ein nichtiges Rechtsgeschäft den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts, so gilt nach § 140 BGB das letztere, wenn anzunehmen ist, dass dessen Geltung bei Kenntnis der Nichtigkeit gewollt sein würde. Weil eine Betriebsvereinbarung ihrer Rechtsnatur nach ein privatrechtlicher kollektiver Normenvertrag ist (BAG, Urteil vom 13.02.2007 - 1 AZR 184/06 - Ran. 37, BAGE 121, 168; Fitting BetrVG 27. Aufl. § 77 Rn. 13; WPK/Preis BetrVG 4. Aufl. § 77 Rn. 7 - jeweils mwN), wird eine Umdeutung der rechtsgeschäftlichen Erklärung des Arbeitgebers, der sich in einer unwirksamen Betriebsvereinbarung zu einer Leistung an die Arbeitnehmer verpflichtet hat, in Betracht gezogen, wenn besondere Umstände die Annahme rechtfertigen, der Arbeitgeber habe sich unabhängig von der Betriebsvereinbarung auf jeden Fall verpflichten wollen, seinen Arbeitnehmern die darin vorgesehenen Leistungen zu gewähren (BAG, Urteil vom 25.02.2015 - 5 AZR 481/13 - AP Nr. 129 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag; BAG, Urteil vom 23.08.1989 - 5 AZR 391/88 - AP Nr. 42 zu § 77 BetrVG 1972; BAG, Urteil vom 29.10.2002 - 1 AZR 573/01 - BAGE 103, 187; Fitting BetrVG 27. Aufl. § 77 Rn. 104 ff. - jeweils mwN).



b) Mit dem Arbeitsgericht ist davon auszugehen, dass kein Ausnahmefall vorliegt, in dem sich die Beklagte unabhängig von der Wirksamkeit der Betriebsvereinbarung auf Dauer einzelvertraglich binden wollte. Aus der Tatsache, dass es schon lange vor dem Tarifvertrag, auch vor der Einstellung der Klägerin, in einer einseitigen Betriebsordnung eine vergleichbare Regelung gegeben hat, lässt sich dies nicht entnehmen. Mit dem Abschluss einer Betriebsvereinbarung hat die Beklagte gerade zum Ausdruck gebracht, dass sie sich nur kollektivrechtlich verpflichten wollte. Es reicht auch nicht aus, dass die streitgegenständliche Regelung in den Vorläuferregelungen der aktuellen Betriebsvereinbarung enthalten war. Zu Recht weist das Arbeitsgericht darauf hin, dass der Umstand, dass der Arbeitgeber nach Kündigung einer Betriebsvereinbarung wiederum den erneuten Abschluss einer Betriebsvereinbarung gewählt hat, gegen die Annahme spricht, dass er sich unabhängig von einer Betriebsvereinbarung binden wollte. Die Beklagte hätte ausreichend Zeit gehabt, dies einzelvertraglich zu gestalten. Auch der Verweis auf die Erklärungen der Gesellschafter der Beklagten, dass im Rahmen der Umwandlung der Rechtsvorgängerin der Beklagten die Arbeitnehmerrechte gewahrt blieben und die Betriebsvereinbarungen kollektivrechtlich fortgelten würden, führt nicht zu einer anderen Beurteilung, da sich daraus keine individualrechtliche Zulage ableiten lässt. Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem Umstand, dass von 2001 bis 2005 und ab 2009 die Anwendbarkeit von § 4 BV in Neuverträgen (bis zu der gegenläufigen Erklärung gegenüber dem Betriebsrat unter dem 08.03.2010) ausgeschlossen wurde, aber die Arbeitsverträge der Altmitarbeiter unverändert blieben. Inwieweit daraus der Umkehrschluss gezogen werden kann, dass sich damit die individuelle Rechtsposition verbessern sollte, ist nicht nachzuvollziehen. Hierzu wären weitere Erklärungen erforderlich gewesen, an den es fehlt. Entsprechendes gilt für die Intranetmitteilung vom 11.12.2012 - kurz nach vorsorglicher Kündigung der BV - mit der den Mitarbeitern mitgeteilt wurde, dass nach dem 30.06.2013 kein Hineinwachsen in den Sonderkündigungsschutz mehr möglich sei.



Die Klägerin kann nicht mit Erfolg darauf verweisen, dass die Beklagte in Ansehung der Ausführungen der Rechtsabteilung vom 08.01.1968 zum Entwurf einer Dienstvereinbarung II. 2.), Betriebsvereinbarungen mit der Regelung in § 4 BV abgeschlossen hat. Darin wird ausgeführt, dass die Regelung des Ausschlusses einer ordentlichen Kündigung nach einer bestimmten Betriebszugehörigkeit im Hinblick auf § 17 des Tarifvertrages m.E. für rechtlich unzulässig gehalten wird und die Auffassung vertreten, dass die Ausnahmebestimmung des § 67 Satz 2 LPVG auf den Fall nicht anwendbar wäre. Der Auslegung des Verhaltens als Verpflichtung zur Gewährung eines individuellen besonderen Kündigungsschutzes steht bereits entgegen, dass es sich um ein internes Schreiben der Beklagten handelt, das nicht an die Mitarbeiter gerichtet war. Zudem kann nach Auffassung der Kammer auch allein aufgrund einer m.E. vertretenen Rechtsauffassung der Rechtsabteilung nicht der Schluss gezogen werden, dass die Arbeitgeberin in Kenntnis der Unwirksamkeit die Regelung § 4 BV mit dem Betriebsrat vereinbart hat. Im Übrigen zeigt wiederum gerade die Festlegung im Rahmen einer BV einen lediglich kollektivrechtlichen Bindungswillen.



3. Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf die Grundsätze des Vertrauensschutzes berufen.



a) Die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 BetrVG kann nicht durch einen Vertrauensschutz "unterlaufen" werden. Andernfalls würde in unzulässiger Weise in die Autonomie der Tarifvertragsparteien eingegriffen. Ein Vertrauensschutz kann zwar im individualrechtlichen Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Betracht kommen (LAG Düsseldorf, Beschluss vom 30.10.2013 - 7 TaBV 56/13 -, Rn. 61 [...]). Die Klägerin hat aber keine ausreichenden Umstände vorgetragen, die eine Anwendung der unwirksamen Regelung des § 4 BV unter Berücksichtigung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes rechtfertigt. Dieser ergibt sich nicht aus dem langjährigen Bestehen von § 4 BV. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu berücksichtigen, wenn etwa in Besitzstände eingegriffen wird (vgl. BAG, Urteil vom 21.04.2009 - 3 AZR 674/07 - NZA-RR 2009, 548-553). Infolge der Unwirksamkeit von § 4 BV konnte die Klägerin keinen Besitzstand erwerben.



b) Die Ausführungen der Klägerin zu dem Vermerk der Rechtsabteilung vom 08.01.1968 führen auch nicht zur Anwendung des besonderen Kündigungsschutzes unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes. Dem steht, wie bereits ausgeführt, entgegen, dass es sich um ein internes Schreiben der Beklagten handelt, das nicht an die Klägerin gerichtet war. Unabhängig davon hat die Klägerin nach eigenem Vortrag erst am 09.09.2015 und damit nach der Kündigung von dem Schreiben erfahren. Bis zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses konnte sich folglich mangels Kenntnis kein Vertrauen insoweit gebildet haben. Wie bereits ausgeführt kann zudem allein aufgrund einer m.E. vertretenen Rechtsauffassung aus dem Jahre 1968 nicht der Schluss gezogen werden, dass sich die Arbeitgeberin mit dem Abschluss der Betriebsvereinbarung auch einzelvertraglich binden wollte. Dann hätte auf die Regelung in den folgenden Betriebsvereinbarungen verzichtet und die Einzelarbeitsverträge entsprechend ausgestaltet werden können.



c) Die Klägerin kann sich auch nicht Erfolg auf eine Anwendung des § 4 BV in der Vergangenheit berufen. Die Beklagte hat vorgetragen, dass betriebsbedingte Kündigungen erstmals am 20.06.2014 ausgesprochen wurden und vorher die Regelung nicht zur Anwendung gekommen sei. Dem ist die Klägerin nicht substantiiert entgegengetreten. Damit stellte sich auch zum ersten Mal in dem Zusammenhang die Frage der Anwendung der Regelung.



d) Soweit die Klägerin mit der Berufung vorgetragen hat, dass die Rechtsvorgängerin § 4 BV entsprechend angewandt hat, in dem sie Mitarbeitern einen Versorgungsvertrag im Sinne einer Gesamtversorgung angeboten habe, wie er bei Mitarbeitern mit einer Gesamtversorgung (sogenannte Doppelverträgler) bestanden habe, führt das nicht weiter. Unabhängig davon, dass nicht ausreichend dargetan ist, dass insoweit ein Ausschluss der ordentlichen Kündigung besteht, ergibt sich nicht, dass es sich um vergleichbare Sachverhalte gehandelt, es sich insbesondere um Entscheidungen über anstehende betriebsbedingte Kündigungen gehandelt hat.



4. Die Fremdvergabe von Tätigkeiten ist auch nicht nach § 4 Ziffer 1 Abs. 2 HTV ausgeschlossen. Nach den Ausführungen des Arbeitsgerichts findet der Tarifvertrag mangels Gewerkschaftszugehörigkeit auf das Arbeitsverhältnis keine Anwendung. Dem ist die Klägerin in der Berufung nicht entgegengetreten.



5. Die Kündigung verstößt auch nicht gegen § 7 Ziffer 2 des Interessenausgleichs.



a) Nach dieser Regelung ist zu überprüfen, ob die Abbauziele nach den zum Überprüfungszeitraum bekannten Personalveränderungen zudem auf den Prüfungszeitpunkt folgenden jeweiligen Jahresende zu 90 % erreicht sind. Ist dies der Fall, so sind betriebsbedingte Beendigungskündigungen bis zum nächsten Prüfungszeitpunkt ausgeschlossen. Doppelverträgler werden nach § 7 Ziffer 2 Abs. 2 S. 3 des Interessenausgleichs im Ist und Soll nicht berücksichtigt.



b) Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die Beklagte hat unter Bezug auf die Angaben im Anhörungsschreiben an den Betriebsrat vorgetragen, dass der Personalabbau zum Jahresende 2014 ausgehend vom Prüfungszeitpunkt 31.03.2014 nicht erreicht worden sei. Der Zielerreichungsgrad habe lediglich eine Zielerreichung Inland von 73,90 % ergeben. Ausgehend von einem Startwert von 1679 Mitarbeiter/innen sei zum Jahresende 2014 ein Sollwert von 455 Mitarbeiter/innen geplant gewesen. Der für die Ermittlung der Zielerreichungsquote zugrunde gelegte Sollabbau zum 31.12.2914 habe bereinigt durch die Ausklammerung der Doppelvertragsinhaber 1050 Mitarbeiter/innen betragen. Dem seien die Ist- Maßnahmen, zu denen neben unterzeichneten Vereinbarungen (Ausscheidensvereinbarungen, Freistellungsvereinbarungen), die nach Ende des 2. Quartals 2013 geschlossen wurden, alle anrechenbaren Eigenkündigungen, die ab Beginn des 2 Quartals 2013 eingegangen seien, also alle bis zum 31.03.2014 kontaktierten Maßnahmen gehörten, gegenüberzustellen. Danach sei nur ein Ist - Abbau zum 31.3.2014 von 769 Mitarbeiter/Innen ermittelt worden. Die zugrunde gelegten Planwerte für Dezember beruhten auf dem mitbestimmten Restrukturierungsplan inklusive der zu der Zeit vom Vorstand beschlossenen und mitbestimmten Änderungen. Dass dem Betriebsrat am 30.04.2014 der Sozialplanreport mit den Angaben der Beklagten zur Planunterschreitung übergeben worden ist, hat die Klägerin selbst vorgetragen.



Dem sich aus dem Anhörungsschreiben an den Betriebsrat zur Kündigung der Klägerin ergebenen Zahlenwerk zur Berechnung des Zielerreichungsgrads hat die Klägerin nicht substantiiert widersprochen. Es wird weder der angegebene Soll/Abbau von 1050 Mitarbeiter/innen noch der sich zum 30.04.2014 ergebene feststehende Abbau zum 31.12.2014 (769 Mitarbeiter/innen) bestritten. Die Klägerin verweist nur darauf, dass die Quote derjenigen, die definitiv abgelehnt hätten das Arbeitsverhältnis aufzulösen (54 Mitarbeiter/Innen), von denen es sich zumeist um Doppelverträgler handele, relativ gering sei, sodass die Zielerreichung von 90 % erreicht werde. Zudem sei darauf hinzuweisen, dass ca. 50 Arbeitnehmer, noch im Juli 2014 86 Arbeitnehmer /Innen, auf der Evidenzliste verzeichnet gewesen seien. Sie rügt weiter, dass zum 31.12.2014 keine ordnungsgemäße Prognoseentscheidung durchgeführt worden sei, da sie nicht alle Maßnahmen erschöpft bzw. berücksichtigt habe, um die Abbauziele zu erreichen. Es hätten weder zum 1. Quartal noch zum 30.06.2014 ausreichende Indizien dafür vorgelegen, dass zum Jahresende die Zielerreichung von mindestens 90 % der Abbauziele als gefährdet anzusehen gewesen wäre.



Dies führt nicht weiter. Zu Recht weist die Beklagte darauf hin, dass der Interessenausgleich für den befristeten Ausschluss von betriebsbedingten Beendigungskündigungen darauf abstellt, ob die Abbauziele nach den zum Überprüfungszeitraum bekannten Personalveränderungen zudem auf den Prüfungszeitpunkt folgenden Jahresende zu 90 % erreicht sind. Für die Prognose sind damit nur Mitarbeiter/innen zu berücksichtigen, deren Ausscheiden zum Prüfungszeitraum 31.03.2014 aufgrund bekannter Personalveränderungen zum 31.12.2014 feststand. Prognosen über mögliche weitere Personalveränderungen waren danach nicht anzustellen. Insofern waren auch nicht die Mitarbeiter, die sich durch Meldung auf der Evidenzliste an der Vereinbarung einer freiwilligen Altersregelung (§ 9 Interessenausgleich) oder einer Ausscheidensregelung durch einen Ringtausch (§ 7 Ziffer 1 Abs. 7 Interessenausgleich) interessiert gezeigt haben, zu berücksichtigten. Damit stand ein Ausscheiden zum Prüfungszeitraum noch nicht fest. Denn gemäß § 9 S. 3 des Interessenausgleichs besteht kein Rechtsanspruch auf ein Ausscheiden. Nach S. 4 gilt das Prinzip der gegenseitigen Freiwilligkeit.



Soweit die Klägerin darauf verweist, dass die Beklagte und der Betriebsrat die Zielerreichung jeweils zum Quartalsende zu überprüfen haben, und der Betriebsrat in seinem Widerspruch gegen die beabsichtigte betriebsbedingte Kündigung die Informationsmenge gerügt habe, führt das nicht zur anderer Beurteilung. Damit wird nicht festgeschrieben, dass vor der Kündigung eine gemeinsame Feststellung zu erfolgen hat. Entscheidend ist, ob die Abbauziele aufgrund der geplanten Personalveränderungen erreicht wurden. Davon konnte aber, wie oben ausgeführt, zum Prüfungszeitpunkt 31.03.2014 nicht ausgegangen werden.



6. Die Kündigung ist nicht nach § 1 Abs. 1 KSchG unwirksam. Sie ist iSv § 1 Abs. 2, Abs. 3 KSchG sozial gerechtfertigt, da sie durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist.



Dringende betriebliche Erfordernisse, die eine Kündigung bedingen, können sich daraus ergeben, dass der Arbeitgeber sich zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, deren Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer im Betrieb dauerhaft entfallen lässt. Eine solche unternehmerische Entscheidung ist gerichtlich nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAG, Urteil vom 20.12.2012 - 2 AZR 867/11 - AP Nr. 198 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; BAG, Urteil vom 24.05.2012 - 2 AZR 124/11 -AP Nr. 191 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung). Ohne Einschränkung nachzuprüfen ist hingegen, ob die fragliche Entscheidung tatsächlich umgesetzt wurde und dadurch das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer entfallen ist (BAG, Urteil vom 24.05.2012 - 2 AZR 124/11 - aaO; BAG, Urteil vom 29.08.2013 - 2 AZR 808/12 -, AP Nr. 202 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung).



Die Beklagte stützt die Kündigung auf die Einstellung des Bereiches der inneren Dienste und Fremdvergabe der Telefondienste. Den Ausführungen des Arbeitsgerichts zur Fremdvergabe der Telefondienste ist die Klägerin mit der Berufung nicht entgegengetreten. Die Maßnahme führt zum Wegfall des Arbeitsplatzes der Klägerin. Anhaltspunkte für eine offensichtlich unsachliche, unvernünftige oder willkürliche Entscheidung, die inneren Dienste fremd zu vergeben, sind nicht ersichtlich. Die Gestaltung des Betriebs, die Antwort auf die Frage, ob und in welcher Weise sich der Arbeitgeber wirtschaftlich betätigen will, sind Bestandteil der durch Art. 12, Art. 14 und Art. 2 Abs. 1 GG geschützten unternehmerischen Freiheit. Zu dieser gehört das Recht, das Unternehmen aufzugeben, darüber zu entscheiden, welche Größenordnung es haben soll, und festzulegen, ob bestimmte Arbeiten weiter im eigenen Betrieb ausgeführt oder an Drittunternehmen vergeben werden sollen (BAG, Urteil vom 20.06.2013 - 2 AZR 380/12 - AP Nr. 5 zu § 626 BGB Unkündbarkeit ; BAG, Urteil vom 22.11.2012 - 2 AZR 673/11 - EzA § 626 BGB 2002 Unkündbarkeit Nr. 18). Das Kündigungsschutzgesetz schreibt nicht eine bestimmte rechtliche und organisatorische Form der Erledigung anfallender Aufgaben fest (BAG, Urteil vom 23.04.2008 - 2 AZR 1110/06 - AP Nr. 177 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung). Der Arbeitgeber ist - bis zur Grenze der Willkür - nicht gehindert, auch wirtschaftlich nicht zwingend notwendige Organisationsentscheidungen zu treffen (BAG, Urteil vom 20.06.2013 - 2 AZR 380/12 - aaO). Es ist nicht Sache der Gerichte, ihm eine "bessere" oder "richtigere" betriebliche Organisation vorzuschreiben (BAG, Urteil vom 29.08.2013 - 2 AZR 809/12 - Rn. 17 mwN, BAGE 146, 37). Im Fall der Fremdvergabe kommt es deshalb grundsätzlich nicht darauf an, ob durch die Beauftragung des Drittunternehmens tatsächlich Kosten gespart werden (vgl. BAG, Urteil vom 20.11.2014 - 2 AZR 512/13 - AP Nr. 207 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; BAG, Urteil vom 31.05.2007 - 2 AZR 306/06 - Rn. 23, BAGE 123, 20).



Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat die Klägerin keine Tatsachen vorgetragen, die die Entscheidung als offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich erscheinen lässt. Die Beklagte hat vorgetragen, dass sie Kosten sparen müsse, um mit der Kapitalbasis bis zur endgültigen Umsetzung der EU-Vorgaben auszukommen. Diese Erwägungen sind weder sachfremd noch willkürlich. Ihre Umsetzung ist vom Grundrecht des Arbeitgebers nach Art. 12 Abs. 1 GG gedeckt. Eine derartige Organisationsentscheidung ist rechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden. Das gilt auch dann, wie ausgeführt, wenn sie - anders als von der Beklagten erwartet - nicht mit einer Ersparnis von Kosten verbunden gewesen sein sollte.



7. Die Wirksamkeit der Kündigung scheitert auch nicht an § 1 Abs. 2 S. 3 KSchG.



a) Nach § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b KSchG ist die Kündigung dann sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann. Auf diese Weise wird der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Kündigungsrecht normativ konkretisiert (BAG, Urteil vom 29.08.2013 - 2 AZR 721/12 - AP Nr. 37 zu § 1 KSchG 1969 Personenbedingte Kündigung; BAG, Urteil vom 25.10.2012 - 2 AZR 552/11 - AP Nr. 197 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; BAG, Urteil vom 12.08.2010 - 2 AZR 558/09 - AP Nr. 146 zu § 2 KSchG 1969). Die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit ist deshalb auch ohne Widerspruch des Betriebsrats im Rahmen der Generalklausel des § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG zu berücksichtigen (BAG, Urteil vom 21.09. 2000 - 2 AZR 385/99 - AP Nr. 111 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung mwN). Entsprechendes gilt, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder zu geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist (§ 1 Abs. 2 Satz 3 KSchG).



b) Die Weiterbeschäftigung muss sowohl dem Arbeitnehmer als auch dem Arbeitgeber objektiv möglich sein. Dies setzt zunächst voraus, dass ein freier Arbeitsplatz zu vergleichbaren (gleichwertigen) oder zu geänderten (schlechteren) Arbeitsbedingungen vorhanden ist. Als "frei" sind grundsätzlich nur solche Arbeitsplätze anzusehen, die zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung unbesetzt sind (BAG, Urteil vom 25.10.2012 - 2 AZR 552/11 - aaO; BAG, Urteil vom 15.12.2011 - 2 AZR 42/10 - BAGE 140, 169). Dem steht es gleich, wenn ein Arbeitsplatz bis zum Ablauf der Kündigungsfrist frei wird (BAG, Urteil vom 25.10. 2012 - 2 AZR 552/11 - aaO). Der anderweitige - freie - Arbeitsplatz muss für den Arbeitnehmer geeignet sein. Das setzt voraus, dass der Arbeitnehmer - ggf. unter Berücksichtigung angemessener Einarbeitungs-, Fortbildungs- oder Umschulungszeiten - den Anforderungen des neuen Arbeitsplatzes entsprechen kann. Dabei unterliegt die Gestaltung des Anforderungsprofils grundsätzlich der nur auf offenbare Unsachlichkeit zu überprüfenden unternehmerischen Disposition des Arbeitgebers (BAG Urteil vom 24.05. 2012 - 2 AZR 124/11 - AP Nr. 191 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung).



c) Für das Fehlen einer anderweitigen Weiterbeschäftigungsmöglichkeit ist gem. § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG der Arbeitgeber darlegungs- und beweispflichtig. Dabei gilt eine abgestufte Darlegungslast. Bestreitet der Arbeitnehmer lediglich den Wegfall seines bisherigen Arbeitsplatzes, genügt der Vortrag des Arbeitgebers, wegen der betrieblichen Notwendigkeiten sei eine Weiterbeschäftigung zu den gleichen Bedingungen nicht möglich. Macht der Arbeitnehmer geltend, es sei eine Beschäftigung an anderer Stelle möglich, obliegt es ihm darzulegen, wie er sich seine anderweitige Beschäftigung vorstellt. Erst daraufhin muss der Arbeitgeber eingehend erläutern, aus welchen Gründen eine solche Beschäftigung nicht möglich war (BAG, Urteil vom 29.08.2013 - 2 AZR 721/12 - aaO, BAG, Urteil vom 25.10.2012 - 2 AZR 552/11 - aaO).



d) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ergibt sich nicht, dass zum Zeitpunkt der Kündigung eine Stelle frei war oder bis zum Ablauf der Kündigungsfrist eine freie Stelle absehbar war. Die Beklagte hat unter Verweis auf die Fremdvergabe der Telefondienste zunächst ausreichend vorgetragen, dass der Arbeitsplatz weggefallen ist. Die Klägerin verweist zwar auf § 4 Ziffer 1 Nr. 2 S. 1 des Tarifvertrages zur Strukturierung und Beschäftigungssicherung vom 03.11.2011, wonach für die Dauer der Maßnahme zur Einleitung und Umsetzung der Restrukturierung vor jeder Entscheidung eine Prüfung vorzunehmen ist, ob nicht Leistungen auch von internen Mitarbeitern erbracht werden können. Dies führt aber nicht zur Annahme eines freien Arbeitsplatzes. Aus der Prüfungspflicht ergibt sich keine Verpflichtung, die unternehmerische Entscheidung zu unterlassen. Die unternehmerische Entscheidung kann immer nur, wie bereits aufgeführt, darauf überprüft werden, ob sie offenbar unsachlich, willkürlich oder unvernünftig ist. Davon kann aber nicht ausgegangen werden. Auf die obigen Ausführungen unter 6. wird Bezug genommen.



e) Die Klägerin kann nicht mit Erfolg auf den Ringtausch verweisen, der unter § 7 Ziffer 1 Abs. 7 im Interessenausgleich aufgeführt ist. Darin wird den von der Restrukturierung nicht betroffenen Mitarbeitern die Möglichkeit geboten, gegen eine Sozialplanabfindung auszuscheiden. Die frei werdenden Arbeitsplätz wurden mit betroffenen Mitarbeitern besetzt. Bei den Tarifangestellten muss sich der Tauschpartner nach dem Interessenausgleich im gleichen Gehaltsrahmen bewegen.



Es ergibt sich nicht, dass ein vergleichbarer Tauschpartner und damit ein freier Arbeitsplatz vorhanden war bzw. absehbar war. Die von der Klägerin in der Berufung noch aufgeführten Sekretärinnen Frau N.-B. und Frau C. und die Team-Assistentin/Sekretärin Frau I. können nicht herangezogen werden. Selbst nach dem Klägervortrag handelt es sich um Sekretärinnen, die in Tarifgruppe 5 und damit höher als sie (TG 4) eingruppiert sind. Nach dem Tarifvertrag sind Telefonistinnen in der TG 3 und Telefonistinnen mit erhöhten Anforderungen in die Tarifgruppe 4 eingruppiert. Sekretärinnen beginnen dagegen in der TG 5 und sind bei erhöhten Anforderungen in der TG 6 eingruppiert. Unabhängig davon ergibt schon aus den unterschiedlichen Aufgaben keine Vergleichbarkeit und vertragliche Einsetzbarkeit der Klägerin auf den Arbeitsplätzen, die für sie eine Beförderung bedeuten würde.



f) Der Verweis der Klägerin auf die Mitarbeiter der Evidenzliste führt auch nicht weiter, da die Stellen diese Mitarbeiter nicht frei sind. Sie bekunden mit dem Eintrag auf dieser Liste lediglich ein Interesse, auszuscheiden. Wie sich aus § 9 des Interessenausgleichs ergibt, besteht das Prinzip der Freiwilligkeit und ein Ausscheiden ist nicht verbindlich. Ein Ausscheiden steht damit nicht fest.



8. Die Kündigung ist nicht wegen einer unzureichenden Sozialauswahl gemäß § 1 Abs. 3 KSchG.



a) Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG ist eine Kündigung trotz Vorliegens dringender betrieblicher Erfordernisse iSd. Abs. 2 sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und eine Schwerbehinderung nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat. Der Arbeitgeber hat in die Sozialauswahl diejenigen Arbeitnehmer einzubeziehen, die miteinander vergleichbar sind. Vergleichbar sind Arbeitnehmer, die nach arbeitsplatzbezogenen Merkmalen aufgrund ihrer Fähigkeiten und Kenntnisse sowie nach dem Inhalt der von ihnen vertraglich geschuldeten Aufgaben austauschbar sind (BAG, Urteil vom 25.10.2012 - 2 AZR 552/11 - AP Nr. 197 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; BAG, Urteil vom 22.03.2012 - 2 AZR 167/11 - EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 85; BAG, Urteil vom 15.12.2011 - 2 AZR 42/10 - AP KSchG 1969 § 1 Namensliste Nr. 21). Es geht um die horizontale Vergleichbarkeit (grundsätzlich: BAG, Urteil vom 29.03.1990 - 2 AZR 369/89 -, BAGE 65, 61-80). An der Vergleichbarkeit fehlt es, wenn dem Arbeitnehmer die anderen Aufgaben nicht per Direktionsrecht zugewiesen werden können(BAG, Urteil vom 24.09.2015 - 2 AZR 680/14 -, EzA-SD 2016, Nr. 6, 5 - 6; BAG, Urteil vom 24.02.2005 - 2 AZR 214/04 - AP Nr. 4 zu § 1 KSchG 1969 Gemeinschaftsbetrieb).



aa) Dem Arbeitsgericht ist zu folgen, dass die Klägerin als darlegungs- und beweisbelastete Partei nicht ausreichend dargelegt hat, dass die Beklagte vergleichbare Mitarbeiter/innen mit weniger Sozialpunkten weiterbeschäftigt. Die Beklagte hat zu den von der Klägerin benannten Mitarbeiter/Inneninnen Frau N.-B., Frau C., Frau I., Frau N. (Tarifgruppe TG 5), F., T. und Q. (50 % schwerbehindert) im Einzelnen Stellung genommen. Danach war Frau N.-B. als Betriebsratssekretärin; Frau C. (Tarifgruppe TG 6) und Frau T. (TG TG 5) sind als Sekretärinnen tätig. Frau I. (Tarifgruppe TG 5) ist danach seit 2001 als Team-Assistentin/Sekretärin (Tarifgruppe 5) und Frau N. war seit 2010 bis zu ihrem Ausscheiden im Juli 2015 als Sachbearbeiterin mit erhöhten Anforderungen tätig und der Tarifgruppe TG 5 zugeordnet. Herr F. war ihr Vorgesetzter (Tarifgruppe TG 9).



bb) Die Klägerin hat zwar sowohl die vorgetragene Eingruppierung, als auch die zutreffende Eingruppierung der Mitarbeiterinnen N.-B., Frau C., I. und Frau N. bestritten. Das pauschale Bestreiten und der Verweis der Klägerin auf ihre Ausbildung zur Kauffrau für Bürokommunikation genügen aber nicht den Anforderungen, um eine Vergleichbarkeit darzulegen. Ausgangspunkt für die Beurteilung ist die vertraglich geschuldete Tätigkeit. Ausweislich des Schreibens vom 01.10.2003 wurde die Klägerin mit ihrem Einverständnis vom 28.10.2003 mit Wirkung vom 01.01.2004 als Telefonistin (TG 4) eingesetzt. Diese Tätigkeit muss mit der einer Sekretärin/ Team-Assistentin/Sekretärin und Sachbearbeiterin mit erhöhten Anforderungen vergleichbar sein. Hierbei ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Tarifvertrag für die Tätigkeiten der anderen Mitarbeiter, die von der Beklagten vorgetragene höhere Eingruppierung vorsieht. Selbst wenn für die Beurteilung nicht auf die bloße Eingruppierung, sondern auf die Wertigkeit der Tätigkeit abzustellen ist, ist die tarifliche Zuordnung jedoch ein Indiz für eine unterschiedliche Bewertung. Die Klägerin hat keine Tatsachen vorgetragen, die den Schluss zulassen, dass die von ihr als Telefonistin verrichteten Tätigkeiten mit der einer Betriebsratssekretärin/Sekretärin, Team-Assistentin/Sekretärin, Sachbearbeiterin mit erhöhten Anforderungen oder ihres Vorgesetzten vergleichbar ist. Hierzu wäre es erforderlich gewesen, die Aufgaben, Anforderungen und Befugnisse gegenüberzustellen. Daran fehlt es. Soweit die Klägerin im Termin darauf hingewiesen hat, mit Frau N. zusammengearbeitet zu haben, ergibt sich auch keine andere Beurteilung. Die Klägerin mag zwar vergleichbare Tätigkeiten wie Frau N. ausgeübt haben, als diese noch als Telefonistin eingesetzt war. Dies war aber selbst nach dem Klägervortrag im Termin zum Zeitpunkt der Kündigung nicht mehr der Fall. Selbst wenn man eine Vergleichbarkeit der Tätigkeiten annehmen könnte, wenn Frau N. die neue Tätigkeit ohne weitere Einarbeitung kurzfristig übernehmen konnte, kann hiervon aber nicht ausgegangen werden. Es fehlt an einem ausreichenden Sachvortrag der Klägerin, der eine solche Beurteilung zulässt. Den Vortrag einer Zusammenarbeit bis zuletzt konnte die Klägerin im Termin nicht aufrechterhalten. Sie konnte nicht ausschließen, dass Frau N. schon längere Zeit, wie von der Beklagten vorgetragen, seit 2010, die neue Tätigkeit als Sachbearbeiterin mit erhöhten Anforderungen wahrgenommen hat. Letztlich ist auch dem Arbeitsgericht zu folgen, dass eine Fehlerhaftigkeit der sozialen Auswahl nicht im Hinblick auf die schwerbehinderte Mitarbeiterin Q. festgestellt werden kann. Im Übrigen hat sich die Klägerin in der Berufung nicht mehr auf diese Mitarbeiterin bezogen. Nach alledem kann nicht von einer unzureichenden Sozialauswahl ausgegangen werden.



II. Dem Arbeitsgericht ist auch zu folgen, dass die Kündigung nicht mangels ordnungsgemäßer Betriebsratsanhörung iSd. § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG unwirksam ist.



Die Beklagte hat die schriftliche Betriebsratsanhörung vom 11.06.2014 zur Akte gereicht. Darin sind die Gründe für die Kündigung unter Verweis auf die abgeschlossenen Interessenausgleiche im Einzelnen dargelegt. Beigefügt war auch die Anlage 25 zum Anhörungsschreiben, in der die Klägerin namentlich aufgeführt ist unter Angabe des Kündigungstermins und der maßgeblichen Kündigungsfrist. Mit der Berufung hat die Klägern keine Umstände vorgetragen, die zu einer anderen Beurteilung führen. Soweit die Klägerin bestritten hat, dass die Kündigung erst am 20.06.2014 unterschrieben und (per Botendienst) auf den Weg gebracht wurde, hat sie den Vortrag, wie sich aus dem Protokoll vom 16.02.2016 ergibt, nicht mehr aufrechterhalten.



III. Die ausgesprochene Kündigung ist nicht nach § 134 BGB i.V.m. § 17 Abs. 1 Nr. 3 KSchG wegen Verstoßes gegen ein Verbotsgesetz nichtig.



Nach dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten verfügte die Beklagte per 30.06.2014 im Inland noch über mehr als 500 Arbeitnehmer.



Gemäß § 17 Abs. 1 S. 1 KSchG ist der Arbeitgeber verpflichtet, der Agentur für Arbeit Anzeige zu erstatten, bevor er in Betrieben mit in der Regel mindestens 500 Arbeitnehmern mindestens 30 Arbeitnehmer innerhalb von 30 Kalendertagen entlässt. Den Entlassungen stehen andere Beendigungen des Arbeitsverhältnisses gleich, die vom Arbeitgeber veranlasst werden.



Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist der Arbeitnehmer darlegungs- und gegebenenfalls beweispflichtig für die tatsächlichen Voraussetzungen der Anzeigepflicht nach § 17 KSchG. Er muss also sowohl die Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer als auch die Zahl der entlassenen Arbeitnehmer im Streitfall beweisen (BAG, Urteil vom 24.02.2005 - 2 AZR 207/04 - NZA 2005, 766-769; Urteil vom 22.03.2001 - 8 AZR 565/00 - AP GG Art. 101 Nr. 59; BAG, Urteil vom 19.06.1991 - 2 AZR 127/91 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 53).



Nach dem Vortrag der Beklagten wurden in dem hier relevanten Zeitraum zwischen dem 21.05.2014 und 31.12.2014 20 betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen und es wurden vier Aufhebungsverträge geschlossen. Dem Arbeitsgericht ist zu folgen, dass die notwendige Zahl von 30 innerhalb einer Zeitspanne von 30 Tagen nicht erreicht wird. Die Klägerin hat dem in der Berufung nichts entgegengehalten.



IV. Die Klägerin kann nicht nach § 102 Abs. 5 S. 1 BetrVG von der Beklagten verlangen, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens weiterbeschäftigt zu werden. Das Arbeitsgericht ist in zutreffender Darstellung und Anwendung der für die Entscheidung der Rechtsfrage maßgeblichen Rechtsgrundsätze zu dem Ergebnis gelangt, dass der Betriebsrat der Kündigung nicht ordnungsgemäß widersprochen hat. Mit der Berufung hat die Klägerin keine Tatsachen vorgetragen, die zu einer Änderung der Beurteilung führen.



1. Nach § 102 Abs. 5 S. 1 BetrVG ist Voraussetzung für einen Weiterbeschäftigungsanspruch, dass der Betriebsrat der ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen hat. Der Betriebsrat hat zwar der Kündigung, über die er mit Anhörungsschreiben vom 11.06.2014 informiert wurde, mit dem Schreiben vom 18.06.2014 fristgemäß widersprochen. Die Widerspruchsbegründung des Betriebsrats genügt aber nicht den gesetzlichen Anforderungen nach § 102 Abs. 3 Nr. 1, 2, 3 und 5 BetrVG.



2. Der Betriebsrat hat seinen Widerspruch nach § 102 Abs. 3 Nr. 1 BetrVG nicht ordnungsgemäß geltend gemacht. Danach kann der Betriebsrat einer Kündigung widersprechen, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat. Macht der Betriebsrat mit seinem Widerspruch dies geltend, müssen diese Arbeitnehmer vom Betriebsrat entweder konkret benannt oder anhand abstrakter Merkmale bestimmbar sein (BAG, Urteil vom 09.07.2003 - 5 AZR 305/02 -, BAGE 107, 66 - 71). Diese Vorrausetzungen sind nicht erfüllt, worauf das Arbeitsgericht zutreffend hinweist. Der Betriebsrat hat weder andere Mitarbeiter benannt noch Tatsachen vorgetragen, aufgrund derer andere weniger schutzwürdige Mitarbeiter bestimmbar sind.



3. Nach § 102 Abs. 3 Nr. 2 BetrVG kann der Betriebsrat einer Kündigung widersprechen, wenn diese gegen eine (Auswahl)-Richtlinie im Sinne von § 95 BetrVG verstößt. Dem Arbeitsgericht ist zu folgen, dass die Regelung in § 4 BV keine Auswahlrichtlinie darstellt. Durch den (unwirksamen) Ausschluss der ordentlichen Kündigung soll der Mitarbeiter doch gerade unabhängig von weiteren Kriterien der Auswahl entzogen werden.



4. Nach § 102 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG kann der Betriebsrat der Kündigung widersprechen, wenn der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann. Hierbei ist es zwar nicht erforderlich, dass der Betriebsrat im Widerspruchsschreiben Tatsachen angibt, die schlüssig einen Widerspruchsgrund iSv § 102 Abs. 3 BetrVG ergeben. Es ist jedoch dem Betriebsrat ein Mindestmaß an konkreter Argumentation abzuverlangen; ein rein spekulativer Widerspruch etwa in dem Sinne, es sei im Betrieb irgendeine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit vorhanden, reicht nicht aus. Der Betriebsrat muss konkret darlegen, auf welchem (freien) Arbeitsplatz eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in Betracht kommt; hierbei muss der Arbeitsplatz zumindest in bestimmbarer Weise angegeben und der Bereich bezeichnet werden, in dem der Arbeitnehmer anderweitig beschäftigt werden kann (BAG, Urteil vom 11.05.2000 - 2 AZR 54/99 - AP Nr. 13 zu § 102 BetrVG 1972 Weiterbeschäftigung). Daran fehlt es hier. Es wird zwar, wie das Arbeitsgericht zu Recht ausführt, auf eine Beschäftigungsmöglichkeit im Bereich der inneren Dienste verwiesen. Hierbei handelt es sich aber nicht um freie Arbeitsplätze, da der Bereich, wie der Betriebsrat selbst im Widerspruchsschreiben aufführt, fremd vergeben wurde und damit die Arbeitsplätze bei der Beklagten nicht mehr bestehen.



V. Letztlich kann die Klägerin die Weiterbeschäftigung auch nicht auf den allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch (BAG, Beschluss vom 27.02.1985 - GS 1/84 -, BAGE 48, 122-129) stützen. Dieser besteht für die Dauer des Prozesses nur, wenn die Unwirksamkeit der Kündigung gerichtlich festgestellt wird. Wie oben ausgeführt, ist die Kündigung aber sozial gerechtfertigt.



C. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 97 ZPO.



D. Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen. Die Kammer hat der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beigemessen.

Vorschriften§ 17 Ziffer 3 MTV, § 17 KSchG, § 102 BetrVG, § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG, § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG, § 17 Abs. 3 Satz 2 MTV, § 19 Ziffer 3 MTV, § 140 BGB, § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG, § 1 Abs. 2 S. 3 KSchG, § 1 Abs. 3 KSchG, § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG, § 134 BGB, § 17 Abs. 1 Nr. 3 KSchG, § 102 Abs. 5 S. 1 BetrVG, § 102 Abs. 3 Nr. 1, 2, 3 und 5 BetrVG, § 77 Abs. 3 BetrVG, § 69 Abs. 2 ArbGG, § 69 Abs. 3 Satz 2 ArbGG, § 64 Abs. 1 ArbGG, § 64 Abs. 2 Ziffer b ArbGG, § 66 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO, § 77 Abs. 4 S. 1 BetrVG, § 77 Abs. 3 S. 1 BetrVG, § 1 TVG, § 17 Abs. 3 MTV, § 111 BetrVG, § 19 Abs. 3 MTV, § 19 Ziff. 3 MTV, §§ 111 ff BetrVG, § 112 Abs. 1 S. 4 BetrVG, § 67 Satz 2 LPVG, § 1 Abs. 1 KSchG, § 1 Abs. 2, Abs. 3 KSchG, Art. 12, Art. 14, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 12 Abs. 1 GG, § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b KSchG, § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG, § 1 Abs. 2 Satz 3 KSchG, § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG, § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG, § 17 Abs. 1 S. 1 KSchG, § 102 Abs. 3 Nr. 1 BetrVG, § 102 Abs. 3 Nr. 2 BetrVG, § 95 BetrVG, § 102 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG, § 102 Abs. 3 BetrVG, §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 97 ZPO, § 72 Abs. 2 ArbGG

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