14.11.2016 · IWW-Abrufnummer 189840
Landesarbeitsgericht Hamburg: Beschluss vom 26.03.2015 – 1 TaBV 6/14
Tenor:
Die Beschwerde der Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 2. Juli 2014 - 28 BV 1/14 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beschluss insgesamt wie folgt neu gefasst wird:
Der Beteiligten zu 2 wird aufgegeben, es zu unterlassen, als Fachkräfte für Arbeitssicherheit gem. § 9 Abs. 3 ASiG im Zuständigkeitsbereich des Beteiligten zu 1 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der De. P. AG, Fachabteilung Arbeitssicherheit, einsetzen zu lassen, bevor die Zustimmung des Beteiligten zu 1 zur Übertragung der Aufgaben der Fachkraft für Arbeitssicherheit auf einen überbetrieblichen Dienst nicht erteilt oder durch eine Entscheidung der Einigungsstelle nicht ersetzt worden ist.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Betriebsrat möchte der Beteiligten zu 2 den Einsatz einer externen Fachkraft für Arbeitssicherheit untersagen lassen.
Die Beteiligte zu 2 ist ein zu einem Konzern gehörendes Unternehmen, das Kurierdienstleistungen erbringt und Betriebsstätten im gesamten Bundesgebiet unterhält. Der Betriebsrat ist für die Region Nord der Beteiligten zu 2 gebildet worden und für die Standorte Hamburg, Bremen, Hannover und Neumünster zuständig.
Die Beteiligte zu 2 teilte dem Betriebsrat am 1. August 2013 mit, dass künftig Herr Cl. an den Sitzungen des Arbeitssicherheitsausschusses in Hannover teilnehmen werde. Herr Cl. ist kein Mitarbeiter der Beteiligten zu 2, sondern Arbeitnehmer der De. P. AG. Der Betriebsrat wandte sich daraufhin mit dem Hinweis an die Beteiligte zu 2, dass seiner Meinung nach die Bestellung einer Fachkraft für Arbeitssicherheit (FASI) mitbestimmungspflichtig sei. Die Beteiligte zu 2 reagierte darauf nicht.
Zwischen den Beteiligten ist nicht vereinbart worden, dass externe Personen im Zuständigkeitsbereich des Betriebsrats als Fachkräfte für Arbeitssicherheit eingesetzt werden können. Der Betriebsrat beschloss im Jahre 2010, dass der Gesamtbetriebsrat mit der Verhandlung einer Betriebsvereinbarung mit generellen Regelungen für die Auswahl der Sicherheitsbeauftragten, die Qualifikation und persönlichen Anforderungen der Fachkräfte für Arbeitssicherheit sowie das formelle Bestellungsverfahren bei externen Fachkräften für Arbeitssicherheit beauftragt werde. Für die Einzelheiten des Beschlusses wird auf die Anlage AG 1 zum Schriftsatz der Beteiligten zu 2 vom 6. Juni 2014 (Bl. 39 d.A.) verwiesen. Am 24. November 2014 beschloss der Beteiligte zu 1 Folgendes:
"Der in der Sitzung des Betriebsrats vom 28.09.2010 gefasste Beschluss, den GBR zu beauftragen, eine Betriebsvereinbarung zu den in Anlage 1 aufgeführten Regelungstatbeständen zu verhandeln, wird hiermit ausdrücklich widerrufen."
Wegen der Einzelheiten des Beschlusses nebst Anlage wird auf die Anlage Ast 4 zum Schriftsatz des Betriebsrats vom 9. Januar 2015 (Bl. 135 f d.A.) verwiesen. Dem Gesamtbetriebsrat wurde dieser Beschluss am selben Tage mitgeteilt. Eine zwischen Gesamtbetriebsrat und Beteiligter zu 2 gebildete Einigungsstelle erklärte sich mit Beschluss vom 14. Januar 2015, wegen dessen Einzelheiten auf die Anlage Ast 5 zum Schriftsatz des Beteiligten zu 1 vom 29. Januar 2015 (Bl. 140 bis 144 d.A.) verwiesen wird, für unzuständig.
Am 1. Juli 2014 beschloss der Betriebsrat, den Verfahrensgegenstand dieses Rechtstreits um den Antrag zu erweitern, der Beteiligten zu 2 aufzugeben, es zu unterlassen, als Fachkräfte für Arbeitssicherheit gemäß § 9 Abs. 3 ASiG im Zuständigkeitsbereich des Beteiligten zu 1 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der De. P. AG, Fachabteilung Arbeitssicherheit, einzusetzen, bevor hierzu eine Einigung mit dem Betriebsrat erzielt oder durch die Einigungsstelle ersetzt wurde. Wegen der Einzelheiten der Ladung zu der Sitzung des Betriebsrats am 1. Juli 2014, deren Tagesordnung, der Anwesenheit und des Sitzungsprotokolls wird auf im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht am 2. Juli 2014 überreichte Unterlagen (Bl. 45 bis 55 d.A.) verwiesen.
Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, dass er vor dem Einsatz von Herrn Cl. hätte angehört bzw. umfassend informiert werden müssen. Der Betriebsrat habe auf seine Mitbestimmungsrechte bei neu zu bestellenden Fachkräften nicht verzichtet. Über die Beauftragung Externer sei keine Einigung erzielt worden. Die De. P. AG setze in ihrer Fachabteilung Arbeitssicherheit Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht ausschließlich aufgrund ihrer Qualifikation ein, sondern auch aufgrund von Arbeitskräfteüberhängen in anderen Bereichen ein. Die Arbeitgeberin treffe eine Überwachungspflicht hinsichtlich der Qualifikation der Fachkräfte. Auch der Betriebsrat müsse diese kontrollieren können. Dazu reiche die bloße Mitteilung des Namens der eingesetzten Person nicht aus.
Der Betriebsrat hat zuletzt beantragt,
1. der Beteiligten zu 2 aufzugeben, es zu unterlassen, den Einsatz von Herrn R. Cl. als Fachkraft für Arbeitssicherheit gemäß § 9 Abs. 3 ASiG für den Standort Hannover der Beteiligten aufrecht zu halten;
2. der Beteiligten zu 2 aufzugeben, es zu unterlassen, als Fachkräfte für Arbeitssicherheit gemäß § 9 Abs. 3 ASiG im Zuständigkeitsbereich des Beteiligten zu 1 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der De. P. AG, Fachabteilung Arbeitssicherheit, einzusetzen, bevor hierzu eine Einigung mit dem Betriebsrat erzielt oder durch die Einigungsstelle ersetzt wurde.
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Die Arbeitgeberin hat behauptet, dass es im Juni 2013 zwischen Vertretern der Arbeitgeberin und des Betriebsrats eine Verständigung darüber gegeben habe, dass die örtliche Fachkraft für Arbeitssicherheit sowie der jeweilige Betriebsarzt an den Sitzungen des Arbeitssicherheitsausschusses teilnehmen solle. Die Zustimmung des Betriebsrats vor dem Einsatz von Herrn Cl. sei daher nicht erforderlich gewesen. In Absprache mit dem Gesamtbetriebsrat "kaufe" die Arbeitgeberin in langjähriger - und auch dem Betriebsrat bekannter - Praxis ihre Fachkräfte für Arbeitssicherheit extern von einem sog. überbetrieblichen Dienst ein; derzeit sei dies die De. P. AG, Fachabteilung Arbeitssicherheit. Die konkrete Personalauswahl obliege daher gar nicht der Arbeitgeberin. Sie erhalte selbst Informationen über die jeweilige Person nur von der De. P. AG und leite diese Informationen auch an den Betriebsrat weiter. Ein überbetrieblicher Dienst dürfe nur geeignetes Personal einsetzen. Herr Cl. sei tatsächlich als Fachkraft befähigt. Der Betriebsrat habe seine Befugnisse zur Frage, ob ein externer Dienst beauftragt werde, an den Gesamtbetriebsrat delegiert.
Dem Antrag zu 2 liege keine ordnungsgemäße Beschlussfassung zugrunde.
Das Arbeitsgericht Hamburg hat durch Beschluss vom 2. Juli 2014 dem Antrag zu 2 des Betriebsrats stattgegeben und den Antrag zu 1 als unzulässig verworfen. Wegen der Einzelheiten des Beschlusses des Arbeitsgerichts wird auf Bl. 59 bis 69 d.A. verwiesen. Gegen diesen Beschluss, der der Beteiligten zu 2 am 21. August 2014 zugestellt wurde, hat diese mit Schriftsatz vom 18. September 2014, der am selben Tage beim Landesarbeitsgericht einging, Beschwerde eingelegt. Mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2014, beim Landesarbeitsgericht eingegangen am 1. Oktober 2014, hat die Beteiligte zu 2 die Verlängerung der Frist zur Begründung der Beschwerde beantragt. Durch Beschluss des Landesarbeitsgerichts vom 9. Oktober 2014 ist die Frist bis zum 21. November 2014 verlängert worden. Mit Schriftsatz vom 21. November 2014, beim Landesarbeitsgericht eingegangen am selben Tage, hat die Beteiligte zu 2 die Beschwerde begründet.
Die Beteiligte zu 2 meint, dass der Antrag des Beteiligten zu 2, soweit das Arbeitsgericht Hamburg ihm stattgegeben hat, nicht hinreichend bestimmt sei. Zwar habe der Beteiligte zu 1 klargestellt, dass die in dem Antrag zu 2 gemeinte Einigung sich auf die Beauftragung eines überbetrieblichen Dienstes beziehen solle. Eine derartige Klarstellung sei aber nicht in den Antrag aufgenommen worden, so dass die Entscheidung des Arbeitsgerichts dahingehend verstanden werden könne, dass der Beteiligten zu 2 die Beauftragung eines überbetrieblichen Dienstes generell verboten oder ihr untersagt sei, Beschäftigte der De. P. AG als Kräfte eines überbetrieblichen Dienstes einzusetzen, selbst wenn die Einigung über den Einsatz eines überbetrieblichen Dienstes erzielt worden wäre. Es sei im Übrigen nicht die Fallgestaltung erfasst, dass die Beteiligte zu 2 mit dem Gesamtbetriebsrat eine Einigung über den Einsatz des überbetrieblichen Dienstes erzielt. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts sei außerdem unzutreffend, weil der Beteiligte zu 1 derzeit nicht über das Mitbestimmungsrecht verfüge, weil es nach § 50 Abs. 2 BetrVG auf den Gesamtbetriebsrat übertragen worden sei, der die Verhandlungen mit der Beteiligten zu 2 führe. Der Beteiligte zu 1 sei nicht in der Lage, nach der Delegation auf den Gesamtbetriebsrat und dessen Eintritt in die Verhandlungen noch selbst über Aspekte des Arbeitsschutzes zu verhandeln oder derartige Verhandlungen an sich zu ziehen. Da die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats in Bezug auf die Entscheidung, ob ein überbetrieblicher Dienst beauftragt werde, derzeit nicht beim Betriebsrat lägen, könne dieser auch nicht die Unterlassung des Einsatzes eines überbetrieblichen Dienstes verlangen. Die Entscheidung der mit dem Gesamtbetriebsrat gebildeten Einigungsstelle führe nicht dazu, dass das Verfahren beendet worden sei. Das Einigungsstellenverfahren sei nunmehr zwischen dem Beteiligten zu 1 und der Beteiligten zu 2 fortzuführen.
Die Beteiligte zu 2 beantragt,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 2. Juli 2014 - 28 BV 1/14 - abzuändern und die Anträge insgesamt abzuweisen.
Der Beteiligte zu 1 beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er hält den Beschluss des Arbeitsgerichts für zutreffend, weil der Betriebsrat selbst bei Beauftragung des Gesamtbetriebsrats Träger des Mitbestimmungsrechts bleibe.
II.
Die Beschwerde der Beteiligten zu 2 ist zulässig, aber unbegründet.
1) Gemäß § 87 Abs. 1 ArbGG ist die Beschwerde statthaft. Sie ist im Sinne der §§ 87 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
2) Die Beschwerde ist unbegründet, weil der Antrag des Beteiligten zu 1 zulässig und begründet ist.
a) Der Antrag ist zulässig.
Er ist hinreichend bestimmt. Das Arbeitsgericht hat ihn zutreffend dahingehend ausgelegt, dass er sich auf die Konstellation bezieht, dass noch keine Einigung über den Einsatz eines überbetrieblichen Dienstes als Fachkraft für Arbeitssicherheit erzielt worden ist.
Ein Antrag im Beschlussverfahren ist ebenso auslegungsfähig und -bedürftig wie ein solcher im Urteilsverfahren. Nach den Ausführungen des Beteiligten zu 1 im Schriftsatz vom 27. Juni 2014 stellt er darauf ab, dass schon die formellen Voraussetzungen für einen Einsatz eines Beschäftigten der De. P. AG mit den Aufgaben der Fachkraft für Arbeitssicherheit nicht gegeben sind, weil es an einer Vereinbarung zwischen den Beteiligten darüber fehle, dass ein überbetrieblicher Dienst tätig werden dürfe. Demgemäß möchte der Beteiligte den Einsatz der Beschäftigten der De. P. AG verhindern, solange eine Einigung zwischen den Beteiligten über die Beauftragung eines überbetrieblichen Dienstes nicht hergestellt worden ist.
Bei diesem Verständnis des Antrages ist er hinreichend bestimmt, weil damit klargestellt ist, dass der vom Beteiligten zu 1 geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht generell den Einsatz Beschäftigter der De. P. AG mit Aufgaben der Fachkraft für Arbeitssicherheit verhindern soll oder kann, sondern dieses nur gelten soll, solange es keine Einigkeit zur Übertragung der Aufgaben an einen überbetrieblichen Dienst gibt.
Zur Klarstellung wird das durch Auslegung des Antrages gewonnene Verständnis seines Inhalts in den Tenor des Beschlusses über die Beschwerde aufgenommen.
Für die Zulässigkeit des Antrages kann es dahingestellt bleiben, ob er auch Fallkonstellationen erfasst, in denen kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht. Ein solcher über die Rechte des Betriebsrats hinausgehender Antrag wäre nicht unzulässig, sondern unbegründet.
Dem Antrag liegt eine ordnungsgemäße Beschlussfassung des Betriebsrats zugrunde. Diese ist nach den mit der Beschwerde nicht angegriffenen Feststellungen des Arbeitsgerichts am 1. Juli 2014 erfolgt. Sie ergibt sich aus den im Termin vor dem Arbeitsgericht Hamburg am 2. Juli 2014 überreichten Unterlagen.
b) Der Antrag ist begründet.
Der Betriebsrat kann von der Beteiligten zu 2 verlangen, dass sie den Einsatz von Beschäftigten der De. P. AG als Fachkräfte für Arbeitssicherheit unterlässt, bis die Zustimmung des Beteiligten zu 1 zur Übertragung der Aufgaben der Fachkraft für Arbeitssicherheit auf einen überbetrieblichen Dienst erteilt oder ersetzt worden ist.
Dem Betriebsrat steht bei Verletzung seiner Mitbestimmungsrechte aus § 87 BetrVG ein Anspruch auf Unterlassung der mitbestimmungswidrigen Maßnahme zu. Ist der Unterlassungsantrag des Betriebsrats so weit gefasst, dass er viele denkbare künftige Fallgestaltungen betrifft, ist er insgesamt unbegründet, wenn nicht in allen diesen Fällen ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht (BAG, Beschluss vom 3. Mai 1994, 1 ABR 24/93, LS 1 und 2, Juris).
Eine derartige Verletzung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats liegt vor. Nach § 87 Abs. 1 Ziffer 7 BetrVG hat der Betriebsrat bei der Übertragung der Aufgaben der Fachkraft für Arbeitssicherheit an einen überbetrieblichen Dienst mitzubestimmen. § 9 Abs. 3 ASiG regelt mit der Verpflichtung zur Anhörung des Betriebsrats vor der Verpflichtung eines überbetrieblichen Dienstes nur den Fall, dass der Betriebsrat bereits bei der abstrakten Vorentscheidung über die Verpflichtung eines überbetrieblichen Dienstes mitbestimmt hat. Die generelle Entscheidung, ob die Arbeitgeberin eine interne Fachkraft für Arbeitssicherheit, eine freiberuflich tätige Fachkraft für Arbeitssicherheit oder aber einen überbetrieblichen Dienst einsetzt, unterliegt nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegt (BAG, Beschluss vom 10. April 1979, 1 ABR 34/77, Juris). Dieses Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats verletzt die Beteiligte zu 2, wenn sie ohne Zustimmung des Betriebsrats einen überbetrieblichen Dienst die Aufgaben der Fachkraft für Arbeitssicherheit wahrnehmen lässt. Das geschieht dadurch, dass die die Beschäftigten dieses überbetrieblichen Dienstes - hier der De. P. AG - mit den entsprechenden Aufgaben im Betrieb der Arbeitgeberin tätig werden dürfen. Dass hierüber eine Einigung zwischen den Beteiligten erzielt worden ist, ist nicht ersichtlich. Auch ist nicht ersichtlich, dass die Beteiligte zu 2 und der Gesamtbetriebsrat sich dementsprechend geeinigt haben.
Der Geltendmachung der Verletzung des Mitbestimmungsrechts steht nicht entgegen, dass der Betriebsrat nach § 50 Abs. 2 BetrVG die Verhandlungs- und Entscheidungskompetenz an den Gesamtbetriebsrat übertragen hat. Der Widerruf eines derartigen Beschlusses ist jederzeit mit der absoluten Mehrheit der Stimmen des Betriebsrats möglich. Er wird wirksam, wenn er dem Vorsitzenden des Gesamtbetriebsrats zugegangen ist (Fitting, § 50 Rn 72). Diese Voraussetzungen für einen Widerruf sind hier gegeben. In seiner Sitzung vom 24. November 2014 hat der Beteiligte zu 1 mit der erforderlichen Mehrheit einen entsprechenden Beschluss gefasst, der dem Gesamtbetriebsrat am selben Tage mitgeteilt worden ist. Damit liegt die Verhandlungs- und Entscheidungskompetenz wieder beim Betriebsrat.
Selbst wenn dieses nicht der Fall wäre, könnte der Betriebsrat die Verletzung des Mitbestimmungsrechts geltend machen. Trotz einer Beauftragung des Gesamtbetriebsrats zur Verhandlung und Entscheidung bleibt er Träger des Mitbestimmungsrechts (Fitting, § 50 Rn 71). Es ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen er sich nach der Übertragung der Verhandlungs- und Entscheidungskompetenz nicht mehr gegen eine Verletzung seiner Mitbestimmungsrechte wehren können sollte. Die Abwehr von Eingriffen in das Mitbestimmungsrecht und dessen Gestaltung durch Verhandlung und Entscheidung sind voneinander getrennte Aspekte der Berechtigung des Betriebsrats. Durch eine Delegation nach § 50 Abs. 2 BetrVG wird nicht das gesamte Mitbestimmungsrecht auf den Gesamtbetriebsrat übertragen, sondern nur die Befugnis, darüber zu verhandeln und ggf. die Verhandlungen durch Vereinbarung abzuschließen. Demgemäß bleibt es trotz Delegation an den Gesamtbetriebsrat Aufgabe und Berechtigung des Betriebsrats, Verletzungen des Mitbestimmungsrechts geltend zu machen und zu verhindern.
Die Verletzung des Mitbestimmungsrechts liegt unabhängig davon vor, ob darüber noch ein Einigungsstellenverfahren anhängig ist oder nicht. Es gibt keinen Grundsatz des Inhalts, dass eine Arbeitgeberin während des Einigungsstellenverfahrens die dort verhandelten Mitbestimmungsrechte nicht zu beachten brauchte. Vielmehr bleibt es auch während des Einigungsstellenverfahrens dabei, dass die Arbeitgeberin nicht einseitig Maßnahmen ergreifen darf, deren Berechtigung in der Einigungsstelle erst geklärt werden muss.
Der Antrag des Betriebsrats umfasst keine Fälle, in denen sein Mitbestimmungsrecht nicht besteht. Die Arbeitgeberin meint, dass dieses der Fall sei, weil die Zustimmung zu einer Übertragung auf einen überbetrieblichen Dienst auch durch den Gesamtbetriebsrat erteilt werden könne. Das ist unzutreffend. Der Gesamtbetriebsrat ist nicht nach § 50 Abs. 1 BetrVG für die nach § 9 Abs. 3 ASiG zu treffende Entscheidung über die Übertragung der Aufgaben der Fachkraft für Arbeitssicherheit an einen überbetrieblichen Dienst zuständig. Selbst wenn diese Entscheidung mehrere Betriebe der Arbeitgeberin erfassen sollte, ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen die einzelnen Betriebe im Sinne des § 50 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BetrVG nicht in der Lage sein sollten, diese Entscheidung zu treffen. Die Notwendigkeit einer unternehmenseinheitlichen oder jedenfalls mehr als einen Betrieb umfassenden Regelung ist nicht zu erkennen. Wenn der Gesamtbetriebsrat nach einer Delegation nach § 50 Abs. 2 BetrVG die Zustimmung zu einer Übertragung auf einen überbetrieblichen Dienst erteilte oder diese Zustimmung durch eine mit dem Gesamtbetriebsrats gebildete Einigungsstelle ersetzt würde, bliebe es doch eine Zustimmung oder ersetzte Zustimmung des Betriebsrats. Der Betriebsrat ist auch bei einer Delegation der Verhandlungs- und Entscheidungskompetenz auf den Gesamtbetriebsrat Träger des Mitbestimmungsrechts, so dass eine vom Gesamtbetriebsrat erteilte oder für diesen ersetzte Zustimmung inhaltlich eine solche des Betriebsrats wäre, der die Delegation erteilt hätte. Die Erteilung oder Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats ist durch den Tenor des Beschlusses erfasst.
3) Gegen diese Entscheidung ist nach § 92 Abs. 1 Satz 1 ArbGG ein Rechtsmittel nicht gegeben. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht gegeben sind. Gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde kann nach § 92 a ArbGG Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt werden.