14.11.2016 · IWW-Abrufnummer 189855
Landesarbeitsgericht Köln: Beschluss vom 19.09.2016 – 5 Ta 216/16
1. Eine nur ungenaue oder erkennbar falsche Parteibezeichnung ist unschädlich und kann im laufenden Verfahren jederzeit von Amts wegen richtig gestellt werden.
2. Ist die Instanz beendet, kommt dieser - einfache - Weg für eine Berichtigung nicht mehr in Betracht. Eine Berichtigung ist nur noch möglich, wenn die strengeren Voraussetzungen des § 319 Abs. 1 ZPO gegeben sind.
Eine offenbare Unrichtigkeit im Sinne des § 319 ZPO liegt vor, wenn sie sich aus dem Zusammenhang des Urteils selbst oder aus den Vorgängen bei seiner Verkündung ergibt und ohne weiteres erkennbar ist ( BGH 3. Juni 2003 - X ZB 47/02 ).
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 02.05.2016- 12 Ca 2210/14 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Gründe
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat das2. Versäumnisurteil zu Recht berichtigt. Es liegt eine offensichtliche Unrichtigkeit im Sinne von § 319 ZPO vor.
Das Urteil ist unrichtig, weil von Anfang an beklagte Partei die S GmbH war. Dies ergibt die Auslegung der prozessualen Erklärungen des Klägers.
1. Die Parteien eines Prozesses sind vom Kläger in der Klageschrift zu bezeichnen. Ist die Bezeichnung nicht eindeutig, so ist die Partei durch Auslegung zu ermitteln (BAG 20. Februar 2014 - 2 AZR 248/13 - NZA-RR 2015, 380).
Selbst bei äußerlich eindeutiger, aber offenkundig unrichtiger Bezeichnung ist grundsätzlich diejenige Person als Partei angesprochen, die nach der Rechtslage die "richtige" ist und mit der Parteibezeichnung erkennbar gemeint sein soll. Es kommt darauf an, welcher Sinn der von der klagenden Partei in der Klageschrift gewählten Parteibezeichnung bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts beizulegen ist. Entscheidend ist die Wahrung der rechtlichen Identität der Partei. Ist die "wirkliche" Partei nicht dieselbe, liegt keine falsche Parteibezeichnung vor, sondern es wird im Wege der Parteiänderung eine andere Partei in den Prozess eingeführt (BAG 20. Februar 2014 - 2 AZR 248/13 - NZA-RR 2015, 380).
Eine nur ungenaue oder erkennbar falsche Parteibezeichnung ist unschädlich. Die durch das Grundgesetz gewährleisteten Verfassungsgarantien verbieten es, den Zugang zu den Gerichten in einer aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise zu erschweren. Dementsprechend darf eine Klageerhebung nicht an unvollständigen oder fehlerhaften Bezeichnungen der Parteien scheitern, solange diese Mängel in Anbetracht der jeweiligen Umstände letztlich keine vernünftigen Zweifel an dem wirklich Gewollten aufkommen lassen. Für die Parteistellung in einem Prozess ist deshalb nicht allein die formelle Bezeichnung der Partei in der Klageschrift maßgebend. Die nicht im Rubrum der Klageschrift benannte juristische oder natürliche Person ist auch dann als beklagt anzusehen, wenn statt der richtigen Bezeichnung irrtümlich die Bezeichnung einer tatsächlich existierenden (juristischen oder natürlichen) Person gewählt wird, solange nur aus dem Inhalt der Klageschrift und etwaigen Anlagen unzweifelhaft deutlich wird, welche Partei tatsächlich gemeint ist. Das ist etwa der Fall, wenn nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Klage gegen die Schuldnerin anstatt - richtigerweise - gegen den Insolvenzverwalter gerichtet wird und sich aus der Klageschrift oder den beigefügten Unterlagen entnehmen lässt, dass das Insolvenzverfahren gegen die Schuldnerin eröffnet worden ist. Ergibt sich in einem Kündigungsschutzprozess aus den gesamten erkennbaren Umständen, etwa aus dem der Klageschrift beigefügten Kündigungsschreiben, wer als beklagte Partei gemeint ist, ist die kündigende juristische oder natürliche Person als verklagt anzusehen (BAG 20. Februar 2014 - 2 AZR 248/13 - NZA-RR 2015, 380).
Bei der Auslegung kommt es darauf an, welchen Sinn diese Erklärung aus objektiver Sicht hat, welchen Inhalt ihr also Gericht und Prozessgegner bei objektiver Betrachtung beilegen mussten. Der Auslegung ist das tatsächliche Vorbringen der klagenden Partei zugrunde zu legen. Auf deren Rechtsauffassung kommt es nicht an (BAG 20. Februar 2014 - 2 AZR 248/13 - NZA-RR 2015, 380).
2. Die Auslegung der Klageschrift nach diesen Grundsätzen ergibt, dass von Anfang an die S GmbH die beklagte Partei war.
Das Arbeitsgericht hat die Auslegung zutreffend vorgenommen. Hierauf wird Bezug genommen. Aus den Anlagen zur Klageschrift ergibt sich, dass von Anfang an eine andere als im Rubrum bezeichnete Partei verklagt werden sollte. Dies hat auch die (richtige) Beklagte (zunächst) so verstanden. Sie hat in dem Schriftsatz vom 2. Juli 2014 (Bl. 83 d. A.) darauf verwiesen, dass die "Beklagte korrekt als S GmbH" firmiere.
I. Die unrichtige Parteibezeichnung konnte nach § 319 Abs. 1 ZPO berichtigt werden, weil eine offenbare Unrichtigkeit gegeben war.
1. Eine nur ungenaue oder erkennbar falsche Parteibezeichnung ist unschädlich und kann im laufenden Verfahren jederzeit von Amts wegen richtig gestellt werden (BAG 20. Februar 2014 - 2 AZR 248/13 - NZA-RR 2015, 380).
Ist die Instanz beendet, kommt dieser - einfache - Weg für eine Berichtigung nicht mehr in Betracht. Eine Berichtigung ist nur noch möglich, wenn die strengeren Voraussetzungen des § 319 Abs. 1 ZPO gegeben sind.
Eine offenbare Unrichtigkeit im Sinne des § 319 ZPO liegt vor, wenn sie sich aus dem Zusammenhang des Urteils selbst oder aus den Vorgängen bei seiner Verkündung ergibt und ohne weiteres erkennbar ist (BGH 3. Juni 2003 - X ZB 47/02).
2. Danach war die Berichtigung vorzunehmen. Es liegt eine offenbare Unrichtigkeit vor, weil bei Erlass des Urteils längst klar war, dass die S GmbH verklagt werden sollte.
Darauf hatte nicht nur ursprünglich die Beklagte selbst, sondern auch der Kläger (Schriftsatz vom 17. August 2015 = Bl. 138a d. A.; Protokoll der Verhandlung vom 8. Dezember 2015 = Bl. 183 d. A.) und das Gericht (Schreiben an die Parteien vom 6. Januar 2016 = Bl. 181 d. A.) verwiesen.
II. Gegen die Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht zulässig. Gründe für
eine Zulassung der Rechtsbeschwerde bestehen nicht (§ 78 Satz 2 in Verbindung mit § 72 Abs. 2 ArbGG).