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10.02.2017 · IWW-Abrufnummer 191775

Verwaltungsgericht Aachen: Urteil vom 10.11.2016 – 5 K 794/14

Kein Anspruch auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 57 Abs 4 StBerG für eine gewerbliche Tätigkeit als Vorstand einer Genossenschaftsbank


Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung gegen eine Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger ist Steuerberater und begehrt die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung für eine Tätigkeit als Vorstand für die W. -C. eG.

Am 26. November 2013 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er, nachdem er seit 2011 als Angestellter der W. C. eG, E. , in der Funktion eines Syndikus-Steuerberaters tätig war, nunmehr seit dem 1. September 2013 Vorstandsmitglied der Bank sei. Daher beantrage er die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 57 Abs. 4 Nr. 1 2. Halbsatz StBerG. Eine Verletzung seiner Berufspflichten sei nicht zu befürchten. Die Bestellung zum Vorstandsmitglied begründe keine persönlichen Abhängigkeiten. Eine Gefährdung seiner wirtschaftlichen Unabhängigkeit bestehe nicht. Wegen der vereinbarten Trennung von Mandanten- und Bankkundenkreis bestehe keine Gefahr einer sachfremden Beeinflussung der Urteilsbildung und der Entscheidungsfindung bei der Steuerberatung. Die Entscheidung, ein Mandat anzunehmen, werde von ihm persönlich getroffen. Die Selbstbeschränkung des Honorarvolumens sichere ein angemessenes Verhältnis von annehmbaren Mandaten und verfügbarer Zeit. Er wolle seine Tätigkeit auf Einkommenssteuerangelegenheiten mit möglichst geringem Komplexitätsgrad beschränken. Zu den Themen seiner Vorstandstätigkeit gehörten Rating, Controlling und Finanzwirtschaft, Testamentsvollstreckung, Nachlassbearbeitung, Sanierung und Insolvenzverwaltung sowie Unternehmensnachfolge. Auch die Bereiche Marktfolge (Kredite, Einlagen, Nachlässe) und Compliance würden von ihm mit verantwortet. Die in seiner Funktion als Steuerberater erworbenen Informationen seien im Hinblick auf seine Verschwiegenheitspflicht geschützt.

Die räumliche Trennung von Hauptberuf und Steuerberatertätigkeit lasse die Wahrscheinlichkeit einer Überschneidung von Bankkunden und Mandanten gegen Null tendieren. Zu den Berufspflichten des Steuerberaters würden nur die in § 33 StBerG beschriebene Beratung und Vertretung in Steuersachen und Hilfeleistung bei der Bearbeitung von Steuerangelegenheiten gehören, während die wirtschaftliche Beratung nur zu den mit dem Beruf eines Steuerberaters vereinbaren Tätigkeiten im Sinne des § 57 Abs. 3 StBerG gehören und einer separaten Mandatierung bedürfen würden. Aus seiner Mandanteninformation ergebe sich, dass er Beratungsdienstleistungen in wirtschaftlichen Fragen nicht anbiete. Sie würden einem originären Mandat nach § 33 StBerG auch nicht innewohnen. Im Rahmen der steuerlichen Beratung könne sich höchstens die Frage stellen, ob Investitionen besser mit Eigen- oder mit Fremdkapital finanziert werden, nicht aber eine nähere Prüfung der Liquiditätslage. Die Annahme, dass es bei einer Tätigkeit als Vorstand einer Bank kaum möglich sei, eine Verletzung von Berufspflichten auszuschließen, berücksichtige nicht die von ihm getroffenen Maßnahmen wie etwa die vorvertraglich geregelte Nichtannahme von Beratungsaufträgen für finanzielle Fragestellungen. Der Erwerb von Beteiligungen seitens der W. C. eG sei zwar nach § 23 Abs. 1 c ihrer Satzung nicht ausgeschlossen, dürfe aber nur eingegangen werden zur Erbringung von Geschäften des Unternehmensgegenstandes, nicht aus Ertragszwecken. Im Übrigen könne die Beklagte ihm im Wege einer Auflage eine Pflicht zur Mitteilung jeder Änderung des Dienstvertrages erteilen.

Seine Haupttätigkeit als Vorstand finde in 71,3 km Entfernung von seinem Wohnsitz in E. statt. Im 25 km entfernt liegenden E1. bzw. K. gebe es nur 2 bis 6 Kunden. Umgekehrt liege bei ihm auch kein steuerberatendes Interesse im Geschäftsbereich der W. C. vor. Seine Mandanten der letzten Jahre kämen aus E1. , I. , F. und C1. . Darüber hinaus habe er mit seiner Mandanteninformation Maßnahmen zur Vermeidung der Verletzung von Berufspflichten getroffen. Aufträge zur Beratung in Kreditfinanzierungsangelegenheiten nehme er nicht an. Aus dem Organigramm der Bank sei ersichtlich, dass er im Wesentlichen nicht für den Markt, d.h. Vertrieb zuständig sei. Sein Kundenkontakt beschränke sich auf wenige und bedeutsame Kunden. Ausweislich der Geschäftsordnung für den Vorstand konzentriere dieser seine geschäftlichen Tätigkeiten grundsätzlich vorrangig auf den angestammten Geschäftsbereich der Bank.

Der Kläger legte einen am 5. Oktober 2011 unterzeichneten Dienstvertrag und eine Änderungsvereinbarung vom 9. Januar 2014 vor, mit welcher § 3 Nr. 2 des Dienstvertrages wie folgt neugefasst wurde:

"Die Genossenschaft genehmigt dem Vorstandsmitglied eine Nebentätigkeit als selbständiger Steuerberater. Der Arbeitgeber ist berechtigt, sich einmal jährlich vom Arbeitnehmer über die Gesamthöhe der erzielten Honorare des jeweils vorangegangenen Kalenderjahres unterrichten zu lassen."

Ferner überreichte der Kläger u.a. die Satzung der W. C. eG, die Geschäftsordnung Vorstand, die Geschäftsverteilung Vorstand und eine Mandanteninformation.

Mit Bescheid vom 24. März 2014 lehnte die Beklagte den Antrag ab und führte zur Begründung aus: Die von dem Kläger ausgeübte Vorstandstätigkeit stelle eine nach § 57 Abs. 4 Nr. 1 1. Halbsatz StBerG unvereinbare gewerbliche Tätigkeit dar. Die W. -C. eG sei nach § 17 Abs. 2 des Genossenschaftsgesetzes Formkaufmann und übe daher gewerbliche Tätigkeit aus. Dies gelte auch für die Tätigkeit des Klägers als Vorstand. Die Erteilung einer Ausnahme von dem Verbot einer gewerblichen Tätigkeit für Steuerberater komme nur in Betracht, wenn die vom Gesetzgeber unterstellte abstrakte Gefahr einer Beeinträchtigung von Berufspflichten im konkreten Fall widerlegt sei. Dies habe der Kläger nicht hinreichend dargelegt. Die Annahme des Klägers, dass sich die in § 57 Abs. 4 StBerG genannten Berufspflichten nur auf die Ausübung des Berufs als Steuerberater beziehen würden und daher die Feststellung einer konkreten Gefährdung der ordnungsgemäßen Erbringung von Steuerberaterleistungen betreffen müsse, treffe nicht zu. Das Berufsbild des Steuerberaters werde entscheidend mitgeprägt durch die Unternehmensberatung. Im Falle einer Interessenkollision zwischen der Banktätigkeit und etwa einer Finanzierungsberatung eines Mandanten würde daher eine relevante Berufspflichtverletzung vorliegen. Ein Steuerberater habe regelmäßig umfangreich Kenntnis von geschäftlichen und persönlichen Umständen der Mandanten. Auch wenn der Kläger keine Beratung in Finanzierungsangelegenheiten durchführe, so seien steuerberaterliche Fragestellungen sowie betriebswirtschaftliche bzw. finanztechnische Aspekte häufig untrennbar miteinander verzahnt bzw. würden sich zwangsläufig im Verlauf eines Mandatsverhältnisses ergeben, so dass im Vorfeld eine Befassung mit solchen Fragen nicht ausgeschlossen werden könne. Die Einhaltung einer Selbstbeschränkung sei zudem nicht kontrollierbar. Auch ein arbeitsvertragliches Verbot der Beratung von Bankkunden reiche nicht aus, um eine entsprechende Gefahr zu vermeiden. Insbesondere bei Kreditfinanzierungsfragen bestehe die Gefahr, dass der Steuerberater seine Beratungsaufgabe einschließlich ggf. auftretender Finanzierungstätigkeit nicht mehr unbeeindruckt von seiner Vorstandstätigkeit für die Bank und den damit ihm obliegenden Dienstpflichten erledigen und somit nicht mehr unabhängig und gewissenhaft allein im Interesse des Mandanten beraten würde. Die Entscheidung, ein Mandatsverhältnis zu begründen oder abzulehnen, müsse stets vom Kläger getroffen werden können. Es spiele auch keine Rolle, ob der Kläger die steuerberatende Tätigkeit nur in geringem Umfang ausübe. Gerade die hauptberufliche Vorstandstätigkeit für die Bank lege es nahe, dass im Falle eines Interessenkonflikts die Interessen der Bank jedenfalls nicht nachrangig gegenüber den Pflichten als Steuerberater gewichtet würden. Auch eine räumliche Trennung der beiden beruflichen Tätigkeiten von ca. 40 km sei nicht geeignet, Interessenkonflikte zu vermeiden. Ferner sei die Gefahr einer Kollision mit Interessen potentieller Mandanten nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Kläger nicht werbend auftreten wolle. Wenn seine vormalige Tätigkeit als Syndikus-Steuerberater bei der Bank als unbedenklich erachtet worden sei, so ändere dies nichts daran, dass sich aufgrund der Vorstandstätigkeit eine Interessenlage entwickelt habe, die mit der selbständigen Tätigkeit als Steuerberater kollidiere. Der Gefahr aus der steuerberatenden Tätigkeit stammende Informationen als Bankvorstand zu nutzen, könne auch nicht mit dem Erlass von Berufsausübungsregelungen wirksam begegnet werden.

Der Kläger hat am 24. April 2014 Klage erhoben, zu deren Begründung er vorträgt: Er habe am 1. September 2011 mit Anerkenntnis der Beklagten eine Tätigkeit als Syndikussteuerberater bei der W. -C. e.G. E. aufgenommen. Es sei arbeitsvertraglich sichergestellt, dass Mandanten- und Bankkundenkreis völlig getrennt seien. So sei geregelt, dass Interessenkollisionen zur Genossenschaft durch zweitberufliche Tätigkeiten vermieden werden und es sei ein Genehmigungsvorbehalt durch den Aufsichtsrat fixiert worden. Es bestehe Einigkeit mit der Bank, dass der Kläger nur in ganz geringem Umfang als niedergelassener Steuerberater tätig sei. Über die Beschränkung seiner Tätigkeit als niedergelassener Steuerberater seien auch seine wenigen Klienten informiert. Der Kläger habe einen Anspruch auf die begehrte Ausnahmegenehmigung; eine Ablehnung bedeute einen unzulässigen Eingriff in seine Berufswahlfreiheit. Eine abstrakte Gefährlichkeit einer gewerblichen Tätigkeit von Steuerberatern reiche für ein Verbot nicht aus. Tatsächlich seien auch derzeit schon Steuerberater umfangreich gewerblich tätig, etwa als Unternehmensberater, Treuhänder oder im Rahmen von Tätigkeiten nach § 5 Abs. 2 RDG bei der Testamentsvollstreckung und Fördermittelberatung. Für die Verweigerung der begehrten Ausnahmegenehmigung reiche keine abstrakte Gefahr, sondern sei eine konkrete Betrachtung anhand der Einzelfallumstände erforderlich und eine Verweigerung nur ausnahmsweise möglich, wenn konkrete Gefahren für die Funktionsfähigkeit der Steuerrechtspflege aufgrund von Interessenkollisionen bestünden. Er übe im Übrigen als Vorstand weitgehend gleiche Funktionen aus wie bereits im Rahmen seiner von der Beklagten nicht beanstandeten Tätigkeit als angestellter Syndikussteuerberater. Der bloße Wechsel in das Vorstandsamt bzw. in eine formal gewerbliche Geschäftsführerposition könne nicht entscheidend sein. Er habe schließlich auch den Nachweis erbracht, dass in seinem Fall eine konkrete Gefährdung der Berufspflichten wegen Interessenkollision nicht zu erwarten sei. Dies ergebe sich aus der räumlichen Trennung, der Mandantenkreis- und Auftragsartendarlegung, den vertraglichen Erklärungen im Dienstvertrag vom 9. Januar 2014, den Mandantenanschreiben zu Beginn eines jeden Mandatsverhältnisses und dem Verzicht auf Finanzberatung. Die Argumentation der Beklagten über die mangelnde Kontrollmöglichkeit von Selbstbeschränkungen widerspreche der Judikatur der Anwaltsgerichtsbarkeit zu Zweitberufen bei Rechtsanwälten. Auch bestehe bei einer nur in geringem Umfang ausgeübten zweitberuflichen Tätigkeit neben einer anderen Vollzeitbeschäftigung eine geringe Gefahr der Verletzung von Berufspflichten. Entscheidend sei, dass er keine Kunden der Bank im Mandat betreuen werde. Die Versagung der Ausnahmegenehmigung sei unverhältnismäßig, da den Gefahren durch mildere Mittel etwa in Gestalt von Auflagen begegnet werden könne. Im anwaltlichen Berufsrecht gebe es in § 45 Abs. 1 Nr. 4 BRAO ein Berufsausübungsverbot bei zweitberuflichen Tätigkeiten. Entsprechendes könne hier durch Auflagen geregelt werden. Die Versagung der Ausnahmegenehmigung verstoße auch gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, indem eine Ungleichbehandlung zwischen Steuerberatern und Rechtsanwälten, die keinem Verbot einer zweitberuflichen Tätigkeit unterliegen würden, erfolge. Es liege kein tragfähiger rechtlicher Grund für die Ungleichbehandlung vor, vor allem gegenüber als Rechtsanwalt und Steuerberatern tätigen Doppelberuflern.

Vergütungsaspekte seien für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nicht entscheidungserheblich. Am 4. Oktober 2016 sei die Verschmelzung der S. S1. -C2. eG auf die W. C. eG erfolgt. Der Sitz der Bank werde nach N. /S1. verlegt. Ihm seien bis 31. August 2013 als Prokurist/Generalbevollmächtigter und danach als Vorstand Tantiemen in folgender Höhe gezahlt: für 2012 = 87.808,52 €, für 2013 = 102.628,56 €, für 2014 = 83.324,60 € und für 2015 = 73.424,68 €. Das monatliche Gehalt betrage 12.662,10 €. Ausweislich einer Änderungsvereinbarung vom 9. Januar 2014 zum Dienstvertrag vom 5. Oktober 2013 habe die Genossenschaft ihm eine Nebentätigkeit als selbständiger Steuerberater genehmigt und sei berechtigt, sich einmal im Jahr über die Gesamthöhe der erzielten Honorare des vorangegangenen Jahres unterrichten zu lassen.

Die Geschäftsverteilung innerhalb des Gesamtvorstandes umfasse für seine Person die unveränderte Zuständigkeit u.a. die "Marktfolge aktiv" und "Rechnungswesen/Jahresabschluss/Zahlungsverkehr/Steuern".

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 24. März 2014 zu verpflichten, ihm eine Ausnahmegenehmigung für eine gewerbliche Tätigkeit gemäß § 57 Abs. 4 Nr. 1 2. Halbsatz StBerG für eine Tätigkeit als Vorstand bei der W. -C. zu erteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie wiederholt und vertieft ihre Ausführungen aus dem angefochtenen Bescheid und führt ergänzend aus: Der Kläger habe nicht dargelegt, dass in seinem Fall keine Gefahr der Verletzung von Berufspflichten als Steuerberater durch die gewerbliche Vorstandstätigkeit bestehen würde. Es liege insbesondere keine in § 16 Abs. 1 Satz 2 Spiegelstrich 5 BO geregelte Fallgruppe vor, wonach eine Gefahr für die Verletzung von Berufspflichten im Regelfall bei einer geschäftsführenden Tätigkeit in Form der Notgeschäftsführung bei Mandantenunternehmen ausgeschlossen sei. Denn die Tätigkeit des Klägers sei weder einem unvorhersehbaren personellen Engpass im Vorstand geschuldet, noch zeitlich für die Dauer einer Notgeschäftsführung befristet, noch handele es sich bei der Genossenschaft um ein Mandantenunternehmen. Das arbeitsvertraglich geregelte jährliche Berichtsrecht des Arbeitgebers über die Gesamthöhe der erzielten Honorare stelle eine Einschränkung dar, die mit der eigenverantwortlichen Berufsausübung eines Steuerberaters nicht vereinbar sei. Die Interessen eines Mandanten könnten gefährdet sein, wenn der Kläger - etwa zur Vermeidung einer Nichtverlängerung seines Dienstvertrages faktisch gezwungen werde, ein Mandat niederzulegen. Auch das vorgelegte Mandantenschreiben berechtige nicht zu der Annahme, dass eine konkrete Gefährdung von Berufspflichten nicht zu erwarten sei. Denn auch eine auf steuerrechtliche Fragen begrenzte Finanzierungsberatung sei Unternehmensberatung und könne wegen der Verzahnung von Steuerrecht, betriebswirtschaftlichen und finanztechnischen Gesichtspunkten dazu führen, dass der Kläger umfangreiche Kenntnisse von geschäftlichen und persönlichen Umständen seiner Mandanten erlangen würde. Es sei nicht ausgeschlossen, dass eine Beratungstätigkeit Bezüge zur Kreditfinanzierung aufweise und dadurch die Vorstandstätigkeit beeinflussen könnte. Dem stehe nicht entgegen, dass der Kläger im Wesentlichen nicht für den Vertrieb zuständig sei, denn hierdurch ändere sich nichts an der Gesamtverantwortlichkeit aller Vorstände, noch daran, dass der Kläger über andere Vorstandsmitglieder Informationen erlangen könne, welche Interessenskonflikte auslösen könnten. Schließlich wäre auch ein arbeitsvertragliches Verbot der Beratung von Bankkunden zur Vermeidung einer entsprechenden Gefahr nicht ausreichend. Denn die Gefahrenlage könne bereits im Vorfeld einer möglichen Kundenbeziehung eintreten und liege auch dann vor, wenn der Kläger derzeit keine Kunden seines Arbeitgebers berate. Dass ein Steuerberater seine Beratungsaufgabe nicht unbeeindruckt und unbeeinflusst von den Dienstpflichten im Zusammenhang mit seiner Vorstandstätigkeit für die Genossenschaft erledige und dann nicht mehr unabhängig und gewissenhaft im Interesse des Mandanten berate, sei greifbar. Angesichts einer bevorstehenden Fusion mit der Volksbank H. und im Zeitalter des electronic banking sei es für die Ausräumung einer Gefahrenlage ohne Bedeutung, dass der Kläger Steuerberatung nur an seinem Privatwohnsitz ausüben wolle.

Dass der Kläger zuvor bei demselben Arbeitsgeber als Syndikus-Steuerberater tätig gewesen sei, sei unbeachtlich, da es sich dabei um einen dem § 16 Abs. 1 Satz 2 Spiegelstrich 2 BOStB unterfallenden Tatbestand handele. Außerdem fehle es an der Vergleichbarkeit, denn die Vorstandsmitglieder würden als Organ der Genossenschaft in gesteigerter Form der Treuepflicht gegenüber der Genossenschaft unterliegen. Die Einschränkung des Berufsausübungsrechts sei zur Wahrung allgemeiner Belange des gemeinen Wohls erforderlich und verhältnismäßig. Eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebots liege nicht vor, da die Berufsbilder des Steuerberaters und des Rechtsanwalts unterschiedlich seien und eine Differenzierung bezüglich der schützenswerten Interessen der jeweiligen Mandanten, denen die Berufspflichten dienten, sachlich gerechtfertigt sei. Im Gegensatz zur typischen Tätigkeit des Rechtsanwalts betreue der Steuerberater seine Mandanten in der Regel konstant über längere Zeiträume hinweg und erhalte umfassend Einblick in deren finanzielle und persönliche Verhältnisse.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beklagten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.

Der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten ist für Streitigkeiten der vorliegenden Art gegeben. Grundsätzlich sind zwar die Finanzgerichte für Streitigkeiten über den berufsrechtlichen Status des Steuerberaters zuständig, jedoch sind hiervon Streitigkeiten nach § 57 Abs. 4 Nr. 1 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) nicht erfasst. Die den Rechtsweg zu den Finanzgerichten in berufsrechtlichen Streitigkeiten regelnde Vorschrift des § 33 Abs. 1 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung enthält einen Verweis auf Angelegenheiten in bestimmten Teilen des StBerG, zu denen die Vorschrift des § 57 StBerG jedoch nicht gehört,

vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 26. September 2012 - 8 C 26.11 -, [...].

Die Klage ist jedoch unbegründet; der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Ausnahmegenehmigung, § 113 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Rechtliche Grundlage des Bescheides über die Ablehnung der Ausnahmegenehmigung für die Tätigkeit als Vorstandsmitglied einer Bank ist § 57 Abs. 2 und 4 Nr. 1 StBerG. Danach haben Steuerberater sich jeder Tätigkeit zu enthalten, die mit ihrem Beruf oder dem Ansehen des Berufs nicht vereinbar ist, wobei als mit dem Beruf des Steuerberaters nicht vereinbar insbesondere eine gewerbliche Tätigkeit gilt, § 57 Abs. 4 Nr. 1 1. Halbsatz StBerG. Allerdings kann die zuständige Steuerberaterkammer von diesem Verbot Ausnahmen zulassen, soweit durch die Tätigkeit eine Verletzung von Berufspflichten nicht zu erwarten ist, § 57 Abs. 4 Nr. 1 2. Halbsatz StBerG. Ist im konkreten Fall die vom Gesetzgeber unterstellte abstrakte Gefahr der Beeinträchtigung von Berufspflichten widerlegt, besteht ein Anspruch auf die Zulassung einer Ausnahme. Ein Ermessensspielraum ist den zuständigen Steuerberaterkammern nicht eingeräumt; die Formulierung "kann von diesem Verbot Ausnahmen zulassen" beinhaltet lediglich ein Handlungsermessen, nicht jedoch ein Entscheidungsermessen,

vgl. BVerwG, Urteile vom 26. September 2012 - 8 C 26.11 und 8 C 6.12 -, [...].

Die Vorschrift des § 57 Abs. 4 StBerG begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Das grundsätzliche Verbot gewerblicher Tätigkeit dient der Sicherung der fachlichen Kompetenz und Integrität sowie der Sicherung eines ausreichenden Handlungsspielraums und des Schutzes der notwendigen Vertrauensgrundlage. Die Funktionsfähigkeit der Steuerrechtspflege, die als Teil der gesamten Rechtspflege einen Gemeinwohlbelang von großer Bedeutung darstellt, soll gewährleistet werden. Durch die Regelung der Unvereinbarkeit einer gewerblichen Tätigkeit mit dem steuerberatenden Beruf wird die Freiheit der Berufswahl nicht unangemessen eingeschränkt,

vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschlüsse vom 23. August 2013 - 1 BvR 2912/11 - und vom 15. Februar 1967 - 1 BvR 569/62 -, beide: [...].

Allerdings hat der Gesetzgeber mit der durch das 8. Gesetz zur Änderung des Steuerberatergesetzes vom 8. April 2008 (BGBl. I, Nr. 14/08 Seite 666) erfolgten Neufassung des § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG und der Öffnung für Ausnahmefälle deutlich gemacht, dass eine gewerbliche Tätigkeit nicht schlechthin zu einer Steuerrechtspflege führt, die Eingriffe in die Berufsfreiheit rechtfertigen kann. Ziel des grundsätzlichen Verbots gewerblicher Tätigkeit ist die Sicherung der fachlichen Kompetenz und Integrität sowie eines ausreichenden Handlungsspielraums der steuerberatenden Berufsträger sowie der Schutz der notwendigen Vertrauensgrundlage. Die Unabhängigkeit der Steuerberatung und der Schutz des Mandanten vor einer für ihn nachteiligen Verwertung seiner Geschäftsdaten sollen gesichert werden. Erforderlich ist eine Einzelfallprüfung, die der Vielgestaltigkeit der Tätigkeiten Rechnung trägt,

vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. August 2013 - 1 BvR 2912/11 -, a.a.O.

Kann ein Antragsteller die grundsätzlich bestehenden Zweifel einer Gefährdung der Berufspflichten als Steuerberater durch die gewerbliche Tätigkeit nicht ausräumen, ist die Ausnahmegenehmigung zu versagen. Für die Beantwortung der Frage, ob eine Verletzung von Berufspflichten durch die gewerbliche Tätigkeit zu erwarten ist, ist eine konkrete Betrachtung anhand der Einzelfallumstände vorzunehmen. Eine abstrakte Gefahr der Verletzung von Berufspflichten reicht nicht aus. Kann eine konkrete Gefährdung von Berufspflichten mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden, ohne dass es insoweit einer absoluten Sicherheit bedarf, ist eine Pflichtverletzung nicht zu erwarten,

vgl. BVerwG, Urteile vom 26. September 2012 - 8 C 26.11 und 8 C 6.12 -, a.a.O.

Die ausgeübten Aufgaben als Steuerberater und die gewerbliche Tätigkeit sind gegenüberzustellen und zu bewerten, um auf diese Weise zu ermitteln, welche Interessenkollisionen auftreten können, und ob den damit verbundenen Gefahren im konkreten Fall mit hinreichenden Mitteln begegnet werden kann,

vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. August 2013 - 1 BvR 2912/11 -, a.a.O.

Interessenkollisionen liegen dabei vor allem dann nahe, wenn ein kaufmännischer Beruf die Möglichkeit bietet, Informationen zu nutzen, die aus der steuerberatenden Tätigkeit stammen. Die vom Gesetzgeber geforderte Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Steuerbevollmächtigten gegenüber seinen Klienten und das Vertrauensverhältnis zwischen diesen können beeinträchtigt werden, da die gewerbliche Tätigkeit maßgeblich vom Streben nach Gewinn bestimmt ist und eine Rücksichtnahme auf den jeweiligen Kundenkreis verlangt,

vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 4. November 1992 - 1 BvR 79/85 u.a. - und vom 15. Februar 1967 - 1 BvR 569/62 -, beide: [...].

Die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit als Vorstandsmitglied einer Genossenschaftsbank fällt nicht unter die nach § 57 Abs. 3 StBerG und § 15 der von der Bundessteuerberaterkammer auf der Grundlage von § 86 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 Nr. 6 StBerG erlassenen Berufsordnung (BO) mit dem Beruf eines Steuerberaters insbesondere vereinbaren Tätigkeiten. Hierunter fallen nach § 57 Abs. 3 StBerG die Tätigkeit als Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwalt oder vereidigter Buchprüfer, eine freiberufliche Tätigkeit, die die Wahrnehmung fremder Interessen einschließlich Beratung zum Gegenstand hat, eine wirtschaftsberatende, gutachterliche oder treuhänderische Tätigkeit u.a. Nach § 15 BO gehören zu den vereinbaren Tätigkeiten insbesondere die freiberufliche Unternehmensberatung i.S. von § 1 PartGG, die Verwaltung fremden Vermögens, die Tätigkeit als Beirat oder Aufsichtsrat und die Tätigkeit als Insolvenz-, Zwangs- und Sachwalter oder Mitglied eines Gläubigerausschusses. Gewerblich ausgeübte Tätigkeiten fallen nicht hierunter,

vgl. BVerwG, Urteil vom 26. September 2012 - 8 C 26.11 -, a.a.O.

Bei der Tätigkeit als Vorstandsmitglied handelt es sich um eine gewerbliche Tätigkeit im Sinne des § 57 Abs. 4 StBerG.

Eine gewerbliche Tätigkeit ist gekennzeichnet durch ein selbstständiges, gleichmäßig fortgesetztes und maßgebend von erwerbswirtschaftlichem Streben nach Gewinn bestimmtes Handeln. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Steuerberater im eigenen oder im fremden wirtschaftlichen Interesse handelt und in welcher Rechtsform die gewerbliche Tätigkeit ausgeübt wird. Hierunter fallen u.a. die Vornahme von Finanzgeschäften, insbesondere die Vermittlung von Versicherungen, Bausparverträgen, Finanzierungen und Kapitalanlagen gegen Provision. Daher ist die Tätigkeit als Vorstandsmitglied einer AG oder eG ein organschaftliches Handeln, die vom gewerblichen Charakter der Unternehmenstätigkeit der AG bzw. Genossenschaft geprägt und als solche grundsätzlich unzulässig ist,

vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteile vom 29. Februar 1988 - StbSt (R) 1/87 -, [...], und vom 4. März 1996 - StbSt ( R ) 4/95 -, NJW 1996,1833,1835 [BGH 04.03.1996 - StbSt (R) 4/95]; Koslowski, Steuerberatungsgesetz, 7. Auflage, 2015, § 57 Rn. 90.

Die Zulassung einer Ausnahme nach § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbsatz 2 StBerG kommt daher (nur) in Betracht, wenn die vom Gesetzgeber unterstellte abstrakte Gefahr der Beeinträchtigung von Berufspflichten im konkreten Fall widerlegt ist,

vgl. BVerwG, Urteil vom 26. September 2012 - 8 C 26.11 -, a.a.O.

Dem Kläger ist es nicht gelungen, die grundsätzlich bestehenden Zweifel, dass durch eine gewerbliche Zweitbetätigung die Berufspflichten als Steuerberater gefährdet werden, in seinem Fall auszuräumen. Ihn trifft insoweit die Darlegungs- und Beweislast.

Die Kammer hat bei ihrer Entscheidungsfindung als Kriterien für die Beantwortung der Frage, ob im konkreten Fall keine Gefahr für die Einhaltung der Berufspflichten als Steuerberater besteht, die Frage einer gemeinsamen Klientel bei gewerblicher und steuerberatender Tätigkeit und möglicherweise drohender Interessenkollisionen mit den steuerberaterlichen Berufspflichten, das Bestehen einer sachlichen Nähe der beiden Tätigkeiten zueinander, ein eventuelles finanzielles Interesse des Klägers, die Einbindung in das operative Geschäft der W. -C. , den zeitlichen Aufwand und die Dauer der beabsichtigten Tätigkeit in den Blick genommen,

vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. August 2013 - 1 BvR 2912/11 -, a.a.O.; BVerwG, Urteil vom 26. September 2012 - 8 C 6.12 -, a.a.O.

Unter Berücksichtigung dieser Kriterien gelangt die Kammer zu der Einschätzung, dass der Kläger durch die Übernahme der Position eines Vorstands der W. C. eG am operativen Geschäft der Bamk maßgeblich und führend teilnimmt. Mit dem Vorstandsamt wurden weitgehende Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnisse sowie gleichzeitig Verantwortungen und Verpflichtungen auf den Kläger übertragen, §§ 14 ff. der Satzung der W. C. eG, §§ 2 ff. der Geschäftsordnung Vorstand der W. C. eG (GOV). Der Vorstand leitet die Genossenschaft in eigener Verantwortung und führt die Geschäfte, § 14 der Satzung; die Vorstandsmitglieder tragen in ihrer Gesamtheit die Verantwortung für die Leitung der Bank, § 4 GOV. Zweck der Genossenschaft ist die wirtschaftliche Förderung und Betreuung der Mitglieder, Gegenstand des Unternehmens die Durchführung von banküblichen und ergänzenden Geschäften, § 2 der Satzung. Zu den Aufgaben des Vorstands gehört etwa auch das Kreditgeschäft (§ 10 GOV). Nach dem vorgelegten "Geschäftsverteilungsplan Vorstand der W. C. eG" besteht in den dort unter Ziff. 2.1 aufgeführten einzelnen Aufgaben der strategischen Unternehmensführung in 11 Bereichen eine gemeinsame Zuständigkeit der beiden Vorstände und in 5 Bereichen eine Federführung, Initiative, Entscheidungsvorbereitung bei dem Kläger. Im Übrigen vertreten sich die geschäftsführenden Vorstandsmitglieder bei der Wahrnehmung ihrer Vorstandsaufgaben grundsätzlich gegenseitig, Ziff. 3 des Geschäftsverteilungsplans. Hieran hat sich nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung durch die Fusion mit der S. S1. -C2. und die Aufstockung auf vier Vorstandsmitglieder nichts Wesentliches geändert. Mithin beschränkt sich die Tätigkeit und Verantwortlichkeit des Klägers nicht allein auf die ihm speziell durch die Geschäftsverteilung zugewiesenen Bereiche, sondern erstreckt sich - in Zusammenwirkung und/oder Vertretung mit den anderen Vorstandsmitgliedern - auf die Leitung der Bank bzw. Verantwortlichkeit für sie insgesamt.

Die Tätigkeit des Klägers als Vorstand der W. C. eG ist ersichtlich auf Dauer angelegt. Dies ergibt sich daraus, dass der Anstellungsvertrag vom 5. Oktober 2011 zwar zunächst bis zum 31. August 2016 befristet war, sich jedoch danach immer um jeweils fünf Jahre verlängert, wenn er nicht zwölf Monate zuvor schriftlich gekündigt wurde, § 13 Abs. 1 des Vertrages. Der Vertrag enthält im Gegensatz zu dem vorherigen Arbeitsvertrag über die Tätigkeit als Prokurist, der in § 2 eine regelmäßige Wochenarbeitszeit von 39 Stunden vorsah, keine Regelung zur Arbeitszeit. Durch die Regelung in § 3 Abs. 1 des Dienstvertrages, wonach das Vorstandsmitglied seine gesamte Arbeitskraft in die Dienste der Bank stellt, wird jedoch deutlich, dass die Tätigkeit die volle Arbeitszeit des Klägers in Anspruch nimmt.

Die finanzielle Interessenlage des Klägers stellt sich dergestalt dar, dass er aus seiner Tätigkeit als Bankvorstand ein beachtliches Einkommen bezieht, das aus einem festen Monatsgehalt und jährlichen Tantiemenzahlungen in wechselnder Höhe besteht. Das monatliche (Fest-)Gehalt betrug nach der Vereinbarung vom 5. Oktober 2011 12.662,10 €. Nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung erfolgte aus Anlass der Fusion mit der S. S1. -C2. eG der Abschluss eines neuen Dienstvertrages und ist das Bruttogehalt gegenüber den Vorjahren um 40.000,00 €/Jahr angestiegen. Für 2017 werde es sich auf rund 240.000,00 € belaufen. Nachdem im Zusammenhang mit der Fusion für das Jahr 2016 keine Tantiemen gezahlt würden, würden sich diese ab 2017 wieder in dem vormals üblichen Rahmen bewegen. Damit stellen die Tantiemen gemessen am Schnitt der Jahre 2012 bis 2015 (insgesamt 347,186,36 € : 4 Jahre = 86.796,59 €/Jahr) einen beachtlichen Anteil des gesamten Jahreseinkommens dar. Da die Frage, ob und in welcher Höhe Tantiemen gezahlt werden sich - wie in der Regel - aber am wirtschaftlichen Ergebnis des gesamten Unternehmens orientiert und mit ihm verknüpft ist, ist das Interesse des Klägers - so wie auch der sonstigen Bezieher von erfolgsorientierten Tantiemen - an einer erfolgreichen Geschäftstätigkeit der W. C. eG und die Bedeutung einer Wahrung der Interessen der Bank nochmals gesteigert.

Demgegenüber will der Kläger nur in ganz geringem Umfang als niedergelassener Steuerberater tätig sein und kann hieraus dementsprechend auch nur relativ geringe Einnahmen erzielen, die sich nach der zwischenzeitlich und nach Beanstandung durch den Beklagten aufgehobenen Regelung in § 3 Abs. 2 des Dienstvertrages auf jährlich unter 13.000,00 € belaufen sollten. Auch nachdem nach der Neufassung des § 3 Nr. 2 des Dienstvertrages nunmehr lediglich noch ein Recht der Genossenschaft auf Unterrichtung über die Gesamthöhe der erzielten Honorare des jeweils vorangegangenen Kalenderjahres gegenüber dem Kläger besteht, so ist ihre Relevanz für die Erteilung der Nebentätigkeitserlaubnis aus der Eingliederung der Regelung in den mit "Nebentätigkeiten" überschriebenen § 3 des Dienstvertrages ersichtlich.

Gegen das Vorliegen einer Gefahr für die Einhaltung der Berufspflichten als Steuerberater durch die Übernahme des Vorstandsamtes kann der Kläger sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er bereits 2011 mit Zustimmung der Beklagten eine Tätigkeit als Syndikus-Steuerberater bei der W. -C. aufgenommen hat. Eine solche Tätigkeit findet gegenüber der angestrebten gewerblichen Tätigkeit eine andere gesetzliche Bewertung. Mit der durch das 8. Gesetz zur Änderung des Steuerberatergesetzes vom 8. April 2008 (BGBl. I, Nr. 14/08 Seite 666) eingeführten Ausnahmevorschrift des § 58 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5a StBerG hat der Gesetzgeber die Angestelltentätigkeit des Syndikus-Steuerberaters ohne weitere Vorgaben als mit dem Beruf des Steuerberaters vereinbar angesehen,

vgl. Bundesfinanzhof (BFH), Urteil vom 9. August 2011 - VII R 2/11 -, [...]; Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (OVG Rhld.-Pf.), Beschluss vom 12. März 2014 - 6 A 11196/13 -, [...].

Der Vortrag des Klägers, er übe als Vorstand weitgehend gleiche Funktionen aus wie bereits im Rahmen seiner Syndikustätigkeit, ist nicht geeignet, die Gefahr einer Gefährdung von Berufspflichten auszuschließen. Das Vorbringen ist bereits nicht plausibel. Ausweislich des vorgelegten Arbeitsvertrages über die Tätigkeit als Syndikus-Steuerberater oblag dem Kläger die Gesamtleitung der Produktions- und Steuerungsbank mit den Abteilungen Qualitätssicherung Aktiv, Marktfolge Passiv, Rechnungswesen und Gesamtbanksteuerung. Gleichzeitig konnte der Arbeitgeber danach den Kläger auch mit anderen im Interesse des Arbeitsgebers liegenden gleichwertigen Tätigkeiten betrauen bzw. ihm die Leitung anderer Abteilungen übertragen, § 1 des Arbeitsvertrages. Hinsichtlich der Veräußerung und Belastung von Grundstücken war der Kläger gemeinsam mit einem Vorstandsmitglied zur Vertretung berechtigt. Die Arbeitszeit betrug 39 Stunden/Woche, das Monatsgehalt 12.662,10 €.

Mit der Übernahme des Vorstandsamtes wurden dem Kläger weitergehende Rechte und Vertretungsbefugnisse eingeräumt und gleichzeitig weitergehende Verantwortlichkeiten und Verpflichtungen auferlegt. So führte nach seinem eigenen Vorbringen und der Geschäftsordnung des Vorstandes der W. C. eG der Wechsel in das Vorstandsamt erst zur Einnahme der Geschäftsführerposition. In Anbetracht der (allein) mit dem Vorstandsamt verbundenen weitgehenden Befugnisse und Verantwortung, die auch Niederschlag in dem entsprechenden Dienstvertrag des Klägers mit der W. C. vom 5. Oktober 2011 in der Fassung der Änderungsvereinbarung vom 9. Januar 2014 gefunden haben und sich insbesondere aus der "Geschäftsordnung Vorstand", dort vor allem den Regelungen in §§ 1 bis 4 über Geschäftsleitung, Geschäftsführung, Vertretung, Gesamtverantwortung, Geschäftsverteilung und Zusammenarbeit des Vorstandes ergeben, ist ersichtlich, dass die Rechte und Pflichten eines Vorstands erst mit der Übernahme der Funktion als Vorstand auf ihn übergegangen sind. Nach alledem vermag der Vortrag des Klägers, dass er in beiden Positionen weitgehend gleiche Funktionen ausgeübt habe bzw. ausübe (und damit sinngemäß in der Vergangenheit gleiche Befugnisse innegehabt und Verantwortung getragen haben soll), nicht zu überzeugen.

Die Gefahr, dass bei der gewerblichen und steuerberatenden Tätigkeit eine gemeinsame Klientel bestehen bzw. Interessenkollisionen mit den steuerberaterlichen Berufspflichten entstehen können, ist weder durch die räumliche Entfernung vom Sitz der W. C. eG in E. bzw. in N. /S1. nach der Fusion mit der S. S1. -C2. eG zum Wohnsitz des Klägers in B. , noch aufgrund getroffener Regelungen ausgeräumt. Eine räumliche Entfernung der beiden Orte von rund 73 km (E. ) bzw. rund 80 km (N. ), die in einer Fahrzeit von jeweils rund einer Stunde zu überwinden ist, stellen angesichts der heutigen Mobilität, der günstigen Erreichbarkeit über Autobahnen und der Möglichkeiten elektronischer Kommunikation keinen Gesichtspunkt dar, der geeignet wäre, die Bedenken einer Interessenkollision auszuschließen. Das Interesse der Bank ist jedenfalls darauf gerichtet, einen möglichst großen Wirkungsbereich zu erlangen. Dies ergibt sich etwa aus Ziff. 4 des Statuts der Sicherungseinrichtung des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken, wonach das normale genossenschaftliche Bankgeschäft von Primärinstituten wegen der Konzentration auf den angestammten Sitz in keiner Weise eingeengt werden und Geschäftsbeziehungen über diesen Bereich hinaus möglich sein sollen. Andererseits besteht auch der Mandantenstamm des Klägers ausweislich des vorgelegten Mandantenspiegels u.a. aus Kunden, die nicht nur in unmittelbarer Nähe seines Wohnortes ansässig sind, sondern etwa in Bad O. , C1. und F1. . Darüber hinaus dürfte dem Umstand einer räumlichen Nähe von Wohnort des Kunden und Sitz der Bank angesichts der allgemein zu beobachtenden Entwicklung einer Zunahme von Fusionen örtlicher Bankinstitute zu größeren überörtlichen Banken in Zukunft für die Anbahnung von Geschäftsbeziehungen wohl allgemein nicht mehr das Gewicht zukommen wie in der Vergangenheit.

Die arbeitsvertraglichen Regelungen in dem zwischen der W. C. eG E. und dem Kläger getroffenen Dienstvertrag sind nach Auffassung der Kammer nicht geeignet, die Gefahr für die Einhaltung der Berufspflichten als Steuerberater auszuräumen. Denn die dem Kläger erteilte Genehmigung einer Nebentätigkeit als selbständiger Steuerberater ist ersichtlich in Abhängigkeit von der Höhe der hieraus erzielten Einnahmen und damit dem Umfang der Tätigkeit erteilt. Die in der ursprünglichen Fassung des § 3 Abs. 2 des Arbeitsvertrages enthaltene Bedingung für die Erteilung der Nebentätigkeitsgenehmigung, wonach der Kläger seine Geschäftstätigkeit außerhalb des Geschäftsgebietes der Genossenschaft und nicht mit Kunden der Genossenschaft ausübt und "dass diese Nebentätigkeit im Sinne des Berufsrechts der Steuerberater zulässig ist", ist aufgrund der Aufhebung der Nr. 2 des § 3 des Dienstvertrages mit dem Änderungsvertrag vom 5. Oktober 2014 entfallen. Es ist jedoch auch zweifelhaft, ob die aufgehobene Regelung geeignet gewesen wäre, Interessenkonflikte mit seinen Berufspflichten als Steuerberater zu vermeiden. Denn auch im Rahmen der steuerlichen und wirtschaftlichen Beratung von Mandanten, die bislang nicht Kunde der W. -C. sind, können Bezüge zu Kreditfinanzierungsfragen auftreten und hierdurch die Gefahr begründet werden, dass die Beratungsaufgaben einschließlich eventuell auftretender Finanzierungsfragen nicht mehr unbeeinflusst von der Vorstandstätigkeit für die Bank ausgeübt werden. In diesen Fällen kann die Gefahr bestehen, dass der Kläger sich von den gewerblichen Interessen der Bank leiten oder beeinflussen lässt,

vgl. OVG Rhld-Pf., Beschluss vom 12. März 2014 - 6 A 11196/13 -, a.a.O.

Darüber hinaus kann eine Interessenkollision auch in Fällen auftreten, in denen Bankkunde und Mandant des Steuerberaters nicht identisch sind, aber zwischen dem Bankkunden und einem Mandanten etwa aus einer geschäftlichen Beziehung gegenläufige wirtschaftliche Interessen bestehen, an deren Wahrung und/oder Durchsetzung dann auch die Bank auf der einen Seite und der Steuerberater auf der anderen Seite interessiert sind bzw. mitwirken.

Bereits aus diesem Grunde kommt es nicht darauf an, ob der Kläger mit seinen Hinweisen in der Mandanteninformation die vorstehend aufgezeichnete Gefahr einer nicht mehr unbeeinflussten Wahrnehmung von Beratungsaufgaben wirksam ausgeschlossen bzw. entkräftet hat. In der Mandanteninformation weist der Kläger zwar auf seine hauptberufliche Tätigkeit bei der W. -C. e.V. E. hin und erklärt, eine Annahme bzw. Aufrechterhaltung eines Mandats nur durchführen zu können, wenn sichergestellt sei, dass weder der Kunde noch seine nahen Angehörigen geschäftliche Verbindungen zur W. -C. eG haben. Auch weist er darauf hin, eine wirtschaftliche Beratung im Zusammenhang mit Krediten oder der Anlage von Vermögen nicht durchzuführen und Beratungsleistungen zu Krediten und Vermögensanlagen auf die rein steuerlichen Aspekte zu beschränken.

Eine solche Verfahrensweise ist jedoch mit den einem Steuerberater nach § 33 StBerG obliegenden Verpflichtungen nicht vereinbar. Zum Inhalt der Tätigkeit eines Steuerberaters gehört danach neben der Beratung und Vertretung in Steuersachen auch die Aufgabe, seinen Auftraggebern bei der Erfüllung ihrer steuerlichen Pflichten Hilfe zu leisten. Neben der Pflicht zur erschöpfenden und umfassenden Beratung in Steuersachen gehört zu den Aufgaben der Steuerberater die darüber hinausgehende betriebswirtschaftliche Beratung und die Vermögensberatung, da die steuerliche Beratung ohne die Berücksichtigung von betriebswirtschaftlichen Lösungen oft nicht möglich ist und Steuerberater in der Regel nicht nur in einem Einzelfall tätig werden. Die betriebswirtschaftliche Beratung stellt ein bedeutendes Aufgabengebiet innerhalb der Steuerberatung dar und kann Fragen der Finanzierung und Finanzplanung umfassen. Sie erstreckt sich auch auf alle Arten von Wirtschaftlichkeitsrechnungen unter Berücksichtigung der steuerlichen Vorschriften, etwa bei Investitionsplanungen, Finanzierungsalternativen und Vermögensanlageplanungen oder bei der Überprüfung betrieblicher Altersversorgungsmodelle,

vgl. Koslowski, a.a.O. Einleitung Rn 19 und § 33 Rn 11 ff. StBerG.

Schließt der Kläger danach aus, einen Teilausschnitt der zu den Aufgaben eines Steuerberaters gehörenden und ihm nach § 33 StBerG obliegenden umfassenden Beratungstätigkeit wahrzunehmen, so macht er hierdurch deutlich, dass er mit Rücksicht auf seine Vorstandstätigkeit nicht allen ihm aufgrund der Steuerberatertätigkeit obliegenden Beratungsverpflichtungen gerecht werden kann,

vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 12. März 2014 - 6 A 11196/13 -, a.a.O.

Demgegenüber entspricht es dem Willen des Gesetzgebers, bereits das Entstehen einer Konfliktsituation zwischen der Pflicht zur Wahrung der Unabhängigkeit der steuerberatenden Tätigkeit und dem gewinnorientierten Interesse am wirtschaftlichen Erfolg des gewerblichen Unternehmens W. -C. von vorneherein zu vermeiden und es nicht darauf ankommen zu lassen, ob sich bei Bestehen einer Interessenkollision diese im Einzelfall tatsächlich zum Nachteil eines Mandanten auswirkt,

vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 21. Januar 2015 - 7 BV 14.1923 -, [...].

Die Kammer vermag sich auch nicht der Auffassung des Klägers anzuschließen, wonach durch Erteilung von Auflagen zur begehrten Ausnahmegenehmigung das Eintreten von Interessenkollisionen zwischen gewerblicher und steuerberaterlicher Tätigkeit ausgeräumt werden kann. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass die umfängliche und vollständige Wahrnehmung der Aufgaben des Steuerberaters nach § 33 StBerG bei einer Einschränkung der hierzu gehörenden Wirtschaftsberatung einschließlich hiervon umfasster Fragen der Finanzierung und Finanzplanung nicht mehr gewährleistet wäre. Umgekehrt kann bei Wahrnehmung der steuerberaterlichen Tätigkeit in dem von § 33 StBerG vorgesehenen Umfang bei gleichzeitiger Tätigkeit als Vorstand einer Genossenschaftsbank im konkreten Fall die Verletzung von Berufspflichten nicht ausgeschlossen werden.

Der Kläger kann im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung für eine gewerbliche Tätigkeit nach § 57 Abs. 4 StBerG, § 16 Abs. 1 BO keine Gleichstellung mit Rechtsanwälten bzw. Behandlung entsprechend den für diese geltenden Vorschriften zu mit dem Beruf eines Rechtsanwalts nicht vereinbarenden Tätigkeiten (§ 7 Nr. 8, § 14 Abs. 2 Nr. 8 Bundesrechtsanwaltsordnung) verlangen. Anders als der Beruf des Steuerberaters ist der Anwaltsberuf nicht von vorneherein mit kaufmännisch-erwerbswirtschaftlich ausgerichteten Tätigkeiten unvereinbar. Es handelt sich um unterschiedliche Berufsbilder, die eine Differenzierung bezüglich der schützenswerten Interessen der jeweiligen Mandanten, denen die Berufspflichten vornehmlich dienen, sachlich rechtfertigen. Ein wesentlicher Unterschied besteht darin, dass ein Steuerberater anders als ein Rechtsanwalt im Rahmen seiner typischen Tätigkeit seine Mandanten in der Regel konstant über längere Zeiträume hinweg betreut und umfassende Kenntnisse in deren finanzielle und persönliche Verhältnisse erhält,

vgl. BVerwG, Urteil vom 26. September 2012 - 8 C 26.11 -, a.a.O.; BFH, Urteil vom 9. August 2011 - VII R 2/11 -, a.a.O. (so auch Gesetzesmaterialien BT-Drucksache S. 32 zu § 58 zu Nummer 5a)

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 S. 2 der Zivilprozessordnung.

Die Kammer hat von einer Zulassung der Berufung abgesehen, da die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO nicht vorliegen, § 124a Abs. 1 VwGO.

Vorschriften§ 57 Abs 4 StBerG

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