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20.03.2017 · IWW-Abrufnummer 192647

Landesarbeitsgericht Nürnberg: Urteil vom 09.12.2014 – 6 Sa 391/13

1. Die Sonderregelungen für Lehrkräfte gelten nur für solche Lehrkräfte, die an allgemeinbildenden Schulen oder berufsbildenden Schulen eingesetzt werden. Förderschulen für Kinder und Jugendliche mit Einschränkungen und Schulvorbereitende Einrichtungen sind keine allgemeinbildenden Schulen im Sinne dieser Bestimmungen.

2. Auch wenn der Unterricht mit Stundenplänen und in Unterrichtsstunden abgehalten wird, handelt es sich bei heilpädagogischen Förderlehrern in Schulvorbereitenden Einrichtungen, in denen Kleingruppen von Kindern zur Schulfähigkeit hingeführt werden sollen, nicht um "Lehrkräfte" im Sinne der Protokollnotiz zu § 1 Nr. 1 Anlage D TVöD-V, bei denen die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten "im Rahmen eines Schulbetriebes der Tätigkeit das Gepräge gibt".


Tenor:

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Bamberg vom 29.01.2013, Az. 5 Ca 263/12, wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

II. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.



Tatbestand



Die Parteien streiten über die Verpflichtung zur Leistung von Dienst in den gesetzlichen Schulferien sowie um tarifliche Entlohnung.



Die Klägerin, ausgebildete Erzieherin, ist seit 1994 zuletzt als heilpädagogische Förderlehrerin beim Beklagten beschäftigt. Das Anstellungsverhältnis richtet sich gemäß dem Anstellungsvertrag vom 01.09.1994 nach dem BAT und den diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträge (Anlage zum Schriftsatz des Beklagten vom 04.06.2012, Bl. 30 ff. d.A.). Die Klägerin ist Mitglied der Gewerkschaft Ver.di, der Beklagte Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband. Der Beklagte arbeitet für und mit geistig behinderten Kindern und betreibt für diese eine Schule mit Schulvorbereitender Einrichtung (SVE). In dieser sind beim Freistaat Bayern im Beamtenverhältnis stehende und von diesem besoldete Sonderschullehrer mit der Unterrichtserteilung beschäftigt. Daneben sind beim Beklagten angestellte Pflegekräfte, Schulassistenzen und Heilpädagogische Förderlehre tätig. Finanziert wird der Verein durch die Regierung von Oberfranken.



Die Klägerin, die ansonsten mit einem Teilzeitanteil von 20/29 Unterrichtstunden einer Vollzeitkraft beschäftigt ist, hat wie andere Förderkräfte mit dem Beklagten vereinbart, dass sie während der allgemeinen Schulferien nicht zur Leistung von Tätigkeiten verpflichtet ist, dass hierfür ein Abschlag vom Entgelt in Höhe von 13% gemacht wird. Entsprechend wird sie seither vergütet.



In ihrer am 14.03.2012 beim Arbeitsgericht Bamberg eingereichten Klage vertritt die Klägerin die Auffassung, die Vereinbarung über die Reduzierung des Entgelts als Ausgleich dafür, dass sie in den Schulferien keine Tätigkeiten verrichten müsse, sei unwirksam. Sie verstoße zu ihren Lasten gegen die tarifvertraglichen Bestimmungen. Sie, die Klägerin, arbeite wie eine Lehrkraft und sei daher gemäß § 1 Abs. 1 Protokollerklärung g) TVöD-V Abschnitt B 4.1 bzw. § 51 TVöD nach Anlage D, insbesondere D 7 Nr. 2 und Nr. 3 TVöD wie eine Lehrkraft zu behandeln; danach kämen die Regelungen in §§ 6 bis 10 TVöD nicht zur Anwendung, sondern vielmehr die Regelungen für verbeamtete Lehrer. Diese könnten während der Schulferien nicht für Arbeitsleistungen in Anspruch genommen werden. Der Beklagte verlange hingegen Dienste während der Schulferien in der von ihm betriebenen Tagesstätte, soweit nicht eine anderweitige Vereinbarung geschlossen werde, die aber mit 13% Abschlag vom Entgelt erkauft werden müsse. Verbeamtete Lehrkräfte hingegen würden zu solchen Tätigkeiten nicht herangezogen, allenfalls in Ausnahmefällen zu Konferenzen und schulischen Besprechungen.



Anlage D zu TVöD-V hat, soweit vorliegend von Interesse, folgenden Wortlaut:



Nr. 1 zu § 1 Abs. 1 - Geltungsbereich -



Diese Sonderregelungen gelten für Beschäftigte als Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen und berufsbildenden Schulen (Berufs-, Berufsfach- und Fachschulen). Sie gelten nicht für Lehrkräfte an Schulen und Einrichtungen der Verwaltung, die der Ausbildung oder Fortbildung von Angehörigen des öffentlichen Dienstes dienen, sowie an Krankenpflegeschulen und ähnlichen der Ausbildung dienenden Einrichtungen.



Protokollerklärung:



Lehrkräfte im Sinne dieser Sonderreglungen sind Personen, bei denen die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Rahmen eines Schulbetriebs der Tätigkeit das Gepräge gibt.



Nr. 2



Die §§ 6 bis 10 finden keine Anwendung. Es gelten die Bestimmungen für die entsprechenden Beamten. Sind entsprechende Beamte nicht vorhanden, so ist die Arbeitszeit im Arbeitsvertrag zu regeln.



Nr. 3



(1) Der Urlaub ist in den Schulferien zu nehmen. ...



(2) Für eine Inanspruchnahme der Lehrkraft während der den Urlaub in den Schulferien übersteigenden Zeit gelten die Bestimmungen für die entsprechenden Beamten. Sind entsprechende Beamte nicht vorhanden, regeln dies die Betriebsparteien.



In §§ 9 ff. der Dienstordnung für Lehrer in Bayern ist geregelt, zu welchen Tätigkeiten diese während der Schulferien herangezogen werden dürfen (Einzelheiten vgl. Klageschrift, Bl. 3 f. d.A.).



Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt:



1. Es wird festgestellt, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, in den gesetzlichen Schulferien Dienst außerhalb der Schule als heilpädagogische Unterrichtshilfe zu leisten.



2. Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin gemäß EG 9 Stufe 5 des TVöD VKA zu 29/29 eines Vollzeitdeputats zu entlohnen seit dem August 2011.



Der Beklagte hat beantragt:



Die Klage wird abgewiesen.



Der Beklagte hat eingewandt, die Klägerin sei als heilpädagogische Förderlehrerin nicht mit Lehrkräften gleichzubehandeln. Das BayEUG unterscheide zwischen Fachlehrern im Sinne des Art. 59 und heilpädagogischen Förderlehrern im Sinne des Art. 60. Nur erstere seien als Lehrkräfte im Sinne der tariflichen Bestimmungen anzusehen. Eine Gleichstellung der in Art. 60 aufgeführten Personen mit Lehrkräften sei gerade nicht erfolgt und auch nicht beabsichtigt gewesen. Nach den Regelungen des TVöD ständen der Klägerin nur 30 Urlaubstage zu. Da es ihr Wunsch gewesen sei, während der gesamten Schulferien dienstfrei zu haben, sei die entsprechende Kürzung der Arbeitszeit um 13% in zulässiger Weise vereinbart worden. Die Klägerin sei mit Lehrkräften nicht gleichzustellen. Sie sei keine Lehrkraft im Rechtssinne, sei nach Art. 60 BayEUG als unterstützendes Lehrpersonal eingesetzt. Lehrkräfte trügen unmittelbare pädagogische Verantwortung für den Unterricht und die Erziehung der Schüler. Sie seien weisungsbefugt, erstellten anders als die Klägerin Zeugnisse und fachpädagogische Gutachten. Für die Klägerin gelte auch die Lehrerdienstordnung nicht.



Art. 59 und 60 BayEUG haben, soweit vorliegend von Interesse, folgenden Wortlaut:



Art. 59:



(1) Die Lehrkräfte tragen die unmittelbare pädagogische Verantwortung für den Unterricht und die Erziehung der Schülerinnen und Schüler. Gegenüber dem ihnen zugeordneten sonstigen pädagogischen Personal sind sie weisungsberechtigt. Art. 111 bis 117 und die dienstrechtlichen Vorschriften bleiben unberührt.



(2) Die Lehrkräfte haben den in Art. 1 und 2 niedergelegten Bildungs- und Erziehungsauftrag sowie die Lehrpläne und Richtlinien für den Unterricht und die Erziehung zu beachten. ...



Art. 60:



(1) Die Förderlehrerin bzw. der Förderlehrer unterstützt den Unterricht und trägt durch die Arbeit mit Schülergruppen zur Sicherung des Unterrichtserfolges bei. Art. 59 Abs. 2 gilt entsprechend. Sie bzw. er nimmt besondere aufgaben der Betreuung von Schülerinnen und Schülern selbständig und eigenverantwortlich wahr und wirkt bei sonstigen Schulveranstaltungen und Verwaltungstätigkeiten mit.



(2) Heilpädagogische Förderlehrerinnen bzw. Förderlehrer, Werkmeisterinnen bzw. Werkmeister und sonstiges Personal für heilpädagogische Unterrichtshilfe an Förderschulen unterstützen die Erziehungs- und Unterrichtstätigkeit der Lehrkraft an Schulen mit dem Profil "Inklusion" und an Förderschulen; im Rahmen eines mit den Lehrkräften für Sonderpädagogik gemeinsam erstellten Gesamtplans wirken sie bei Erziehung, Unterrichtung und Beratung von Kindern und Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf mit. Sie nehmen diese Aufgaben selbständig und eigenverantwortlich wahr und wirken bei sonstigen Schulveranstaltungen und bei Verwaltungstätigkeiten mit. Heilpädagogische Förderlehrerinnen bzw. Förderlehrer und das sonstige Personal für heilpädagogische Unterrichtshilfe leiten die Gruppen der Schulvorbereitenden Einrichtungen im Einvernehmen mit der Lehrkraft für Sonderpädagogik und erfüllen in Absprache mit der Lehrkraft für Sonderpädagogik Aufgaben der sonderpädagogischen Förderung und Beratung im Rahmen der Mobilen Sonderpädagogischen Dienste und Hilfen.



Die Klägerin hat erklärt, es gehe ihr nicht um die Frage der Urlaubstage, sondern um die Feststellung, ob sie mit anderweitigen Tätigkeiten außerhalb der Unterrichtstätigkeit in den Schulferien außerhalb der Schule betraut werden dürfe. Die Dienstordnung für Lehrer in Bayern gelte nach ihrem Wortlaut auch für heilpädagogische Förderlehrer. Dies habe mit dem BayEUG nichts zu tun. In Ihrer Stellenbeschreibung vom 15.01.2008 sei sie als "Lehrpersonal" bezeichnet (Anlage zum Schriftsatz vom 27.06.2012, Bl. 41 ff. d.A.). Sie halte Unterrichtsstunden à 45 Minuten. Sie bereite sich auf diese Stunden vor, plane die Übermittlung des Stoffes. Sie vermittle Kenntnisse nach dem Lehrplan des Bayerischen Kultusministeriums für den Förderschwerpunkt geistige Entwicklung. Sie erstelle Wochenpläne und inhaltliche Förderpläne sowie Entwicklungsberichte in den Bereich Motorik, Wahrnehmung, Lernverhalten und Sozialverhalten. Die Ergebnisse würden für Elterngespräche, Elternabende und Sprechstunden aufbereitet. Sie nehme verpflichtend an den Lehrerkonferenzen teil. Sie erhalte einen Stundenplan über die Tätigkeit an der Schule. Sie sei daher als Lehrkraft im tariflichen Sinne anzusehen.



Das Arbeitsgericht Bamberg hat mit Endurteil vom 29.01.2013 wie folgt entschieden:



1. Die Klage wird abgewiesen.



2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.



3. Der Streitwert wird auf EUR 6.926,60 festgesetzt.



Das Arbeitsgericht hat seine Entscheidung damit begründet, die Klägerin sei nicht als Lehrkraft im Sinne des TVöD anzusehen. Voraussetzung hierfür sei, dass die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Rahmen eines Schulbetriebes der Tätigkeit das Gepräge geben müsste. Dies sei bei der Klägerin als heilpädagogische Förderlehrerin nicht der Fall. Sie sei nicht an einer allgemeinbildenden Schule oder einer berufsbildenden Schule tätig. Ihrer Tätigkeit gebe nicht die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Rahmen eines Schulbetriebes das Gepräge. Aus diesem Grund habe sie keinen Anspruch auf die Sonderregelungen für Lehrkräfte und die dort festgelegten Bestimmungen über den Urlaub. Der Beklagte sei grundsätzlich berechtigt, die Klägerin während der unterrichtsfreien Zeit einzusetzen. Soweit die Klägerin entsprechende, den tariflichen Urlaubsanspruch von 30 Tagen übersteigende Freistellung während der Ferien in Anspruch nehme, sei dies einem unbezahlten Sonderurlaub vergleichbar. Der Verzicht auf Vergütung als Ausgleich für die in den Schulferien gewährte Freizeit sei zulässig und wirksam.



Das Endurteil des Arbeitsgerichts ist den gewerkschaftlichen Prozessvertretern der Klägerin ausweislich deren Empfangsbekenntnisses am 24.07.2013 zugestellt worden. Diese haben namens und im Auftrag der Klägerin mit Schriftsatz vom 26.07.2013, beim Landesarbeitsgericht eingegangen am selben Tag, Berufung gegen die Entscheidung eingelegt. Sie haben die Berufung - nach Verlängerung der Begründungsfrist aufgrund bereits mit der Berufungseinlegung verbundenen Antrags bis 30.09.2013 - mit am 27.09.2013 eingegangenem Schriftsatz selben Datums begründet.



Die Klägerin hat vorgetragen, das Arbeitsgericht habe nicht ausreichend berücksichtigt, dass sie wie eine Lehrkraft arbeite und daher nach § 51 TVöD zu behandeln sei. Dort sei geregelt, dass der Arbeitnehmer, der als Lehrkraft tätig sei, wie die entsprechenden Beamten zu behandeln sei. Insbesondere §§ 6 bis 10 des TVöD sollten nicht gelten, sondern vielmehr die entsprechenden Regelungen für die Beamten. Gleiches gelte für den Urlaub und die Inanspruchnahme in den Schulferien. Der Beklagte dürfe sie, die Klägerin, nicht zu anderen Arbeiten als denen einer Lehrkraft heranziehen, auch nicht zu einem Einsatz als Erzieherin oder Betreuerin in der Tagesstätte. Das Arbeitsgericht sei fälschlich davon ausgegangen, dass sie bloße Unterstützungsleistungen erbringe. In Wirklichkeit übe sie ausschließlich Lehrtätigkeiten aus. Solches habe das LAG Nürnberg für den dortigen Kläger auch im Verfahren 8 Sa 385/05 zur Vorgängervorschrift des SR 2 I BAT festgestellt, weil der dortige Kläger mit Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Rahmen des Schulbetriebs beschäftigt gewesen sei. § 51 TVöD verstehe den Begriff der Lehrkraft im umfassenden Sinn, gelte nicht ausschließlich für Lehrkräfte im Sinne des Art. 59 BayEUG. Es komme nicht ausschließlich auf die selbständige Erteilung von Unterricht an. Auch die Ausbildung sei, wie das BAG im Verfahren 4 AZR 42/82 festgestellt habe, unerheblich. Sie arbeite als Lehrerin in einem Schulbetrieb. Für sie gelte die Lehrerdienstordnung gemäß Art. 60 Abs. 2 i.V.m. Art. 59 Abs. 2 BayEUG. Sie sei auch innerhalb eines Schulbetriebs tätig. Gültig für die Vermittlung sei der Lehrplan für den Förderschwerpunkt "geistige Entwicklung", genehmigt durch das BayStMin für Unterricht und Kultus. Der Lehrplan gelte für die schulvorbereitende Einrichtung bis zum 9. Schuljahr der Kinder. Der Unterricht werde in Unterrichtseinheiten aufgebaut. Es gebe einen Stundenplan, die die Schulleitung fertige. In diesem Stundenplan werde zwischen Grundunterricht und individuellem Unterricht unterschieden. Der individuelle Unterricht werde gemeinsam mit der staatlichen Lehrkraft, einem Sonderschullehrer oder einer Sonderschullehrerin, gehalten. Alle übrigen Stunden verantworte und halte sie, die Klägerin, selbst. Der Unterricht werde durch entsprechende Unterrichtsvorbereitung aufbereitet und dokumentiert. Dabei gelte, dass im individuellen Förderunterricht die größere Gruppe geteilt werde, so dass individueller auf die einzelnen Schülerinnen und Schüler eingegangen werden könne. Auch hier handle es sich um Unterricht, nur eben in der kleineren Gruppe. Sie, die Klägerin, erhalte am Schuljahresanfang einen Stundenplan für die ihr zugeteilte Gruppe in der schulvorbereitenden Einrichtung und einen Lehrereinsatzplan, welcher alle Stunden, die sie an der Schule zu halten habe, enthalte. Auch in der Schulvorbereitenden Einrichtung (SVE) beginne der Unterricht um 8.00 Uhr. Nach zwei Unterrichtsstunden gebe es eine Pause, danach fänden nochmals zwei Unterrichtsstunden statt. Anschließend übernehme die Erzieherin die Gruppe wie eine Kindergartengruppe und betreue die Kinder bis zur Abholzeit. Der Unterricht finde in den allgemein geltenden Schulferienzeiten nicht statt. Sie halte Unterricht, der natürlich nicht als Frontalunterricht gegeben werde, sondern in verschiedenen Formen wie Freiarbeit, projektorientierter Unterricht, Wochenplanarbeit, Stationenlernen, Lernwerkstatt, Experimentunterricht oder Erkundung bestehe. Insoweit bestehe kein Unterschied zum Unterricht der verbeamteten Sonderschullehrer. Sie, die Klägerin, sei in jeder Jahrgangsstufe einsetzbar. Am Vorliegen eines Schulbetriebes sei daher nicht zu zweifeln. Auf die Unterrichtsbeschreibung werde Bezug genommen (Anlage zum Schriftsatz vom 24.02.2014, Bl. 120 ff. d.A.).



Die Klägerin und Berufungsklägerin stellt im Berufungsverfahren folgende Anträge:



1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Bamberg vom 29.01.2013, 5 Ca 290/12, wird aufgehoben.



2. Es wird festgestellt, dass der Kläger nicht verpflichtet ist, in den gesetzlichen Schulferien Dienst außerhalb der Schule als heilpädagogische Unterrichtshilfe zu leisten.



3. Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger gemäß der EG 9 Stufe 5 des TVöD VKA zu 20/29 eines Vollzeitdeputats zu entlohnen seit August 2011.



4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.049,10 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus je 304,91 € brutto seit dem 01.04.2012, 01.05.2012, 01.06.2012, 01.07.2012, 01.08.2012, 01.09.2012, 01.10.2012, 01.11.2012, 01.12.2012 und 01.01.2013 zu bezahlen.



5. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.163,98 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus je 309,14 € brutto seit dem 01.02.2013, 01.03.2013, 01.04.2013, 01.05.2013, 01.06.2013, 01.07.2013 und 01.08.2013 zu bezahlen.



6. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.194,57 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus je 313,51 € brutto seit dem 01.09.2013, 01.10.2013, 01.11.2013, 01.12.2013, 01.01.2014, 01.02.2014 und 01.03.2014 zu bezahlen.



7. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.937,52 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus je 322,92 € brutto seit dem 01.04.2014, 01.05.2014, 01.06.2014, 01.07.2014, 01.08.2014 und 01.09.2014 zu bezahlen.



Der Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt dagegen:



1. Die Berufung wird zurückgewiesen.



2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.



Der Beklagte hat zur Sache ausgeführt, das Urteil des Arbeitsgerichts sei zutreffend. Lehrer an Schulen durchliefen bis zu ihrer Abschlussprüfung eine universitäre Ausbildung. Dem Berufsbild des Heilpädagogen sei eine solche Ausbildung fremd. Lehrer hätten einen Unterrichtsauftrag, seien befugt, Zeugnisse auszustellen. Heilpädagogen seien dem jeweiligen Lehrer unterstellt und nicht befugt, Zeugnisse zu schreiben. Nach der Bekanntmachung des Kultusministeriums von 1995 unterschieden sich die Aufgaben der sonderpädagogischen Lehrkräfte und der heilpädagogischen Förderlehrer erheblich. Letztere seien nicht verantwortlich, sondern den Weisungen der Lehrkraft unterworfen. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die Ausführungen im Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 15.04.2014 (Bl. 161 ff. d.A.) Bezug genommen.



Hinsichtlich der Klageerweiterung und die Berechnung der jeweiligen Beträge wird auf die Ausführungen im Schriftsatz der Klägerinvertreter vom 22.09.2014 Bezug genommen (Bl. 164 ff. d.A.).



Der Beklagte hat sich gegen die Klageerweiterung gewandt und sie als nicht sachdienlich bezeichnet. Er hat letztlich erklärt, was die in dieser Klageerweiterung angeführten Zahlen angehe, sei die Berechnung in Ordnung, auch die behaupteten Verzugszeitpunkte würden nicht bestritten.



In der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht vom 11.11.2014 hat der Beklagte erklärt, die Schulvorbereitende Einrichtung sei vergleichbar mit einem Kindergarten. Es werde kein eigentlicher Unterricht erteilt, es gebe Förderpläne, die entsprechend dem Entwicklungsstand der Kinder ausgerichtet seien. Es handle sich um einen vorschulischen Bereich. Die Klägerin hat erklärt, die Strukturierung sei anders als im Kindergarten, es gebe einen Zeitplan nach Stundenplan. Es handle sich um Kinder zwischen zwei und acht Jahren, es würden jeweils Gruppen in einer Stärke von sieben oder acht Kindern unterrichtet. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Darstellung im Teilurteil des Arbeitsgerichts, auf die Niederschrift über die Verhandlungen vor dem Landesarbeitsgericht vom 28.01.2014 und vom 11.11.2014 sowie auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.



Entscheidungsgründe



Die form- und fristgerecht zum Landesarbeitsgericht eingereichte und auch begründete Berufung der Klägerin ist in der Sache nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil die Klägerin nicht als Lehrkraft im eigentlichen Sinn anzusehen ist. Soweit die Klägerin Feststellung beantragt hat, dass sie zur Ableistung von Stunden in den Schulferien nicht verpflichtet sei, ist die Klage unzulässig.



Im einzelnen gilt Folgendes:



1. Der Feststellungsantrag ist unzulässig. Ein Rechtsschutzbedürfnis für diesen Antrag besteht nicht. Zwischen den Parteien besteht kein Streit darüber, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, in den gesetzlichen Schulferien Dienst zu leisten. Dieses Recht ergibt sich entweder - wie die Klägerin meint - aus den tariflichen Vorschriften oder aber aus der vertraglichen Vereinbarung. Der Beklagte verlangt von der Klägerin keine Tätigkeit in den Ferienzeiten. Die Klägerin leistet solche Tätigkeiten auch nicht. Die fehlende Verpflichtung ist zwischen den Parteien unstreitig. Mit dem gestellten Antrag kann die Streitfrage - ob nämlich die Vereinbarung einer 13%-igen Vergütungskürzung tariflichen Vorschriften widerspricht, nicht geklärt werden (vgl. zuletzt BAG vom 27.08.2014, 4 AZR 518/12, NZA-RR 2015, 211). Will die Klägerin die Unwirksamkeit dieser Vereinbarung festgestellt wissen, muss sie dies mit anderen Anträgen, etwa mit einem hierauf gerichteten Feststellungsantrag oder mit den ebenfalls gestellten Anträgen auf Zahlung einer höheren Vergütung klären lassen.



Die Kammer hat auf das Fehlen des Rechtsschutzinteresses und die Unzulässigkeit des in dieser Form gestellten Klageantrags hingewiesen. Die Klägerin hat irgendwelche Erläuterungen, die die Zulässigkeit des gestellten Antrags begründen könnten, nicht gemacht.



2. Die Klage ist unbegründet, soweit die Klägerin Vergütung in Höhe von 20/29 des Vollzeitdeputats begehrt. Ein solcher Anspruch steht ihr nicht zu.



a. Die von der Klägerin in Anspruch genommenen Sonderregelungen gelten nach Anlage D nur für die Lehrkräfte an "allgemeinbildenden Schulen und berufsbildenden Schulen". Zu den allgemeinbildenden Schulen gehören in Bayern gemäß Abschnitt II a) des BayEUG die Grundschulen, die Mittelschulen, die Realschulen und die Gymnasien sowie die Schulen des Zweiten Bildungsweges (Art. 7 bis 10 BayEUG), zu den beruflichen Schulen gemäß Abschnitt II b) BayEUG die Berufsschulen, die Berufsfachschulen, die Wirtschaftsschulen, die Fachschulen, die Fachoberschulen, die Berufsoberschulen und die Fachakademien (Art. 11 bis 18 BayEUG). Daneben gibt es die "Förderschulen und Schulen für Kranke" nach Abschnitt II c) BayEUG. Zu diesen Förderschulen zählen nach Art. 22 etwa auch die "Schulvorbereitenden Einrichtungen" für noch nicht schulpflichtige Kinder. Die vom Beklagten betriebene Einrichtung stellt unstreitig eine solche Förderschule mit Schulvorbereitender Einrichtung dar. Nach dem BayEUG sind solche Schulen jedenfalls nicht als "allgemeinbildende Schulen" anzusehen. In Art. 7 Abs. 2 S. 2 BayEUG werden die Förderschulen von den Grundschulen ausdrücklich als Ausnahme aufgeführt. Die Einrichtungen zählen auch nicht zu den "berufsbildenden Schulen", bei denen die Sonderregelung ausdrücklich nur "Berufs-, Berufsfach- und Fachschulen" aufzählt.



b. Zwar handelt es sich bei der Unterscheidung der Schulen um ein Landesgesetz. Diese landesgesetzliche Unterscheidung erscheint jedoch als maßgeblich. Die Tarifparteien haben darauf verzichtet, dem unterschiedlich geregelten Schulwesen Rechnung zu tragen und den Begriff der "allgemeinbildenden Schulen" selbst zu definieren. Damit haben sie die Ausgestaltung den Ländern überlassen und deren Aufgliederung als maßgeblich belassen (vgl. LAG Nürnberg vom 29.07.2014, 7 Sa 386/13 ebenfalls im Rechtsstreit mit dem Beklagten). Auch die Klägerin führt als Vergleichsmaßstab die für bayerische verbeamtete Lehrer geltenden Vorschriften an, hält offenbar das Landesrecht für maßgeblich. Der Beklagte erhält zudem die Förderung von der Regierung von Oberfranken, betreibt mithin seine Einrichtung als nach Landesrecht genehmigte Förderschule.



c. Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass für die Auslegung der Bestimmungen des TVöD nicht allein solche landesrechtlichen Bestimmungen maßgeblich wären, wäre die Klage nicht erfolgreich. Die Klägerin hat nicht im einzelnen substantiiert vorgetragen, dass die Tarifparteien bei der Niederlegung der entsprechenden Bestimmungen ein anderes Verständnis von "allgemeinbildenden Schulen" gehabt hätten als dasjenige, was sich aus der eindeutigen Differenzierung des BayEUG ergibt. Dies gilt umso mehr, als auch andere Ländergesetze zwischen Förderschulen und allgemeinbildenden Schulen unterscheiden. So regelt § 15 des SchG Baden-Württemberg, dass Förderschulen - als Teil der Sonderschulen nach § 15 Abs. 1 S. 3 - für diejenigen Schüler gebildet werden, die "in den allgemeinen Schulen nicht die ihnen zukommende Erziehung, Bildung und Ausbildung erfahren können" (Abs. 1 S. 1). Erst wenn die besondere Aufgabe dieser Sonderschulen erfüllt ist, sind die Schüler in die allgemeinen Schulen einzugliedern (Abs. 3). Auch dieses Schulgesetz führt die Förderschulen damit nicht als "allgemeinbildende" Schulen. Im Hessischen Schulgesetz wird in § 49 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 ausdrücklich zwischen "allgemeinbildenden und beruflichen Schulen (allgemeine Schulen)" einerseits und den "Förderschulen mit ihren verschiedenen Förderungsschwerpunkten" unterschieden. Nach § 45 Abs. 1 des Schleswig-Holsteinischen Schulgesetzes sollen Förderzentren auf die Eingliederung der Kinder und Jugendlichen "in Schulen anderer Schularten hinwirken". Das zuständige Ministerium kann weitere Abschlüsse vorsehen, die auch an Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf vergeben werden können, die eine allgemein bildende Schule besuchen. All dies zeigt, dass auch im Schleswig-Holsteinischen Schulgesetz zwischen den Förderzentren und den allgemein bildenden Schulen unterschieden wird, so dass Förderzentren gerade nicht selbst als allgemein bildende Schulen bezeichnet werden. Nach § 20 des Schulgesetzes für Nordrhein-Westfalen ist in Abs. 1 für die "Orte der sonderpädagogischen Förderung" zwischen "1. die allgemeinen Schulen (allgemein bildende Schulen und Berufskollegs)" und "2. die Förderschulen" unterschieden, dazu kommen noch "3. Schulen für Kranke". Auch hier finden sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Förderschulen begrifflich zu den allgemein bildenden Schulen gezählt würden.



d. Die Klägerin ist keine "Lehrkraft", bei der die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten "im Rahmen des Schulbetriebs" im Sinne der Bestimmungen des TVöD gegeben wäre. Zwar werden unstreitig Unterrichtspläne erstellt, Stundenpläne ausgegeben. Die von der Klägerin "unterrichteten" Kinder und Jugendlichen sollen jedoch schon nach der Zielsetzung für den Schulbetrieb vorbereitet werden. Es kommt hinzu, dass nach den Angaben der Klägerin Kinder zwischen 2 und 8 Jahren in der Schulvorbereitenden Einrichtung gefördert werden. Die Klägerin selbst legt dar, dass der Unterricht nicht als Frontalunterricht, sondern in Kleingruppen zu sieben oder acht Kindern und Jugendlichen mit Freiarbeit, projektorientiertem Unterricht, Lernwerkstatt, Erkundung und ähnlichen Methoden abläuft. Die von der Klägerin selbst erstellten und vorgelegten Unterrichtspläne zeigen zudem, dass die individuelle Förderung der Kinder und Jugendlichen, dass das spielerische Erlernen einfacher Handlungen im Vordergrund steht. Mit einem "Schulbetrieb" im eigentlichen Sinn, in dem es in erster Linie um die Vermittlung eines allgemeinen Lernstoffes geht, hat dies nichts zu tun. Auch wenn die Schulvorbereitung und Förderung innerhalb der Kleingruppen nach einem Stundenplan organisiert ist, kann von einer Lehrtätigkeit, die ihr Gepräge "im Rahmen eines Schulbetriebes" finden würde, nicht die Rede sein.



e. Es kann dahinstehen, ob die Klägerin überhaupt als "Lehrkraft" im Sinne der tariflichen Bestimmungen bezeichnet werden kann, weil ihre Tätigkeit in der Zuarbeit der ausgebildeten beamteten Lehrkräfte besteht, weil diese die Verantwortung haben und auch die Zeugnisse erstellen und verantworten. Hieran bestehen deswegen Zweifel, weil die Tarifparteien offensichtlich nicht jede Lehrtätigkeit mit den Sonderregelungen besonders regeln wollten, sondern nur diejenige von "Lehrkräften". Auf diese Frage kommt es angesichts dessen, dass die Sonderregelung schon aus anderen Rechtsgründen nicht zum Tragen kommt, nicht mehr an.



f. Nach alldem hat die Klägerin keinen Anspruch auf Vergütung nach 20/29 Unterrichtsstunden einer Vollzeitkraft. Auch dieser Antrag ist daher abzuweisen.



3. Die nunmehr klageerweiternd geltend gemachten, der Höhe nach unstreitigen Zahlungsansprüche sind hiernach ebenfalls nicht begründet. Bei der Klageerweiterung handelt es sich der Sache nach lediglich um eine Umstellung und Bezifferung zusätzlich zum schon von Anfang an gestellten Antrag auf tarifliche Vergütung. Unabhängig hiervon erscheint die Umstellung als sachdienlich, nachdem die Beträge unstreitig sind und zusätzliche Feststellungen hierfür nicht erforderlich sind. Auch diese Ansprüche stehen der Klägerin jedoch nicht zu, weil Bedenken an der Wirksamkeit der Sonderabmachung, die eine 13%-ige Kürzung der Vergütung als Ausgleich für die Nichtheranziehung in Ferienzeiten vorsieht, nicht bestehen.



4. Nach alldem stehen der Klägerin die eingeklagten Ansprüche nicht zu. Die Berufung ist zurückzuweisen. Die Klägerin hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).



5. Die Zulassung der Revision erfolgt wegen grundsätzlicher Bedeutung.

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Vorschriften§ 51 TVöD, §§ 6 bis 10 TVöD, Art. 60 BayEUG, Art. 59, 60 BayEUG, §§ 6 bis 10 des TVöD, Art. 59 BayEUG, Art. 59 Abs. 2 BayEUG, Art. 7 bis 10 BayEUG, Art. 11 bis 18 BayEUG, Art. 7 Abs. 2 S. 2 BayEUG, § 15 des SchG Baden-Württemberg, § 45 Abs. 1 des Schleswig-Holsteinischen Schulgesetzes, § 20 des Schulgesetzes für Nordrhein-Westfalen, § 97 Abs. 1 ZPO

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