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22.03.2017 · IWW-Abrufnummer 192755

Landesarbeitsgericht Nürnberg: Urteil vom 14.04.2015 – 7 Sa 615/14


Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Bamberg - Kammer Coburg - vom 23.07.2014 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.



Tatbestand



Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit von der Klägerin behauptetem Mobbing.



Die Klägerin wurde zum 18.07.2001 bei der Beklagten eingestellt. Dem Arbeitsverhältnis lag ein schriftlicher Dienstvertrag vom 24.07.2001 zugrunde. Danach wurde die Klägerin als Aushilfe für Putz- und Montagearbeiten beschäftigt. Gemäß § 2 des Dienstvertrags finden die Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR) in ihrer jeweiligen Fassung auf das Arbeitsverhältnis Anwendung.



Gemäß § 23 AVR verfallen Ansprüche aus dem Dienstverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.



Jedenfalls ab Januar 2008 war die Klägerin in einer Gruppe von behinderten Menschen eingesetzt.



Die Parteien schlossen am 28.04.2009 eine Ausbildungsvereinbarung. Die Klägerin sollte an einer beruflichen Bildungsmaßnahme zur "(Geprüften) Fachkraft zur Arbeits- und Berufsförderung in Werkstätten für behinderte Menschen" teilnehmen. Die Fortbildung war vom 22.06.2009 bis 21.01.2011 geplant. Das Ziel der Fortbildung war, dass die Klägerin danach als Gruppenleiterin eingesetzt werden sollte.



Die Klägerin begann die Fortbildung.



Ende 2009/Anfang 2010 entstanden Unstimmigkeiten zwischen der Klägerin und ihrem Vorgesetzten, dem Werkstattleiter Herrn N....



Die Klägerin sollte ab 23.02.2010 für eine Woche im Fahrdienst in der Werkstatt für Behinderte in B... eingesetzt werden. Zu den Aufgaben gehörte es, das Mittagessen zu holen. Hierzu müssen Essenswagen in einen Bus hinein- und hinausgeschoben werden. Die Klägerin brach diese Arbeit als zu schwer ab. Ab dem nächsten Tag wurde sie in der Werkstatt in M... beschäftigt.



Anfang März 2010 kündigte Herr N... den Fortbildungsvertrag.



Unter dem 21.04.2010 richtete die Klägerin einen Brief an die Direktion der R...-Stiftungen. Wegen des Inhalts wird auf die vorgelegte Kopie Bezug genommen (Bl. 71/72 d.A.).



Die Beklagte erteilte der Klägerin mit Datum vom 18.05.2010 eine Abmahnung. Darin warf sie der Klägerin vor, sie habe vor allem durch "Ihre einseitigen zum Teil auch beleidigenden Aussagen und Verdächtigungen gegenüber Kollegen und Ihrem Vorgesetzten Herrn N..." das Arbeitsklima und den Betriebsfrieden nachhaltig gestört. Außerdem rügte die Beklagte, die Klägerin habe sich in der Öffentlichkeit negativ über Kollegen geäußert und - bezogen auf den Brief an die Direktion der R...-Stiftungen - den Beschwerdeweg über die Geschäftsführung nicht eingehalten. Wegen des Inhalts der Abmahnung im Einzelnen wird auf die vorgelegte Kopie Bezug genommen (Bl. 75 d.A.).



Die Klägerin erhob gegen die Abmahnung vom 18.05.2010 Klage zum Arbeitsgericht Bamberg, mit der sie gleichzeitig die Beschäftigung als Gruppenleiterin sowie die Kostenübernahme und Freistellung für die Fortbildung zur "(Geprüften) Fachkraft zur Arbeits- und Berufsförderung in Werkstätten für behinderte Menschen" geltend machte. Das Verfahren wurde unter dem Aktenzeichen 4 Ca 1051/10 geführt.



Die Beklagte mahnte die Klägerin unter dem 27.05.2010 ein weiteres Mal ab, da die Klägerin sich nicht unverzüglich krank gemeldet habe.



Mit Schreiben vom 08.12.2010 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin fristlos, hilfsweise ordentlich zum nächstmöglichen Termin. Die Klägerin erhob gegen die Kündigung Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht Bamberg, das unter dem Aktenzeichen 4 Ca 1201/10 geführt wurde.



Am 05.04.2011 schlossen die Parteien im Kündigungsschutzverfahren einen Vergleich (Bl. 95/94 RS d.A.). Darin wurde u.a. das Arbeitsverhältnis zwischen ihnen zum 30.06.2011 beendet. Die Klägerin wurde ab Rechtskraft des Vergleichs (Ablauf des 12.04.2011) von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt. Als Abfindung wurde ein Betrag von 10.000,00 € brutto vereinbart.



Mit Schreiben vom 04.04.2013 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten geltend, sie sei über einen langen Zeitraum Anfeindungen und Mobbing ausgesetzt gewesen. Aufgrund dessen sei sie nach einem fachärztlichen Attest erkrankt. Sie sei seelisch verletzt worden und psychisch erkrankt. Die Klägerin machte eine Entschädigung für die gesundheitlichen Beeinträchtigungen geltend.



Unter dem 11.04.2013 lehnte die Beklagte die Zahlung einer Entschädigung ab.



Die Klägerin erhob am 10.09.2013 die vorliegende Klage zum Arbeitsgericht Bamberg - Kammer Coburg.



Sie stellte folgende Anträge:



1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 5.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.



2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin aufgrund der streitgegenständlichen Mobbinghandlungen (des Entzugs der sonderpädagogischen Zusatzausbildung, der Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz, den Abmahnungen sowie der Kündigung) noch entstehen wird, soweit der Anspruch nicht auf einen Versicherungsträger oder andere Dritte übergegangen ist.



Mit Endurteil vom 23.07.2014 wies das Arbeitsgericht die Klage ab.



Das Urteil wurde der Klägerin am 04.11.2014 zugestellt.



Die Klägerin legte gegen das Urteil am 04.12.2014 Berufung ein und begründete sie gleichzeitig.



Die Klägerin trägt vor, die Beklagte habe folgende "Mobbinghandlungen vorgenommen:



a) 12.11.2009:



während einer Abwesenheit sei es zu einer Reklamation gekommen; sie, die Klägerin, habe gegenüber Herrn N... erklärt, dass sie oft allein arbeiten müsse, da die Kollegin fehle, und dass für eine Vertretung während der Fortbildung gesorgt werden müsse; Herr N... habe erklärt, sie solle besser aufpassen und er könne niemanden vom Personal in ihre Gruppe schicken, sie solle sehen, wie sie mit all den Aufgaben zurechtkomme;



b) 25.11.2009:



es habe ein Gespräch stattgefunden, an dem außer ihr, der Klägerin, Frau H... und Herr N... teilgenommen hätten; Herr N... habe ihr vorgeworfen, sie habe schlecht über einen Kollegen gesprochen; er habe sie nicht zu Wort kommen lassen;



c) 02.12.2009:



Herr N... habe ihr gegenüber erklärt, dass er mit der Kündigung (Gespräch am 25.11.2009) die Gruppe und ihre, der Klägerin, Zusatzausbildung gemeint habe; somit habe er mit Beendigung der Zusatzausbildung gedroht;



d) 17.12.2009:



bei einem Personalgespräch habe Herr N... sie attackiert und behauptet, sie habe sich selbst um ihre Vertretung kümmern müssen;



e) 16.01.2010:



sie habe Auszüge ihres Tagebuchs an den Geschäftsführer V... geschickt und den Wunsch vermittelt, weiter an der Fortbildung teilnehmen zu wollen; Herr V... habe bei ihr angerufen, sei sauer gewesen und habe sie gefragt, wie sie dazu komme, Derartiges zu schreiben;



f) 18.01.2010:



bei einem Gespräch zwischen ihr, der Klägerin, und Herrn N... habe Herr N... gesagt, er akzeptiere ihr Verhalten nicht, er habe ihr vorgeworfen, dass ihr die Arbeit "scheißegal" sei und sie ihn und die Kollegen nur in Schwierigkeit gebracht habe;



g) 19.01.2010:



Herr N... habe sie beschuldigt, für das Chaos in der Gruppe verantwortlich zu sein, ihr sei die Arbeit "scheißegal"; sie habe dies in einer Personalversammlung angesprochen;



h) 20. Januar 2010:



sie habe Herrn N... bezüglich einer Vertretung gesagt, dass sie ihn mehrfach erinnert habe, dass er für sie eine Vertretung bereitstellen müsse, wenn sie auf Fortbildung sei; Herr N... habe geäußert: "ich bin dein Chef und die Art und Weise, wie du mich angesprochen hast, war nicht in Ordnung";



i) 25.01.2010:



Herr N... habe erklärt, sie, die Klägerin, könne aufgrund dessen, dass so viel zu tun sei, nicht mehr zum Seminar nach J...;



j) 27.01.2010:



Frau H... habe einen Freizeitplan erstellt, in dem für sie erheblich mehr und viel Freizeit eingeplant gewesen sei;



k) 08.02.2010:



Herr N... habe ihr mitgeteilt, dass ihr die Arbeit "scheißegal" sei und er darüber nachdenke, ihr die Gruppe wegzunehmen;



l) 23.02.2010:



die Arbeit in der Essensausgabe sei zu schwer gewesen, sie werde normalerweise von zwei Männern gemacht;



m) 24.02.2010:



sie, die Klägerin, habe sich an Herrn G... (Leiter der Wohnung für Behinderte in L...) gewandt; Herr G... habe erklärt, Herr N... habe ihm gesagt, er werde nicht mit ihm, Herrn G..., über die Klägerin reden, Herr V... habe ihm verboten, sich in dieser Sache einzumischen;



n) 07.04.2010:



Herr N... habe angeordnet, dass Kontrollzettel ausgefüllt werden müssten;



o) 18.05.2010/27.05.2010:



die Abmahnungen seien Teil des "Mobbings";



p) 23.06.2010:



Herr N... habe erklärt, dass sie die Fortbildung auf eigene Kosten fortsetzen könne, obwohl er gewusst habe, dass sie sich das finanziell nicht habe leisten können; Herr N... habe ihr geraten, den Arbeitsplatz aufzugeben und einen Aufhebungsvertrag zu unterschreiben;



q) 28.06.2010:



in einem Gespräch mit Herr N... und Herrn V... sei ihr mitgeteilt worden, dass sie niemals mehr als Gruppenleiterin eingestellt werde; sie sei gedrängt worden, einen Aufhebungsvertrag zu unterschreiben; Herr N... habe erklärt, er halte sie wegen ihrer Respektlosigkeit ihm gegenüber für unfähig, eine Gruppenleiterposition aufzunehmen;



r) 16.07.2010:



sie habe festgestellt, dass sie ihren Lohn noch nicht erhalten habe; Herr N... habe ihr erklärt, dass sie das selbst klären solle;



s) 30.07.2010.



auf ihrem Arbeitstisch seien ihre Sachen durcheinander gewesen; auf Nachfrage sei ihr erklärt worden, dass Herr N... dort gewesen sei;



t) 24.08.2010:



sie, die Klägerin, sei von Herrn Li... (ein Gruppenleiter von WFB L...) mehrfach verspottet worden; Herr Li... habe sie angefaucht, sie solle sich aus allem raushalten und nur ihren Job machen, alles andere ginge sie nichts an;



u) 23.10.2010:



Herr Li... habe hinter der Tür gestanden und sie längere Zeit beobachtet;



v) 08.12.2010/09.12.2010:



Herr N... habe ihr mitgeteilt, dass man ihr fristlos kündigen werde, sie solle ihre Sachen nehmen und gehen; der Lohn und das Weihnachtsgeld seien zu Unrecht gezahlt worden, das werde man von ihr zurückfordern; schließlich sei die fristlose Kündigung ausgesprochen worden.



Die Klägerin macht geltend, es liege ein systematisches, auf die Beeinträchtigung ihrer Rechte und Rechtsgüter gerichtetes Vorgehen der Beklagten vor.



Neben dem Entzug der Fortbildungsmaßnahmen, der als Strafe erfolgt sei, sei als weitere Mobbinghandlung ihre Versetzung nach B... durchgeführt worden. Dort sei ihr mit Absicht eine Arbeit zugewiesen worden, die sie aufgrund ihrer körperlichen Kondition nicht habe leisten können. Auch die Abmahnungen seien Teil des "Mobbings" gewesen. Als Höhepunkt des "Mobbings" sei ihr eine fristlose Kündigung ausgesprochen worden.



Die Klägerin führt aus, aus dem ärztlichen Attest vom 21.02.2013 gehe die Bestätigung des behandelnden Arztes hervor, dass sie im Rahmen des Arbeitsverhältnisses an Depressionen erkrankt sei. Sie verweist in diesem Zusammenhang auf eine fachärztliche Bescheinigung von Frau Dr. med. Jh... (Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie) vom 02.07.2013 (Bl. 49 d.A.), auf eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung von Herrn Dr. Af... (Allgemeinmedizin) vom 11.11.2013 (Bl.50 d.A.), eine von ihm unterzeichnete Bestätigung über einen Arztbesuch am 25.05.2010 (Bl. 50 RS d.A.) und auf eine Bestätigung von ihm vom 20.06.2013 (Bl. 51 d.A.).



Die Klägerin macht geltend, erst aufgrund des Attestes vom 21.02.2013 sei für sie erkennbar gewesen, dass sie wegen der Mobbinghandlungen psychisch erkrankt sei. Somit sei für die Ausschlussfrist auf diesen Zeitpunkt abzustellen.



Die Klägerin beantragt,



das Urteil des Arbeitsgerichts Bamberg vom 23.07.2014 aufzuheben und nach den Anträgen wie im Tatbestand des angefochtenen Urteils zu erkennen.



Die Beklagte beantragt,



die Berufung der Klägerin kostenpflichtig zurückzuweisen.



Die Beklagte macht geltend, den Ansprüchen stehe die materielle Rechtskraft des Vergleichs vom 05.04.2011 entgegen. Außerdem seien die Ansprüche aufgrund der Ausschlussfrist verfallen. Die außergerichtlichen Schreiben vom 04.04.2013 und 23.04.2013 wahrten die Ausschlussfrist nicht, da nicht ersichtlich sei, in welcher Höhe sie, die Beklagte, in Anspruch genommen werden solle.



Die Beklagte führt aus, es sei nicht ersichtlich, inwiefern etwaige Depressionen auf Schwierigkeiten im Betrieb oder auf sonstige Lebenssituationen zurückzuführen seien.



Die Beklagte trägt vor, ihre Entscheidung, die Klägerin aus der Fortbildung herauszunehmen, sei darauf zurückzuführen, dass sich nach Beginn der Fortbildung herausgestellt habe, dass die Klägerin nicht als Leiterin einer Gruppe behinderter Menschen in einer Werkstatt für behinderte Menschen geeignet gewesen sei. Sie habe sich durch ihre Aufgaben überfordert gefühlt, z.B. für die Dauer ihrer Abwesenheit eine Vertretung für die Gruppe zu unterweisen. Im Zusammenhang damit habe sie Herrn N... in der Mitarbeiterversammlung verbal attackiert und bloßgestellt.



Aufgrund der sprachlichen Probleme der Klägerin sei es Ende 2009 vermehrt zu Reklamationen des Auftraggebers S... gekommen. Der Klägerin seien vermehrt Fehler bei Bestellungen und Dispositionen unterlaufen, für die sie fälschlich andere Mitarbeiter verantwortlich gemacht habe.



Diese Vorfälle hätten sie zu der Entscheidung veranlasst, der Klägerin keine Gruppenleitung zu übertragen.



Der Einsatz in B... habe nur vorübergehend sein sollen. Im Fahrdienst könnten auch Frauen eingesetzt werden, wenn sie den vorgesehenen Abläufen folgten.



Wegen des weitergehenden Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.



Eine Beweisaufnahme hat nicht stattgefunden.



Entscheidungsgründe



Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft, § 64 Absatz 1 und 2 b) ArbGG, sowie fristgerecht eingelegt und begründet worden, § 66 Absatz 1 Satz 1 ArbGG.



Die Berufung ist unbegründet.



Allerdings ist die Klage zulässig. Ihr steht der Vergleich, den die Parteien am 05.04.2011 vor dem Arbeitsgericht Bamberg geschlossen haben, nicht entgegen. Mit dem Vergleich wurden die dort streitgegenständlichen Ansprüche prozessual erledigt. Es handelte sich um die Kündigung vom 08.12.2010, die Abmahnung vom 18.05.2010 sowie die Freistellung und Kostenübernahme für die Fortbildungsmaßnahme. Diese Ansprüche hatte die Klägerin in den Verfahren 4 Ca 1201/10 und 4 Ca 1051/10 anhängig gemacht.



Der Vergleich enthält keine Abgeltungsklausel, mit der darüber hinaus gehende, nicht rechtshängige Ansprüche zwischen den Parteien miterledigt wurden.



Für die Feststellungsklage liegt das Feststellungsinteresse vor, § 256 ZPO.



Die Klage ist indes unbegründet.



Dabei kann dahin stehen, ob etwaige Ansprüche infolge der in § 23 AVR enthaltenen Ausschlussfrist verfallen sind. Angesichts der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 26.09.2013 - 8 AZR 1013/12; juris) ist eher davon auszugehen, dass die Ausschlussfrist nicht greift, da die geltend gemachten Ansprüche Vorsatz voraussetzen.



Das erkennende Gericht neigt der Auffassung zu, dass die geltend gemachten Ansprüche verwirkt sind.



Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich das erkennende Gericht anschließt, ist auch bei einem Anspruch wegen behaupteten Mobbings die Anwendung der allgemeinen Verwirkungsgrundsätze nicht von vornherein ausgeschlossen, weil jedes Recht nur unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben ausgeübt werden kann. Die Verwirkung ist danach ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung im Sinne des § 242 BGB. Mit ihr wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie beruht auf dem Gedanken des Vertrauensschutzes und dient - wie die Verjährung - dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Mit der Verwirkung soll das Auseinanderfallen zwischen rechtlicher und sozialer Wirklichkeit beseitigt werden; die Rechtslage wird der sozialen Wirklichkeit angeglichen. Die Verwirkung verfolgt dabei nicht den Zweck, den Schuldner bereits dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment). Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment). Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist. Zudem hat das Rechtsinstitut der Verwirkung Ausnahmecharakter. Unterliegt ein geltend gemachter Anspruch nach den §§ 195, 199 BGB der kurzen regelmäßigen Verjährung von drei Jahren, kann im Rahmen der Verwirkung eine weitere Abkürzung dieser Verjährungsfrist nur bei Vorliegen ganz besonderer Umstände angenommen werden (vgl. Bundesarbeitsgericht - Urteil vom 11.12.2014 - 8 AZR 838/13; juris).



Vorliegend hat die Klägerin zunächst längere Zeit zugewartet, bis sie Ansprüche wegen des von ihr behaupteten Mobbings geltend machte. Nach dem Vorbringen der Klägerin bestand der letzte Akt des Mobbings im Ausspruch der außerordentlichen Kündigung am 08.12.2010. Erst im April 2013 machte die Klägerin erstmals ihre Ansprüche geltend.



Das Verhalten der Klägerin beschränkt sich allerdings nicht auf ein bloßes Zuwarten. Vielmehr ist nach Auffassung des erkennenden Gerichts von entscheidender Bedeutung, dass die Klägerin am 05.04.2011 mit der Beklagten einen gerichtlichen Vergleich schloss, der zwar eine allgemeine Abgeltungsklausel nicht enthielt, sich indes auch nicht darauf beschränkte, die mit der Kündigungsschutzklage angegriffene Kündigung zu erledigen. Vielmehr wurden mit dem Vergleich sowohl das ebenfalls anhängige Verfahren bezüglich der Abmahnung vom 18.05.2010 als auch das Verfahren miterledigt, in dem es um den Auslöser der gesamten Problematik ging, nämlich die Entscheidung der Beklagten, der Klägerin nicht die Position einer Gruppenleiterin zu geben und ihr deshalb die hierzu erforderliche Fortbildung nicht mehr zu finanzieren.



Aufgrund dessen konnte die Beklagte davon ausgehen, auch und gerade für die Klägerin sei das gesamte Arbeitsverhältnis abgeschlossen und erledigt.



Letztlich kann unentschieden bleiben, ob die Ansprüche verwirkt sind.



Die Klägerin hat, wie das Erstgericht zu Recht entschieden hat, keinen Anspruch auf die geltend gemachte Entschädigung oder darüber hinaus gehende Ansprüche, §§ 611, 241 Absatz 2, 282, 280, 278, 823 Absatz 1, 253 BGB.



Es ist bereits nicht feststellbar, dass die Klägerin den von ihr behaupteten Schaden erlitten hat und das Verhalten der Beklagten hierfür ursächlich war.



Zugunsten der Klägerin - sie hat den geltend gemachten Anspruch im vorliegenden Verfahren nicht näher begründet - wird dabei angenommen, dass sie in Ziffer 1 der Klage ein angemessenes Schmerzensgeld wegen erlittener gesundheitlicher Beeinträchtigungen geltend macht. Ein solcher Anspruch oder Ansprüche materieller Art bestehen indes nicht.



Die Klägerin macht zwar geltend, das Verhalten der Beklagten habe bei ihr eine psychische Erkrankung hervorgerufen. Sie leide an Depressionen. Als Beweis für die Erkrankung hat die Klägerin "ärztliche Unterlagen" angeboten. Weder aus dem Vorbringen der Klägerin im Verfahren vor dem Arbeitsgericht oder im Berufungsverfahren ergibt sich, wann genau sie welche einzelnen Beeinträchtigungen erlitten hat, noch ergibt sich dies aus den vorgelegten ärztlichen Unterlagen. Soweit sich die Klägerin auf ein Attest vom 21.02.2013 beruft, hat sie dies nicht vorgelegt. Die fachärztliche Bescheinigung von Frau Dr. med. Jh... vom 02.07.2013, die von Herrn Dr. Af... unterzeichnete Bestätigung über einen Arztbesuch am 25.05.2010, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung von Herrn Dr. Af... vom 11.11.2013 und die weitere Bestätigung desselben Arztes vom 20.06.2013 hat die Klägerin zwar vorgelegt.



Aus diesen Bescheinigungen ergibt sich indes nicht, dass ein Verhalten der Beklagten für die Erkrankungen verantwortlich gemacht werden kann.



In der fachärztlichen Bescheinigung von Frau Dr. Jh... vom 02.07.2013 heißt es zwar, die Klägerin befinde sich in regelmäßigen Abständen seit 02. November 2010 in ihrer nervenärztlichen Behandlung. Als Diagnose wurde bei der Klägerin eine "wohl reaktiv ausgelöste mittelgradig ausgeprägte depressive Episode" festgestellt. Ferner wird die Klägerin zitiert, indem sie ihre Situation am Arbeitsplatz als zunehmend belastend empfinde. Hier heißt es in der Bescheinigung, sie (die Klägerin) fühle sich niedergeschlagen, lust- und freudlos, habe keine Interessen mehr. Daneben müsse sie auch oft weinen, die Verrichtung der Alltagstätigkeiten falle ihr sehr schwer, sie habe keinen Antrieb, könne sich schlecht konzentrieren, "in diesem Zusammenhang auch Probleme am Arbeitsplatz". Weiter heißt es in der Bescheinigung, als belastend "beschrieb die Patientin in diesem Zusammenhang eine zunehmend schwierige Situation am Arbeitsplatz mit Mobbing, sich daraus ergebenden finanziellen Problemen, die auch das Familienleben und die Partnerschaft inzwischen erheblich belastet hätten, sodass dies wohl auch zu einer Trennung und Scheidung der Ehepartner geführt habe". Als Ursache für die Beschwerden werden nach der Bescheinigung auch erhebliche finanzielle Probleme genannt, die das Familienleben und die Partnerschaft belastet hätten, dazu kämen "quälende Zukunftsängste" bezüglich der Versorgung der beiden Kinder, des erforderlichen Hausverkaufs und bezüglich massiver finanzieller Schwierigkeiten.



Aus dieser Bescheinigung aus dem Jahr 2013 ergibt sich nicht, wann welche Beschwerden auftraten, wann die Probleme in der Ehe der Klägerin entstanden und wodurch sie ausgelöst wurden. Insbesondere die Formulierung "wohl reaktiv ausgelöste depressive Episode" ist so zu verstehen, dass die andere Form der Depression, die endogene, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen ist. Damit ist indes keine Feststellung getroffen, worauf die Reaktion erfolgte. Insbesondere ist nicht ersichtlich, inwieweit die Beklagte die Ursache für die angesprochenen finanziellen Probleme der Klägerin gesetzt hat. Dies gilt jedenfalls bis zum Ausspruch der Kündigung am 08.12.2010.



Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 11.11.2013 sagt über die Art der Erkrankung nichts aus. Das Gleiche gilt für die Bestätigung über den Arztbesuch am 25.05.2010. Unter dem 20.06.2013 bescheinigt Herr Dr. Af... zwar, die Klägerin sei seit 2011 wegen "Schwierigkeiten im Betrieb" an Depressionen erkrankt, sei in nervenärztlicher Behandlung und brauche entsprechende Medikamente. Nach dieser Bescheinigung war dies aber erst seit 2011 der Fall. Aus der Bescheinigung geht darüber hinaus hervor, dass nicht Herr Dr. Af... die Klägerin behandelt. Es ist dort ausgeführt, die Klägerin befinde sich in "nervenärztlicher" Behandlung. Herr Dr. Af... ist hingegen praktischer Arzt, so dass Zweifel daran bestehen, ob das Attest von Herrn Dr. Af... auf eigener Wahrnehmung beruht.



Letztlich kann für den vorliegenden Rechtsstreit auch dahin stehen, ob und in welchem Umfang die Klägerin psychisch erkrankt ist.



Die von der Klägerin vorgetragenen Vorfälle sind im Ergebnis nicht geeignet, Entschädigungsansprüche auszulösen, insbesondere lässt sich nicht feststellen, dass die Beklagte bzw. ihre Erfüllungsgehilfen gegen ihre vertraglichen Pflichten verstoßen haben und ihr Verhalten einen rechtswidrigen und vorwerfbaren Angriff auf die Gesundheit der Klägerin darstellte.



Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der das erkennende Gericht folgt, ist "Mobbing" kein Rechtsbegriff und damit auch keine mit einer Rechtsnorm vergleichbare selbständige Anspruchsgrundlage für Ansprüche eines Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber oder gegen Vorgesetzte bzw. Arbeitskollegen. Macht ein Arbeitnehmer konkrete Ansprüche aufgrund von Mobbing geltend, muss jeweils geprüft werden, ob der in Anspruch Genommene in den vom Kläger genannten Einzelfällen arbeitsrechtliche Pflichten im Sinne des § 241 Absatz 2 BGB, ein absolutes Recht des Arbeitnehmers im Sinne des § 823 Absatz 1 BGB, ein Schutzrecht im Sinne des § 823 Absatz 2 BGB verletzt oder eine sittenwidrige Schädigung nach § 826 BGB begangen hat. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass es Fälle gibt, in welchen die einzelnen, vom Arbeitnehmer dargelegten Handlungen oder Verhaltensweisen seiner Arbeitskollegen, Vorgesetzten oder seines Arbeitgebers für sich allein betrachtet noch keine Rechtsverletzungen darstellen, jedoch die Gesamtschau der einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen zu einer Vertrags- oder Rechtsgutsverletzung führt, weil deren Zusammenfassung aufgrund der ihnen zugrunde liegenden Systematik und Zielrichtung zu einer Beeinträchtigung eines geschützten Rechtes des Arbeitnehmers führt. Letzteres ist insbesondere dann der Fall, wenn unerwünschte Verhaltensweisen bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Dies entspricht der in § 3 Absatz 3 AGG erfolgten Definition des Begriffes "Belästigung", die eine Benachteiligung im Sinne des § 1 AGG darstellt. Da ein Umfeld grundsätzlich nicht durch ein einmaliges, sondern durch ein fortdauerndes Verhalten geschaffen wird, sind alle Handlungen bzw. Verhaltensweisen, die dem systematischen Prozess der Schaffung eines bestimmten Umfeldes zuzuordnen sind, in die Betrachtung mit einzubeziehen. Demzufolge dürfen einzelne zurückliegende Handlungen/Verhaltensweisen bei der Beurteilung nicht unberücksichtigt gelassen werden.



Nach § 241 Absatz 2 BGB erwachsen jeder Vertragspartei aus einem Schuldverhältnis nicht nur Leistungs-, sondern auch Verhaltenspflichten zur Rücksichtnahme und zum Schutz der Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils. Dies verbietet auch die Herabwürdigung und Missachtung eines Arbeitnehmers. Dieser hat daher Anspruch darauf, dass auf sein Wohl und seine berechtigten Interessen Rücksicht genommen wird, dass er vor Gesundheitsgefahren, auch psychischer Art, geschützt wird, und dass er keinem Verhalten ausgesetzt wird, das bezweckt oder bewirkt, dass seine Würde verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Der Arbeitgeber ist in diesem Zusammenhang insbesondere auch zum Schutz der Gesundheit und des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers verpflichtet (vgl. Bundesarbeitsgericht - Urteil vom 28.10.2010 - 8 AZR 546/09; juris).



Zu berücksichtigen ist dabei, dass im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen, die sich durchaus auch über einen längeren Zeitraum erstrecken können, nicht geeignet sind, derartige rechtliche Tatbestände zu erfüllen, und es daher gilt, sogenanntes folgenloses oder sozial- und rechtsadäquates Verhalten auf Grund einer objektiven Betrachtungsweise, d.h. ohne Rücksicht auf das subjektive Empfinden des betroffenen Arbeitnehmers, von der rechtlichen Bewertung auszunehmen (Bundesarbeitsgericht - Urteil vom 16.05.2007 - 8 AZR 709/06; juris).



Der Arbeitnehmer ist darlegungs- und beweispflichtig für das Vorliegen von Mobbinghandlungen, aus denen er seinen Entschädigungs-, Schmerzensgeld- und Schadensersatzanspruch herleitet (vgl. Bundesarbeitsgericht - Urteil vom 14.11.2013 - 8 AZR 813/12; juris).



Gemessen an diesen Grundsätzen ist nicht ersichtlich, dass und inwieweit die Gesundheit der Klägerin durch ein Verhalten der Beklagten beeinträchtigt wurde. Die Klägerin stützt den Vorwurf des rechtswidrigen Verhaltens der Beklagten im Wesentlichen auf folgende Umstände:



- Entzug der Gruppe, in der die Klägerin tätig war



- Entzug der Fortbildungsmaßnahme



- Versetzen an einen Arbeitsplatz, für den die Klägerin körperlich nicht geeignet war



- Ausspruch von Abmahnungen



- Ausspruch der außerordentlichen Kündigung.



Weder die einzelnen Vorwürfe für sich gesehen noch ihre Gesamtheit stellen Verhaltensweisen dar, die den geltend gemachten Anspruch der Klägerin begründen können.



Im Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien ist Ende 2009/Anfang 2010 eine Konfliktsituation eingetreten, die von den Beteiligten nicht in angemessener Weise aufgelöst werden konnte.



Zwischen der Klägerin und ihrem Vorgesetzten, Herrn N..., kam es zu einem Zerwürfnis. Ausgangspunkt war zum einen die von der Klägerin berichtete Situation, dass sie oft allein in der Gruppe habe arbeiten müssen, da die Arbeitskollegen in der Vergangenheit gefehlt hätten und sie für die Zeiten, in denen sie an der Fortbildung teilnehme, selbst eine Vertretung habe suchen müssen. So erklärte Herr N... der Klägerin am 12.11.2009, er könne niemanden vom Personal in ihre Gruppe schicken, sie müsse selbst zurechtkommen. Dies ergibt sich aus dem Sachvortrag der Klägerin, dem die Beklagte nicht widersprochen hat und der deshalb als zugestanden anzusehen ist, § 138 Absatz 3 ZPO. Zum anderen griff die Klägerin Herrn N... in einer Personalversammlung vor den anderen Mitarbeitern verbal an. Dazu kommt, dass es seitens eines Kunden, für den die Werkstatt, in der die Klägerin tätig war, arbeitete, Reklamationen wegen eines bestimmten Artikels gab.



Die Beklagte nahm die Vorfälle zum Anlass, der Klägerin die Eignung für die ursprünglich vorgesehene Position der Gruppenleiterin mit entsprechender Vergütung abzusprechen.



Hierzu war sie berechtigt.



Der Arbeitgeber hat bei der Frage, ob er einen Mitarbeiter für eine bestimmte Tätigkeit für geeignet hält, einen Beurteilungsspielraum. Kommt er zum Ergebnis, die von ihm erwartete Eignung liege nicht vor, ist er nicht verpflichtet, den Mitarbeiter auf der von diesem gewünschten Position zu beschäftigen. Entsprechend ist es ihm auch nicht verwehrt, von ihm finanzierte Fortbildungsmaßnahmen, die erforderlich sind, um die (fachliche) Eignung für die vorgesehene Stelle zu vermitteln, nicht anzubieten oder bereits begonnene abzubrechen. Die hierfür entstehenden Kosten wären vergeblich aufgewendet und hätten für den Arbeitgeber keinen Nutzen.



Die Beklagte hat der Klägerin die Eignung zur Gruppenleiterin nicht ohne Grund abgesprochen. Die Beklagte begründet ihre Entscheidung damit, dass Mitarbeiter in der Lage sein sollten, Probleme in ruhigem Tonfall und in passender Umfeld direkt anzusprechen, um Lösungen herbeizuführen, statt sich emotional gehen zu lassen und die Situation zum Eskalieren zu bringen. Diese Fähigkeit sah sie bei der Klägerin als nicht gegeben an. Außerdem betrachtete sie die Klägerin als mit der Aufgabe überfordert. Die Klägerin bestreitet nicht, dass es zu Unstimmigkeiten mit Herrn N... gekommen ist. Ihrem eigenen Vorbringen lässt sich entnehmen, dass auch sie ihren Teil dazu beitrug, dass es zum Zerwürfnis kam. So räumt sie ein, ihr Ton bei der Personalversammlung sei "unfreundlich und verärgert" gewesen. Möglicherweise hätte ein anderer Arbeitgeber eine wohl einmalige Entgleisung nicht zum Anlass genommen, der Klägerin sofort die Eignung als Gruppenleiterin abzuerkennen. Diese Entscheidung ist indes Teil des Beurteilungsspielraums, der der gerichtlichen Überprüfung nicht unterliegt. Dazu kommt, dass es auch in der Art und Weise der Aufgabenerledigung durch die Klägerin Anlass zur Beanstandung gab. So bestreitet die Klägerin nicht, dass es seitens des Kunden S... Reklamationen gab.



Der danach rechtlich nicht zu beanstandende Abbruch der Fortbildung durch die Beklagte führte zu weiteren Konflikten. Grund hierfür war, dass die Klägerin sich nicht in der Lage sah, die Entscheidung der Beklagten zu akzeptieren.



Dies führte zur Erteilung der Abmahnung vom 18.05.2010.



Die Abmahnung vom 18.05.2010 bezog sich darauf, die Klägerin habe vor allem durch "Ihre einseitigen zum Teil auch beleidigenden Aussagen und Verdächtigungen gegenüber Kollegen und Ihrem Vorgesetzten Herrn N..." das Arbeitsklima und den Betriebsfrieden nachhaltig gestört. Ferner wurde darin gerügt, die Klägerin habe sich in der Öffentlichkeit negativ über Kollegen geäußert und - bezogen auf den Brief an die Direktion der R...-Stiftungen - den Beschwerdeweg über die Geschäftsführung nicht eingehalten.



Ob die Abmahnung formal und inhaltlich in jeder Hinsicht den rechtlichen Anforderungen entsprach, ist hier nicht zu entscheiden. Vielmehr geht es insoweit um die Frage, ob die Abmahnung von der Beklagten als Mittel eingesetzt wurde, die Klägerin in ungerechtfertigter Weise zu disziplinieren und sie damit zu schikanieren. Dies lässt sich nicht feststellen. Dass die Klägerin unter dem 21.04.2010 unmittelbar einen Brief an die R...-Stiftung gerichtet hat, ist unstreitig. Darin kämpfte sie darum, entgegen der Entscheidung der Beklagten ihre Fortbildung fortsetzen zu können. Hierdurch fühlte sich die Beklagte angegriffen, was dann zu der Reaktion der Abmahnung führt.



Aus Sicht der Beklagten war die Klägerin die Störerin.



Auch die Abmahnung vom 27.05.2010 kann nicht als Teil schikanöser Behandlung betrachtet werden. Die Abmahnung erfolgte, weil die Klägerin sich aus Sicht der Beklagten am 25.05.2010 nicht unverzüglich, sondern erst spätnachmittags arbeitsunfähig gemeldet habe. Die Klägerin selbst schließt nicht aus, dass ihre Kollegin Frau Be..., die sie nach ihrem Sachvortrag am Abend vorher gebeten hatte, der Beklagten mitzuteilen, dass sie zum Arzt gehen werde, dies nicht weiter gemeldet hat, so dass die Beklagte objektiv von einem Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten ausgehen durfte.



Das Gespräch vom 25.11.2009, an dem die Klägerin, Herr N... und Frau H... teilnahmen, ist nicht zu beanstanden. Anlass für das Gespräch waren offensichtlich Unstimmigkeiten unter den Kollegen und die schlechte Arbeitsatmosphäre, insbesondere eine Beschwerde von Herrn G... bezüglich einer angeblichen Beschuldigung durch die Klägerin. Insoweit ist zunächst festzustellen, dass es Aufgabe eines Vorgesetzten ist, Beschwerden von Mitarbeitern nachzugehen und zu versuchen, persönliche Konflikte aufzulösen und zu befrieden. Die Klägerin macht zwar geltend, Herr N... habe sie nicht zu Wort kommen lassen. Dies steht indes im Widerspruch zu dem von ihr vorgelegten Mobbingtagebuch (Bl. 52 RS d.A.). Dort ist zwar auch ausgeführt, Herr N... habe sie nicht zu Wort kommen lassen. Gleichzeitig heißt es dort aber, die Klägerin sei gezwungen gewesen, ihn (Herrn N...) zu unterbrechen. Dann folgt das, was die Klägerin mitzuteilen hatte. Demgemäß war die Klägerin also durchaus in der Lage, ihre Sicht der Dinge zu Gehör zu bringen, indem sie zum Beispiel Herrn N... unterbrach. Außerdem ergibt sich aus dem Mobbingtagebuch an derselben Stelle, dass auch ein Kollege, Herr P..., zu einem ähnlichen Gespräch gebeten wurde.



Bei dem von der Klägerin zitierten Gespräch am 02.12.2009 mit Herrn N... ist eine unrechtmäßige Behandlung nicht erkennbar. Nach dem Vorbringen der Klägerin diente dieses Gespräch dazu, Unklarheiten zu beseitigen. Die Klägerin hatte gemeint, Herr N... habe ihr mit einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses gedroht. Dies wurde in dem Gespräch nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin richtig gestellt.



In dem Personalgespräch am 07.12.2009 ging es, folgt man dem Mobbingtagebuch der Klägerin, neben der Arbeitsatmosphäre um die Frage, wer dafür verantwortlich sei, dass eine Vertretung für die Klägerin im Fall ihrer fortbildungsbedingten Abwesenheit nicht rechtzeitig zu bekommen sei. Hierüber bestanden unterschiedliche Ansichten. Herr N... ging davon aus, die Klägerin habe ihn nicht informiert. Dies empfand die Klägerin als Lüge. Wer "Recht" hatte, lässt sich nicht feststellen. Vielmehr ist die Vertretungsfrage ebenfalls als ungelöster Konflikt zu betrachten.



In den Gesprächen vom 18.01.2010 und 19.01.2010 - letzteres fand auch auf Wunsch der Klägerin in Anwesenheit des Geschäftsführers, Herrn V..., statt - ging es wiederum um Vorwürfe, die der Klägerin aus Sicht der Beklagten zu machen waren, nämlich Respektlosigkeit gegenüber Herrn N... sowie mangelndes Vertrauen in die Klägerin. Außerdem waren die Reklamationen ein Thema bzw. die Frage, wer hierfür verantwortlich war. Hier sahen die Beteiligten die Verantwortung unterschiedlich. Auch nach dem Mobbingtagebuch der Klägerin war es indes Ziel des Gesprächs, den Konflikt zwischen der Klägerin und Herrn N... beizulegen. Dies ergibt sich aus dem Eintrag der Klägerin, wonach Herr V... beiden, der Klägerin und Herrn N..., aufgab, darüber nachzudenken, wie sie weiter zusammenarbeiten wollten, und dies mit der Ankündigung verband, er werde sich nach ihrer Entscheidung erkundigen.



Auch das Gespräch vom 20.01.2010 zwischen der Klägerin und Herrn N... verlief, folgt man dem Mobbingtagebuch der Klägerin, nach demselben Muster ohne greifbares, nämlich den Grundkonflikt auflösenden Ergebnis. Herr N... machte der Klägerin die gleichen Vorwürfe, insbesondere bezüglich der Art und Weise, wie sie ihn angegangen war, eine Beilegung des Streits erfolgte nicht. Dafür wäre es erforderlich gewesen, dass Herr N... das Verhalten der Klägerin in der Personalversammlung ad acta legte. Hierzu war er offensichtlich nicht in der Lage, sondern befand sich aus seiner Sicht in der "Opferrolle".



Soweit die Klägerin geltend macht, sie sei schikaniert worden, indem Herr N... ihr erklärt habe, sie solle nicht zur Fortbildung, weil so viel zu tun sei, ergibt sich nicht, ob dies eine Anweisung oder eine Bitte war, insbesondere ob sie dennoch nach J... hätte fahren können. Darüber hinaus ist auch nicht ersichtlich, dass das Anliegen von Herrn N... sachlich ungerechtfertigt war. Die Klägerin macht zwar geltend, Frau H... habe einen Freizeitplan erstellt, in dem sie, die Klägerin, mit viel Freizeit eingeplant gewesen sei. Genaueres lässt sich diesem Sachvortrag indes nicht entnehmen.



Die Mitteilung von Herrn N... am 08.02.2010, er denke darüber nach, der Klägerin die Gruppe wegzunehmen, weil ihr die Arbeit "scheißegal" sei, und der Versuch der Beklagten vom 19.02.2010, die Klägerin für eine Woche nach B... zu versetzen, stellt ebenfalls keinen unzulässigen Angriff auf die Klägerin dar. Grundsätzlich ist die Zuweisung eines Arbeitsplatzes Ausfluss des Direktionsrechts des Arbeitgebers, also hier der Beklagten. Grund für die Wegnahme der Gruppe und den vorübergehend geplanten Einsatz der Klägerin in B... war wiederum die Einschätzung der Beklagten, die Klägerin bringe ihrer Arbeit nicht die erforderlich positive Haltung entgegen, weil die Klägerin in der Mitarbeiterversammlung Ende 2009 gesagt hatte, sie fahre zur Fortbildung, die Vertretung sei ihr "scheißegal". Die Klägerin bestreitet nicht, dass sie diese Aussage tätigte. Ob dies so erheblich war, dass der Klägerin die Gruppe zu entziehen war, kann dahin stehen. Vorangegangen war jedenfalls ein Verhalten der Klägerin, auf das die Beklagte reagierte. Der Einsatz der Klägerin in B... war unstreitig lediglich für eine Woche geplant und wurde, nachdem die Klägerin sich beschwerte, dass die Arbeit zu schwer sei, sofort wieder rückgängig gemacht und die Klägerin in M... eingesetzt.



Dass Herr G... die Probleme nicht mit der Klägerin besprechen wollte, stellt sich nicht als Teil einer gegen die Klägerin gerichteten Kampagne dar. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang ausführt, Herr N... habe sich geweigert, mit Herrn G... über die Klägerin zu reden, ist darin - bezogen auf die Klägerin - nichts zu sehen, was zu beanstanden ist. Das Gleiche gilt im Ergebnis hinsichtlich der von der Klägerin vorgetragenen Äußerung von Herrn G..., Herr V... habe ihm verboten, sich in dieser Sache einzumischen, wenn er nicht riskieren wolle, seine Arbeit zu verlieren. Zum einen bestreitet die Beklagte den Sachvortrag der Klägerin. Die Klägerin hat ihre Behauptung nicht unter einen tauglichen Beweis gestellt. Sie hat zwar generell eine Reihe von Zeugen angeboten. Es ergibt sich aus dem Vorbringen der Klägerin indes nicht, inwieweit die Zeugen über die Behauptung, Herr V... habe Herrn G... gedroht, Auskunft erteilen können.



Darüber hinaus wäre eine solche Äußerung, ihre Richtigkeit unterstellt, nicht als Angriff auf die Klägerin zu sehen. Zwar hatte sich die Klägerin nach ihrem Sachvortrag hilfesuchend an Herrn G... gewandt. Dieser wäre möglicherweise bereit gewesen, in der Angelegenheit zu vermitteln. Dies lässt sich dem Vorbringen der Klägerin nicht im Einzelnen entnehmen. Der Arbeitgeber ist indes nicht verpflichtet, ein etwaiges Vermittlungsangebot eines anderen Mitarbeiters anzunehmen. Dies gilt vor allem dann, wenn dies nicht zum Aufgabenbereich des betreffenden Mitarbeiters gehört.



Soweit sich die Klägerin darauf bezieht, Herr N... habe am 07.04.2010 angeordnet, dass Kontrollzettel ausgefüllt würden, ist nicht ersichtlich, inwieweit sich dies gegen die Klägerin richtet. Die Klägerin führt (im Mobbingtagebuch) hierzu aus, dass offenbar eine Leistungskontrolle durchgeführt werden solle. Dies ist nicht zu beanstanden. Insbesondere ergibt sich aus dem Vorbringen der Klägerin nicht, dass lediglich sie von der Anordnung betroffen war.



Die Vorgänge, die die Klägerin unter dem 08.04.2010 und 03.05.2010 dargestellt hat, haben keinen Bezug zur Beklagten. Sie betreffen vielmehr Kontakte der Klägerin mit Außenstehenden.



In der von der Klägerin dargestellten Äußerung von Herrn N... vom 23.06.2010, sie, die Klägerin, könne die Fortbildung weiter besuchen, allerdings nur auf eigene Kosten, liegt kein Angriff auf die Klägerin. Nachdem die Beklagte sich entschieden hatte, die Klägerin nicht weiter zu ihren Lasten fortbilden zu lassen, war die Äußerung eine konsequente Folge. Die Klägerin sieht hier offensichtlich eine besondere Häme bei Herrn N..., die sich allerdings aus der Äußerung nicht ergibt. Vielmehr ergibt sich aus den diesbezüglichen Aufzeichnungen der Klägerin in ihrem Mobbingtagebuch, dass Herr N... es ihr ernsthaft ermöglichen wollte, die Fortbildung, wenn auch auf eigene Kosten fortzusetzen. So heißt es dort, Herr N... habe ihr angeboten, selbst zu wählen, wo sie arbeiten wolle, und ihr freie Tage für die Fortbildung zu geben.



Auch der am selben Tag erfolgte Rat von Herrn N... an die Klägerin, den Arbeitsplatz aufzugeben und einen Aufhebungsvertrag zu unterschreiben, ist nicht als Angriff auf die Klägerin zu interpretieren. Wie sich aus dem eigenen Sachvortrag der Klägerin ergibt, ging die Beklagte aufgrund des Verhaltens der Klägerin davon aus, diese "werde keine Ruhe geben". Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte der Klägerin die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nahelegte.



Das Gespräch vom 28.06.2010, an dem die Klägerin, Herr N... sowie Herr V... teilnahmen, drehte sich wiederum um das Konfliktthema Gruppenleiterposition und Fortbildung. Die Klägerin führt selbst aus, ihr sei gesagt worden, sie solle aufhören, sich diesbezüglich Hoffnungen zu machen, da sie nicht für geeignet gehalten werde. Nach ihrem Eintrag im Mobbingtagebuch wurde der Klägerin aber auch mitgeteilt, dass nicht beabsichtigt sei, ihr zu kündigen. Es kann daher nicht festgestellt werden, dass die Beklagte rechtswidrig handelte. Sie hat gegenüber der Klägerin lediglich ihre getroffene Entscheidung vertreten.



In der Erklärung von Herrn N... am 16.07.2010, die Klägerin solle selbst klären, was mit ihrem Lohn sei, ist ein Angriff auf die Klägerin nicht zu sehen. Der diesbezügliche Eintrag der Klägerin in ihrem Mobbingbuch sagt etwas anderes aus. Danach sagte Herr N..., er müsse "dies" mit der KKH klären. Offensichtlich gab es hier Probleme mit der Entgeltfortzahlung. Die Klägerin hat hierzu nichts weiter ausgeführt. Es lässt sich somit nicht feststellen, dass die Beklagte die Klägerin schikanierte, indem sie ihr unberechtigterweise die Arbeitsvergütung vorenthielt.



Soweit die Klägerin geltend macht, auf ihrem Arbeitstisch seien ihre Sachen durcheinander gewesen, Herr N... sei dort gewesen, ist dem entgegen zu halten, dass dieser Sachvortrag im Hinblick auf das Bestreiten der Beklagten unsubstantiiert ist und darüber hinaus ein taugliches Beweisangebot nicht vorliegt. Die Klägerin hat lediglich vorgetragen, ein Leiharbeitnehmer "Ra..." habe ihr gesagt, Herr N... sei mit G... da gewesen. Dies bedeutet zunächst nur, dass jemand diese Behauptung aufgestellt hat. Bei den von der Klägerin angebotenen Zeugen ist nicht feststellbar, ob sie Zeugen dafür waren, dass Herr N... am Tisch der Klägerin war.



Das Verhalten von Herrn Li... am 24.08.2010 und 23.10.2010 ist der Beklagten nicht anzurechnen, § 278 BGB. Wie die Klägerin selbst vorträgt, war Herr Li... nicht ihr Vorgesetzter, nahm also keine Arbeitgeberfunktionen wahr. Die Klägerin hat nicht vorgetragen, dass sie wegen des Verhaltens des Herrn Li... bei der Beklagten vorstellig geworden und diese untätig geblieben sei.



Die unstreitig am 08.12.2010 ausgesprochene fristlose Kündigung der Beklagten war der Endpunkt der sich abzeichnenden Eskalation, die ihre Ursache in dem auch seitens der Klägerin nicht lösbaren Konflikt wegen der Gruppenleiterposition/Fortbildung der Klägerin hatte. Sie stellt - unabhängig davon, ob sie rechtswirksam gewesen wäre - keinen rechtswidrigen Angriff gegen die Klägerin dar.



Die Berufung erweist sich somit als unbegründet.



Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Absatz 1 ZPO.



Die Revision wurde gemäß § 72 Absatz 2 ArbGG zugelassen.

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Vorschriften§ 64 Absatz 1, 2 b) ArbGG, § 66 Absatz 1 Satz 1 ArbGG, § 256 ZPO, § 242 BGB, §§ 195, 199 BGB, §§ 611, 241 Absatz 2, 282, 280, 278, 823 Absatz 1, 253 BGB, § 241 Absatz 2 BGB, § 823 Absatz 1 BGB, § 823 Absatz 2 BGB, § 826 BGB, § 3 Absatz 3 AGG, § 1 AGG, § 138 Absatz 3 ZPO, § 278 BGB, § 97 Absatz 1 ZPO, § 72 Absatz 2 ArbGG

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