04.05.2017 · IWW-Abrufnummer 193676
Landgericht Düsseldorf: Urteil vom 10.03.2016 – 11 O 317/13
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landgericht Düsseldorf
11 O 317/13
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
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Tatbestand:
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Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten zur Leistung aus einer Kraftfahrzeugversicherung sowie die Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten im Zusammenhang mit dem Abhandenkommen eines Kraftfahrzeugs.
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Die Klägerin betreibt unter dem Namen x eine Autovermietung. Zu diesem Zweck unterhielt sie ein Kraftfahrzeug x mit dem amtlichen Kennzeichen x. Das Fahrzeug wurde bei der x, einer Zweigniederlassung der x, mit einem Darlehen finanziert und hierzu von der Klägerin an die x sicherungsübereignet.
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Die Klägerin versicherte den x als „Selbstfahrervermiet-Pkw“ bei der Beklagten unter der Versicherungsscheinnummer 407 30 557175920 mit einer Haftpflichtversicherung und einer Vollkaskoversicherung mit x € Selbstbeteiligung inklusive einer Teilkaskoversicherung mit x € Selbstbeteiligung. Versicherungsbeginn war der x, Vertragsablauf der x. Gegenstand des Versicherungsvertrags sind die Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung (AKB) der Beklagten, Stand 01.01.2008. Diese enthalten unter anderem die folgenden Regelungen:
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„A.2.2 Welche Ereignisse sind in der Teilkasko versichert?
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Versicherungsschutz besteht bei Beschädigung, Zerstörung oder Verlust des Fahrzeugs einschließlich seiner mitversicherten Teile durch die nachfolgenden Ereignisse:
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[...]
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Entwendung
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2. Versichert ist die Entwendung, insbesondere durch Diebstahl und Raub.
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Unterschlagung ist nur versichert, wenn dem Täter das Fahrzeug nicht zum Gebrauch im eigenen Interesse, zur Veräußerung oder unter Eigentumsvorbehalt überlassen wird.
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[...]“
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Wegen des weiteren Inhalts der AKB wird auf diese Bezug genommen (Anlage K2).
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Am x vermietete die Klägerin den x an den aus x stammenden x.
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Zum Ende der Mietzeit – der genaue Zeitpunkt ist zwischen den Parteien streitig – unterblieb eine Rückgabe des Kraftfahrzeugs.
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Die Klägerin stellte in diesem Zusammenhang am x Strafantrag und Strafanzeige wegen aller in Betracht kommender Delikte.
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Anschließend unternahm die Klägerin eigene Anstrengungen, das Fahrzeug zurückzuerlangen. Dabei schaltete sie auf ihre Kosten einen Rechtsanwalt sowie Detektive ein.
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Nach dem Abhandenkommen befand sich der x zwecks Zulassung durch einen Dritten, x, zwischenzeitlich bei der Zulassungsstelle in x. Hiervon erhielt die Klägerin mit Schreiben vom x Mitteilung durch das Polizeipräsidium x (Anlage K12). Der Fahrer war dort im Besitz der Originalschlüssel sowie einer Zulassungsbescheinigung. Das Fahrzeug hatte zu diesem Zeitpunkt keine Aufbruchspuren.
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Im Rahmen der behördlichen Ermittlungen wurde der x dann in x von der dortigen Polizei sichergestellt. Über die Fahrzeugauffindung wurde die Klägerin mit Schreiben des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. vom 08.03.2013, auf welches ergänzend Bezug genommen wird (Anlage K14), informiert.
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Eine Rückgabe an die Klägerin, welche über einen sog. Rückholservice abgewickelt werden sollte, scheiterte jedoch, da das Fahrzeug hiernach erneut verschwand.
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Am x zeigte der Ehemann der Klägerin die Entwendung des Kraftfahrzeugs telefonisch bei der Beklagten an. Mit anwaltlichem Schreiben vom x machte die Klägerin bei der Beklagten die Zahlung eines Betrags von x € aus der Kraftfahrzeug-Versicherung unter Fristsetzung zum x geltend. Ihre Einstandspflicht lehnte die Beklagte mit Fax vom x ab.
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Die Klägerin behauptet, vor Abschluss des Mietvertrags habe sie die Solvenz des Mieters, x, geprüft und habe von diesem eine Kaution in Höhe von x € erhalten. Sie habe zudem Kopien von dessen vorgelegten Kreditkarten, seinem Reisepass sowie Führerschein angefertigt. Als die Rückgabe des Fahrzeugs ausblieb, habe sie durch ihren Ehemann am x Meldung erstattet bei der x, wobei es sich um die zuständige Maklerstelle der Beklagten gehandelt habe, was die Beklagte jeweils mit Nichtwissen bestreitet. Im Anschluss an die Ermittlung bzw. Sicherstellung des Fahrzeugs, jedoch vor dessen Überführung an die Klägerin, sei der Wagen – von der Beklagten jeweils mit Nichtwissen bestritten – aus einer bestehenden polizeilichen Verwahrung in x „gestohlen“ worden. Der Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs abzüglich Mehrwertsteuer betrage x €.
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Die Klägerin ist der Ansicht, es lägen zwei voneinander unabhängig zu betrachtende Schadensereignisse vor. Da das Fahrzeug zwischenzeitlich von der x Polizei sichergestellt worden sei, habe es sich bei der erneuten Entwendung nicht um eine Fortführung des ersten Schadensereignisses gehandelt. Denn das Fahrzeug hätte von der Klägerin abgeholt werden können und habe damit ihrem uneingeschränkten Zugriff wieder zur Verfügung gestanden.
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Die Klägerin hat ursprünglich beantragt,
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1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin EUR 100.000,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.05.2013 zu zahlen.
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2. festzustellen, dass die Beklagte sämtliche Kosten zu tragen hat, die die Klägerin aufwandte, um wieder in den Besitz ihres Fahrzeuges zu gelangen.
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3. außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von EUR 2.118,44 nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.05.2013 zu zahlen.
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Mit Schriftsatz vom x hat die Klägerin ihren bisherigen Antrag zu 1) neu gefasst und gleichzeitig in Höhe von insgesamt x € zurückgenommen.
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Die Klägerin beantragt nunmehr,
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1. die Beklagte zu verurteilen, an die x, x, x, Konto-Nr.: x, IBAN-Nr.: x, EUR x nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem x zu zahlen.
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2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin EUR x nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem x zu zahlen.
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3. festzustellen, dass die Beklagte sämtliche Kosten zu tragen hat, die die Klägerin aufwandte, um wieder in den Besitz ihres Fahrzeuges zu gelangen.
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4. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von EUR x nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem x zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte ist der Ansicht, es gebe lediglich einen Schadensfall. Auch sei davon auszugehen, dass das Fahrzeug aus dem Polizeigewahrsam nicht gestohlen worden sei, sondern erneut unterschlagen. Zudem sei das Fahrzeug, als es sich im x Polizeigewahrsam befand, noch nicht als sichergestellt anzusehen gewesen. Insgesamt liege mithin kein versichertes Ereignis vor.
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Die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft x zum Aktenzeichen x lag vor und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
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Für weitere Einzelheiten wird auf die wechselseitig übersandten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.
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Entscheidungsgründe:
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I. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
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1. Die Klage ist zulässig.
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a) Soweit die Klägerin als Versicherungsnehmerin mit ihrem Antrag zu 1) Leistung an einen Dritten, die x, begehrt, hat sie hierzu die erforderliche Prozessführungsbefugnis. Die Prozessführungsbefugnis folgt aus A.2.4 AKB in Verbindung mit § 45 Abs. 1 VVG.
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Nach A.2.4 AKB ist Versicherter auch die Person, in deren Interesse der Versicherungsvertrag abgeschlossen ist. Es handelt sich dann um einen Fall der Versicherung für fremde Rechnung im Sinne der §§ 43 ff. VVG (Prölss/Martin/Knappmann, VVG, 28. Aufl. 2010, AKB 2008 A.2.4 Rn. 1). Bei unter Sicherungsübereignung angeschafften Fahrzeugen ist hierbei stets ein Fall der Versicherung für fremde Rechnung im Sinne von A.2.4 AKB anzunehmen (Feyock/Jacobsen/Lemor/Jacobsen, Kraftfahrtversicherung, 3. Aufl. 2009, AKB 2008 A.2 Rn. 88; Halm/Kreuter/Schwab/Stomper, AKB, 1. Aufl. 2010, A.2.4 Rn. 723).
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Zwar ist die gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen des Versicherten durch den Versicherungsnehmer in § 45 Abs. 1 VVG nicht ausdrücklich erwähnt. Die Prozessführungsbefugnis folgt jedoch als prozessuales Äquivalent aus der dort geregelten materiellen Befugnis des Versicherungsnehmers (Bruck/Möller/Brand, VVG, 9. Aufl. 2010, § 45 Rn. 10). Es handelt sich um einen Fall der gesetzlichen Prozessstandschaft (OLG Köln, Urt. v. 13.11.2001 – 9 U 14/00, NVersZ 2002, 515). Der Versicherungsnehmer kann daher in einem solchen Fall auf Leistung an sich oder an den Versicherten klagen (Bruck/Möller/Brand, VVG, 9. Aufl. 2010, § 45 Rn. 10).
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Hiernach liegt ein Fall der Versicherung für fremde Rechnung vor, welcher die Prozessführungsbefugnis der Klägerin begründet. Die Kaskoversicherung zwischen den Parteien ist vorliegend (auch) im Eigentümerinteresse der x als (Sicherungs-)Eigentümerin des x abgeschlossen worden.
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b) Der als Antrag zu 3) gestellte Feststellungsantrag ist als solcher zulässig.
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Dem steht auch kein fehlendes Feststellungsinteresse der Klägerin im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO entgegen. Der Antrag ist nicht wegen der Möglichkeit der Erhebung einer entsprechenden Leistungsklage unzulässig.
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Zwar ist eine Feststellungsklage nach dem Grundsatz der Subsidiarität ausgeschlossen, wenn eine Leistungsklage möglich und zumutbar ist, die das Rechtsschutzinteresse des Klägers ebenso wahren würde (BGH, Urt. v. 17.06.1994 – V ZR 34/92, NJW-RR 1994, 1272; Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 256 Rn. 7a). Ein Ausnahme besteht jedoch in Fällen, in denen zu erwarten ist, dass schon die Feststellung eines Anspruchs zur endgültigen Streitbeilegung führt (Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 256 Rn. 8). Dies wurde in der Rechtsprechung insbesondere bei großen Versicherungsunternehmen bejaht (BGH, Urt. v. 28.09.1999 – VI ZR 195/98, NJW 1997, 3774).
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Beim beklagten Versicherungsunternehmen kann davon ausgegangen werden, dass es einen rechtskräftig festgestellten Anspruch erfüllt und insofern der Streit beigelegt werden würde.
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2. Die Klage ist jedoch in vollem Umfang unbegründet.
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Die Klägerin hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von x € an die x (a) sowie von x € an sich (b). Es ist auch nicht festzustellen, dass die Beklagte sämtliche Kosten zu tragen hat, die die Klägerin aufwandte, um wieder in den Besitz ihres Fahrzeuges zu gelangen (c). Schließlich hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf Ersatz außergerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von x € sowie auf die jeweils geltend gemachten Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem x (d).
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a) Die Beklagte ist gegenüber der Klägerin nicht zur Zahlung von x € an die x verpflichtet.
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aa) Ein entsprechender Anspruch aus §§ 1 Satz 1, 44 Abs. 1 Satz 1 VVG in Verbindung mit dem Versicherungsvertrag zwischen der Klägerin und der Beklagten besteht mangels Eintritts eines versicherten Ereignisses nicht.
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(1) Versichertes Ereignis in der Teilkaskoversicherung ist gemäß A.2.2 AKB unter anderem die Entwendung.
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Versichert ist nach A.2.2.2 Abs. 1 AKB insbesondere die Entwendung durch Diebstahl und Raub. Eine Unterschlagung ist nach A.2.2.2 Abs. 2 AKB nur versichert, wenn dem Täter das Fahrzeug nicht zum Gebrauch im eigenen Interesse überlassen wird. Die AKB definieren den Begriff der Entwendung ansonsten nicht eigenständig.
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Eine Entwendung im Sinne der Bedingungen liegt grundsätzlich bei einer widerrechtlichen Sachentziehung vor, die zur wirtschaftlichen Entrechtung des Eigentümers führt (Beckmann/Matusche-Beckmann/Heß/Höke, VersR-Hdb, 3, Aufl. 2015, § 30 Rn. 200). Ob einer der aufgeführten Entwendungstatbestände vorliegt, bestimmt sich dabei nach deren strafrechtlichem Verständnis (OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.09.2000 – 4 U 208/99, VersR 2001, 1551), was bedeutet, dass der äußere Tatbestand des jeweiligen Delikts vorliegen muss (BGH, Urt. v. 27.11.1980 – IVa ZR 36/80, NJW 1981, 684).
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Ein Diebstahl im Sinne von A.2.2.2 Abs. 1 1. Fall AKB liegt mit Blick auf die Definition des § 242 StGB vor, wenn der Täter das Fahrzeug eines Anderen wegnimmt, um es sich selbst oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen (Stiefel/Maier/Stadler, Kraftfahrtversicherung, 18. Aufl. 2010, AKB 2008 A.2.2 Rn. 32). Wegnahme bedeutet den Bruch fremden und die Begründung neuen Gewahrsams. Ein Gewahrsamsbruch liegt dabei vor, wenn er gegen oder ohne den Willen des Inhabers aufgehoben wird (Saarländisches OLG, Urt. v. 12.07.2006 – 5 U 650/05, VersR 2007, 830).
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Der Tatbestand der Unterschlagung im Sinne von A.2.2.2 Abs. 2 AKB setzt gemäß § 246 StGB die rechtswidrige Zueignung einer fremden beweglichen Sache, welche sich im Gewahrsam des Täters befindet, voraus (Beckmann/Matusche-Beckmann/Heß/Höke, VersR-Hdb, 3. Aufl. 2015, § 30 Rn. 201). Der Erfolg der Zueignung tritt ein, wenn der Zueignungswille des Täters durch eine nach außen erkennbare Handlung manifestiert wird (Fischer, StGB, 58. Aufl. 2011, § 246 Rn. 6; Halm/Kreuter/Schwab/Stomper, AKB, 1. Aufl. 2010, A.2.2.2 Rn. 480).
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(2) Vor diesem Hintergrund kann zur Überzeugung des Gerichts nicht von einer bedingungsgemäßen Entwendung im Zusammenhang mit dem erstmaligen Verschwinden des X ausgegangen werden.
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(a) Sofern aufgrund der unstreitig unterlassenen Rückgabe des Fahrzeugs zunächst eine Unterschlagung durch den Mieter, X, in Betracht kommt, stellt diese keinen Versicherungsfall dar.
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Zwar kann regelmäßig das bloße Unterlassen einer geschuldeten Rückgabe oder Weiterleitung allein nicht als Manifestation des Zueignungswillens angesehen werden, sodass dies allein noch keine Unterschlagung bedeuten muss (OLG Düsseldorf, Urt. v. 16.03.1998 – 2 Ss 33/98 – 14/98 III, VersR 1999, 1149). Doch auch bei Annahme einer Unterschlagung, läge jedenfalls kein versicherter Fall der Unterschlagung vor, weil der Mieter vorliegend kein tauglicher Täter ist.
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Gemäß A.2.2.2 Abs. 2 AKB ist der Versicherungsschutz im Falle einer Unterschlagung auf einen bestimmten Täterkreis beschränkt (Stiefel/Maier/Stadler, Kraftfahrtversicherung, 18. Aufl. 2010, AKB 2008 A.2.2 Rn. 43). Versicherungsschutz besteht nicht bei einer Unterschlagung durch einen Täter, dem das versicherte Fahrzeug zum Gebrauch in eigenem Interesse überlassen ist (A.2.2.2 Abs. 2 1. Fall AKB). Eine Überlassung erfolgt hierbei zum Gebrauch im eigenen Interesse des späteren Täters, wenn diesem eine selbständige Verfügungsmöglichkeit über das Fahrzeug eingeräumt wird (OLG Hamm, Urt. v. 22.06.2005 – 20 U 242/04, ZfSch 2005, 555; Prölss/Martin/Knappmann, VVG, 28. Aufl. 2010, AKB 2008 A.2.2 Rn. 14), er also vor allem selbst entscheiden kann, ob, wann und wohin er mit dem Fahrzeug fährt (Beckmann/Matusche-Beckmann/Heß/Höke, VersR-Hdb, 3. Aufl. 2015, § 30 Rn. 201; Stiefel/Maier/Stadler, Kraftfahrtversicherung, 18. Aufl. 2010, AKB 2008 A.2.2 Rn. 46). Diese Voraussetzungen treffen auf den Mieter eines Kraftfahrzeugs zu (OLG Celle, Urt. v. 06.01.1994 – 8 U 4/91, ZfSch 1995, 20; Stiefel/Maier/Stadler, Kraftfahrtversicherung, 18. Aufl. 2010, AKB 2008 A.2.2 Rn. 46).
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Vorliegend wurde das Fahrzeug X zum Gebrauch überlassen. Dies geschah zur Erfüllung des Mietvertrages zwischen ihm und der Klägerin, wodurch dem Mieter Verfügungsmacht über das Fahrzeug eingeräumt wurde.
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(b) Daneben hat die insoweit darlegungsbelastete Klägerin einen Diebstahl bzw. eine Unterschlagung durch einen Dritten als versichertes Ereignis schon nicht schlüssig dargelegt.
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(aa) Die Darlegungs- und Beweislast bezüglich des Vorliegens einer Entwendung liegt grundsätzlich beim Versicherungsnehmer. Kommen mehrere Entwendungstatbestände als denkbare Varianten in Frage, ist zu unterscheiden:
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Steht fest, dass ein Dritter das Fahrzeug zum Gebrauch im eigenen Interesse überlassen bekommen hat, so hat der Versicherungsnehmer das Vorliegen eines Diebstahls oder einer Unterschlagung durch eine andere Person darzulegen und zu beweisen (BGH, Urt. v. 20.01.1993 – IV ZR 277/91, VersR 1993, 472; OLG Köln, Urt. v. 14.12.2004 – 9 U 125/03, RuS 2005, 148; Stiefel/Maier/Stadler, Kraftfahrtversicherung, 18. Aufl. 2010, AKB 2008 A.2.2 Rn. 126). Dabei kommen ihm hinsichtlich des Diebstahls gewisse Erleichterungen zugute (OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.09.2000 – 4 U 208/99, VersR 2001, 1551; Stiefel/Maier/Stadler, Kraftfahrtversicherung, 18. Aufl. 2010, AKB 2008 A.2.2 Rn. 48). Es reicht aus, wenn er das äußere Bild einer bedingungsgemäßen Entwendung des Fahrzeugs darlegt und dieses beweist, also ein Mindestmaß an Tatsachen, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf eine Entwendung zulassen (LG Düsseldorf, Urt. v. 09.04.2004 – 11 O 619/02, ZfS 2005, 86). Dieses äußere Bild ist bereits gegeben, wenn der Versicherungsnehmer oder ein anderer Berechtigter das Fahrzeug an einer bestimmten Stelle zu einem bestimmten Zeitpunkt abgestellt und es später dort gegen seinen Willen nicht mehr vorgefunden hat (BGH, Urt. v. 17.05.1995 – IV ZR 279/94, VersR 1995, 909.).
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Liegt der Fall aber so, dass neben der Möglichkeit eines Diebstahls eine (nicht versicherte) Unterschlagung durch den Mieter, dem der Versicherungsnehmer das Fahrzeug überlassen hat, sowie eine versicherte Unterschlagung durch eine andere Person ernsthaft in Betracht, hat das OLG Hamm entschieden, dass der Versicherer darzulegen und zu beweisen hat, dass eine nicht versicherte Variante der Unterschlagung vorliegt (Urt. v. 25.02.2000 – 20 U 151/99, NJW-RR 2000, 1049). Dagegen hat das OLG Düsseldorf in einem solchen Fall angenommen, der Versicherungsnehmer habe darzulegen und zu beweisen, dass der Mieter, also die Person, der das Fahrzeug überlassen wurde, an der Unterschlagung nicht beteiligt war (Urt. v. 26.09.2000 – 4 U 208/99, VersR 2001, 1551; siehe auch Prölss/Martin/Knappmann, VVG, 28. Aufl. 2010, AKB 2008 A.2.2 Rn. 35). Kommt allerdings eine versicherte Unterschlagung nicht zusätzlich in Betracht, bleibt es bei der eingangs geschilderten Darlegungs- und Beweislast des Versicherungsnehmers (Halm/Kreuter/Schwab/Stomper, AKB, 1. Aufl. 2010, A.2.2.2 Rn. 630).
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Vorliegend war es nach dem Gesagten an der Klägerin, Tatsachen zum äußeren Bild eines Diebstahls vorzutragen. Denn es besteht neben dem von der Klägerin behaupteten Diebstahl nur ein Fall der unversicherten Unterschlagung als ernsthaft denkbare Alternative. Es steht nämlich fest, dass das Fahrzeug dem Mieter zum Gebrauch überlassen wurde. Die Möglichkeit einer Unterschlagung durch einen Dritten beim Mieter hat die Klägerin daneben nicht behauptet bzw. nichts hierzu dargelegt.
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(bb) Die Darlegungen der Klägerin reichen vor diesem Hintergrund nicht aus, um dem äußeren Erscheinungsbild eines Diebstahls zu entsprechen.
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Die Klägerin hat zunächst selbst angegeben, nicht genau zu wissen, welche Umstände zum erstmaligen Abhandenkommen des Fahrzeugs geführt haben.
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Richtig ist hierbei – entgegen den Ausführungen der Beklagten – allerdings, dass der Umstand, dass das Fahrzeug ausweislich des Berichts des Polizeipräsidiums X vom X bei der Zulassungsstelle in X keine Aufbruchspuren hatte, nicht per se das äußere Erscheinungsbild eines Diebstahls entfallen lässt. Technisch besteht die Möglichkeit, ein Kraftfahrzeug auch ohne sichtbare Spuren zu öffnen und zu starten (Prölss/Martin/Knappmann, VVG, 28 Aufl. 2010, AKB 2008 A.2.2 Rn. 19; Stiefel/Maier/Stadler, Kraftfahrtversicherung, 18. Aufl. 2010, AKB 2008 A.2.2 Rn. 92).
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Dasselbe gilt nach Auffassung des Gerichts dafür, dass dort die Originalschlüssel und die Zulassungsbescheinigung vorgelegt wurden. Denn es gehört nicht zum äußeren Bild einer Entwendung, dass der Versicherungsnehmer noch sämtliche Originalschlüssel hat (BGH, Urt. v. 17.05.1995 – IV ZR 279/94, VersR 1995, 909). Es ist zudem denkbar, dass der Täter bei einem Diebstahl in den Besitz von Fahrzeugpapieren kommt, etwa wenn diese im Innenraum des Fahrzeugs aufbewahrt werden, weshalb dies ebenfalls nicht das äußere Erscheinungsbild eines Diebstahls zwingend entfallen lässt.
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Die Klägerin hat für einen Diebstahl indes nur ausgeführt, dass die Tatsache, dass ein Dritter das Fahrzeug auf sich zulassen wollte, für einen Diebstahl spricht. Ein Diebstahl hätte z. B. so geschehen können, dass jemand in einem unachtsamen Moment die Wagenschlüssel entwendet. Dieser Vortrag lässt nicht mit der nötigen Sicherheit den Schluss auf einen Diebstahl zu. Es handelt sich vielmehr lediglich um Vermutungen. Die Klägerin hätte zumindest darlegen müssen, zu welcher Zeit und an welchem Ort das Fahrzeug dem Mieter gestohlen bzw. es nicht mehr aufgefunden wurde. Hieran fehlt es dem Vortrag der Klägerin völlig. Schließlich macht auch die spätere Zulassung durch einen Dritten einen Diebstahl nicht hinreichend wahrscheinlich. Die Art und Weise der Inbesitznahme durch den Dritten bleibt nach dem Vortrag der Klägerin völlig offen.
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(3) Eine Leistungspflicht der Beklagten besteht auch mit Blick auf das Abhandenkommen des X aus der behaupteten polizeilichen Verwahrung in X nicht. Die Klage ist auch in diesem Zusammenhang bezüglich einer bedingungsgemäßen Entwendung unschlüssig.
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(a) Eine Entwendung würde in diesem Zusammenhang nach Ansicht des Gerichts voraussetzen, dass der x nach dem erstmaligen – nicht versicherten – Abhandenkommen zwischenzeitlich wieder in den Gewahrsam der Klägerin als Versicherungsnehmerin zurückgekehrt ist. Denn andernfalls würde sich ein Diebstahl bei der X Polizei nur als Fortsetzung des ersten Ereignisses, für welches gerade kein Versicherungsschutz besteht, darstellen. Die für den Begriff der Entwendung erforderliche wirtschaftliche Entrechtung wäre dann nicht (erneut) eingetreten.
75
Gewahrsam im Sinne von § 242 StGB ist die von einem natürlichen Herrschaftswillen getragene tatsächliche Sachherrschaft (Fischer, StGB, 58 Aufl. 2011, § 242 Rn. 11). Ob ein solches Herrschaftsverhältnis vorliegt, richtet sich im Einzelfall nach den Anschauungen des täglichen Lebens (BGH, Urt. v. 26.06.2008 – 3 StR 182/08, NStZ 2008, 624). Voraussetzung ist dabei, dass der Verwirklichung des Willens zur unmittelbaren Einwirkung auf die Sache keine Hindernisse entgegenstehen (Leipold/Tsambikakis/Zöller/Kretschmer, StGB, 2. Aufl. 2015, § 242 Rn. 21).
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(b) Vorliegend hat die Klägerin unter Zugrundelegung ihres eigenen Vorbringens zwischenzeitlich keinen Gewahrsam an dem Fahrzeug erhalten bzw. von neuem begründet.
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Die Klägerin hat keinen Gewahrsam am Fahrzeug dadurch erlangt, dass dieses von der X Polizei sichergestellt wurde. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass eine bestimmte räumliche Nähe zur Sache nicht zwingende Voraussetzung des Gewahrsamsbegriffs ist. Allerdings ist hier die Besonderheit des Falles zu berücksichtigen, dass der X vor dem Wiederauffinden bereits längere Zeit vollständig der tatsächlichen Verfügungsmacht der Klägerin widerrechtlich entzogen war. Später befand sich der Wagen nach dem Vortrag der Klägerin in polizeilicher Verwahrung in X. Die Klägerin hat hierzu selbst ausgeführt, dass es dann noch um die Rückführung des Fahrzeugs ging. Aus dem von der Klägerin vorgelegten Bericht des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. vom X (Anlage K14) und dem weiteren Vortrag der Klägerin ergibt sich, dass die Rückerlangung des Fahrzeugs noch vom Tätigwerden eines Dritten, nämlich eines Rückholservices, abhängig war. Als dieser tätig werden wollte, war nach den Darstellungen der Klägerin das Fahrzeug aus der Verwahrung der Polizei bereits wieder verschwunden. Nach alledem ist es nach dem Vortrag der Klägerin nicht so, dass der X zum Zeitpunkt des zweiten Verschwindens wieder der ungehinderten bzw. unmittelbaren Einwirkung der Klägerin zur Verfügung stand. Denn dies war noch vom Erfolg weiterer Bemühungen, die vorliegend durch den Rückholservice zu erbringen waren, abhängig.
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(4) Da ein Versicherungsfall somit nicht eingetreten ist, kann die Frage offenbleiben, inwiefern eine mögliche verspätete Meldung des Schadensereignisses nach E.6.1 AKB in Verbindung mit E.1.1, E.3.1 AKB oder ein eigenes Verschulden der Klägerin an der Entstehung des Ereignisses einem Anspruch entgegenstehen.
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bb) Mangels Hauptanspruchs kann die Klägerin auch nicht die Zahlung von Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz an die X aus dem Betrag von X € seit dem X aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB verlangen.
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b) Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Zahlung von X € an sich selbst aus §§ 1 Satz 1, 45 Abs. 1 VVG in Verbindung mit dem Versicherungsvertrag, da ein Versicherungsfall nicht eingetreten ist.
81
c) Es ist zudem nicht festzustellen, dass die Beklagte der Klägerin gegenüber zum Ersatz der Kosten verpflichtet ist, welche die Klägerin aufwandte, um wieder in den Besitz ihres Fahrzeugs zu gelangen. Dabei kann offen bleiben, ob solche Kosten nach dem Versicherungsvertrag überhaupt zu ersetzen wären. Denn jedenfalls ist kein versichertes Ereignis eingetreten.
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d) Mangels Anspruchs aus dem Versicherungsvertrag kann die Klägerin auch nicht die zur außergerichtlichen Geltendmachung erforderlichen Rechtsanwaltskosten sowie auf die jeweils geltend gemachten Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem X aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB ersetzt verlangen.
83
II. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 91 ZPO und § 709 Satz 1, Satz 2 ZPO.
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III. Der Streitwert bis zum 04.06.2014 beträgt 101.000,00 €. Ab dem 05.06.2014 beträgt der Streitwert 93.500,00 €.
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Der hiervon erfasste Streitwert des Feststellungsantrags wird vorliegend auf 1.000,00 € geschätzt, §§ 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, 3 ZPO.
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Rechtsbehelfsbelehrung:
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Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
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1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
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2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Landgericht zugelassen worden ist.
90
Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf, Cecilienallee 3, 40474 Düsseldorf, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils (Datum des Urteils, Geschäftsnummer und Parteien) gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
91
Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Oberlandesgericht Düsseldorf zu begründen.
92
Die Parteien müssen sich vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
93
Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
11 O 317/13
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2
Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten zur Leistung aus einer Kraftfahrzeugversicherung sowie die Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten im Zusammenhang mit dem Abhandenkommen eines Kraftfahrzeugs.
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Die Klägerin betreibt unter dem Namen x eine Autovermietung. Zu diesem Zweck unterhielt sie ein Kraftfahrzeug x mit dem amtlichen Kennzeichen x. Das Fahrzeug wurde bei der x, einer Zweigniederlassung der x, mit einem Darlehen finanziert und hierzu von der Klägerin an die x sicherungsübereignet.
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Die Klägerin versicherte den x als „Selbstfahrervermiet-Pkw“ bei der Beklagten unter der Versicherungsscheinnummer 407 30 557175920 mit einer Haftpflichtversicherung und einer Vollkaskoversicherung mit x € Selbstbeteiligung inklusive einer Teilkaskoversicherung mit x € Selbstbeteiligung. Versicherungsbeginn war der x, Vertragsablauf der x. Gegenstand des Versicherungsvertrags sind die Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung (AKB) der Beklagten, Stand 01.01.2008. Diese enthalten unter anderem die folgenden Regelungen:
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„A.2.2 Welche Ereignisse sind in der Teilkasko versichert?
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Versicherungsschutz besteht bei Beschädigung, Zerstörung oder Verlust des Fahrzeugs einschließlich seiner mitversicherten Teile durch die nachfolgenden Ereignisse:
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[...]
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Entwendung
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2. Versichert ist die Entwendung, insbesondere durch Diebstahl und Raub.
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Unterschlagung ist nur versichert, wenn dem Täter das Fahrzeug nicht zum Gebrauch im eigenen Interesse, zur Veräußerung oder unter Eigentumsvorbehalt überlassen wird.
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[...]“
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Wegen des weiteren Inhalts der AKB wird auf diese Bezug genommen (Anlage K2).
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Am x vermietete die Klägerin den x an den aus x stammenden x.
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Zum Ende der Mietzeit – der genaue Zeitpunkt ist zwischen den Parteien streitig – unterblieb eine Rückgabe des Kraftfahrzeugs.
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Die Klägerin stellte in diesem Zusammenhang am x Strafantrag und Strafanzeige wegen aller in Betracht kommender Delikte.
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Anschließend unternahm die Klägerin eigene Anstrengungen, das Fahrzeug zurückzuerlangen. Dabei schaltete sie auf ihre Kosten einen Rechtsanwalt sowie Detektive ein.
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Nach dem Abhandenkommen befand sich der x zwecks Zulassung durch einen Dritten, x, zwischenzeitlich bei der Zulassungsstelle in x. Hiervon erhielt die Klägerin mit Schreiben vom x Mitteilung durch das Polizeipräsidium x (Anlage K12). Der Fahrer war dort im Besitz der Originalschlüssel sowie einer Zulassungsbescheinigung. Das Fahrzeug hatte zu diesem Zeitpunkt keine Aufbruchspuren.
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Im Rahmen der behördlichen Ermittlungen wurde der x dann in x von der dortigen Polizei sichergestellt. Über die Fahrzeugauffindung wurde die Klägerin mit Schreiben des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. vom 08.03.2013, auf welches ergänzend Bezug genommen wird (Anlage K14), informiert.
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Eine Rückgabe an die Klägerin, welche über einen sog. Rückholservice abgewickelt werden sollte, scheiterte jedoch, da das Fahrzeug hiernach erneut verschwand.
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Am x zeigte der Ehemann der Klägerin die Entwendung des Kraftfahrzeugs telefonisch bei der Beklagten an. Mit anwaltlichem Schreiben vom x machte die Klägerin bei der Beklagten die Zahlung eines Betrags von x € aus der Kraftfahrzeug-Versicherung unter Fristsetzung zum x geltend. Ihre Einstandspflicht lehnte die Beklagte mit Fax vom x ab.
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Die Klägerin behauptet, vor Abschluss des Mietvertrags habe sie die Solvenz des Mieters, x, geprüft und habe von diesem eine Kaution in Höhe von x € erhalten. Sie habe zudem Kopien von dessen vorgelegten Kreditkarten, seinem Reisepass sowie Führerschein angefertigt. Als die Rückgabe des Fahrzeugs ausblieb, habe sie durch ihren Ehemann am x Meldung erstattet bei der x, wobei es sich um die zuständige Maklerstelle der Beklagten gehandelt habe, was die Beklagte jeweils mit Nichtwissen bestreitet. Im Anschluss an die Ermittlung bzw. Sicherstellung des Fahrzeugs, jedoch vor dessen Überführung an die Klägerin, sei der Wagen – von der Beklagten jeweils mit Nichtwissen bestritten – aus einer bestehenden polizeilichen Verwahrung in x „gestohlen“ worden. Der Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs abzüglich Mehrwertsteuer betrage x €.
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Die Klägerin ist der Ansicht, es lägen zwei voneinander unabhängig zu betrachtende Schadensereignisse vor. Da das Fahrzeug zwischenzeitlich von der x Polizei sichergestellt worden sei, habe es sich bei der erneuten Entwendung nicht um eine Fortführung des ersten Schadensereignisses gehandelt. Denn das Fahrzeug hätte von der Klägerin abgeholt werden können und habe damit ihrem uneingeschränkten Zugriff wieder zur Verfügung gestanden.
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Die Klägerin hat ursprünglich beantragt,
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1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin EUR 100.000,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.05.2013 zu zahlen.
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2. festzustellen, dass die Beklagte sämtliche Kosten zu tragen hat, die die Klägerin aufwandte, um wieder in den Besitz ihres Fahrzeuges zu gelangen.
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3. außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von EUR 2.118,44 nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.05.2013 zu zahlen.
27
Mit Schriftsatz vom x hat die Klägerin ihren bisherigen Antrag zu 1) neu gefasst und gleichzeitig in Höhe von insgesamt x € zurückgenommen.
28
Die Klägerin beantragt nunmehr,
29
1. die Beklagte zu verurteilen, an die x, x, x, Konto-Nr.: x, IBAN-Nr.: x, EUR x nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem x zu zahlen.
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2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin EUR x nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem x zu zahlen.
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3. festzustellen, dass die Beklagte sämtliche Kosten zu tragen hat, die die Klägerin aufwandte, um wieder in den Besitz ihres Fahrzeuges zu gelangen.
32
4. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von EUR x nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem x zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
34
die Klage abzuweisen.
35
Die Beklagte ist der Ansicht, es gebe lediglich einen Schadensfall. Auch sei davon auszugehen, dass das Fahrzeug aus dem Polizeigewahrsam nicht gestohlen worden sei, sondern erneut unterschlagen. Zudem sei das Fahrzeug, als es sich im x Polizeigewahrsam befand, noch nicht als sichergestellt anzusehen gewesen. Insgesamt liege mithin kein versichertes Ereignis vor.
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Die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft x zum Aktenzeichen x lag vor und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
37
Für weitere Einzelheiten wird auf die wechselseitig übersandten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.
38
Entscheidungsgründe:
39
I. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
40
1. Die Klage ist zulässig.
41
a) Soweit die Klägerin als Versicherungsnehmerin mit ihrem Antrag zu 1) Leistung an einen Dritten, die x, begehrt, hat sie hierzu die erforderliche Prozessführungsbefugnis. Die Prozessführungsbefugnis folgt aus A.2.4 AKB in Verbindung mit § 45 Abs. 1 VVG.
42
Nach A.2.4 AKB ist Versicherter auch die Person, in deren Interesse der Versicherungsvertrag abgeschlossen ist. Es handelt sich dann um einen Fall der Versicherung für fremde Rechnung im Sinne der §§ 43 ff. VVG (Prölss/Martin/Knappmann, VVG, 28. Aufl. 2010, AKB 2008 A.2.4 Rn. 1). Bei unter Sicherungsübereignung angeschafften Fahrzeugen ist hierbei stets ein Fall der Versicherung für fremde Rechnung im Sinne von A.2.4 AKB anzunehmen (Feyock/Jacobsen/Lemor/Jacobsen, Kraftfahrtversicherung, 3. Aufl. 2009, AKB 2008 A.2 Rn. 88; Halm/Kreuter/Schwab/Stomper, AKB, 1. Aufl. 2010, A.2.4 Rn. 723).
43
Zwar ist die gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen des Versicherten durch den Versicherungsnehmer in § 45 Abs. 1 VVG nicht ausdrücklich erwähnt. Die Prozessführungsbefugnis folgt jedoch als prozessuales Äquivalent aus der dort geregelten materiellen Befugnis des Versicherungsnehmers (Bruck/Möller/Brand, VVG, 9. Aufl. 2010, § 45 Rn. 10). Es handelt sich um einen Fall der gesetzlichen Prozessstandschaft (OLG Köln, Urt. v. 13.11.2001 – 9 U 14/00, NVersZ 2002, 515). Der Versicherungsnehmer kann daher in einem solchen Fall auf Leistung an sich oder an den Versicherten klagen (Bruck/Möller/Brand, VVG, 9. Aufl. 2010, § 45 Rn. 10).
44
Hiernach liegt ein Fall der Versicherung für fremde Rechnung vor, welcher die Prozessführungsbefugnis der Klägerin begründet. Die Kaskoversicherung zwischen den Parteien ist vorliegend (auch) im Eigentümerinteresse der x als (Sicherungs-)Eigentümerin des x abgeschlossen worden.
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b) Der als Antrag zu 3) gestellte Feststellungsantrag ist als solcher zulässig.
46
Dem steht auch kein fehlendes Feststellungsinteresse der Klägerin im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO entgegen. Der Antrag ist nicht wegen der Möglichkeit der Erhebung einer entsprechenden Leistungsklage unzulässig.
47
Zwar ist eine Feststellungsklage nach dem Grundsatz der Subsidiarität ausgeschlossen, wenn eine Leistungsklage möglich und zumutbar ist, die das Rechtsschutzinteresse des Klägers ebenso wahren würde (BGH, Urt. v. 17.06.1994 – V ZR 34/92, NJW-RR 1994, 1272; Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 256 Rn. 7a). Ein Ausnahme besteht jedoch in Fällen, in denen zu erwarten ist, dass schon die Feststellung eines Anspruchs zur endgültigen Streitbeilegung führt (Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 256 Rn. 8). Dies wurde in der Rechtsprechung insbesondere bei großen Versicherungsunternehmen bejaht (BGH, Urt. v. 28.09.1999 – VI ZR 195/98, NJW 1997, 3774).
48
Beim beklagten Versicherungsunternehmen kann davon ausgegangen werden, dass es einen rechtskräftig festgestellten Anspruch erfüllt und insofern der Streit beigelegt werden würde.
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2. Die Klage ist jedoch in vollem Umfang unbegründet.
50
Die Klägerin hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von x € an die x (a) sowie von x € an sich (b). Es ist auch nicht festzustellen, dass die Beklagte sämtliche Kosten zu tragen hat, die die Klägerin aufwandte, um wieder in den Besitz ihres Fahrzeuges zu gelangen (c). Schließlich hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf Ersatz außergerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von x € sowie auf die jeweils geltend gemachten Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem x (d).
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a) Die Beklagte ist gegenüber der Klägerin nicht zur Zahlung von x € an die x verpflichtet.
52
aa) Ein entsprechender Anspruch aus §§ 1 Satz 1, 44 Abs. 1 Satz 1 VVG in Verbindung mit dem Versicherungsvertrag zwischen der Klägerin und der Beklagten besteht mangels Eintritts eines versicherten Ereignisses nicht.
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(1) Versichertes Ereignis in der Teilkaskoversicherung ist gemäß A.2.2 AKB unter anderem die Entwendung.
54
Versichert ist nach A.2.2.2 Abs. 1 AKB insbesondere die Entwendung durch Diebstahl und Raub. Eine Unterschlagung ist nach A.2.2.2 Abs. 2 AKB nur versichert, wenn dem Täter das Fahrzeug nicht zum Gebrauch im eigenen Interesse überlassen wird. Die AKB definieren den Begriff der Entwendung ansonsten nicht eigenständig.
55
Eine Entwendung im Sinne der Bedingungen liegt grundsätzlich bei einer widerrechtlichen Sachentziehung vor, die zur wirtschaftlichen Entrechtung des Eigentümers führt (Beckmann/Matusche-Beckmann/Heß/Höke, VersR-Hdb, 3, Aufl. 2015, § 30 Rn. 200). Ob einer der aufgeführten Entwendungstatbestände vorliegt, bestimmt sich dabei nach deren strafrechtlichem Verständnis (OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.09.2000 – 4 U 208/99, VersR 2001, 1551), was bedeutet, dass der äußere Tatbestand des jeweiligen Delikts vorliegen muss (BGH, Urt. v. 27.11.1980 – IVa ZR 36/80, NJW 1981, 684).
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Ein Diebstahl im Sinne von A.2.2.2 Abs. 1 1. Fall AKB liegt mit Blick auf die Definition des § 242 StGB vor, wenn der Täter das Fahrzeug eines Anderen wegnimmt, um es sich selbst oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen (Stiefel/Maier/Stadler, Kraftfahrtversicherung, 18. Aufl. 2010, AKB 2008 A.2.2 Rn. 32). Wegnahme bedeutet den Bruch fremden und die Begründung neuen Gewahrsams. Ein Gewahrsamsbruch liegt dabei vor, wenn er gegen oder ohne den Willen des Inhabers aufgehoben wird (Saarländisches OLG, Urt. v. 12.07.2006 – 5 U 650/05, VersR 2007, 830).
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Der Tatbestand der Unterschlagung im Sinne von A.2.2.2 Abs. 2 AKB setzt gemäß § 246 StGB die rechtswidrige Zueignung einer fremden beweglichen Sache, welche sich im Gewahrsam des Täters befindet, voraus (Beckmann/Matusche-Beckmann/Heß/Höke, VersR-Hdb, 3. Aufl. 2015, § 30 Rn. 201). Der Erfolg der Zueignung tritt ein, wenn der Zueignungswille des Täters durch eine nach außen erkennbare Handlung manifestiert wird (Fischer, StGB, 58. Aufl. 2011, § 246 Rn. 6; Halm/Kreuter/Schwab/Stomper, AKB, 1. Aufl. 2010, A.2.2.2 Rn. 480).
58
(2) Vor diesem Hintergrund kann zur Überzeugung des Gerichts nicht von einer bedingungsgemäßen Entwendung im Zusammenhang mit dem erstmaligen Verschwinden des X ausgegangen werden.
59
(a) Sofern aufgrund der unstreitig unterlassenen Rückgabe des Fahrzeugs zunächst eine Unterschlagung durch den Mieter, X, in Betracht kommt, stellt diese keinen Versicherungsfall dar.
60
Zwar kann regelmäßig das bloße Unterlassen einer geschuldeten Rückgabe oder Weiterleitung allein nicht als Manifestation des Zueignungswillens angesehen werden, sodass dies allein noch keine Unterschlagung bedeuten muss (OLG Düsseldorf, Urt. v. 16.03.1998 – 2 Ss 33/98 – 14/98 III, VersR 1999, 1149). Doch auch bei Annahme einer Unterschlagung, läge jedenfalls kein versicherter Fall der Unterschlagung vor, weil der Mieter vorliegend kein tauglicher Täter ist.
61
Gemäß A.2.2.2 Abs. 2 AKB ist der Versicherungsschutz im Falle einer Unterschlagung auf einen bestimmten Täterkreis beschränkt (Stiefel/Maier/Stadler, Kraftfahrtversicherung, 18. Aufl. 2010, AKB 2008 A.2.2 Rn. 43). Versicherungsschutz besteht nicht bei einer Unterschlagung durch einen Täter, dem das versicherte Fahrzeug zum Gebrauch in eigenem Interesse überlassen ist (A.2.2.2 Abs. 2 1. Fall AKB). Eine Überlassung erfolgt hierbei zum Gebrauch im eigenen Interesse des späteren Täters, wenn diesem eine selbständige Verfügungsmöglichkeit über das Fahrzeug eingeräumt wird (OLG Hamm, Urt. v. 22.06.2005 – 20 U 242/04, ZfSch 2005, 555; Prölss/Martin/Knappmann, VVG, 28. Aufl. 2010, AKB 2008 A.2.2 Rn. 14), er also vor allem selbst entscheiden kann, ob, wann und wohin er mit dem Fahrzeug fährt (Beckmann/Matusche-Beckmann/Heß/Höke, VersR-Hdb, 3. Aufl. 2015, § 30 Rn. 201; Stiefel/Maier/Stadler, Kraftfahrtversicherung, 18. Aufl. 2010, AKB 2008 A.2.2 Rn. 46). Diese Voraussetzungen treffen auf den Mieter eines Kraftfahrzeugs zu (OLG Celle, Urt. v. 06.01.1994 – 8 U 4/91, ZfSch 1995, 20; Stiefel/Maier/Stadler, Kraftfahrtversicherung, 18. Aufl. 2010, AKB 2008 A.2.2 Rn. 46).
62
Vorliegend wurde das Fahrzeug X zum Gebrauch überlassen. Dies geschah zur Erfüllung des Mietvertrages zwischen ihm und der Klägerin, wodurch dem Mieter Verfügungsmacht über das Fahrzeug eingeräumt wurde.
63
(b) Daneben hat die insoweit darlegungsbelastete Klägerin einen Diebstahl bzw. eine Unterschlagung durch einen Dritten als versichertes Ereignis schon nicht schlüssig dargelegt.
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(aa) Die Darlegungs- und Beweislast bezüglich des Vorliegens einer Entwendung liegt grundsätzlich beim Versicherungsnehmer. Kommen mehrere Entwendungstatbestände als denkbare Varianten in Frage, ist zu unterscheiden:
65
Steht fest, dass ein Dritter das Fahrzeug zum Gebrauch im eigenen Interesse überlassen bekommen hat, so hat der Versicherungsnehmer das Vorliegen eines Diebstahls oder einer Unterschlagung durch eine andere Person darzulegen und zu beweisen (BGH, Urt. v. 20.01.1993 – IV ZR 277/91, VersR 1993, 472; OLG Köln, Urt. v. 14.12.2004 – 9 U 125/03, RuS 2005, 148; Stiefel/Maier/Stadler, Kraftfahrtversicherung, 18. Aufl. 2010, AKB 2008 A.2.2 Rn. 126). Dabei kommen ihm hinsichtlich des Diebstahls gewisse Erleichterungen zugute (OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.09.2000 – 4 U 208/99, VersR 2001, 1551; Stiefel/Maier/Stadler, Kraftfahrtversicherung, 18. Aufl. 2010, AKB 2008 A.2.2 Rn. 48). Es reicht aus, wenn er das äußere Bild einer bedingungsgemäßen Entwendung des Fahrzeugs darlegt und dieses beweist, also ein Mindestmaß an Tatsachen, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf eine Entwendung zulassen (LG Düsseldorf, Urt. v. 09.04.2004 – 11 O 619/02, ZfS 2005, 86). Dieses äußere Bild ist bereits gegeben, wenn der Versicherungsnehmer oder ein anderer Berechtigter das Fahrzeug an einer bestimmten Stelle zu einem bestimmten Zeitpunkt abgestellt und es später dort gegen seinen Willen nicht mehr vorgefunden hat (BGH, Urt. v. 17.05.1995 – IV ZR 279/94, VersR 1995, 909.).
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Liegt der Fall aber so, dass neben der Möglichkeit eines Diebstahls eine (nicht versicherte) Unterschlagung durch den Mieter, dem der Versicherungsnehmer das Fahrzeug überlassen hat, sowie eine versicherte Unterschlagung durch eine andere Person ernsthaft in Betracht, hat das OLG Hamm entschieden, dass der Versicherer darzulegen und zu beweisen hat, dass eine nicht versicherte Variante der Unterschlagung vorliegt (Urt. v. 25.02.2000 – 20 U 151/99, NJW-RR 2000, 1049). Dagegen hat das OLG Düsseldorf in einem solchen Fall angenommen, der Versicherungsnehmer habe darzulegen und zu beweisen, dass der Mieter, also die Person, der das Fahrzeug überlassen wurde, an der Unterschlagung nicht beteiligt war (Urt. v. 26.09.2000 – 4 U 208/99, VersR 2001, 1551; siehe auch Prölss/Martin/Knappmann, VVG, 28. Aufl. 2010, AKB 2008 A.2.2 Rn. 35). Kommt allerdings eine versicherte Unterschlagung nicht zusätzlich in Betracht, bleibt es bei der eingangs geschilderten Darlegungs- und Beweislast des Versicherungsnehmers (Halm/Kreuter/Schwab/Stomper, AKB, 1. Aufl. 2010, A.2.2.2 Rn. 630).
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Vorliegend war es nach dem Gesagten an der Klägerin, Tatsachen zum äußeren Bild eines Diebstahls vorzutragen. Denn es besteht neben dem von der Klägerin behaupteten Diebstahl nur ein Fall der unversicherten Unterschlagung als ernsthaft denkbare Alternative. Es steht nämlich fest, dass das Fahrzeug dem Mieter zum Gebrauch überlassen wurde. Die Möglichkeit einer Unterschlagung durch einen Dritten beim Mieter hat die Klägerin daneben nicht behauptet bzw. nichts hierzu dargelegt.
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(bb) Die Darlegungen der Klägerin reichen vor diesem Hintergrund nicht aus, um dem äußeren Erscheinungsbild eines Diebstahls zu entsprechen.
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Die Klägerin hat zunächst selbst angegeben, nicht genau zu wissen, welche Umstände zum erstmaligen Abhandenkommen des Fahrzeugs geführt haben.
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Richtig ist hierbei – entgegen den Ausführungen der Beklagten – allerdings, dass der Umstand, dass das Fahrzeug ausweislich des Berichts des Polizeipräsidiums X vom X bei der Zulassungsstelle in X keine Aufbruchspuren hatte, nicht per se das äußere Erscheinungsbild eines Diebstahls entfallen lässt. Technisch besteht die Möglichkeit, ein Kraftfahrzeug auch ohne sichtbare Spuren zu öffnen und zu starten (Prölss/Martin/Knappmann, VVG, 28 Aufl. 2010, AKB 2008 A.2.2 Rn. 19; Stiefel/Maier/Stadler, Kraftfahrtversicherung, 18. Aufl. 2010, AKB 2008 A.2.2 Rn. 92).
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Dasselbe gilt nach Auffassung des Gerichts dafür, dass dort die Originalschlüssel und die Zulassungsbescheinigung vorgelegt wurden. Denn es gehört nicht zum äußeren Bild einer Entwendung, dass der Versicherungsnehmer noch sämtliche Originalschlüssel hat (BGH, Urt. v. 17.05.1995 – IV ZR 279/94, VersR 1995, 909). Es ist zudem denkbar, dass der Täter bei einem Diebstahl in den Besitz von Fahrzeugpapieren kommt, etwa wenn diese im Innenraum des Fahrzeugs aufbewahrt werden, weshalb dies ebenfalls nicht das äußere Erscheinungsbild eines Diebstahls zwingend entfallen lässt.
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Die Klägerin hat für einen Diebstahl indes nur ausgeführt, dass die Tatsache, dass ein Dritter das Fahrzeug auf sich zulassen wollte, für einen Diebstahl spricht. Ein Diebstahl hätte z. B. so geschehen können, dass jemand in einem unachtsamen Moment die Wagenschlüssel entwendet. Dieser Vortrag lässt nicht mit der nötigen Sicherheit den Schluss auf einen Diebstahl zu. Es handelt sich vielmehr lediglich um Vermutungen. Die Klägerin hätte zumindest darlegen müssen, zu welcher Zeit und an welchem Ort das Fahrzeug dem Mieter gestohlen bzw. es nicht mehr aufgefunden wurde. Hieran fehlt es dem Vortrag der Klägerin völlig. Schließlich macht auch die spätere Zulassung durch einen Dritten einen Diebstahl nicht hinreichend wahrscheinlich. Die Art und Weise der Inbesitznahme durch den Dritten bleibt nach dem Vortrag der Klägerin völlig offen.
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(3) Eine Leistungspflicht der Beklagten besteht auch mit Blick auf das Abhandenkommen des X aus der behaupteten polizeilichen Verwahrung in X nicht. Die Klage ist auch in diesem Zusammenhang bezüglich einer bedingungsgemäßen Entwendung unschlüssig.
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(a) Eine Entwendung würde in diesem Zusammenhang nach Ansicht des Gerichts voraussetzen, dass der x nach dem erstmaligen – nicht versicherten – Abhandenkommen zwischenzeitlich wieder in den Gewahrsam der Klägerin als Versicherungsnehmerin zurückgekehrt ist. Denn andernfalls würde sich ein Diebstahl bei der X Polizei nur als Fortsetzung des ersten Ereignisses, für welches gerade kein Versicherungsschutz besteht, darstellen. Die für den Begriff der Entwendung erforderliche wirtschaftliche Entrechtung wäre dann nicht (erneut) eingetreten.
75
Gewahrsam im Sinne von § 242 StGB ist die von einem natürlichen Herrschaftswillen getragene tatsächliche Sachherrschaft (Fischer, StGB, 58 Aufl. 2011, § 242 Rn. 11). Ob ein solches Herrschaftsverhältnis vorliegt, richtet sich im Einzelfall nach den Anschauungen des täglichen Lebens (BGH, Urt. v. 26.06.2008 – 3 StR 182/08, NStZ 2008, 624). Voraussetzung ist dabei, dass der Verwirklichung des Willens zur unmittelbaren Einwirkung auf die Sache keine Hindernisse entgegenstehen (Leipold/Tsambikakis/Zöller/Kretschmer, StGB, 2. Aufl. 2015, § 242 Rn. 21).
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(b) Vorliegend hat die Klägerin unter Zugrundelegung ihres eigenen Vorbringens zwischenzeitlich keinen Gewahrsam an dem Fahrzeug erhalten bzw. von neuem begründet.
77
Die Klägerin hat keinen Gewahrsam am Fahrzeug dadurch erlangt, dass dieses von der X Polizei sichergestellt wurde. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass eine bestimmte räumliche Nähe zur Sache nicht zwingende Voraussetzung des Gewahrsamsbegriffs ist. Allerdings ist hier die Besonderheit des Falles zu berücksichtigen, dass der X vor dem Wiederauffinden bereits längere Zeit vollständig der tatsächlichen Verfügungsmacht der Klägerin widerrechtlich entzogen war. Später befand sich der Wagen nach dem Vortrag der Klägerin in polizeilicher Verwahrung in X. Die Klägerin hat hierzu selbst ausgeführt, dass es dann noch um die Rückführung des Fahrzeugs ging. Aus dem von der Klägerin vorgelegten Bericht des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. vom X (Anlage K14) und dem weiteren Vortrag der Klägerin ergibt sich, dass die Rückerlangung des Fahrzeugs noch vom Tätigwerden eines Dritten, nämlich eines Rückholservices, abhängig war. Als dieser tätig werden wollte, war nach den Darstellungen der Klägerin das Fahrzeug aus der Verwahrung der Polizei bereits wieder verschwunden. Nach alledem ist es nach dem Vortrag der Klägerin nicht so, dass der X zum Zeitpunkt des zweiten Verschwindens wieder der ungehinderten bzw. unmittelbaren Einwirkung der Klägerin zur Verfügung stand. Denn dies war noch vom Erfolg weiterer Bemühungen, die vorliegend durch den Rückholservice zu erbringen waren, abhängig.
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(4) Da ein Versicherungsfall somit nicht eingetreten ist, kann die Frage offenbleiben, inwiefern eine mögliche verspätete Meldung des Schadensereignisses nach E.6.1 AKB in Verbindung mit E.1.1, E.3.1 AKB oder ein eigenes Verschulden der Klägerin an der Entstehung des Ereignisses einem Anspruch entgegenstehen.
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bb) Mangels Hauptanspruchs kann die Klägerin auch nicht die Zahlung von Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz an die X aus dem Betrag von X € seit dem X aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB verlangen.
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b) Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Zahlung von X € an sich selbst aus §§ 1 Satz 1, 45 Abs. 1 VVG in Verbindung mit dem Versicherungsvertrag, da ein Versicherungsfall nicht eingetreten ist.
81
c) Es ist zudem nicht festzustellen, dass die Beklagte der Klägerin gegenüber zum Ersatz der Kosten verpflichtet ist, welche die Klägerin aufwandte, um wieder in den Besitz ihres Fahrzeugs zu gelangen. Dabei kann offen bleiben, ob solche Kosten nach dem Versicherungsvertrag überhaupt zu ersetzen wären. Denn jedenfalls ist kein versichertes Ereignis eingetreten.
82
d) Mangels Anspruchs aus dem Versicherungsvertrag kann die Klägerin auch nicht die zur außergerichtlichen Geltendmachung erforderlichen Rechtsanwaltskosten sowie auf die jeweils geltend gemachten Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem X aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB ersetzt verlangen.
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II. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 91 ZPO und § 709 Satz 1, Satz 2 ZPO.
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III. Der Streitwert bis zum 04.06.2014 beträgt 101.000,00 €. Ab dem 05.06.2014 beträgt der Streitwert 93.500,00 €.
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Der hiervon erfasste Streitwert des Feststellungsantrags wird vorliegend auf 1.000,00 € geschätzt, §§ 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, 3 ZPO.
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Rechtsbehelfsbelehrung:
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Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
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1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
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2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Landgericht zugelassen worden ist.
90
Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf, Cecilienallee 3, 40474 Düsseldorf, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils (Datum des Urteils, Geschäftsnummer und Parteien) gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
91
Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Oberlandesgericht Düsseldorf zu begründen.
92
Die Parteien müssen sich vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
93
Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.