17.07.2007 · IWW-Abrufnummer 072299
Bundesgerichtshof: Urteil vom 10.05.2007 – VII ZR 288/05
a) Enthält ein Architektenvertrag mit der Bundesrepublik Deutschland die Regelung, dass dessen Ergänzungen und Änderungen der Schriftform bedürfen, so gilt das auch für die nach dem Vertrag zu treffende Einigung über eine zusätzliche Vergütung wegen einer vom Architekten nicht zu vertretenden Bauzeitverzögerung.
b) Sieht der Vertrag vor, dass die Parteien eine zusätzliche Vergütung für die Mehraufwendungen des Architekten wegen einer von ihm nicht zu vertretenden Bauzeitverzögerung zu vereinbaren haben, kann der Architekt einen nach den Mehraufwendungen berechneten Zahlungsanspruch gerichtlich geltend machen, wenn die Einigung nicht zustande kommt.
c) Enthält der Vertrag die Regelung, dass der Architekt für nachweisbare Mehraufwendungen eine zusätzliche Vergütung erhalten soll, setzt der Anspruch nicht voraus, dass die Aufwendungen das Gesamthonorar übersteigen, also auch den Gewinn des Architekten aufgezehrt haben.
d) Zu den Anforderungen an die Darlegung eines Anspruchs auf Ersatz der Mehraufwendungen für den Einsatz von Bauleitern während der verlängerten Bauzeit.
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 288/05
Verkündet am:
10. Mai 2007
in dem Rechtsstreit
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. Mai 2007 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die Richter Dr. Wiebel, Dr. Kuffer, Prof. Dr. Kniffka und Bauner
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 15. November 2005 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf zusätzliche Vergütung von Architektenleistungen während einer verlängerten Bauzeit.
Die beklagte Bundesrepublik Deutschland beauftragte die Klägerin 1996 unter anderem mit der Überwachung eines Bauvorhabens in St., bei dem 117 Wohneinheiten errichtet werden sollten. Im Vertrag war eine Bauzeit von 24 Monaten vorgesehen. § 6.3 des Vertrages lautet:
"Verzögert sich die Bauzeit um Umstände, die der Auftragnehmer nicht zu vertreten hat, wesentlich, so ist für die Mehraufwendungen eine zusätzliche Vergütung zu vereinbaren. Eine Überschreitung bis zu 20 v.H. der festgelegten Ausführungszeit, max. jedoch 6 Monate, ist durch das Honorar abgegolten."
Nach § 2.3 des Vertrages sind die Richtlinien der Staatlichen Bauverwaltung des Bundes für die Durchführung seiner Bauaufgaben (RBBau) zu beachten. Diese sehen unter § 2.8 zur verlängerten Objektüberwachung eine ähnliche Regelung wie § 6.3 des Vertrages vor. Weiter ist geregelt:
"Für den daran anschließenden Zeitraum soll der Auftragnehmer für die nachweislich gegenüber den Grundleistungen entstandenen Mehraufwendungen eine zusätzliche Vergütung bis zum Höchstbetrag der Vergütung je Monat erhalten, die er als Anteil der Vergütung für die Objektüberwachung je Monat der vereinbarten Ausführungszeit erhalten hat."
Die nach § 2.1 des Vertrages zu seinem Bestandteil gewordenen Allgemeinen Vertragsbedingungen (AVB) der Beklagten sehen unter § 14 vor, dass Änderungen und Ergänzungen des Vertrages der Schriftform bedürfen.
Die Klägerin macht geltend, die vereinbarte Bauzeit sei um mindestens 13 Monate verlängert worden. Unter Berücksichtigung eines Abzugs von etwas mehr als 20 % beansprucht sie eine zusätzliche Vergütung für den Zeitraum verlängerter Bauüberwachung von 8 Monaten. Sie behauptet, sie habe sich mit dem bevollmächtigten Amtsleiter und Abteilungsleiter mündlich auf eine zusätzliche Vergütung für 8 Monate in Höhe von 1/24 des Nettohonorars monatlich geeinigt; das seien monatlich 18.960,36 DM, insgesamt 151.682,88 DM. Hilfsweise hat sie den Anspruch auf Mehraufwendungen für zwei Bauleiter in Höhe von insgesamt 188.200 DM gestützt. Sie habe den ständigen, freiberuflichen Bauleiter V. während der gesamten Bauzeitverlängerung von März bis Oktober 1998 eingesetzt und mit 115.000 DM vergütet. Den bei ihr angestellten Bauleiter L. habe sie zusätzlich wegen des vermehrten Arbeitsanfalls von März bis Oktober 1998 eingesetzt. Unter Berücksichtigung der Arbeitgeberleistungen und der anteiligen Bürobelastung ergebe sich für ihn eine Vergütung von 73.200 DM.
Die Klägerin hat eine Forderung von 151.682,88 DM in die Schlussrechnung eingestellt und unter Berücksichtigung von Abschlagszahlungen noch 61.822,39 DM (= 31.609,29 ¤) gefordert. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Zahlungsanspruch weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Auf das Schuldverhältnis finden die bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetze Anwendung (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).
I.
Das Berufungsgericht verneint einen Zahlungsanspruch der Klägerin aus der behaupteten mündlichen Einigung über ein zusätzliches Honorar. Ob eine solche Einigung zustande gekommen sei, könne dahin gestellt bleiben. Die Einigung sei unwirksam, weil es an der gemäß § 4 HOAI bzw. § 14 AVB erforderlichen Schriftform fehle. Die Berufung der Beklagten auf die Formunwirksamkeit sei nicht treuwidrig.