11.07.2017 · IWW-Abrufnummer 195060
Landesarbeitsgericht Düsseldorf: Urteil vom 10.05.2017 – 12 Sa 1024/16
§ 5 Nr. 4 des Manteltarifvertrags für akademisch gebildete Angestellte in der chemischen Industrie lässt keine Regelung durch Betriebsvereinbarung zu, die den Anspruch auf Altersfreizeit für Mitarbeiter, die eine individuelle Teilzeitvereinbarung getroffen haben, d.h. für sämtliche Teilzeitbeschäftigte, vollständig ausschließt.
Tenor:
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 11.11.2016 - 13 Ca 4492/16 - wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Gewährung tariflicher Altersfreizeit an einen teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer
Der im Dezember 1958 geborene Kläger war seit dem 01.08.1973 bei der Beklagten bzw. ihren Rechtsvorgängerinnen beschäftigt. Im Anstellungsvertrag vom 01.12.2004 zwischen dem Kläger und der C. D. AG hieß es u.a.:
Im Manteltarifvertrag für akademisch gebildete Angestellte in der chemischen Industrie vom 02.05.2000 (im Folgenden: MTV Akademiker) hieß es u.a. wie folgt:
In der Gesamtbetriebsvereinbarung "Funktions- und aufgabenorientierte Arbeitszeit der Leitenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Vertragsstufe 1 (GBV FAA-LM1)" hieß es u.a.:
Mit Wirkung zum 01.09.2008 vereinbarten der Kläger und die C. D. AG ausweislich der Vereinbarung vom 06.10.2008 folgendes:
Die wöchentliche Arbeitszeit des Klägers betrug daraufhin 32 Stunden, verteilt auf vier Wochentage. Den bei ihr in Vollzeit tätigen leitenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die das 57. Lebensjahr vollendet hatten, gewährte die C. D. AG bzw. nachfolgend die Beklagte Altersfreizeit im Umfang von einem Tag pro Kalendermonat. Es existierte ein Fragen- und Antwortenkatalog zur GBV FAA-LM1 mit der Bezeichnung "Fragen und Antworten zur GBV Funktions- und aufgabenorientierte Arbeitszeit der Leitenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Vertragsstufe 1 (GBV FAA-LM1) - HR Deutschland PP-CBG, Stand Februar 2013 (Version 1.1); Fragen - Antworten zum Thema Funktions- und aufgabenorientierte Arbeitszeit der Leitenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Vertragsstufe 1 (für HR Professionals, Führungskräfte, LM1 und Zeitsachbearbeiter) (im Folgenden FA GBV FAA-LM1). In diesem hieß es u.a.:
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den zur Akte gereichten FA GBV FAA-LM1 Bezug genommen. Für die Tarifbeschäftigten, die nicht dem MTV Akademiker unterfielen, kam bei der C. D. AG bzw. nachfolgend der Beklagten der Manteltarifvertrag für die chemische Industrie (im Folgenden MTV D.) zur Anwendung. In diesem hieß es u.a.:
In der gemeinsamen Interpretation von § 2a MTV D. der Tarifvertragsparteien vom 08.01.1993 hieß es u.a.:
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichte gemeinsame Interpretation Bezug genommen. Mit mehreren E-Mails aus November 2015 und Dezember 2015 sprach der Kläger gegenüber der C. D. AG die Möglichkeit an, als teilzeitbeschäftigter Mitarbeiter Altersfreizeit zu erhalten, was die C. D. AG ablehnte. Wegen der Einzelheiten der Schreiben wird auf das Anlagenkonvolut K10 Bezug genommen. Mit Schreiben vom 17.06.2016 machte der jetzige Prozessbevollmächtigte des Klägers gegenüber der C. D. AG die Altersfreizeit des Klägers geltend.
Im Wege eines Teilbetriebsübergangs ging das Arbeitsverhältnis des Klägers zum Stichtag 30.06.2016 auf die Beklagte, die C. Business Services GmbH über. In dem Unterrichtungsschreiben vom 17.05.2016 an den Kläger hieß es u.a.:
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das zur Akte gereichte Unterrichtungsschreiben Bezug genommen.
Der Kläger hat gemeint, er habe trotz seiner Teilzeittätigkeit Anspruch auf bezahlte Altersfreizeit. Die Nichtgewährung von Altersfreizeit stelle eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung der Teilzeitkräfte dar; im Ergebnis erhalte er für die gleiche Arbeit weniger Gehalt. Der Ausschluss der Altersfreizeit für Teilzeitbeschäftigte verstoße gegen § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG. Eine Teilzeitkraft habe auf Grund ihres Alters einen ihrem Beschäftigungsanteil entsprechenden Anspruch auf Altersfreizeit wie Vollzeitkräfte. Eine Teilzeitkraft habe ein gleiches Erholungsbedürfnis wie ein Vollzeitbeschäftigter aufgrund des Alters. Er arbeite an vier Tagen Vollzeit, so dass er zumindest an diesen vier Tagen einer Vollzeitkraft gleichzustellen sei. Ihm sei anteilig eine Arbeitsentlastung zu gewähren, wie sie auch Vollzeitbeschäftigten gewährt wird. Im Übrigen werde in § 5 MTV Nr. 4 MTV Akademiker nicht zwischen Vollzeitmitarbeitern und Teilzeitbeschäftigten unterschieden.
Der Kläger hat mit der am 13.08.2016 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 18.08.2016 zugestellten Klage beantragt,
Die Beklagte hat beantragt,
Sie hat gemeint, der Klageantrag zu 2 sei bereits unzulässig. Es fehle das Feststellungsinteresse, weil mit dem Klageantrag zu 1 eine entsprechende Leistungsklage anhängig sei.
Die Klage sei jedenfalls unbegründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung von Altersfreizeit. Gemäß § 5 Nr. 4 MTV Akademiker seien bei der Gewährung von Altersfreizeit "die allgemeinen Regelungen im Betrieb sinngemäß unter Berücksichtigung der Aufgabenstellung des Angestellten anzuwenden." Damit verweise die tarifvertragliche Regelung in erster Linie auf Betriebs- und Sprecherausschussvereinbarungen zur Altersfreizeit im jeweiligen Unternehmen bzw. Betrieb. In ihrem Unternehmen bestehe in Nr. 6 Abs. 2 GBV FAA-LM1 eine Regelung zur Altersfreizeit für Leitende Mitarbeiter der Vertragsstufe 1. Gemäß § 5 Nr. 4 MTV Akademiker in Verbindung mit Nr. 6 Abs. 2 GBV FAA-LM1 bestehe kein Anspruch auf eine bezahlte Altersfreizeit, sofern - wie hier - eine individuelle Teilzeitvereinbarung getroffen wurde.
Eine Diskriminierung von in Teilzeit beschäftigten Arbeitnehmern liege nicht vor. Die Beklagte hat dazu angeführt, dass die Regelung zur Altersfreizeit von den Tarifvertragsparteien eingeführt worden sei, um älteren, in Vollzeit tätigen Mitarbeitern eine Belastungsreduzierung ab einem bestimmten Alter zu gewähren. Einer solchen Belastungsreduzierung bedürfe es jedoch nicht, wenn ohnehin nicht in Vollzeit gearbeitet werde. Sinn und Zweck der Gewährung von Altersfreizeit sei es gerade, dem gesteigerten Erholungsbedürfnis von älteren, in Vollzeit tätigen Arbeitnehmern durch die Gewährung zusätzlicher Freizeit Rechnung zu tragen. Bei Teilzeitbeschäftigten sei die Arbeitsbelastung bereits geringer und damit auch das für die betriebliche Regelung maßgebende Erholungsbedürfnis. Dies gelte insbesondere für den Kläger, weil seine Arbeitszeit - insoweit unstreitig - so verteilt sei, dass er lediglich an vier Tagen pro Woche arbeite. Im Vergleich zu einem Vollzeitbeschäftigten habe er eine deutlich geringere wöchentliche Arbeitsbelastung und damit einhergehend pro Woche eine um einen Tag längere Erholungsphase.
Die Beklagte hat weiter gemeint, eine Ungleichbehandlung sei jedenfalls sachlich gerechtfertigt. Ein Ausschluss der Altersfreizeit für Teilzeitbeschäftigte sei vom Gestaltungsspielraum der Betriebsparteien gedeckt. Den Betriebsparteien komme eine Einschätzungsprärogative in Bezug auf die tatsächlichen Gegebenheiten zu. In gleicher Weise wie die Tarifvertragsparteien könnten auch die Betriebsparteien zulässigerweise berücksichtigen, dass eine ohnehin schon reduzierte Arbeitszeit pro Woche weniger belastend für einen Arbeitnehmer sei als eine Vollzeittätigkeit. Wenn aber ohnehin eine geringere Belastung auf Grund von Teilzeittätigkeit vorliege, bedürfe es nicht noch zusätzlich einer weiteren Arbeitszeitreduzierung. Die Betriebsparteien seien daher berechtigt gewesen, dem gesteigerten Erholungsbedürfnis für Vollzeitbeschäftigte durch einen Anspruch auf Altersfreizeit für diese Mitarbeitergruppe Rechnung zu tragen und Teilzeitbeschäftigte hiervon mangels einer vergleichbaren Interessenlage auszuschließen.
Zu berücksichtigen sei weiter, dass gerade leitende Mitarbeiter in Teilzeit - im Rahmen der betrieblichen Belange - eine weitgehende Dispositionsfreiheit im Hinblick auf die Festlegung ihrer persönlichen Arbeitszeit hätten. Auf Grund ihrer ohnehin reduzierten Arbeitszeit könnten sie durch eine flexible Festlegung ihrer persönlichen Arbeitszeit im Vergleich zu Vollzeitbeschäftigten noch wirkungsvoller etwaigen Überlastungssituationen vorbeugen.
Der Wirksamkeit der Regelung in Nr. 6 Abs. 2 Satz 4 der GBV FAA-LM1 könne nicht entgegengehalten werden, dass sie - anders als die Regelung für Tarifbeschäftigte in § 2 a Nr. 1 Satz 3 MTV D. - für Teilzeitbeschäftigte mit einer reduzierten Arbeitszeit von weniger als 2,5 Stunden pro Woche keine Staffelung vorsehe. Bei den Leitenden Mitarbeitern in ihrem Unternehmen bestehe kein Bedürfnis für eine solche Differenzierung. Im Bereich der leitenden Mitarbeiter lägen - insoweit unstreitig - in ihrem Unternehmen de facto keine Fälle vor, in denen die Arbeitszeit lediglich um weniger als 2,5 Stunden pro Woche reduziert sei.
Die Beklagte hat weiter die Ansicht vertreten, selbst für den Fall der Unwirksamkeit der Regelung in Nr. 6 Abs. 2 Satz 4 der GBV FAA-LM1 ergebe sich kein Anspruch des Klägers auf Altersfreizeit. In diesem Fall würden gemäß § 5 Nr. 4 MTV Akademiker die allgemeinen Regelungen im Betrieb sinngemäß Anwendung finden. Damit seien die diesbezüglichen Regelungen zur Altersfreizeit für Tarifbeschäftigte gemeint. Der Ausschluss des Anspruchs auf Altersfreizeit ergebe sich mithin aus § 2a Nr. 1 Satz 3 MTV D..
Das Arbeitsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger für das Jahr 2016 an 9,6 Arbeitstagen Altersfreizeit zu gewähren, sowie dem Feststellungsantrag in der entsprechenden Höhe stattgegeben. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Gegen das ihr am 06.12.2016 zugestellte Urteil hat nur die Beklagte am 09.12.2016 Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 06.03.2017 - am 06.03.2017 begründet.
Die Beklagte ist der Ansicht, der Ausschluss der Teilzeitbeschäftigten in Nr. 6 GBV FAA-LM1 verstoße nicht gegen § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG. Das Stundenentgelt der anspruchsberechtigten Mitarbeiter bleibe gleich und das Entgelt der Teilzeitbeschäftigten werde nicht reduziert. Dem entspreche die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu den Zeitzuschlägen für Überstunden teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst. Außerdem beinhalte § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG kein absolutes Benachteiligungsverbot beim Entgelt. Eine Verminderung des Entgelts für die anspruchsberechtigten Vollzeitbeschäftigten würde dazu führen, dass der Anreiz bestünde, sich eine kompensierende Beschäftigung zu suchen, was dem Entlastungszweck der Altersfreizeit widerspreche. Dabei sei der Beurteilungs- und Entscheidungsspielraum der Betriebsparteien zu berücksichtigen.
Im Hinblick auf die sachliche Rechtfertigung der Ungleichbehandlung sei im Übrigen Folgendes zu berücksichtigen: § 5 Nr. 4 MTV Akademiker regele die Altersfreizeit nur in sehr allgemeiner Form. Bei der Gewährung seien die allgemeinen Regelungen im Betrieb maßgeblich. Gemeint sei damit § 2a MTV D.. Es sei eine sinngemäße Anwendung dieser Bestimmung unter Berücksichtigung der Aufgabenstellung des einzelnen Angestellten gewollt. Dabei sei Sinn und Zweck der ab dem 01.04.1993 geltenden Neufassung, die Arbeitszeit von Arbeitnehmern ab einem bestimmten Alter im Vergleich zu den Vollzeitbeschäftigten oder Teilzeitbeschäftigten mit einem Volumen über 35 Wochenstunden zu verkürzen. Es sei darum gegangen, den Arbeitnehmern den Übergang in den Ruhestand zu erleichtern. Es gehe darum, die individuelle Belastung zu verringern, was § 2a Nrn. 3 und 4 MTV D. zeigten. Ebenso wie ein Zusatzurlaub trage die Verkürzung der Arbeitszeit dem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Menschen Rechnung. Dass die Zwecksetzung in § 2a MTV D. und in § 5 Nr. 4 MTV Akademiker nicht genannt sei, sei unschädlich.
Für die Personen, auf die der MTV Akademiker Anwendung findet, hätten die Tarifvertragsparteien nur die sinngemäße Anwendung von § 2a MTV D. vereinbart. Die fehlende Ausfüllung sei unschädlich und ändere nichts an dem von der Tarifautonomie gedeckten Entlastungszweck älterer Arbeitnehmer ab dem 57. Lebensjahr. Wollte man auch Teilzeitbeschäftigte mit einbeziehen, könnte das Ziel der Entlastung älterer Mitarbeiter nicht mehr ernsthaft verfolgt werden. Der Grund der Entlastung treffe die Gruppe der Teilzeitbeschäftigten nicht und zwar auch nicht anteilig. In Ausübung der Tarifautonomie hätten die Tarifvertragsparteien im Bereich des MTV Akademiker es den Betriebsparteien überlassen, im Einzelnen zu definieren, wer in welcher Weise anspruchsberechtigt sein soll. Diesen komme damit der gleiche Beurteilungsspielraum wie den Tarifvertragsparteien zu.
Im Übrigen sei es nicht richtig, wenn das Arbeitsgericht davon ausgehe, dass die angebliche Ungleichbehandlung deshalb nicht gerechtfertigt sei, weil die bei ihr bestehenden Regelungen zur Erreichung des anzunehmenden Zwecks der Belastungsreduzierung nicht geeignet seien. Warum die Freistellung an einem Tag im Monat nicht geeignet sei, eine Entlastung zu erreichen, sei nicht ersichtlich.
Aber selbst wenn man den Ausschluss der Teilzeitbeschäftigten in Nr. 6 GBV FAA-LM1 für unwirksam halte, ändere dies nichts. Dies führe zur sinngemäßen Anwendung von § 2a MTV D., wonach der Kläger ebenfalls nicht anspruchsberechtigt sei. Und unabhängig davon hätte der Kläger - wie in § 5 Nr. MTV Akademiker ausgeführt - die Altersfreizeit in Anspruch nehmen müssen. Der Arbeitgeber sei nicht verpflichtet, auf den Arbeitnehmer zuzugehen. Es bleibe unklar, wann der Kläger im Jahr 2016 die Altersfreizeiten verlangt habe. Die Klage sei deshalb unschlüssig.
Der Feststellungsantrag könne nicht zugesprochen werden, weil dies zur Zementierung der Altersfreizeiten unabhängig von einer Veränderung der Arbeitszeit oder der tariflichen bzw. betrieblichen Regelungen führe.
Die Beklagte beantragt,
Der Kläger beantragt,
Er verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts. Zutreffend sei dieses von einer ungleichen Vergütung aufgrund der Gewährung der Altersfreizeit nur für Vollzeitbeschäftigte ausgegangen. Dadurch verändere sich das Arbeitsentgelt pro absolvierter Arbeitsstunde zwischen den in Altersfreizeit freigestellten Arbeitnehmern und ihm. Dass sein Arbeitsentgelt unverändert bleibt, sei unerheblich, weil er bei der Gewährung von Altersfreizeit weniger leisten müsste. Soweit die Beklagte auf §2a MTV D. abstelle, sei dies unerheblich, weil diese Bestimmung auf ihn keine Anwendung finde und außerdem der dortige Ausschluss von Teilzeitbeschäftigten ebenfalls unwirksam sei. Es sei außerdem zwar richtig, dass man älteren Arbeitnehmern mehr Freizeit gewähren könne. Doch darum ginge es nicht, sondern um die Differenzierung zwischen Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten. Seine Schreiben aus November/Dezember 2015 seien eine ausreichende Geltendmachung.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen in beiden Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
A.Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet, weil die zulässigen Klageanträge, soweit das Arbeitsgericht ihnen entsprochen hat, begründet sind. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger für das Jahr 2016 9,6 Arbeitstage Altersfreizeit zu gewähren. Er kann für die Zukunft ab dem Jahr 2017 eine entsprechende Feststellung verlangen.
I.Die Klage ist mit den Anträgen, soweit das Arbeitsgericht ihnen entsprochen hat, zulässig.
1.Der Leistungsantrag auf Gewährung von Altersfreizeit in Höhe von 9,6 Arbeitstagen für das Jahr 2016 ist dahingehend zu verstehen, dass der Kläger ab Rechtskraft dieser Entscheidung die Gewährung von 9,6 Arbeitstagen für das Jahr 2016 verlangt. Auf die zutreffende Auslegung des Antrags durch das Arbeitsgericht und dessen Ausführungen zur Zulässigkeit zu A.I.1. und 2. der Entscheidungsgründe wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen.
2.Der Feststellungsantrag, so wie das Arbeitsgericht ihn dem Kläger zugesprochen hat, ist zulässig.
a)Der Klageantrag ist in zulässiger Weise auf die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses i.S.v. § 256 Abs. 1 ZPO gerichtet. Die Feststellungsklage muss sich nicht auf ein Rechtsverhältnis im Ganzen beziehen, sondern kann sich auch auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus dem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (BAG 17.06.2014 - 3 AZR 412/13, [...] Rn. 16). Der Feststellungsantrag bezieht sich auf ein feststellungsfähiges Teilrechtsverhältnis, nämlich auf die Feststellung, dass dem Kläger Altersfreizeit in einem bestimmten Umfang im Jahr zusteht und zwar entsprechend seiner Teilzeittätigkeit von 80 v.H. in Relation zu der Arbeitszeit von Vollzeitkräften und damit im Umfang von 4/5 von 12 Tagen Altersfreizeit bei Vollzeit. Mit diesen Angaben ist der Feststellungsantrag hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Auch wenn dies nicht im Antrag angegeben ist, ergibt sich aus der Klagebegründung und dem Vorbringen des Klägers im Übrigen, welche Altersfreizeit er mit diesem Feststellungsantrag begehrt. Gemeint ist Altersfreizeit gemäß § 5 Nr. 4 MTV Akademiker i.V.m. Nr. 6 GBV FAA-LM1 i.V.m. der allgemeinen Praxis bei der Beklagten den leitenden Mitarbeitern, die unter die vorgenannten Regelungen fallen, monatlich einen Arbeitstag Altersfreizeit zu gewähren. Gemeint ist im Übrigen der Teilzeitquotient von 80 v.H., wie er sich im Vergleich zu den Vollzeitkräften ergibt, die ebenfalls das 57. Lebensjahr vollendet haben und deren Vollzeitumfang sich aus Nr. 3.2.1 GBV FAA-LM1 bei einer 40-Stundenwoche ergibt. Damit ist zugleich klar, dass sich der Feststellungsantrag auf die Rechtsgrundlagen und den Teilzeitumfang des Klägers bezieht, so wie sie tatsächlich im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung gegeben sind. Auch wenn der Feststellungsantrag zugleich zukunftsbezogen ist, führt dies entgegen der Ansicht der Beklagten nicht zu einer "Zementierung" des zugesprochenen Anspruchs des Klägers auf Altersfreizeit. Ändern sich nach dem Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der Umfang der Teilzeit des Klägers oder die Grundlagen des Anspruchs auf Altersteilzeit (z.B. Änderung des Umfangs oder Wegfall durch Änderung des MTV oder der GBV FAA-LM1), so ändert sich damit der Streitgegenstand. Aufgrund der zeitlichen Grenzen der Rechtskraft ist es einer Partei nicht verwehrt, sich auf Tatsachen zu berufen, die nachträglich die Rechtslage geändert haben, was allgemein und nicht nur für Vollstreckungsabwehrklagen gegen Leistungsurteile gilt (Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl. 2016, vor § 322 Rn. 53; vgl. zur nachträglichen Änderung des Sachverhalts im Rahmen einer gegen einen Leistungstitel gerichteten Vollstreckungsabwehrklage BAG 19.06.2012 - 1 ABR 35/11, NZA 2012, 1179 Rn. 14, 16). Dem Kläger ist es - auch wenn nach der Praxis bei der Beklagten monatlich ein Arbeitstag Altersfreizeit gewährt wird, d.h. er insoweit 0,8 Arbeitstage geltend macht - nicht verwehrt, diese im Rahmen des Feststellungsantrags für das Jahr zusammenzufassen. Im Übrigen ergibt die Auslegung unter Berücksichtigung des Klagevorbringens, dass sich der Feststellungsantrag auf die Zeit ab dem Jahr 2017 bezieht und nicht auch das Jahr 2016 umfasst, auf den sich der Leistungsantrag bezieht (vgl. zur Überschneidung von Leistungs- und Feststellungsantrag bei Klagen auf Altersfreizeit BAG 27.03.1996 - 5 AZR 647/94, [...] Rn. 14). Ausweislich seines bereits erstinstanzlichen Vorbringens ging es dem Kläger mit dem Feststellungsantrag darum, zu verhindern, nicht jedes Jahr aufs Neue per Leistungsantrag die ihm zu gewährende Altersfreizeit einklagen zu müssen (Schriftsatz vom 04.11.2016 Seite 1 unten). Da er dies aber für das Jahr 2016 bereits getan hatte, war davon auszugehen, dass der Feststellungsantrag dieses Jahr nicht mehr betreffen sollte. So hat auch das Arbeitsgericht in zutreffender Weise den Feststellungsantrag verstanden und diesen im Entscheidungszeitpunkt am 11.11.2016 auf die "noch nicht fälligen Ansprüche für die Folgejahre" bezogen (vgl. B.I.2. der Entscheidungsgründe). Die Kammer hat die Parteien in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass sie den Feststellungsantrag dahingehend auslegt, dass dieser erst ab dem Jahr 2017 und dann für die Zukunft gewollt ist. Einwände hierzu hat keine der Parteien erhoben. Auch im Feststellungsantrag ist im Übrigen ohne weiteres davon auszugehen, dass - wie im Leistungsantrag "Arbeitstage" und nicht - wie im Feststellungsantrag wörtlich - "Tage" gemeint sind.
b)Das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben. Die Beklagte bestreitet die vom Kläger angenommene Verpflichtung, ihm Altersfreizeit zu gewähren, weil sie sich dazu aufgrund der Teilzeitbeschäftigung des Klägers als nicht verpflichtet ansieht. Dem Feststellungsantrag steht der Vorrang der Leistungsklage nicht entgegen. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt. Auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts zu B.I. der Entscheidungsgründe wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen.
II.Die Klage ist in dem Umfang, wie das Arbeitsgericht ihr stattgegeben hat, begründet. Der Kläger kann von der Beklagten je Monat 0,8 Arbeitstage Altersfreizeit verlangen, d.h. für das Jahr 2016 9,6 Arbeitstage und ab dem Jahr 2017 ebenfalls im Jahr jeweils 9,6 Arbeitstage. Der Anspruch folgt aus § 5 Nr. 4 MTV Akademiker i.V.m. Nr. 6 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 GBV FAA-LM1 i.V.m. der betrieblichen Praxis i.V.m. dem Arbeitsvertrag des Klägers. Der in Nr. 6 Abs. 2 Satz 4 GBV FAA-LM1 enthaltene Ausschluss des Anspruchs für Teilzeitbeschäftigte ist unwirksam. Der Anspruch ist nicht untergegangen.
1.Der Anspruch folgt aus § 5 Nr. 4 MTV Akademiker i.V.m. Nr. 6 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 GBV FAA-LM1 i.V.m. der betrieblichen Praxis i.V.m. dem Arbeitsvertrag des Klägers. Darüber, dass dem Kläger - wäre er nicht in Teilzeit beschäftigt - dem Grunde nach gemäß den genannten Vorschriften ab dem vollendeten 57. Lebensjahr, d.h. ab dem Jahr 2016 ein Anspruch auf Altersfreizeit zusteht, streiten die Parteien nicht. Der Arbeitsvertrag, der in Nr. 4 letztlich nur die allgemeine Regelung zur Arbeitszeit inhaltsgleich mit § 5 Nr. 1 MTV Akademiker wiedergibt, nimmt in Nr. 13 auf den MTV Akademiker Bezug. Dieser enthält den hier streitigen Anspruch in § 5 Nr. 4 MTV Akademiker, der letztlich in Nr. 6 Abs. 2 Sätze 1 bis 2 GBV FAA-LM1 wiedergegeben wird und in Nr. 6 Abs. 2 Satz 3 GBV FAA-LM1 regelt, dass die Altersfreizeit unter Berücksichtigung der betrieblichen Erfordernisse in Anspruch genommen werden kann. Es ist zwischen den Parteien auch nicht streitig und in der Sache zutreffend, dass die GBV FAA-LM1 nach dem Betriebsübergang bei der Beklagten Anwendung findet. Es trifft weiter zu, dass der Anspruchsumfang selbst weder im MTV Akademiker noch in der GBV FAA-LM1 geregelt ist. Dies ist bereits im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht am 11.11.2016 erörtert worden. Es entspricht allerdings der unstreitigen betrieblichen Praxis, dass den Mitarbeitern, die in den Anwendungsbereich der GBV FAA-LM1 fallen, monatlich ein Arbeitstag Altersfreizeit gewährt wird, d.h. im Jahr insgesamt 12, vorausgesetzt, dass sie in Vollzeit beschäftigt sind. Dies wird durch die FA GBV FAA-LM1 bestätigt, auch wenn es sich dabei nicht um eine Gesamtbetriebsvereinbarung oder einen Bestandteil der GBV FAA-LM1 handelt, sondern um u.a. an die Personalmitarbeiter gerichtete Fragen und Antworten. Der Umfang der im Grundsatz bei Vollzeit gewährten Altersfreizeit ist im Berufungsrechtszug insoweit unstreitig gewesen. Dies ist auch so geblieben, nachdem die Kammer im Termin am 10.05.2017 noch einmal angesprochen hat, dass es an einer Regelung zu dem Umfang der Arbeitszeit im MTV Akademiker und der GBV FAA-LM1 selbst fehlt. Dies alles steht nicht im Streit der Parteien.
2.Streitig ist, ob die mit dem Kläger vereinbarte Teilzeitbeschäftigung von 80 v.H. an vier Arbeitstagen der Woche zu je acht Stunden der Gewährung von Altersteilzeit gänzlich und zwar auch - so wie der Kläger sie im Berufungsrechtszug noch verlangt und spitz zeitratierlich berechnet - im Umfang von 0,8 Arbeitstagen je Monat, d.h. von 9,6 Arbeitstage pro Jahr entgegensteht. Dies ist nicht der Fall. Weder Nr. 6 Abs. 2 Satz 4 GBV FAA-LM1 noch § 5 Nr. 4 MTV Akademiker i.V.m. § 2a Nr. 1 MTV D. stehen dem Anspruch des Klägers entgegen.
a) Nr. 6 Abs. 2 Satz 4 GBV FAA-LM1, die den Anspruch auf Altersfreizeit ausschließt, wenn - wie hier - eine individuelle Teilzeitvereinbarung geschlossen wurde, steht dem Anspruch des Klägers nicht entgegen. Die Vorschrift ist unwirksam, weil die vorrangige tarifliche Regelung des § 5 Nr. 4 MTV Akademiker keinen vollständigen Ausschluss der Teilzeitbeschäftigten auf der Ebene der GBV FAA-LM1 zulässt (§ 77 Abs. 3 BetrVG). Es spricht im Übrigen alles dafür, dass es sich bei der Vorschrift zudem um eine unzulässige Diskriminierung wegen der Teilzeit (§ 4 Abs. 1 TzBfG) handelt.
aa) Nr. 6 Abs. 2 Satz 4 GBV FAA-LM1 ist unwirksam, weil die vorrangige tarifliche Regelung § 5 Nr. 4 MTV Akademiker keinen vollständigen Ausschluss der Teilzeitbeschäftigten auf der Ebene der GBV FAA-LM1 zulässt (§ 77 Abs. 3 BetrVG).
(1)Nach § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG können Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nach Satz 2 der Vorschrift nur dann nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt. Dies muss nicht wörtlich geschehen. Die Zulassung muss im Tarifvertrag nur deutlich zum Ausdruck kommen (BAG 29.10.2002 - 1 AZR 573/01, [...] Rn. 22 m.w.N.). Eine gegen § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG verstoßende Betriebsvereinbarung ist von Anfang an unwirksam. Die Regelungssperre wirkt auch, wenn entsprechende Tarifbestimmungen erst später in Kraft treten. Die betriebliche Regelung wird dann - ex nunc - unwirksam. Sonstige Arbeitsbedingungen i.S.d. § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG sind nicht nur materielle Arbeitsbedingungen, die den Umfang der Leistung des Arbeitnehmers und der Gegenleistung des Arbeitgebers betreffen, sondern alle Regelungen, die als Gegenstand tarifvertraglicher Inhaltsnormen nach § 1 TVG den Inhalt von Arbeitsverhältnissen ordnen. Die gesetzliche Bestimmung dient der Sicherung der ausgeübten und aktualisierten Tarifautonomie sowie der Erhaltung und Stärkung der Funktionsfähigkeit der Koalitionen. Sie will verhindern, dass Gegenstände, derer sich die Tarifvertragsparteien angenommen haben, konkurrierend - und sei es inhaltsgleich - in Betriebsvereinbarungen geregelt werden. Eine Betriebsvereinbarung soll weder als normative Ersatzregelung für nicht organisierte Arbeitnehmer noch als Grundlage für übertarifliche Leistungen dienen. Auch günstigere Betriebsvereinbarungen sind unwirksam. Fällt ein Betrieb in den räumlichen, fachlichen und personellen Geltungsbereich eines Tarifvertrags, sind die Betriebsparteien deshalb gehindert, tariflich normierte Gegenstände in einer Betriebsvereinbarung zu regeln. Die Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG hängt nicht davon ab, dass der Arbeitgeber tarifgebunden ist (zuletzt BAG 26.01.2017 - 2 AZR 405/16, NZA 2017, 52 Rn. 16 m.w.N.). Eine die Sperrwirkung auslösende tarifliche Regelung setzt dabei voraus, dass der Tarifvertrag hinsichtlich der in Frage stehenden Arbeitsbedingungen eine positive Sachregelung enthält. Der Umfang einer tariflichen Regelung ist durch Auslegung des Tarifvertrags zu ermitteln. Dabei ist insbesondere der Gesetzeszweck des § 77 Abs. 3 BetrVG zu berücksichtigen, der verhindern will, dass Gegenstände, derer sich die Tarifvertragsparteien angenommen haben, konkurrierend durch Betriebsvereinbarung geregelt werden (BAG 29.10.2002 a.a.O. Rn. 16).
(2)Tarifliche Inhaltsnormen sind wie Gesetze auszulegen. Auszugehen ist vom Wortlaut der Bestimmungen und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Insbesondere bei unbestimmtem Wortsinn ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der von ihnen beabsichtigte Zweck der tariflichen Regelung zu berücksichtigen, sofern und soweit sie im Regelungswerk ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang der Regelung, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefern kann (BAG 05.05.2015 - 1 AZR 806/13, [...] Rn. 14 m.w.N.).
(3)In Anwendung der genannten Grundsätze lässt § 5 Nr. 4 MTV Akademiker keine Regelung durch Betriebsvereinbarung zu, die den Anspruch auf Altersfreizeit für Mitarbeiter, die eine individuelle Teilzeitvereinbarung getroffen haben, d.h. für sämtliche Teilzeitbeschäftigte, vollständig ausschließt. Dies ergibt die Auslegung von § 5 Nr. 4 MTV Akademiker, in dessen räumlichen, fachlichen und personellen Geltungsbereich die Beklagte fällt. Auszugehen ist zunächst vom Wortlaut der Tarifbestimmung. § 5 Nr. 4 Satz 1 MTV Akademiker enthält den grundsätzlichen Anspruch auf Altersfreizeit für Angestellte, die das 57. Lebensjahr vollendet haben. Dieser wird ohne jede Einschränkung allen Arbeitnehmern gewährt. Eine Ausnahme für Teilzeitbeschäftigte wird gerade nicht gemacht. Diese bzw. deren Zulassung folgt nicht aus § 5 Nr. 4 Satz 2 MTV Akademiker. Richtig ist, dass diese Bestimmung ausführt, dass vom Arbeitgeber bei der Gewährung die allgemeinen Regelungen im Betrieb sinngemäß anzuwenden sind. Ein Ausschluss von Teilzeitbeschäftigten aus dem Anwendungsbereich der grundsätzlich gewährten Altersfreizeit ergibt sich daraus nicht. Sie wird den Betriebsparteien auch nicht gestattet. Es geht nämlich nur um die "Gewährung" und nicht um den Anspruch als solchen, d.h. die im Einzelnen vorzunehmende Ausgestaltung der Modalitäten der Inanspruchnahme von Altersfreizeit. Ein vollständiger Ausschluss einer bestimmten Personengruppe (Teilzeitbeschäftigte) aus dem Anwendungsbereich der Altersfreizeit oder die Gestattung, dies betrieblich zu regeln, ist dem nicht zu entnehmen. Dies, d.h. eine betriebliche Regelungsbefugnis, ergibt sich allenfalls für die Modalitäten der Inanspruchnahme von Altersfreizeit. Die Kammer verkennt nicht, dass § 5 Nr. 4 MTV Akademiker den Anspruchsumfang nicht regelt. Auch dies kann ggfs. betrieblich geregelt werden. Aber darum geht es hier. Die Frage, die sich stellt, ist, ob § 5 Nr. 4 MTV Akademiker allgemein den vollständigen Ausschluss einer ganzen Beschäftigtengruppe von der Altersfreizeit erlauben will. Dies ist zur Überzeugung der Kammer nicht der Fall. Dies zeigt auch der zweite Halbsatz von § 5 Nr. 4 Satz 2 MTV Akademiker. Sinngemäß anzuwenden sind die allgemeinen Regelungen im Betrieb unter Berücksichtigung der Aufgabenstellung des Angestellten. Es wird dabei nicht an den Arbeitszeitumfang, sondern an die Aufgabenstellung des Angestellten angeknüpft. Dies betrifft Inhalt und Art der Tätigkeit und auch den ggfs. höheren Verantwortungsgrad oder die höhere Selbständigkeit des akademisch gebildeten Angestellten, nicht aber dessen geschuldeten Arbeitszeitumfang. Hinzu kommt, dass § 5 Nr. 5 MTV Akademiker einen eigenständigen Ausnahmefall für ein bestimmtes Teilzeitmodell regelt, nämlich die Altersteilzeit. Dies wäre überflüssig, wenn ohnehin bereits Teilzeitverhältnisse vom tariflichen Anwendungsbereich ausgeschlossen wären. Es spricht auch dagegen, insoweit den Betriebsparteien eine Regelungsbefugnis zuzusprechen. Wie § 5 Nr. 5 MTV Akademiker zeigt, regeln die Tarifvertragsparteien es selbst, wenn sie bestimmte Teilzeitformen vom Anwendungsbereich der Altersfreizeit ausnehmen wollen. Dies spricht dagegen, dass sie einen vollständigen Ausschluss von Teilzeitbeschäftigten der konkurrierenden Regelungsbefugnis der Betriebsparteien überantworten wollten. Dagegen spricht entgegen der Ansicht der Beklagten auch der Vergleich mit § 2a MTV D.. In § 2a Nr. 1 MTV D. haben die Tarifvertragsparteien selbst dezidiert geregelt, ab welchem Teilzeitgrad eine Altersfreizeit in Anspruch genommen werden können soll und wann nicht. Und § 5 Nr. 4 Satz 2 MTV Akademiker bezieht sich nicht auf diesen Ausschluss, weil es - wie ausgeführt - nur um die "Gewährung" der Altersfreizeit geht und dies auch nur in Bezug auf die Aufgabenstellung. Die gemeinsame Interpretation der Tarifvertragsparteien vom 08.01.1993 bezieht sich im Übrigen nur auf §2a MTV D. und nicht auf den späteren, vom 02.05.2000 datierenden MTV Akademiker. In der Zwischenzeit ist u.a. der Beschluss des Bundesarbeitsgerichts gemäß §91a ZPO vom 27.03.1996 (5 AZR 647/94, [...]) ergangen, der zumindest Zweifel daran erkennen lässt, ob ein vollständiger Ausschluss der Teilzeitbeschäftigten aus § 2a MTV D. wirksam ist. Wenn die Tarifvertragsparteien der D. nachfolgend im MTV Akademiker keinen Ausschluss der Teilzeitbeschäftigten vom Anwendungsbereich der Altersfreizeit regeln, sondern dies nur noch speziell für die Altersteilzeit vorsehen, spricht auch dies aus der Sicht der dem MTV Akademiker unterworfenen Arbeitnehmer und Arbeitgeber dafür, dass eben nur noch diese Personengruppe an Teilzeitbeschäftigten ausgenommen werden soll und dass auch die Betriebsparteien keine darüber hinausgehende abweichende Regelung treffen können sollen.
(4)Die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG ist vorliegend nicht auf Grund der Schutzfunktion der in § 87 Abs. 1 BetrVG geregelten Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats beseitigt. Der Tarifvorbehalt des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG greift nicht ein, soweit es sich um Angelegenheiten der erzwingbaren Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 BetrVG handelt. Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ist nach § 87 Abs. 1 Eingangshalbsatz BetrVG nur dann ausgeschlossen, wenn eine zwingende tarifliche Regelung vorliegt (BAG 18.02.2015 - 4 AZR 778/13, [...] Rn. 20). § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG führt daher auch im Anwendungsbereich des § 87 Abs. 1 BetrVG dann zur - vollständigen oder partiellen - Unwirksamkeit einer betrieblichen Regelung, wenn dieser eine zwingende tarifliche Regelung entgegensteht (BAG 29.04.2004 - 1 ABR 30/02, [...] Rn. 101). Die Kammer geht insoweit davon aus, dass betreffend die Ausgestaltung des Anwendungsbereichs von Altersfreizeit kein Mitbestimmungsrecht besteht (vgl. für die Einführung von Altersteilzeit BAG 10.12.2013 - 1 ABR 39/12, [...] Rn. 12, das insoweit nur bei der Verteilung der Aufstockungsleistungen ein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG annimmt). Die Herausnahme von Teilzeitbeschäftigten aus dem Anwendungsbereich von Altersteilzeit unterliegt auch nicht der Mitbestimmung aus § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG. Im Übrigen besteht mit § 5 Nr. 4 MTV Akademiker eine zwingende und abschließende Regelung im Sinne von § 87 Abs. 1 Eingangshalbsatz BetrVG, die ein bestehendes Mitbestimmungsrecht ausschließt, weil die Beklagte tarifgebunden ist.
bb)Es spricht außerdem alles dafür, dass es sich bei Nr. 6 Abs. 2 Satz 4 GBV FAA-LM1 um eine unzulässige Diskriminierung wegen der Teilzeit (§ 4 Abs. 1 TzBfG) handelt (offen gelassen von BAG 27.03.1996 a.a.O.; s.a. LAG L. 08.01.2016 - 10 Sa 730/15, [...] einerseits und LAG Düsseldorf 13.09.2016 - 14 Sa 874/15, [...] andererseits). Es mag zutreffen, dass der Zweck der Regelung von Altersfreizeit ist, durch eine Verkürzung von Arbeitszeit den Übergang in den Ruhestand zu erleichtern und die Arbeitsbelastung im Alter zu mindern, was bei Teilzeitbeschäftigten aufgrund ihrer ohnehin bereits verminderten Arbeitszeit nicht mehr erforderlich ist. Allerdings wirkt sich die Reduzierung der Arbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten durch die Altersfreizeit unmittelbar auf das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung aus. Zu § 9 Abs. 1 AAB der ver.di-Beschäftigten hat das Bundesarbeitsgericht insoweit Folgendes ausgeführt: "Wird die Arbeitszeit von Teilzeitbeschäftigten nicht herabgesetzt und bleibt deren Arbeitsentgelt unverändert, so erhalten diese pro Arbeitsstunde ein geringeres Arbeitsentgelt als die Vollzeitbeschäftigten der Beklagten. Diese durch § 4 Abs. 1 TzBfG untersagte Ungleichbehandlung kann für Teilzeitbeschäftigte, mit denen eine feste Stundenzahl vereinbart ist, nur vermieden werden, wenn entweder deren Arbeitszeit unter Beibehaltung des bisherigen Arbeitsentgelts entsprechend gekürzt wird oder wenn unter Beibehaltung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit ein entsprechend höheres Arbeitsentgelt gezahlt wird." (Urteil vom 22.10.2015 - 8 AZR 168/14, NZA 2016, 1081 Rn. 33). Es spricht zur Überzeugung der Kammer sehr viel dafür, dass ein solches Wahlrecht auch hier geben sein müsste, wenn nicht die Bestimmung in Nr. 6 Abs. 2 Satz 4 GBV FAA-LM1 aufgrund der vorrangigen tariflichen Regelung in § 5 Nr. 4 MTV Akademiker unwirksam wäre.
b)§ 5 Nr. 4 MTV Akademiker i.V.m. § 2a Nr. 1 MTV D. steht dem Anspruch des Klägers ebenfalls nicht entgegen. Wie bereits ausgeführt, regelt § 5 Nr. 4 MTV Akademiker seinen Anwendungsbereich im Hinblick auf die erfassten Arbeitnehmer in Bezug auf den Arbeitszeitumfang selbst und nimmt nur diejenigen aus, die in einem Altersteilzeitarbeitsverhältnis stehen. Ohnehin ist der rein auf den Tarifbereich zugeschnittene Anwendungsbereich in seiner dezidierten Ausformung in § 2a MTV D. auf § 5 Nr. 4 MTV Akademiker nicht ohne weiteres übertragbar.
c)Rechtsfolge des Verstoßes gegen § 77 Abs. 3 BetrVG ist die Teilunwirksamkeit von Nr. 6 Abs. 2 Satz 4 GBV FAA-LM1, weil im Übrigen eine in sich geschlossene sinnvolle Regelung verbleibt. Es kann dahinstehen, ob ggfs. auch Nr. 6 Abs. 2 Sätze 1 und 2 GBV FAA-LM1 unwirksam sind, weil es bei § 5 Nr. MTV Akademiker bliebe, der inhaltlich gleich ist. Da der vollständige Ausschluss von Teilzeitbeschäftigten unwirksam ist, stehen dem Kläger - wie begehrt - spitz ratierlich berechnet im Jahr jeweils 9,6 Arbeitstage Altersfreizeit zu. Dass sich dabei anteilige Tage ergeben, steht dem Anspruch nicht entgegen, denn gemäß Nr. 6 Abs. 4 Satz 3 FAA-LM1 sind andere Formen der Abwicklung als in ganzen freien Tagen möglich.
3.Der Anspruch auf 9,6 Arbeitstage Altersfreizeit ist weder durch Erfüllung noch durch Zeitablauf untergegangen. Soweit die Beklagte dem Kläger für das Jahr 2016 die 9,6 Arbeitstage Altersfreizeit gewährt hat, hat sie - auch wenn das Urteil nicht rechtskräftig ist und die Urlaubsgewährung für 2016 nach dem Antrag erst nach Rechtskraft gewährt werden soll - den Anspruch auf Altersfreizeit insoweit nicht erfüllt. Die Beklagte hat lediglich - wie sie in der Kammerverhandlung erklärt hat - den erstinstanzlichen Urteilsanspruch, auch wenn er noch nicht rechtskräftig ist, befolgt. Eine Erfüllungswirkung trat dadurch nicht ein. Auch wenn der Ausspruch des Arbeitsgerichts aufgrund der Antragsfassung hier nicht vorläufig vollstreckbar ist, muss auch einem solchen Fall der Schuldner bis zum Eintritt der formellen Rechtskraft grundsätzlich davon ausgehen, dass der Gläubiger das Urteil nicht als abschließende Regelung des Streitverhältnisses hinnehmen will, sondern lediglich die Leistung erbringt, um das Urteil zu befolgen (vgl. insoweit zu vorläufig vollstreckbaren Titeln BGH 19.11.2008 - X ZR 39/08, [...]). Es fehlt an einer Manifestation der Erfüllungswirkung seitens der Beklagten. Diese hat nicht zu erkennen gegeben, dass es mit der Gewährung von Altersfreizeit endgültig sein Bewenden haben soll (vgl. OLG Frankfurt 12.07.2013 - 4 UF 265/12, [...] Rn. 117), zumal es durchaus möglich wäre im Falle eines Prozessverlustes seitens des Klägers, die freien Tage nachzuarbeiten. Die Ansprüche des Klägers sind auch nicht infolge - angeblich - fehlender Geltendmachung durch Zeitablauf untergegangen. Eine solche Regelung findet sich in Nr. 6 Abs. 4 GBV FAA-LM1 nicht. Vielmehr ist dort lediglich ausgeführt, dass die Kumulation von Altersfreizeittagen zu vermeiden ist. Ein Verfall der Ansprüche durch Zeitablauf kann dem nicht entnommen werden. Regelungen in den FA GBV FAA-LM1 können den tariflichen und den Regelungen in der GBV FAA-LM1 nicht entgegenstehen. Soweit § 2a MTV D. entnommen werden könnte, dass Altersfreizeit, die in drei Monaten nach zu gewähren ist, andernfalls verfällt, findet diese Regelung vorliegend keine Anwendung. Denn § 5 Nr. 4 MTV Akademiker eröffnet für die "Gewährung" der Altersfreizeit betrieblichen Spielraum. Darum geht es hier. Diese Frage ist aber in Nr. 6 Abs. 4 GBV FAA-LM1 "weicher" formuliert, indem die Kumulation von Altersteilzeittagen lediglich zu vermeiden ist. Ein Verfall derselben nach Zeitablauf kann dem nicht entnommen werden.
B.Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
C.Die Kammer hat die Berufung gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG im Hinblick auf den räumlichen Geltungsbereich des MTV Akademiker und die grundsätzliche Frage, ob dieser den Ausschluss der Altersfreizeit für teilzeitbeschäftigte Mitarbeiter auf betrieblicher Ebene erlaubt, zugelassen.
Effertz
Bickhove-Swiderski