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27.07.2017 · IWW-Abrufnummer 195412

Oberlandesgericht Dresden: Urteil vom 12.03.2015 – 10 U 1598/14

1. Hat der Auftraggeber die Unangemessenheit der Frist zur Stellung einer Sicherheit gem. § 648a BGB gerügt und hat der Auftragnehmer diese daraufhin verlängert, ohne dass der Auftraggeber dies als zu kurz beanstandet hätte, so kann er sich nachträglich nicht mehr auf die Unangemessenheit der verlängerten Frist berufen.

2. Eine Bürgschaft ist nur dann ein taugliches Sicherungsmittel i.S. von § 648a BGB, wenn sie einen Verzicht auf die Einrede der Vorausklage enthält (§ 239 Abs. 2 BGB).

3. Der Bürgschaftsvertrag kommt jedenfalls dann nicht durch Übermittlung einer Kopie der Bürgschaftsurkunde per Telefax zustande, wenn der Bürge den Bürgschaftsvertrag nur unter Einhaltung der Schriftform schließen will. Hiervon ist auszugehen, wenn nach dem Inhalt der Bürgschaftsurkunde die Verpflichtung aus der Bürgschaft mit der Rückgabe der Urkunde endet.


In dem Rechtsstreit

S. ... GmbH, ...

vertreten durch den Geschäftsführer ...

- Klägerin und Berufungsklägerin -

Prozessbevollmächtigte:

Rechtsanwälte ...

gegen

H. H., ...

- Beklagter und Berufungsbeklagter -

Prozessbevollmächtigter:

Rechtsanwalt ...

wegen Forderung

hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht K.,

Richter am Oberlandesgericht H. und

Richter am Oberlandesgericht Dr. S.

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19.02.2015

für Recht erkannt:
Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Dresden vom 02.10.2014, Az.: 9 O 201/14, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts Dresden vom 02.10.2014, Az.: 9 O 201/14, sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, sofern nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss:

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 25.991,30 EUR festgesetzt.
Gründe

I.

Die Klägerin verfolgt mit ihrer Berufung einen Anspruch auf Erstattung von Mehrkosten bzw. Schadensersatz nach Kündigung eines VOB-Werkvertrages weiter.

Der Beklagte wurde von der Klägerin mit Abbrucharbeiten am Bauvorhaben "Erneuerung, Anbau Sporthalle ...-Schule, ...straße .. in ..." beauftragt. Das zuletzt unterbreitete Angebot des Beklagten vom 08.11.2013 nahm die Klägerin am 26.11.2013 an (Anlage K 1, Anlage B 2). Der Baubeginn wurde auf den 26.11.2013 festgelegt. Nachfolgend entstanden Meinungsverschiedenheiten wegen verzögerter Bauausführung, der Anzahl der Arbeitskräfte und wegen Behinderungen durch Schadstoffbelastungen etc.. Unter dem 16.12.2013 forderte die Klägerin den Beklagten auf, den Arbeitseinsatz zu verstärken, um Verzögerungen aufzuholen (Anlage K 4). Sollte bis zum 20.12.2013 ein bestimmter Leistungsstand nicht erreicht sein, wurde eine Kündigung aus wichtigem Grund angedroht. Mit Schreiben vom 18.12.2013 (Anlage K 5) verlangte der Beklagte von der Klägerin, bis spätestens zum 02.01.2014 eine Sicherheit gemäß § 648a BGB in Höhe von 47.601,89 € zu stellen. Mit Email vom 19.12.2013 (Anlage K 6) teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass sie die geforderte Sicherheit bei ihrem Versicherer beantragt habe, wies aber darauf hin, dass die Terminsetzung unrealistisch sei, weil über den Jahreswechsel kaum jemand den Antrag bearbeiten werde (Anlage K 6). Mit Schreiben vom 22.12.2013 (Anlage K 10, Anlage B 16) räumte der Beklagte eine Verlängerung der Frist zur Übergabe der Bürgschaft bis zum 06.01.2014 ein. Mit Email vom 06.01.2014 (Anlage K 12) teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass sie an diesem Tag die "geforderte Bürgschaft nach § 648a BGB" auf der Baustelle habe übergeben wollen, zu der Bauberatung aber trotz schriftlicher Einladung von Seiten des Beklagten niemand erschienen sei. Sie bat daher um Mitteilung eines Termins, damit eine ordnungsgemäße Übergabe der Bürgschaft erfolgen könne. Der Email war als Anhang eine Abschrift der Bürgschaft beigefügt. Die Originalurkunde der "Bürgschaft zur Bauhandwerkersicherung nach § 648a BGB" der ... Versicherung AG vom 06.01.2014 (Anlage K 14), die keinen Verzicht auf die Einrede der Vorausklage enthält, wurde an die Klägerin übersandt. Mit Schreiben vom 07.01.2014 (Anlage K 13) kündigte der Beklagte den Bauvertrag, weil die geforderte Sicherheit nicht rechtzeitig bei ihm eingegangen sei.

Das Landgericht hat die Klage mit dem - der Klägerin am 13.10.2014 zugestellten - Urteil vom 02.10.2014 (Bl. 99 ff. dA), auf das zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO), abgewiesen. Seiner Ansicht nach ist die Fristsetzung bis zum 06.01.2014 angemessen gewesen, weil sich die Klägerin als erfahrene Baufirma auf entsprechende Sicherheitsverlangen einrichten müsse. Das Sicherheitsverlangen sei auch nicht treuwidrig gewesen. Da der Kreditversicherer nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin die Bürgschaftsurkunde am 06.01.2014 zur Post gegeben habe, habe sie diese am 06.01.2014 dem Beklagten nicht übergeben können. Es könne daher dahinstehen, ob der Beklagte die Übergabe am 06.01.2014 dadurch vereitelt habe, dass er sich an diesem Tag nicht auf der Baustelle aufgehalten hat. Nach alledem sei die Kündigung des Beklagten vom 07.01.2014 wirksam.

Hiergegen richtet sich die - am 05.11.2014 eingelegte und am 03.12.2014 begründete - Berufung der Klägerin. Sie meint, das Landgericht habe die Voraussetzungen des § 648a Abs. 5 BGB verkannt. Ihr Kreditversicherer habe die Bürgschaft am 06.01.2014 ausgestellt, was sie dem Beklagten mitgeteilt habe. Er habe daher am 07.01.2014 zu Unrecht gekündigt. Bereits die Fristsetzung sei nicht angemessen gewesen. Das Aufforderungsschreiben vom 18.12.2013 sei ihr erst am 19.12.2013 zugegangen. Für den Kreditversicherer hätten wegen des Jahreswechsels nur wenige Arbeitstage zur Verfügung gestanden, um die Bürgschaft zu erstellen. Ihr könne nicht vorgeworfen werden, dass sie die Sicherheit ohne schuldhaftes Zögern bereits am 06.01.2014 hätte übergeben können. Denn sie habe es nicht zu vertreten, dass ihr Kreditversicherer den Bürgschein nicht unmittelbar am 06.01.2014 an sie ausgehändigt habe. Entscheidend sei, dass sie alles Erforderliche zum raschen Erhalt einer Bauhandwerkersicherheit getan habe. Das Landgericht habe auch die Treuwidrigkeit der Kündigung durch den Beklagten verkannt. Er habe ein für ihn ungünstiges Angebot abgegeben und deshalb einen Weg finden müssen, um sich vom Vertrag zu lösen. Mit dem Verlangen nach einer Bauhandwerkersicherheit habe er nicht seine Vergütung absichern, sondern sich von einem verlustreichen Vertrag lösen wollen. Dies widerspreche dem Grundsatz von Treu und Glauben. Mit Email vom 06.01.2014 sei ihm mitgeteilt worden, dass die Bauhandwerkersicherheit auf der Baustelle übergeben werden soll. Es hätte daher dem Beklagten oblegen, mit ihr einen Termin abzustimmen.

Die Klägerin beantragt,

das am 02.10.2014 verkündete Urteil des Landgerichts Dresden, Az.: 9 O 201/14, abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 25.991,90 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er meint, die Fristsetzung sei angemessen gewesen, weil für die Klägerin 19 Kalendertage, davon 13 Werktage und 8 Bankarbeitstage, zur Verfügung gestanden hätten. Das Oberlandesgericht Dresden habe schon eine Frist von einer Woche für angemessen und ausreichend erachtet. Auf die Angemessenheit der Frist komme es aber auch nicht, weil die Klägerin bislang keine Sicherheit vorgelegt habe, die den Anforderungen des Gesetzes genüge. Denn die von der Klägerin mit Email vom 06.01.2014 in Kopie übersandte Bürgschaftsurkunde enthalte nicht den nach §§ 232 Abs. 2, 239 Abs. 2 BGB erforderlichen Verzicht auf die Einrede der Vorausklage. Die Kündigung sei aber auch aus einem anderen Grund begründet. Denn die Klägerin habe seine Bedenken hinsichtlich der Schadstoffbelastung ignoriert. Allein ihre Forderung, die Analyseergebnisse zu ignorieren und ohne entsprechende Schutzvorkehrungen Unterhangdecken zu beseitigen, die mit künstlichen Mineralfasern belastet sind, begründe ein Recht zur fristlosen Kündigung. Ungeachtet dessen habe die Klägerin auch die Voraussetzungen ihres Kostenerstattungsanspruchs aus § 8 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B nicht schlüssig dargetan.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Verfahrens und des wechselseitigen Parteivorbringens wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

1. Der Anspruch auf Erstattung von Mehrkosten bzw. Schadensersatz gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B ist nicht begründet, weil der Beklagte den Bauvertrag mit Schreiben vom 07.01.2014 gemäß § 648a Abs. 5 S. 1 BGB wirksam gekündigt hat.

1.1. Nach § 648a Abs. 1 S. 1 BGB kann der Unternehmer eines Bauwerks vom Besteller Sicherheit für die auch in Zusatzaufträgen vereinbarte und noch nicht gezahlte Vergütung einschließlich dazugehöriger Nebenforderungen, die mit 10 vom Hundert des zu sichernden Vergütungsanspruchs anzusetzen sind, verlangen. Die - vorliegend erfolgte - Einbeziehung der VOB/B in den Bauvertrag ändert nichts an der uneingeschränkten Geltung von § 648a BGB, denn § 648a BGB gilt auch in einem Vertrag, in dem die VOB/B vereinbart ist (BGH, Urteil vom 16. April 2009 - VII ZR 9/08 - NJW-RR 2009, 892; Kniffka/Schmitz, Der Bauvertrag, § 648a Rn. 171).

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Voraussetzungen eines Anspruchs des Beklagten auf Stellung einer Sicherheit nach § 648a BGB erfüllt sind. Es besteht nur Streit darüber, ob der Beklagte der Klägerin eine angemessene Frist zur Leistung der Sicherheit gesetzt hat und ob der Kündigung des Beklagten der Grundsatz von Treu und Glauben entgegensteht.

1.2. Ein Leistungsverweigerungsrecht des Unternehmers oder ein Kündigungsrecht entsteht erst, wenn der Unternehmer dem Besteller erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung der Sicherheit gesetzt hat. Der Gesetzesbegründung ist zu entnehmen, dass der Gesetzgeber bewusst davon abgesehen hat, den Begriff der Angemessenheit näher zu bestimmen (BT-Dr. 12/1836, S. 8). Die Dauer dieser Frist kann nicht einheitlich festgelegt werden; es kommt vielmehr auf die Umstände des Einzelfalles an (vgl. MüKo BGB/Busche, 6. Aufl., § 648a Rn. 14; Staudinger/Peters/Jacoby, BGB (2014), § 648a Rn. 25; Erman/Schwenker, BGB, 14. Aufl., § 648a Rn. 8; NK-BGB/Raab, 2. Aufl., § 648a Rn. 34). Eine Frist zur Leistung der Sicherheit ist jedenfalls dann angemessen, wenn es dem Besteller in dieser Frist ermöglicht wird, die Sicherheit ohne schuldhaftes Zögern zu erlangen. Dabei ist darauf abzustellen, was von einem Besteller verlangt werden kann, der sich in normalen finanziellen Verhältnissen befindet (BGH, Urteil vom 31. März 2005 - VII ZR 346/03 - BGH NJW 2005, 1939 [BGH 31.03.2005 - VII ZR 346/03]). Die Dauer der Frist muss mindestens für die Kontaktaufnahme mit einem Kreditinstitut oder einem Kreditversicherer ausreichen (Staudinger, a.a.O., Rn. 25; Bamberger/Roth/Voit, BGB, 3. Aufl., § 648a Rn. 23). Für die Angemessenheit der Frist ist ferner zu beachten, dass es sich bei § 648a BGB - objektiv - um eine zwingende Vertragspflicht des Bestellers handelt, mit deren Belastung er bei seiner Finanzierungsplanung von vornherein rechnen muss. Die Frist wird demgemäß in der Regel eher kurz zu bemessen sein (Erman, a.a.O., Rn. 8). Eine Frist von einer Woche kann bei professionellen Auftraggebern auch bei einem Großauftrag ausreichend sein (OLG Dresden, Urteil vom 1. März 2006 - 12 U 2379/04 - BauR 2006, 1318). Bei solchen Auftraggebern kann erwartet werden, dass Ihnen die Rechte des Unternehmers nach § 648a BGB geläufig sind. Eine Frist von deutlich über 10 Tagen wird man daher dem Bauherrn nur in seltenen Ausnahmefällen gewähren können (Oberlandesgericht Naumburg, Urteil vom 16. August 2001 - 2 U 17/01 - BauR 2003, 556). Aufgrund der notwendigen Zeit für die Beschaffung der Sicherheit sollte deswegen in der Regel eine Frist von 7 - 10 Tagen notwendig und ausreichend sein (BT-Dr. 12/1836, S. 9). Wenn auch das Leistungsverweigerungsrecht nach § 648a Abs. 7 BGB durch Parteivereinbarung nicht ausgeschlossen werden kann, ist es aber als zulässig anzusehen, die angemessene Frist des § 648a Abs. 1 S. 1 BGB im Einzelfall einvernehmlich konkret zu bestimmen oder Formanforderungen für die Fristsetzung festzulegen (Bamberger, a.a.O., Rn. 26). Hinsichtlich der Fristsetzung sind nur die Werktage zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 20. Dezember 2010 - VII ZR 22/09 - NJW-RR 2011, 235). Auf § 11 Abs. 3 VOB/B, nach dem auch der Samstag ein Werktag ist, kommt es mithin nicht an (Kniffka/Schmitz, a.a.O. Rn. 4).

Ausgehend hiervon geht der Senat mit dem Landgericht davon aus, dass der Beklagte der Klägerin eine angemessene Frist zur Leistung der Sicherheit gesetzt hat.

1.2.1. Unstreitig hat der Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 18.12.2013 unter Fristsetzung bis zum 02.01.2014 zur Stellung einer Sicherheit gemäß § 648a BGB aufgefordert (Anlage B 15). Die Klägerin hat erstinstanzlich unwidersprochen dargetan, dass ihr das Schreiben vom 18.12.2013 am 19.12.2013 zugegangen ist. Soweit der Beklagte erstmals mit Schriftsatz vom 26.01.2015, Seite 2 (Bl. 128 dA), vorgetragen hat, das Schreiben vom 18.12.2013 sei der Klägerin an demselben Tag bereits vorab per Telefax übermittelt worden, ist er mit seinem Vorbringen ausgeschlossen. Denn die Klägerin hat an ihrem Vorbringen, das Schreiben sei ihr am 19.12.2013 zugegangen, festgehalten und damit den in der Berufungsinstanz neuen Sachvortrag des Beklagten bestritten. Gründe für eine Zulassung des neuen Vorbringens (§ 531 Abs. 2 ZPO) hat der Beklagte nicht dargetan.

1.2.2. Damit standen der Klägerin zur Beschaffung der Sicherheit 8 Werktage zur Verfügung, wenn man berücksichtigt, dass sie nach Zugang des Schreibens des Beklagten vom 18.12.2013 am 19.12.2013 noch in der Lage war, am selben Tag die Sicherheit bei ihrem Kreditversicherer zu beantragen (siehe die Email vom 19.12.2013, Anlage K 6). Zumindest aber standen der Klägerin zwischen dem 20.12.2013 und dem 06.01.2014 7 Werktage zur Beschaffung der Sicherheit zur Verfügung. Diese Frist war nach Auffassung des Senats angemessen und ausreichend, um die geforderte Sicherheit zu leisten. Dabei ist auch zu bedenken, dass bereits vor dem 18.12.2013 zwischen den Parteien Meinungsverschiedenheiten auftraten, weil der Beklagte die Existenz von schadstoffhaltigen Baumaterialien gerügt hatte. Unter diesen Umständen musste die Klägerin jederzeit damit rechnen, dass der Beklagte wegen der erschwerten Bedingungen die Erbringung einer Sicherheitsleistung fordern würde. Bei der Klägerin handelt es sich zudem um eine professionelle Auftraggeberin, die über eine langjährige Erfahrung mit der Abwicklung und Durchführung von Bauverträgen verfügt. Dies zeigt sich nicht zuletzt daran, dass sie umgehend eine Bürgschaft bei ihrem Kreditversicherer beantragt hat und ihr die Geschäftsabläufe und Bearbeitungszeiten bei ihrem Kreditversicherer offensichtlich bekannt waren.

1.2.3. Die Klägerin muss sich auch deshalb an der Fristsetzung bis zum 06.01.2014 festhalten lassen, weil es, wie vorstehend bereits ausgeführt, zulässig ist, die - angemessene - Frist des § 648a Abs. 1 S. 1 BGB zu vereinbaren und die Parteien den gesamten Umständen nach eine entsprechende Vereinbarung getroffen haben. Denn auf den Hinweis der Klägerin mit Email vom 19.12.2013 (Anlage K 6), dass die ursprüngliche Terminsetzung zum 02.01.2014 unrealistisch sei, weil über den Jahreswechsel kaum jemand den Antrag bearbeiten werde, hat der Beklagte mit Schreiben vom 22.12.2013, das der Klägerin am selben Tage um 12.47 Uhr per Fax zugegangen ist, seine Bereitschaft erklärt, die Frist zur Übergabe der Bürgschaft bis zum 06.01.2014 zu verlängern (Anlage K 10). Dem ist die Klägerin in der Folgezeit nicht (mehr) entgegengetreten, insbesondere hat sie nicht etwa erneut moniert, auch diese Frist sei zu kurz bemessen. Der Beklagte konnte deshalb davon ausgehen, dass die Klägerin damit einverstanden ist, dass die Sicherheit bis spätestens 06.01.2014 geleistet werden soll. Dass die Klägerin die - verlängerte - Frist bis zum 06.01.2014 akzeptiert hat, zeigt sich auch daran, dass sie sich selbst auf eine Übergabe - einer Abschrift - der Bürgschaft am 06.01.2014 auf der Baustelle eingerichtet hatte.

1.2.4. Die Frist hat die Klägerin nicht eingehalten. Nach ihrem eigenen Vortrag hat ihr Kreditversicherer die Bürgschaft erst am 06.01.2014 erstellt und - adressiert an die Klägerin - zur Post gegeben. Mithin hat die Klägerin am 06.01.2014 die Originalbürgschaft nicht in Händen gehabt und eine Übergabe an die Beklagte wäre nicht möglich gewesen.

1.2.5. Das Kündigungsrecht des Beklagten gemäß § 648a Abs. 5 BGB war entstanden, nachdem die von ihm geforderte Bürgschaft nicht innerhalb der von ihm gesetzten angemessenen und auch - konkludent - vereinbarten Frist bis zum 06.01.2014 geleistet wurde. Die Email der Klägerin an den Beklagten vom 06.01.2014 (Anlage K 12), mit der sie auch eine Kopie der Bürgschaft als Anlage übermittelt hat, kann die Übergabe der Originalbürgschaft nicht ersetzen. Zwar bedürfte die Bürgschaftserteilung durch den Kreditversicherer der Klägerin grundsätzlich - abweichend von § 766 BGB - gemäß § 350 HGB nicht der Schriftform. Nach dem banküblichen Verhalten des Kreditversicherers muss aber davon ausgegangen werden, dass er den Bürgschaftsvertrag nur unter Einhaltung der Schriftform gemäß §§ 127 Abs. 1, 126 Abs. 1 BGB schließen wollte und folglich die Übermittlung einer Telefax-Kopie der Bürgschaftsurkunde vom 06.01.2014 durch die Klägerin an den Beklagten nicht ausreichte. Dafür spricht insbesondere, dass nach dem Inhalt der Bürgschaftsurkunde die Verpflichtungen aus der Bürgschaft mit der Rückgabe der Urkunde erlöschen sollten. Mithin sollte der Urkunde nicht lediglich eine Beweisfunktion zukommen. Damit hat die Klägerin die ihr nach § 648a BGB obliegende Pflicht nicht fristgemäß erfüllt, denn die Telefax-Kopie der Bürgschaftsurkunde stellte keine ausreichende Sicherheit im Sinne von § 648a Abs. 1 BGB dar. Im Hinblick auf die auflösende Bedingung der Bürgschaftsverpflichtung - die Verpflichtung des Bürgen sollte, wie gesagt, durch Rückgabe der Originalurkunde erlöschen - wäre der Beklagte im Falle einer Rückgabe der von dem Kreditversicherer an die Klägerin übersandten Originalurkunde vor Aushändigung an den Beklagten ohne Sicherheit geblieben. Die Originalurkunde hat er im Übrigen bis heute nicht erhalten.

1.2.6. Ungeachtet der nicht eingehaltenen Frist stellt die von der Klägerin als Anhang zu der der Email vom 06.01.2014 (Anlage K 12) übersandte Telefax-Kopie der Bürgschaft (Anlage K 14) ohnehin kein untaugliches Sicherungsmittel dar. Denn gemäß §§ 232 Abs. 2, 239 Abs. 2 BGB muss die Bürgschaftserklärung den Verzicht auf die Einrede der Vorausklage enthalten (vgl. Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Aufl., 10. Teil, Rn. 147), was hier gerade nicht der Fall ist.

1.2.7. Der Einwand der Klägerin, die mit Schreiben vom 07.01.2014 (Anlage K 13) erklärte Kündigung verstoße gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, greift nicht durch.

Der am 06.01.2014 nicht stattgefundene Zugang der - ihrem Inhalt nach ohnehin als Sicherungsmittel nach § 648a BGB nicht tauglichen - Original-Bürgschaftsurkunde beruhte jedenfalls darauf, dass die Klägerin mit ihrem Kreditversicherer nicht vereinbart hat, dass ihr die Bürgschaftsurkunde rechtzeitig vor dem 06.01.2014 übersandt wird. Hinzu kommt, dass die Klägerin nicht für eine hinreichend klare Formulierung der Bürgschaftsurkunde gesorgt hat, die keinen Zweifel an einer ausreichenden Sicherheitsleistung zulässt. Mithin konnte der Beklagte nach Fristablauf den Vertrag am 07.01.2014 wirksam kündigen. Das Sicherungsbegehren des Beklagten war auch nicht unbeachtlich, falls ihm (auch) die Absicht zugrunde gelegen haben sollte, einen unauskömmlichen oder sonst als lässig empfundenen Vertrag zu "kippen", indem er darauf baut, dass die Sicherheit nicht geleistet wird und er dann kündigen kann (vgl. Staudinger, a.a.O., § 648a Rn. 24). Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte zu seiner eigenen Leistung nicht bereit und nicht in der Lage war (BGH NJW 2001, 263; BGH NZBau 2008, 55 [BGH 27.09.2007 - VII ZR 80/05]), sind nicht ersichtlich oder substantiiert dargetan.

Zudem spricht gegen eine solche Absicht, dass der Beklagte auf den Hinweis der Klägerin, die Terminsetzung zum 02.01.2014 sei unrealistisch, die Frist um 4 Tage 'verlängert' hat und damit das 'Risiko', dass die Klägerin fristgemäß eine ausreichende Sicherheit stellt, nicht unwesentlich erhöht hätte.

2. Nach alledem kann dahinstehen, ob der Beklagte auch zur fristlosen Kündigung des abgeschlossenen Bauvertrags berechtigt gewesen wäre und die Klägerin ihren Anspruch auf Erstattung der durch eine Ersatzvornahme entstandenen Mehrkosten bzw. auf Schadensersatz schlüssig dargetan hat.

III.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert (§ 543 Abs. 2 S. 1 ZPO).

Vorschriften§ 648a Abs. 1 S. 1 BGB § 648a Abs. 5 S. 1 BGB § 766 BGB § 126 Abs. 1 BGB § 127 Abs. 1 BGB § 239 Abs. 2 BGB § 350 HGB

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