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25.09.2017 · IWW-Abrufnummer 196703

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 22.06.2017 – 7 Sa 381/16


In dem Rechtsstreit
A., A-Straße, A-Stadt
- Klägerin und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigte/r: Rechtsanwälte B., B-Straße, B-Stadt
gegen
Stadt D., D.-Straße, D-Stadt
- Beklagte und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte/r: Arbeitgeberverband C., C-Straße, C-Stadt
hat die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz auf die mündliche Verhandlung vom 22. Juni 2017 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Krol-Dickob als Vorsitzende und den ehrenamtlichen Richter Langen und den ehrenamtlichen Richter Schmidt als Beisitzer für Recht erkannt:

Tenor:
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 22. Juni 2016, Az. 1 Ca 1604/15, wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.


2. Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand



Die Parteien streiten über Vergütung für 105,57 Mehrarbeitsstunden vor dem Hintergrund einer - nach Auffassung der Klägerin unzulässigen - Verrechnung von Mehrarbeits- mit Minusstunden.



Die 1972 geborene Klägerin ist aufgrund des Arbeitsvertrages vom 11. Juli 2012 (Bl. 7 ff. d. A.) seit dem 1. November 2012 bei der Beklagten in deren Theater beschäftigt. Zuvor hat sie dort erfolgreich eine Ausbildung als Herrenschneiderin absolviert und war in ein Vollzeitarbeitsverhältnis übernommen worden. Der Arbeitsvertrag beinhaltet unter anderem folgende Regelungen:

"§ 1 (1) Frau A. ist ab 01. November 2012 auf unbestimmte Zeit eingestellt □ (...) □ als Teilzeitbeschäftigte/r □ (...) X mit 50 % der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit einer Vollbeschäftigten. Für die Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit wird jeweils der Zeitraum November bis 31. Oktober (Ausgleichszeitraum nach § 6 Abs. 2 TVöD) zugrunde gelegt. □ (...) (2) Der/die Beschäftigte ist im Rahmen begründeter betrieblicher/dienstlicher Notwendigkeiten zur Leistung von Sonntags-, Feiertags-, Nacht-, Wechselschicht- und Schichtarbeit sowie Bereitschaftsdienst, Rufbereitschaft, Überstunden und Mehrarbeit verpflichtet. § 2 Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach der durchgeschriebenen Fassung des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD) für den Dienstleistungsbereich Verwaltung (TVöD-V) und den ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung einschließlich des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (§ 1 Abs. 2 TVÜ-VKA). Außerdem finden die im Bereich des Arbeitgebers jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung."



Der Änderungsvertrag vom 14. Mai 2013 (Bl. 10 f. d. A.) beinhaltet folgende Regelung unter § 1 Abs. 1:

"Frau A. ist ab 01. November 2012 auf unbestimmte Zeit eingestellt □ (...) □ als Teilzeitbeschäftigte/r □ (...) X mit 50 % der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit einer Vollbeschäftigten. Für die Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit wird der Zeitraum 01. November 2012 bis 31. Dezember 2013 und ab 1. Januar 2014 jeweils der Zeitraum 1. Januar bis 31. Dezember (Ausgleichszeitraum nach § 6 Abs. 2 TVöD) zugrunde gelegt."



Zwischen der Beklagten und deren Personalvertretung wurde eine Dienstvereinbarung über die Einführung der Zeitwirtschaft und die Flexibilisierung der Arbeitszeit der Stadtverwaltung D-Stadt abgeschlossen. Wegen deren Inhalts in der Fassung vom 15. Januar 2015 wird auf Bl. 55 ff. d. A. Bezug genommen.



Die Klägerin wird in den letzten Jahren in Teilzeit als Ankleiderin im Theater der Beklagten beschäftigt. Der Ankleidedienst ist Bestandteil der Kostümabteilung des Theaters der Beklagten und den Schneidereien, unterteilt nach Damen und Herren, zugeordnet. Im Ankleidedienst Herren, dem die Klägerin angehört, sind drei Ankleider/innen - eine Vollzeitkraft und zwei Teilzeitkräfte - beschäftigt. Außerdem werden fünf studentische Aushilfen in jedem Ankleidedienst eingesetzt. Die Einsätze der Ankleider/innen beginnen je nach Theaterstück ca. 1,5 bis 2 Stunden vor Vorstellungsbeginn und enden in der Regel mit dem Vorstellungsende bzw. 30 Minuten später, wenn noch Wäsche eingesammelt werden muss. Ein vorläufiger Dienstplan wird in der Regel den Ankleiderinnen mindestens einen Monat im Voraus bekannt gegeben, der endgültige Plan jeden Dienstag für die zwei darauf folgenden Wochen. Die Vorgehensweise der Dienstplanerstellung ist mit dem Personalrat abgestimmt. Die monatliche Sollarbeitszeit der Klägerin wird von der Beklagten in den einzelnen Monaten unterschiedlich abgerufen.



In einem Vermerk der stellvertretenden Verwaltungsdirektorin Z. Y. der Beklagten vom 8. Oktober 2014 (Bl. 43 d. A.) heißt es:

"Im Ergebnis des heutigen Gesprächs mit Frau A. und Herrn X. sowie nach anschließender Rücksprache mit ZC / Personal, Frau W., wird zur Klarstellung und Klärung folgendes festgehalten: - Frau A. Arbeitszeit wird eine Drei-Tage-Woche zugrunde gelegt. - Dies entspricht einer täglichen Arbeitszeit von 6,5 Stunden (= 19,5 Std./Woche). - Daraus ergibt sich ein Urlaubsanspruch von 18 Tagen pro Jahr, eine Urlaubswoche entspricht drei Urlaubstagen á 6,5 Stunden. - Die Stundenzahl von 6,5/Tag gilt sowohl für Urlaubs- als auch für Krankheitstage, an denen Frau A. hätte arbeiten müssen. - Die Jahresstundenzahl ergibt sich anteilig aus den quartalsmäßig von ZD/Personal im Mitteilungsblatt veröffentlichten Sollarbeitstagen bzw. -stunden pro Monat. Zur Gewährleistung einer einheitlichen Handhabung wird dieser Vermerk an alle betroffenen Abteilungen übersandt."



Die Klägerin wird monatlich gleichmäßig auf der Basis von 19,5 Wochenstunden, also der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit einer Vollzeitbeschäftigten, vergütet. Am Ende des Kalenderjahres überprüft die Beklagte, ob die Klägerin innerhalb des Jahreszeitraums durchschnittlich die vereinbarte regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit geleistet hat. Dabei werden die in den jeweiligen Monaten gegenüber der Sollarbeitszeit geleisteten Minusstunden mit den in den einzelnen Monaten festgestellten über die Sollarbeitszeit hinausgehenden Mehrstunden verrechnet. Verbleibende Mehrarbeitsstunden werden ausgezahlt. Verbleiben Minusstunden, wird kein Ausgleich vorgenommen und der überschießende Zahlungsbetrag verbleibt bei der Klägerin.



Die Klägerin hat folgende Ist-Stunden geleistet: im Januar 2015 99,25, im Februar 2015 63,71, im März 2015 51,25, im April 2015 57,08, im Mai 2015 52,87, im Juni 2015 115,92, im Juli 2015 82,28 und im August 2015 78.



Sie ist in die Entgeltgruppe 3 Stufe 4 TVöD eingruppiert und erhält ein Grundgehalt in Höhe von 50 % von 2.372,78 € brutto sowie eine Theaterbetriebszulage nach dem Bezirkstarifvertrag für Beschäftigte an Theater und Bühnen vom 19. Januar 2007 in der Änderungsfassung vom 17. Juli 2008 in Höhe von 50 % von 342,12 € brutto.



Mit ihrer am 30. November 2015 beim Landgericht Trier eingegangenen, der Beklagten am 29. Dezember 2015 zugestellten Klage verfolgt die Klägerin einen Anspruch auf Vergütung von 105,57 Mehrstunden à 16,64 € brutto aus dem Zeitraum Januar bis Oktober 2015. Auf Antrag der Klägerin erklärte sich das Landgericht Trier durch Beschluss vom 11. Dezember 2015 (Bl. 16 f. d. A.) für unzuständig und gab den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht Trier ab.



Die Klägerin war erstinstanzlich der Ansicht,



wenn die Beklagte das Jahressoll der zu leistenden Arbeitszeit auf der Grundlage der von Januar bis Dezember erbrachten Leistungen berechne, führe sie tarif- und vertragswidrig ein Arbeitszeitkonto. Die Beklage sei insbesondere nicht berechtigt, Minusstunden mit Mehrarbeitsstunden zu verrechnen.



§ 6 Abs. 2 TVöD lege nur in Form einer Arbeitsschutzvorschrift die regelmäßige Arbeitszeit fest. Darüber hinaus zu leistende Arbeit werde als Überarbeit angesehen. Soweit ein Arbeitszeitkorridor (§ 6 Abs. 6 TVöD) oder eine Rahmenarbeitszeit (§ 6 Abs. 7 TVöD) vereinbart sei, sei ein Arbeitszeitkonto einzurichten. Ein Arbeitszeitkonto sei bei der Beklagten nicht entsprechend § 10 TVöD-V durch Dienst- oder Betriebsvereinbarung zustande gekommen. Auch ein entsprechender bezirklicher Tarifvertrag existiere nicht. Die Einrichtung eines Arbeitszeitkontos bedürfe außerdem einer entsprechenden Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien. Mangels entsprechender Mitwirkung des Personalrats liege auch keine individuelle Vereinbarung eines Arbeitszeitkontos zwischen den Parteien vor.



Die Beklagte habe ihre Arbeitszeit gemäß § 106 GewO auf drei Tage in der Woche mit jeweils 6,5 Stunden verteilt. Dementsprechend werde der Urlaub mit 18 Tagen im Jahr festgelegt, wobei eine Urlaubswoche entsprechend 3 Urlaubstagen à 6,5 Stunden entspreche. Soweit sie weniger arbeite als der Sollstundenzahl entspreche, entstünden diese Minusstunden ausschließlich dadurch, dass die Beklagte ihre Arbeitsleistung nicht annehme. Eine Vereinbarung nach § 12 TzBfG liege nicht vor.



Liege die Verantwortung für die Arbeitszuweisung und Einteilung allein beim Arbeitgeber, gerate dieser nach § 296 S. 1 BGB in Annahmeverzug, wenn er den Arbeitnehmer aus betrieblichen Gründen nicht im Umfang der vereinbarten Arbeitszeit einsetzen könne, ohne dass es eines Angebots der Arbeitsleistung seitens des Arbeitnehmers bedürfe.



Auch die Belastung eines - hier nicht vereinbarten - Arbeitszeitkontos mit Minusstunden setze voraus, dass der Arbeitgeber diese Stunden im Rahmen einer verstetigten Vergütung entlohnt habe und der Arbeitnehmer zur Nachleistung verpflichtet sei, weil er die in Minusstunden ausgedrückte Arbeitszeit vorschussweise vergütet erhalten habe.



Arbeitszeit, die über die wöchentlich vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinaus geleistet worden sei, sei Mehrarbeit. Diese sei ohne Rücksicht darauf, dass in anderen Zeiten Arbeitszeit seitens der Beklagten nicht abgerufen worden sei, zu vergüten.



Bei der Berechnung sei von monatlich 81,6 Soll-Stunden auszugehen, woraus sich ein Stundenlohn in Höhe von 16,64 € brutto errechne. Die Klägerin hat vorgetragen, im September 2015 habe sie 97,57 Ist-Stunden sowie im Oktober 2015 118,55 Ist-Stunden geleistet.



Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.756,68 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen.



Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.



Sie hat vorgetragen,



§ 6 Abs. 2 S. 1 TVöD finde Anwendung, auch aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme. Die tarifliche Regelung ermögliche eine Verteilung der Arbeitszeit entsprechend dem jeweiligen Arbeitsanfall. Es müsse lediglich sichergestellt sein, dass über den Zeitraum von einem Jahr der jeweils geltende Umfang des Arbeitszeitvolumens eingehalten werde.



Die bei ihr geltende Dienstvereinbarung über die Einführung der Zeitwirtschaft und Flexibilisierung der Arbeitszeit enthalte keine von § 6 Abs. 2 TVöD abweichende Regelung. Ausgehend vom Ausgleichszeitraum nach § 6 Abs. 2 TVöD werde auch jährlich die durchschnittliche Tage-Woche der Klägerin berechnet, um zum einen deren jährlichen Urlaubsanspruch und zum anderen die tägliche Sollarbeitszeit zu ermitteln, die bei Urlaubs- und Krankheitstagen gutgeschrieben werde. Dieses Ergebnis sei durch den internen Vermerk vom 8. Oktober 2014 für den zurückliegenden Zeitraum Januar bis September 2014 festgehalten und den Beteiligten zur Kenntnis gegeben worden.



Damit der Arbeitnehmerin keine finanziellen Nachteile durch schwankende monatliche Einkünfte entstünden, sei vereinbart worden, dass die Klägerin jeden Monat einen gleichbleibenden Verdienst auf Grundlage der vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit von 19,5 Stunden/Woche zuzüglich Theaterbetriebszulage und möglicher Zulagen erhalte. Das Betriebsrisiko werde hierdurch gerade nicht auf die Arbeitnehmerin abgewälzt, da etwaige Minusstunden am Ende eines Kalenderjahres zulasten des Arbeitgebers gingen.



Bei der Berechnung des Arbeitsentgelts der Klägerin sei von folgenden Soll-Stunden auszugehen: im Januar 2015 81,9, im Februar 2015 78, im März 2015 85,8, im April 2015 78, im Mai 2015 70,2, im Juni 2015 81,9, im Juli 2015 89,7, im August 2015 81,9, im September 2015 85,8, im Oktober 2015 85,8, im November 2015 81,9 sowie im Dezember 2015 78. Die Klägerin habe im September 2015 102,57 Ist-Stunden geleistet, im Oktober 2015 112,05, im November 2015 64,25 und im Dezember 2015 104,28 Ist-Stunden. Hieraus ergebe sich für den eingeklagten Zeitraum Januar bis Oktober 2015 eine Differenz von 4,02 Minusstunden und für das gesamte Jahr 2015 ein Plus von 4,61 Stunden, das von der Klägerin erreicht worden sei. Diese 4,61 Mehrstunden habe sie an die Klägerin ausgezahlt.



Das Stundenentgelt der Klägerin betrage unter Zugrundelegung einer durchschnittlichen Wochenanzahl von 4,348 lediglich 16,01 € brutto.



Das Arbeitsgericht Trier hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht - zusammengefasst - ausgeführt, der Klägerin stehe ein Anspruch auf Vergütung für Mehrarbeitsstunden betreffend den Zeitraum Januar bis Oktober 2015 nicht zu. Die von der Beklagten vorgenommene Verrechnung monatlicher Mehr- mit Minusstunden in dem im Arbeitsvertrag vereinbarten Ausgleichszeitraum von einem Kalenderjahr für die Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen Arbeitszeit sei rechtmäßig. Im Arbeitsvertrag bzw. zuletzt im Änderungsvertrag vom 14. Mai 2013 hätten die Parteien unter ausdrücklicher Bezugnahme auf den Ausgleichszeitraum nach § 6 Abs. 2 TVöD ausdrücklich vereinbart, dass für die Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit (von 50 % der durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit einer Vollbeschäftigten) der Zeitraum 1. Januar bis 31. Dezember zugrunde gelegt werde. § 6 Abs. 2 TVöD sei ein zulässige tarifliche Regelung. Die Arbeitsvertragsparteien hätten einen bestimmten Berechnungszeitraum für den Durchschnitt der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit konkret festgelegt. Dass sie dabei auf die zulässige tarifliche Regelung des § 6 Abs. 2 TVöD Bezug genommen hätten, begründe die Rechtmäßigkeit der vertraglichen Vereinbarung. Aus der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei zu schließen, dass die arbeitsvertragliche Vereinbarung einer Monats- und auch Jahresarbeitszeit zwecks Flexibilisierung grundsätzlich zulässig sei, insbesondere wenn eine entsprechende tarifvertragliche Regelung existiere. Die teilweise "Abwälzung des Betriebsrisikos" auf den Arbeitnehmer durch den Einsatz nach Bedarf des Arbeitgebers sei danach als rechtmäßig anzusehen, wenn sie vorab arbeitsvertraglich vereinbart werde. Auf die Frage der Vereinbarung eines Arbeitszeitkontos komme es nicht an. Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird ergänzend auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts Trier (Bl. 85 ff. d. A.) Bezug genommen.



Das genannte Urteil ist der Klägerin am 12. August 2016 zugestellt worden. Die Klägerin hat hiergegen mit einem am 29. August 2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 26. August 2016 Berufung eingelegt und diese mit am 14. November 2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag innerhalb der durch Beschluss vom 6. Oktober 2016 verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet.



Zur Begründung der Berufung macht die Klägerin nach Maßgabe des genannten Schriftsatzes sowie des Schriftsatzes vom 3. Mai 2017, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 108 ff., 141 f. d. A.), unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags zusammengefasst geltend,



zwischen den Parteien sei keine Sonderform der Arbeit nach § 7 TVöD vereinbart worden. Im Gegenteil habe die Beklagte im Rahmen ihres Direktionsrechts gemäß § 106 GewO die Dienstzeit wie im Schreiben vom 8. Oktober 2014 niedergelegt, festgelegt. Soweit in dem Arbeitsvertrag § 6 Abs. 2 TVöD zitiert sei, habe dieser vorliegend für das Arbeitsverhältnis der Parteien überhaupt keine Bedeutung.



Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 22. Juni 2016, Az. 1 Ca 1604/15, abzuändern und wie folgt neu zu fassen: Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.756,68 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen.



Die Beklagte beantragt,

die Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 22. Juni 2016 - 1 Ca 1604/15 - zurückzuweisen.



Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe des Berufungserwiderungsschriftsatzes vom 17. Januar 2017, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 129 ff. d. A.), unter ergänzender Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen als rechtlich zutreffend.



Sie habe nicht im Rahmen ihres Direktionsrechts die Dienstzeiten der Klägerin auf eine Dreitagewochen á 6,5 Stunden festgelegt. Es sei nicht möglich, der Klägerin als Ankleiderin im Theater eine feste Dreitagewoche mit 6,5 Arbeitsstunden pro Tag zuzuweisen.



Da es für die Tätigkeit der Klägerin notwendig sei, die Arbeitszeit in unterschiedlicher Höhe pro Tag und pro Woche zu erbringen, habe § 6 Abs. 2 TVöD große Bedeutung für das Arbeitsverhältnis der Parteien. Deshalb sei auf diese Vorschrift im Arbeitsvertrag ausdrücklich Bezug genommen worden. Die arbeitsvertragliche Vereinbarung einer Monats- und auch Jahresarbeitszeit zwecks Flexibilisierung sei grundsätzlich zulässig, insbesondere wenn wie im TVöD eine entsprechende tarifvertragliche Regelung existiere. Auf die Frage der Vereinbarung eines Arbeitszeitkontos komme es daher nicht an.



Auch im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der Sitzung vom 22. Juni 2016 (Bl. 144 ff. d. A.) Bezug genommen.



Entscheidungsgründe



A.



Die nach § 64 Abs. 1 und 2 a) und b) ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie erweist sich auch sonst als zulässig.



B.



In der Sache hatte die Berufung der Klägerin jedoch keinen Erfolg.



Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf zusätzliche Vergütung für die Zeit vom 1. Januar 2015 bis zum 31. Oktober 2015. Ein solcher Anspruch der Klägerin besteht weder unter dem Gesichtspunkt von Mehrstunden für diejenigen Wochen, in denen die Klägerin über ihre regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit hinaus gearbeitet hat noch unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs (§§ 611 Abs. 1, 615 S. 1 BGB) für diejenigen Wochen, in denen die Klägerin weniger als ihre regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit eingesetzt wurde.



I. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Vergütung von Mehrarbeit für diejenigen Wochen, in denen sie über ihre regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit hinaus gearbeitet hat, gemäß § 611 Abs. 1 BGB, §§ 7 Abs. 6, 8 Abs. 2 TVöD. Die Beklagte ist zutreffend bei der Berechnung der regelmäßigen Arbeitszeit der Klägerin von einem Jahreszeitraum (im streitigen Zeitraum von 1. Januar bis 31. Dezember) ausgegangen.



1. Das Arbeitsverhältnis der Parteien richtet sich unter anderem nach dem Arbeitsvertrag in der Fassung des Änderungsvertrags vom 14. Mai 2013 und dem TVöD.



Gemäß § 7 Abs. 6 TVöD sind Mehrarbeit die Arbeitsstunden, die Teilzeitbeschäftigte über die vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit hinaus bis zur regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von Vollbeschäftigten zu leisten haben. Die Bezahlung dieser Mehrarbeit erfolgt nach § 8 Abs. 2 TVöD.



Die Klägerin hat die Darlegungslast für das Vorliegen von Mehrarbeit gemäß § 7 Abs. 6 TVöD (LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 25. September 2008 - 4 Sa 382/07 - BeckRS 2011, 66376).



Nach der arbeitsvertraglichen Vereinbarung in Verbindung mit § 6 Abs. 2 TVöD beträgt die regelmäßige Arbeitszeit der Klägerin durchschnittlich 50 % der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit, wobei für die Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit jeweils der Zeitraum 1. Januar bis 31. Dezember zugrunde gelegt wird. Danach muss die regelmäßige Wochenarbeitszeit lediglich im Jahresdurchschnitt 50 % der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit betragen. Die regelmäßige Arbeitszeit ist die Arbeitszeit, in der der Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung verpflichtet ist und für die ihm das volle tarifvertraglich geregelte Entgelt zusteht (BAG, Urteil vom 25. April 2013 - 6 AZR 800/11 - NZA-RR 2014, 217, 219 f. Rz. 25; vom 18. Mai 2011 - 5 AZR 181/10 - AP ZPO § 253 Nr. 57 Rz. 13). Die arbeitsvertragliche Vereinbarung in Verbindung mit § 6 Abs. 2 S. 1 TVöD ermöglicht eine Verteilung der Arbeitszeit innerhalb des Jahreszeitraums. Die regelmäßige, wöchentlich Arbeitszeit muss erst in einem Zeitraum von bis zu einem Jahr erreicht werden (vgl. BAG, Urteil vom 25. April 2013 - 6 AZR 800/11 - NZA-RR 2014, 217, 221 Rz. 38; LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 25. September 2008 - 4 Sa 382/07 - BeckRS 2011, 66376). Sie wird als durchschnittliche Arbeitszeit geschuldet (vgl. BAG, Urteil vom 30. März 2000 - 6 AZR 680/98 - NZA 2001, 111, 112 zu § 15 Abs. 1 S. 1 BAT-O). Übersteigt die in diesem Jahreszeitraum (1. Januar bis 31. Dezember) geleistete Arbeitszeit den für diesen Zeitraum vereinbarten Umfang des Arbeitszeitvolumens, hat die Beklagte diese Mehrarbeit zu vergüten. Hat die Beklagte die Klägerin hingegen innerhalb dieses Jahreszeitraums in einem ihre regelmäßige Arbeitszeit unterschreitenden Umfang eingesetzt, ist die beklagte Stadt dennoch verpflichtet, an die Klägerin das Entgelt für ihre regelmäßige Arbeitszeit zu leisten. Dieses Entgelt für die regelmäßige Arbeitszeit hat die Beklagte nach der maßgeblichen Entgeltgruppe gezahlt.



Die Klägerin hat nicht dargelegt und unter Beweis gestellt, dass sie unter Beachtung des Ausgleichszeitraums des § 1 Abs. 1 des Arbeitsvertrags in der Fassung des Änderungsvertrags vom 14. Mai 2013 in Verbindung mit § 6 Abs. 2 TVöD durchschnittlich mehr als 19,5 Stunden gearbeitet hat. Deshalb kann sie keine Vergütung für die Wochenstunden verlangen, die im streitbefangenen Zeitraum über 19,5 Stunden hinausgingen. Zum einen hat die Klägerin lediglich zum Zeitraum von Januar bis Oktober 2015 vorgetragen und unbeachtet gelassen, ob in den Monaten November und Dezember 2015 ein Ausgleich erfolgt ist. Zum anderen ergibt sich aus ihrem Vortrag nicht, dass sie in dem von ihr angeführten Gesamtzeitraum in einem ihre regelmäßige Arbeitszeit unter Beachtung des Ausgleichszeitraums übersteigenden zeitlichen Umfang eingesetzt und nicht entsprechend vergütet worden ist.



2. Aus dem Vermerk der stellvertretenden Verwaltungsdirektorin Z. Y. vom 8. Oktober 2014 ergibt sich nicht, dass die Parteien - in Abweichung zum Arbeitsvertrag - eine feste Drei-Tage-Woche entsprechend 19,5 Stunden/Woche vereinbart hätten. Aus dem Wortlaut dieser Vereinbarung lässt sich entnehmen, dass in dem Vermerk im Ergebnis lediglich festgehalten werden sollte, wie viele Urlaubstage der Klägerin zustehen und mit welcher Stundenzahl Urlaubs- als auch Krankheitstage, an denen die Klägerin hätte arbeiten sollen, zu berücksichtigen sind. Bereits im Einleitungssatz des Vermerks wird deutlich, dass im Gespräch vom 8. Oktober 2013 keine abändernde Vereinbarung hinsichtlich der regelmäßigen Arbeitszeit der Klägerin geschlossen worden ist, sondern man den Gesprächsinhalt lediglich "zur Klarstellung und Klärung" festhält. Den folgenden Punkten lässt sich entnehmen, dass ausschließlich Berechnungsgrundlagen besprochen wurden. Wenn es im ersten Punkt heißt: "Frau A. Arbeitszeit wird eine Drei-Tage-Woche zugrunde gelegt", zeigt dies, dass mit einer Drei-Tage-Woche gerechnet werden soll. Andernfalls hätte man beispielsweise vereinbart, dass die Klägerin "in einer Drei-Tage-Woche", "an drei Tagen in der Woche" oder "an drei Tagen à 6,5 Stunden wöchentlich" arbeitet. Im zweiten Punkt ist das Ergebnis der Berechnung festgehalten: "Dies entspricht (...)". Diese Berechnung wird im dritten Punkt weitergeführt, wenn es heißt: "Daraus ergibt sich (...)". Im vierten Punkt ist notiert, dass die "Stundenzahl von 6,5/Tag (...) sowohl für Urlaubs- als auch für Krankheitstage, an denen Frau A. hätte arbeiten müssen", "gilt". Dieser Festlegung hätte es nicht bedurft, wenn die Klägerin auch faktisch an drei Tagen in der Woche à 6,5 Stunden zum Einsatz gekommen wäre bzw. hätte kommen sollen. Der letzte Punkt betreffend die "Jahresstundenzahl" ist nur dann von Bedeutung, wenn die Berechnung der regelmäßigen Arbeitszeit der Klägerin - wie nach Auffassung der Kammer arbeitsvertraglich vereinbart - bezogen auf das Kalenderjahr zu erfolgen hat. Bei einer festen wöchentlichen Arbeitszeit der Klägerin (verteilt auf drei Arbeitstage) hätte die Jahresstundenzahl keine Bedeutung, es machte keinen Sinn ihre Ermittlung festzulegen.



3. Anhaltspunkte dafür, dass die Vereinbarung über die Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen Arbeitszeit der teilzeitbeschäftigten Klägerin gegen das Benachteiligungsverbot nach § 4 Abs. 1 S. 1 TzBfG verstieße, liegen nicht vor. Eine mit § 1 Abs.1 des Arbeitsvertrags der Parteien vergleichbare Vereinbarung, in der für die Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit jeweils ein Jahreszeitraum zugrunde gelegt wird, ist nicht nur mit einem vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer zulässig, sondern für diesen ausdrücklich in § 6 Abs. 2 TVöD vorgesehen. Für eine derartige Vereinbarung wäre im Übrigen im Hinblick auf den Theaterbetrieb auch ein sachlicher Grund gegeben (vgl. zu diesem Erfordernis: BAG, Urteil vom 23. Februar 1995 - 6 AZR 586/94 - AP BAT § 15 Nr. 38 m. w. N.). Dass sie deshalb ungleich behandelt werde, weil die Beklagte bei vollzeitbeschäftigten Ankleidern/Ankleiderinnen günstiger verfahren würde, hat die Klägerin nicht behauptet.



II. Ein Vergütungsanspruch ergibt sich auch nicht für diejenigen Wochen, in denen die Klägerin weniger als ihre regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit eingesetzt wurde, aus §§ 611 Abs. 1, 615 S. 1 BGB.



Die Klägerin hat über die von der Beklagten gezahlte Vergütung hinaus keinen Anspruch auf Zahlung weiterer Vergütung. Zwar gerät ein Arbeitgeber, bei dem allein die Verantwortung für die Arbeitszuweisung und -einteilung liegt, nach § 296 S. 1 BGB in Annahmeverzug, wenn er den Arbeitnehmer aus betrieblichen Gründen nicht im Umfang der vereinbarten Arbeitszeit einsetzen kann, ohne dass es eines Angebots der Arbeitsleistung bedarf (BAG, Urteil vom 26. Januar 2011 - 5 AZR 819/09 - NZA 2011, 640, 642 Rz. 19 m. w. N.). Kommt der Arbeitgeber mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Arbeitnehmer nach § 615 S. 1 BGB für die infolge des Annahmeverzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein (vgl. nur LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15. November 2011 - 3 Sa 493/11 - BeckRS 2012, 66392). Solange aber im Verlauf des Kalenderjahres noch eine Arbeitszeit von durchschnittlich 19,5 Stunden wöchentlich erreicht werden konnte, befand sich die Beklagte noch nicht mit der Annahme von Diensten der Klägerin der Klägerin in Verzug (vgl. BAG, Urteil vom 8. Oktober 2008 - 5 AZR 715/07 - NJOZ 2009, 3114, 3117 Rz. 24).



Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass die Beklagte sie in dem von den Parteien ausdrücklich als Berechnungszeitraum festgelegten Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember 2015 nicht im Umfang von durchschnittlich 19,5 Stunden/Woche eingesetzt hat.



C.



Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Voraussetzungen einer Revisionszulassung nach § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht erfüllt.

Krol-Dickob
Langen
Schmidt

Verkündet am: 22.06.2017

Vorschriften§ 6 Abs. 2 TVöD, § 6 Abs. 6 TVöD, § 6 Abs. 7 TVöD, § 106 GewO, § 12 TzBfG, § 296 S. 1 BGB, § 6 Abs. 2 S. 1 TVöD, § 7 TVöD, § 64 Abs. 1, 2 a), b) ArbGG, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO, §§ 611 Abs. 1, 615 S. 1 BGB, § 611 Abs. 1 BGB, §§ 7 Abs. 6, 8 Abs. 2 TVöD, § 7 Abs. 6 TVöD, § 8 Abs. 2 TVöD, § 15 Abs. 1 S. 1 BAT-O, § 4 Abs. 1 S. 1 TzBfG, BAT § 15 Nr. 38 m, § 615 S. 1 BGB, § 97 Abs. 1 ZPO, § 72 Abs. 2 ArbGG

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