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12.10.2017 · IWW-Abrufnummer 197121

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 29.03.2017 – 7 Sa 325/16


In dem Rechtsstreit
A., A-Straße, A-Stadt
- Kläger und Berufungskläger -
Prozessbevollmächtigte/r: Rechtsanwälte B., B-Straße, B-Stadt
gegen
Firma C., C-Straße, C-Stadt
- Beklagte und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte/r: Arbeitgeberverband D., D-Straße, D-Stadt
hat die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz auf die mündliche Verhandlung vom 29. März 2017 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Krol-Dickob als Vorsitzende und den ehrenamtlichen Richter Hagmann und den ehrenamtlichen Richter Rose als Beisitzer für Recht erkannt:

Tenor:
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 5. Juli 2016, Az. 12 Ca 2512/14, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:


a) Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger auch über den 1. Juni 2014 hinaus nach Entgeltgruppe E 08 des Firmenbezogenen Verbandstarifvertrages für die C. vom 12. Mai 2014 in Verbindung mit dem Überleitungstarifvertrag zwischen der C. und der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie vom 12. Mai 2014 sowie der Betriebsvereinbarung über eine Eingruppierungsrichtlinie und die Überleitung auf die neue Entgeltstruktur zwischen der C. und dem Betriebsrat der C. vom 30. Juni 2014 zu vergüten.


b) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.


2. Von den Kosten erster Instanz haben der Kläger 1/3 und die Beklagte 2/3 zu tragen.


Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.


3. Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand



Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch darüber, ob der Kläger aufgrund einer individualvertraglichen Zusage nach der Entgeltgruppe E 08 des Bundesentgelttarifvertrags für die chemische Industrie mit den Modifikationen durch einen firmenbezogenen Verbands- und Überleitungstarifvertrag zu vergüten ist.



Die Beklagte ist auf dem Gebiet der Verarbeitung und Entwicklung hochwertiger flexibler Packstoffe tätig und führender Erzeuger von Verpackungen für Lebensmittel und Hersteller von Folien. Sie beschäftigt am Standort C-Stadt circa 250 Mitarbeiter. Im dortigen Betrieb existiert ein Betriebsrat.



Der 1960 geborene Kläger ist seit dem 6. April 1981 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern, zunächst als "Maschinenbediener", beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis liegt der Arbeitsvertrag mit der Z. GmbH vom 24. März 1981 zugrunde. Wegen des Inhalts dieses Arbeitsvertrags wird auf Bl. 10 d. A. Bezug genommen.



Mit Schreiben vom 13. Dezember 2006 (Bl. 15 f. d. A.) wandte sich die Rechtsvorgängerin der Beklagten unter dem Betreff " Stellvertretender Schichtverantwortlicher " wie folgt an den Kläger:

"ab 01. Januar 2007 werden Sie in Ihrer neuen Funktion als stellvertretender Schichtverantwortlicher im Bereich Formbetrieb III (Dir.) tätig. Im Zuge dieser neuen Verantwortung ändern sich Ihre monatlichen Bezüge wie folgt: Tarifentgelt 2.530,00 € Freiwillige Zulage 127,82 € Funktionszulage 50,00 € Bruttoentgelt 2.707,82 € Die Funktionszulage wird nur in Verbindung mit dieser Funktion gezahlt. Bei Wegfall der Funktion, entfällt auch diese Zulage. Zu den neuen Pflichten gehört auch die Übernahme von Unternehmenspflichten. Diese können sie aus der beigefügten Unterlage entnehmen. Wir wünschen Ihnen als neue Führungskraft viel Erfolg und hoffen auf eine gute Zusammenarbeit. Zum Zeichen Ihres Einverständnisses geben Sie uns bitte ein Exemplar dieses Schreibens sowie des Formulars "Übertragung von Unternehmerpflichten" unterschrieben zurück. (...) Ich bin mit der neuen Regelung einverstanden. Datum: Unterschrift:"



Dementsprechend war der Kläger ab dem 1. Juli 2007 als stellvertretender Schichtverantwortlicher im Bereich Formbetrieb III tätig.



In einem an den Kläger gerichteten Schreiben der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 18. September 2007 heißt es unter dem Betreff "Schichtverantwortlicher":

"(...) aufgrund des Wechsels von Herrn Y. X. in einen anderen Bereich, haben Sie die Funktion des Schichtverantwortlichen übernommen. Aus diesem Grund erhöht sich Ihre Funktionszulage ab dem 01.09.2007 auf brutto 100,00 €. Da der Wechsel von Herrn X. voraussichtlich nur vorübergehend ist, übernehmen Sie ab dem Zeitpunkt seiner Rückkehr in den Formbetrieb III wieder die Funktion des stellvertretenden Schichtverantwortlichen. Damit verbunden ist auch die Änderung Ihrer Funktionszulage auf brutto 50,00 €. Zum Zeichen Ihres Einverständnisses geben Sie uns bitte ein Exemplar dieser Vereinbarung zurück. (...)"



Ab dem 1. September 2007 war der Kläger in der Funktion als Schichtverantwortlicher bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin tätig.



In einem Formular "Personal-Veränderung" vom 18. Februar 2008 (Bl. 237 d. A.) heißt es auszugsweise:

"Folgende Änderung soll mit Wirkung ab dem 02.2008 in Kraft treten. ( )Entgelterhöhung ( x ) Umgruppierung gegenwärtiger Stand seit Änderung Tätigkeit E - 7 E - 8 Entgeltgruppe E 2566,- E 2.701,- Tarifentgelt € € Entgeltgarantie € € Vorarbeiter-Zulage € € Ausgleichszulage € € übertarifliche Zulage € 127,82 € sonstige Zulage € 100,- € 100,- Gesamtentgelt € 2.793,82 € 2.801,- Beantragt von: x (Unterschrift) Datum: 18.02.08 Genehmigt von: x (Unterschrift) Datum:18.02.08 Unterschrift Mitarbeiter: x (Unterschrift) Datum:"



Im Jahr 2013 führte die Beklagte Verhandlungen mit der IG BCE zu den künftigen tariflichen Regelungen. Die IG BCE informierte die Mitarbeiter der Beklagten durch öffentliche Aushänge der Tarifkommission der IG BCE vom 2. Juli 2013 und vom 21. August 2013 über die geplanten Einschnitte im Bereich der Personalkosten durch eine Tarifvertragslösung. Mit gemeinsamem Aushang der Geschäftsleitung der Beklagten und der Tarifkommission der IG BCE C. vom 20. Januar 2014 im Betrieb der Beklagten wurden konkrete Eckpunkte (Eingruppierungsrichtlinien, Entgeltabsenkung, Überleitungsvereinbarung) als Verhandlungsergebnis vorgestellt. Weitere Informationen erfolgten beispielsweise durch eine Tarifinfo vom 6. März 2014.



Mit Schreiben vom 17. Dezember 2013 (Bl. 18 d. A.) wandte sich die Beklagte wie folgt an den Kläger:

" Änderung Verantwortlichkeiten (...) ab dem 01.01.2014 werden Sie vorübergehend zeitweise oder ständig, unabhängig von der mit Ihnen arbeitsvertraglich vereinbarten Tätigkeit, als Einrichter eingesetzt. Dies geschieht aufgrund der organisatorischen Änderungen ab diesem Datum in der Produktion. Wir beziehen uns hierbei auf die Regelung in § 11 Ziffer b) der Arbeitsordnung, wonach Sie, wenn betriebliche Belange es erfordern, auch mit anderen zumutbaren Tätigkeiten betraut werden können, als die, für die Sie eingestellt oder mit denen Sie längere Zeit beschäftigt wurden. Hieraus werden Ihnen keine finanziellen Nachteile entstehen. Ab dem 01.01.2014 entfällt Ihre Funktion als Schichtverantwortlicher bzw. stellvertretender Schichtverantwortlicher und die damit verbundene Funktionszulage. Selbstverständlich werden Sie damit auch von Ihren Unternehmerpflichten entbunden."



Dementsprechend entfiel ab dem 1. Januar 2014 die mit der Funktion des Klägers als Schichtverantwortlicher bzw. stellvertretender Schichtverantwortlicher verbundene Funktionszulage.



Unter dem 12. Mai 2014 schlossen der Bundesarbeitgeberverband Chemie e.V. und der Arbeitgeberverband Chemie Rheinland-Pfalz e. V. einerseits und die IG BCE und die IG BCE, Landesbezirk Rheinland-Pfalz/Saarland, andererseits rückwirkend ab dem 15. Dezember 2013 einen " firmenbezogenen Verbandstarifvertrag für die C. gemäß Fußnote 1 Abs. 3 zum Manteltarifvertrag vom 24. Juni 1992 i.d.F. vom 16. April 2008 (im Folgenden: FVTV) für die Beklagte, der bis zum 31. Dezember 2018 Geltung haben soll. Dieser sieht unter anderem vor, dass für die Beschäftigen der Beklagten ein um 9 % abgesenkter Tarifvertrag zur Anwendung kommt (vgl. § 4 Abs. 1). Zudem soll sich die Zuweisung der Tätigkeiten auf die im Bundesentgelttarifvertrag definierten Entgeltgruppen aus der Betriebsvereinbarung über eine Eingruppierungsrichtlinie und die Überleitung auf die neue Entgeltstruktur vom 12. Mai 2014 zwischen dem Betriebsrat und der Beklagten ergeben (§ 3). Wegen des Inhalts des FVTV im Übrigen wird auf Bl. 100 ff. d. A. Bezug genommen.



An demselben Tag schlossen die Beklagte und die IG BCE zur weiteren Ergänzung einen " Überleitungstarifvertrag " (im Folgenden: Ü-TV) mit Wirkung zum 15. Dezember 2013. Wegen des Inhalts des Ü-TV wird auf Bl. 103 ff. d. A. Bezug genommen.



Zur Anpassung der Eingruppierung der Mitarbeiter der Beklagten schlossen die Beklagte und der Betriebsrat der Beklagten sodann am 30. Juni 2014 mit Wirkung zum 12. Mai 2014 eine " Betriebsvereinbarung über eine Eingruppierungsrichtlinie und die Überleitung auf die neue Entgeltstruktur" (im Folgenden: BV) ab. Wegen deren Inhalt wird auf Bl. 106 ff. d. A. Bezug genommen.



Mit Vertragsergänzungsangebot der Beklagten vom 21. Mai 2014 (Bl. 11 ff. d. A.) bot diese dem Kläger an, in Ergänzung seines Arbeitsvertrags vom 24. März 1981 ab dem 1. Juni 2014 in der Funktion als Einrichter weiterzuarbeiten unter gleichzeitiger, ausschließlicher Geltung der "Tarifverträge, die die C. selbst oder ein Verband, deren Mitglied sie ist, mit Geltung für die C. abgeschlossen haben und künftig abschließen". Danach sollte unter anderem eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe E 06 erfolgen.



Der Tätigkeit als "Einrichter" liegt eine Funktionsbeschreibung vom 29. April 2014 (Bl. 19 d. A.) zugrunde.



Nach der neuen Eingruppierungssystematik wäre die frühere Tätigkeit des Klägers als Schichtführer im Formbetrieb mit der Entgeltgruppe E 08 vergütet.



Mit Schreiben vom 12. Juni 2014 (Bl 20 f. d. A.) forderte der Kläger die Beklagte unter anderem auf, ihn auch weiterhin nach Entgeltgruppe E 08 des BETV zu vergüten. Seinen Anspruch verfolgte er mit der am 30. Juni 2014 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage weiter, die er mit am 11. August 2015 beim Arbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz zunächst erweiterte und sodann mit am 12. Mai 2016 beim Arbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz unter Rücknahme der weitergehenden Klage änderte.



Der Kläger hat erstinstanzlich insbesondere vorgetragen,



aus dem Schreiben der Beklagten vom 18. September 2007 habe er letztendlich schlussfolgern können, dass er künftig nicht mehr in anderer Weise und Funktion (als zumindest stellvertretender) Schichtführer habe eingesetzt werden sollen.



Die ihm zugeordnete Tätigkeit als Schichtverantwortlicher rechtfertige eine Eingruppierung nach Entgeltgruppe E 08. Selbst bei einem Einsatz als Einrichter sei die Eingruppierung in die Entgeltgruppe E 07 am nächsten liegend.



Er habe auch einen Anspruch auf Vergütung nach Entgeltgruppe E 08 aus einer individualvertraglichen Abrede. In der Vereinbarung vom 18. Februar 2008 sei zwischen den Parteien seine Höhergruppierung vereinbart worden. Mit Schreiben vom 17. Dezember 2013 habe die Beklagte ihm zudem zugesichert, dass ihm aus seinem vorübergehenden Einsatz als Einrichter keine finanziellen Nachteile entstehen würden. Dies stelle eine Zusicherung der Beklagten in Bezug auf seine Vergütung nach der Entgeltgruppe E 08 dar, dies unabhängig vom konkreten Einsatz und von seiner konkreten Tätigkeit. Damit habe die Beklagte erreichen wollen, dass er keine Einwendungen gegen seinen vorübergehenden Einsatz als Einrichter erhebe.



Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, ihn zu den bisherigen Arbeitsbedingungen als Schichtverantwortlichen zu beschäftigen, 2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn auch über den 1. Juni 2014 hinaus nach der Entgeltgruppe E 08 des Firmenbezogenen Verbandstarifvertrages für die C. vom 12. Mai 2014 in Verbindung mit dem Überleitungstarifvertrag zwischen der C. und der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie vom 12. Mai 2014 ergebenden Modifikationen zu vergüten sowie der Betriebsvereinbarung über eine Eingruppierungsrichtlinie und die Überleitung auf die neue Entgeltstruktur zwischen der C. und dem Betriebsrat C. vom 30. Juni 2014, zu vergüten, hilfsweise zu 2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn auch über den 1. Juni 2014 hinaus nach der Entgeltgruppe E 07 des Firmenbezogenen Verbandstarifvertrag für die C. vom 12. Mai 2014 in Verbindung mit dem Überleitungstarifvertrag zwischen der C. und der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie vom 12. Mai 2014 ergebenden Modifikationen zu vergüten sowie der Betriebsvereinbarung über eine Eingruppierungsrichtlinie und die Überleitung auf die neue Entgeltstruktur zwischen der C. und dem Betriebsrat C. vom 30. Juni 2014, zu vergüten,



Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.



Die Beklagte hat vor allem vorgetragen,



die neu erfolgte Eingruppierung (Umgruppierung) entspreche der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit des Klägers. Er übe eine Tätigkeit ("Einrichter") aus, die der Entgeltgruppe E 06 des § 7 BETV vollumfänglich entspreche. Er sei nicht als "Einrichter Multi" tätig.



Das Schreiben vom 18. Dezember 2008 enthalte keine Zusage auf die unbeschränkte Gewährung der Entgeltgruppe E 08, sondern bloß so genannte Wissenserklärungen. Die Übernahme einer (stellvertretenden) Schichtverantwortlichkeit sei gerade kein Kriterium, das im Rahmen des BETV für eine Eingruppierung maßgeblich wäre.



Ihr Schreiben vom 17. Dezember 2013 nehme unter anderem Bezug auf die Mitteilung vom 18. September 2007. Es handele sich gerade nicht um eine Mitteilung zur Eingruppierung. Hintergrund seien die seit Mitte 2013 laufenden Verhandlungen über eine Lösung zur Verbesserung ihrer Wettbewerbsfähigkeit gewesen. Die Tarifvertrags- und Betriebsparteien seien sich einig gewesen, dass eine Veränderung des Entgeltsystems nur schrittweise erfolgen könne, wobei der erste Schritt keine Verschlechterung des laufenden Entgelts habe darstellen sollen. Erst mit der Umwandlung von Teilen des Entgelts in eine so genannte Besitzstandszulage hätten diese Teile auf Grundlage des Ü-TV abgeschmolzen werden können. Die Abschmelzungen selbst hingegen seien durch Gegenrechnung der anstehenden Tariflohnerhöhungen der chemischen Industrie herbeigeführt worden, also durch Nichtweitergabe einer Erhöhung und damit nicht durch Absenkung des laufenden Entgelts. Dieser von Anfang an feststehende Modus sei durch die verkürzende Aussage zum Ausdruck gebracht worden, dass keine finanziellen Nachteile entstehen würden. Nicht damit gemeint gewesen sei, dass sämtliche künftigen Tariflohnerhöhungen etc. weitergegeben werden müssten, wodurch tatsächlich nicht nur kein Nachteil, sondern sogar ein Vorteil entstehen würde. Schon gar nicht sei eine ausdrückliche Festschreibung einer Eingruppierung zum Ausdruck gebracht worden. Die Korrekturen der Eingruppierungen seien geradezu Grundvoraussetzung der Verhandlungen zum FVTV gewesen, da nur so habe festgelegt werden können, in welchem Umfang letztlich Tariflohnerhöhungen künftig nicht weitergegeben werden sollten. Die Mitarbeiter seien von Anfang an darüber informiert worden, dass Einschnitte finanzieller Art drohten, die eben hier in Form der NichtErhöhung des Tarifentgelts umgesetzt worden seien.



Sie habe zu keinem Zeitpunkt eine unveränderliche und von der Tätigkeit des Klägers losgelöste Zusage über dessen Eingruppierung treffen wollen.



Das Arbeitsgericht Koblenz die Klage durch Urteil vom 5. Juli 2016 abgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht - zusammengefasst - ausgeführt, ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Vergütung nach Entgeltgruppe E 08 des BETV in Verbindung mit den sich aus dem FVTV in Verbindung mit dem Ü-TV ergebenden Modifikationen ergebe sich weder aus den kollektivrechtlichen Regelungen noch aus einer für den Kläger günstigeren individualvertraglichen Vereinbarung. Nach den für den Kläger maßgeblichen geltenden kollektivrechtlichen Regelungen übe er eine seiner jetzigen Entgeltgruppe E 06 zugeordnete Tätigkeit aus. Ein Anspruch des Klägers auf Weiterzahlung der bisherigen (höheren) Vergütung nach Entgeltgruppe E 08 ergebe sich auch nicht aus einer fehlenden oder mangelhaften Beteiligung des Betriebsrats. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Vergütung nach Entgeltgruppe E 08 aufgrund einer für ihn günstigeren einzelvertraglichen Vereinbarung, die insoweit Vorrang vor der kollektivrechtlichen Entgeltgruppe hätte. Eine solche Vereinbarung sei weder in dem Formular "Personal-Veränderung" vom 18. Februar 2008 noch in dem Schreiben der Beklagten vom 17. Dezember 2013 zu sehen. Das Formular "Personal-Veränderung" vom 18. Dezember 2006 stelle keine konstitutive Eingruppierungszusage dar. Es seien keine Anhaltspunkte oder besonderen Umstände ersichtlich, aus denen sich ein entsprechendes Angebot der Beklagten auf Zahlung einer übertariflichen Vergütung nach einer höheren als der bisherigen Vergütungsgruppe ableiten ließe. Ändere sich die Eingruppierung, obwohl die Tätigkeit unverändert bleibe, bestünden in der Tat gewichtige Indizien für das Vorliegen einer Gehaltszusage. Hier liege der Fall indes anders. Die Beklagte ihrerseits behaupte, die Tätigkeit des Klägers habe sich im Zuge der Umgruppierung verändert. Die höhere Eingruppierung sei also dem Umstand einer anderen Tätigkeit geschuldet gewesen. Insoweit habe es dem Kläger oblegen, näher darzulegen, welche Tätigkeit er tatsächlich vor und welche er nach der Personalveränderung ausgeübt habe und ob die Höhergruppierung beispielsweise durch ein entsprechendes Gehaltsgesuch von ihm veranlasst worden sei. Entsprechenden Vortrag sei der Kläger indes schuldig geblieben. Allein das förmliche Verhalten lasse keinen entsprechenden Erklärungswillen der Beklagten erkennen, wonach eine unveränderliche Zusage einer bestimmten Eingruppierung habe erfolgen sollen.



Auch aus der Formulierung in dem Schreiben der Beklagten vom 17. Dezember 2013 lasse sich keine Zusage auf unbeschränkte Gewährung der vom Kläger begehrten Entgeltgruppe herleiten. Bei dem Schreiben handele es sich nicht um eine Mitteilung zur Eingruppierung, sondern um eine Änderung seiner Tätigkeit, wie sich aus der Betreffzeile ergebe. In Bezug auf die Vergütung habe die Beklagte erkennbar nur zu verstehen geben wollen, dass ihm "hieraus", also aus diesem vorübergehenden Einsatz, keine finanziellen Nachteile entstehen würden. Daraus könne indes nicht gefolgert werden, dass das bisherige Gehalt des Klägers losgelöst von dem vorübergehenden anderweitigen Einsatz und damit losgelöst von dieser Maßnahme zeitlich und inhaltlich uneingeschränkt und dauerhaft weiter gezahlt werden sollte, ohne dass es in Zukunft auf seine Tätigkeit ankäme.



Auch der Hilfsantrag zu 2. sei unbegründet. Der Klageantrag zu 1. sei ebenfalls unbegründet. Der Kläger könne nicht verlangen, als Schichtverantwortlicher beschäftigt zu werden. Eine (rechtswidrige) Versetzung sei nicht erkennbar. Vielmehr habe die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 17. Dezember 2013 lediglich die Schichtverantwortung entzogen, was zum Wegfall der damit verbundenen Funktionszulage geführt habe. Die Schichtverantwortung stelle keine eigenständige Tätigkeit im Sinne einer Stellenbeschreibung nach § 3 FVTV in Verbindung mit § 2 Abs. 1 BV in Verbindung mit Anlage 1) dar, sondern werde lediglich durch Zahlung einer tariflichen Zulage kompensiert. Soweit es um die begehrte Tätigkeit als Schichtverantwortlicher gehe, handele es sich also nicht um eine Versetzung, sondern um den bloßen Widerruf dieser Funktion. Der Widerruf sei nicht zu beanstanden.



Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird ergänzend auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz (Bl. 308 ff. d. A.) Bezug genommen.



Das genannte Urteil ist dem Kläger am 19. Juli 2016 zugestellt worden. Der Kläger hat hiergegen mit einem am 3. August 2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag Berufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet.



Zur Begründung der Berufung macht der Kläger nach Maßgabe des genannten Schriftsatzes sowie des Schriftsatzes vom 14. März 2017, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 322 ff., 369 ff. d. A.), zusammengefasst geltend,



bereits aus der "Personal-Veränderung" ergebe sich ein individualvertraglicher Anspruch auf dauerhafte Vergütung nach Entgeltgruppe E 08. Es handele sich um ein Dokument, welches von Seiten der Beklagten und von ihm zu unterzeichnen gewesen sei. Seine Höhergruppierung sei vereinbart worden, obwohl sich seine Tätigkeit nicht geändert habe. Aus der Bezeichnung als "Umgruppierung" folge für den objektiv verständigen Erklärungsempfänger lediglich, dass sich seine Entgeltgruppe ändern solle, dies im Gegensatz zu einer Beibehaltung seiner Entgeltgruppe und einer bloßen prozentualen Entgelterhöhung. Das von der Beklagten verwendete Formular weise mehrere Möglichkeiten der Zusage einer Entgelterhöhung auf. Die "übertarifliche Zulage" sei nicht die einzige Möglichkeit gewesen, ihm unabhängig von der Tarifautomatik eine Entgelterhöhung zu gewähren. Auch die Zusage einer höheren Entgeltgruppe/"Umgruppierung" stelle eine solche Möglichkeit dar. Insoweit sei auch zu berücksichtigen, dass Tariflohnerhöhungen auf übertarifliche Zulagen angerechnet werden könnten, während die Zusage einer höheren Entgeltgruppe eine dauerhafte tatsächliche Entgelterhöhung bedeute, die auch im Rahmen zukünftiger Tariflohnanpassungen nicht abschmelze. Das Dokument nehme auch in keiner Weise auf die Regelungen des BETV Bezug. Ebenso wenig sehe das Feld "Änderung" eine jederzeitige Änderungsmöglichkeit in Bezug auf die Vergütung vor. Hätte die Beklagte tatsächlich lediglich eine interne Überprüfung seiner Eingruppierung anhand der "Personal-Veränderung" vornehmen wollen, so hätte sie in dem Dokument weder eine Unterschrift für ihn vorgesehen, noch hätte sie ihm das Dokument zugänglich machen müssen. Es hätte dann ihm gegenüber eine einfache Eingruppierungsmitteilung genügt. Zum Zeitpunkt der "Personal-Veränderung" vom 18. Februar 2008 habe kein aktueller tariflicher Anlass für eine Änderung seiner Eingruppierung, wie beispielsweise eine Änderung seiner Tätigkeit bestanden. Unabhängig davon trage die Beklagte in keiner Weise substantiiert vor, was nach ihrer Auffassung konkret Anlass für seine Höhergruppierung gewesen sein solle. Vorliegend handele es sich um den regelmäßig zu beobachtenden Fall, dass ein langjähriger Mitarbeiter durch eine Höhergruppierung motiviert bleiben sollte anstatt dies unter Tariftreuegesichtspunkten mittels übertariflicher Leistungen zu machen. Eine zusätzliche, planmäßige betriebliche Spezialausbildung, die nach Auffassung der Beklagten eine Eingruppierung in Entgeltgruppe E 08 erfordere, habe er nicht absolviert.



Eine weitere einzelvertragliche Zusage der Beklagten folge auch aus dem Schreiben der Beklagten vom 17. Dezember 2013. Die Beklagte habe ihm unter anderem zugesagt, dass ihm aus der neuen Tätigkeit als Einrichter keine finanziellen Nachteile entstehen sollten. Dementsprechend sei die Beklagte aber verpflichtet, ihm auch für seine Tätigkeit als Einrichter eine Vergütung nach der Entgeltgruppe E 08 zu zahlen.



Unabhängig hiervor folge sein streitgegenständlicher Anspruch auch aus dem auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren § 14 Ziff. 1 MTV Chemie. Gemäß § 14 Ziff. 2 MTV Chemie müsse die nach § 14 Ziff. 1 MTV Chemie zu treffende betriebliche Regelung ihm das vor der Tätigkeitsänderung erzielte Entgelt sichern. Vor diesem Hintergrund sei auch die weitere Zusicherung der Beklagten aus ihrem Schreiben vom 17. Dezember 2013 zu sehen.



Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 5. Juli 2016, Az. 12 Ca 2512/14, abzuändern und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn auch über den 1. Juni 2014 hinaus nach Entgeltgruppe E 08 des Firmenbezogenen Verbandstarifvertrages für die C. vom 12. Mai 2014 in Verbindung mit dem Überleitungstarifvertrag zwischen der C. und der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie vom 12. Mai 2014 sowie der Betriebsvereinbarung über eine Eingruppierungsrichtlinie und die Überleitung auf die neue Entgeltstruktur zwischen der C. und dem Betriebsrat der C. vom 30. Juni 2014 zu vergüten.



Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 5. Juli 2016 - Az. 12 Ca 2512/14 - zurückzuweisen.



Sie verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe des Berufungserwiderungsschriftsatzes vom 9. September 2016 sowie des Schriftsatzes vom 23. März 2017, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 341 ff., 380 ff. d. A.), als rechtlich zutreffend.



Aus dem Formular "Personal-Veränderung" vom 18. Februar 2008 ergebe sich gerade kein Anspruch des Klägers auf Weiterzahlung der bisherigen höheren Vergütung nach Entgeltgruppe E 08. Vom Wortlaut ausgehend erkläre sich mit der Verwendung des Formulars "Personal-Veränderung", dass sich die Tätigkeit und damit entsprechend der Tarifsystematik auch die Eingruppierung ändere. Nur so lasse sich schlüssig erklären, weshalb ihre Rechtsvorgängerin in ihrem Formular zwei Ankreuzoptionen vorgesehen gehabt habe. Mit dem Ankreuzen des Feldes "Umgruppierung" zeige diese an, dass eine Anpassung der Entlohnung infolge einer Veränderung der Tätigkeit vorgesehen gewesen sei.



Diese Anpassung sei im Rahmen der Vorgaben des BETV und damit gerade nicht übertariflich erfolgt. Dies ergebe sich bereits aus der Bezugnahme des Formulars auf die Regelungen des BETV, zumal wie selbstverständlich die Entgeltgruppen des BETV herangezogen würden und gerade keine zusätzliche "übertarifliche Zusage" vereinbart worden sei. Grundlage des Formulars sei gleichzeitig der Arbeitsvertrag vom 24. März 1981, der gerade eine Bezugnahme auf die maßgeblichen Tarifverträge der chemischen Industrie enthalte. Das Feld "Änderung" des Formulars sehe gerade auch eine jederzeitige Änderungsmöglichkeit vor. Weitere Umstände der Erklärung vom 18. Februar 2008, aus denen sich Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Individualzusage entnehmen lassen würden, wie etwa eine Bitte um Lohnerhöhung, habe der Kläger nicht vorgetragen. Die "PersonalVeränderung" diene der internen Dokumentation und der Kommunikation zwischen den einzelnen Abteilungen. Die Unterschrift des Arbeitnehmers diene nur der Bestätigung der Kenntnisnahme. Die Schaffung einer eigenen vertraglichen Rechtsgrundlage sei gerade nicht beabsichtigt gewesen. Dies hätte sonst zur Folge, dass die Beklagte und ihre Rechtsvorgängerin bewusst auf die einseitige Anpassung der Gehaltsgefüge an die tariflichen Vorgaben hätten verzichten wollen, obwohl sie dies durch die Bezugnahme im Arbeitsvertrag ausdrücklich vorgesehen gehabt hätten.



Auch aus der Formulierung im Schreiben vom 17. Dezember 2013 ergebe sich keine Zusage auf unbeschränkte Gewährung der vom Kläger begehrten Eingruppierung. Gemäß der Betreffzeile und dem Wortlaut des Schreibens handele es sich um eine Mitteilung zur vorübergehenden Änderung der Verantwortlichkeit und Tätigkeit. Die Beklagte habe damit nur ihr Direktionsrecht ausgeübt. In diesem Kontext sei auch der Satz "Hieraus werden Ihnen keine finanziellen Nachteile entstehen" zu sehen. Das Wort "hieraus" bringe eindeutig zum Ausdruck, dass sich die Garantie für die Vergütung lediglich auf die konkret beschriebene vorübergehende Einsatzänderung beziehe. Eine darüber hinaus gehende, für alle erneuten Änderungen ebenfalls geltende Garantie sei gerade nicht ausgesprochen worden. Diesbezüglich lägen auch keine besonderen Umstände und Anhaltspunkte vor. Künftige erneute Änderungen der Tätigkeiten würden die Bedingungen des vorübergehenden Einsatzes als Einrichter nicht mehr betreffen und damit zu einer (erneuten) Anpassung der Eingruppierung gemäß der Tarifautomatik führen. Um das Schreiben vom 17. Dezember 2013 als Angebot für eine Vergütung nach Entgeltgruppe E 08 qualifizieren zu können, müsste zumindest als essentialia negotii die konkrete Vergütung darin enthalten sein. Aus der bloßen Aussage "Hieraus werden Ihnen keine finanziellen Nachteile entstehen" lasse sich nicht ableiten, wie der Kläger nun vergütet werden solle. Darüber hinaus spreche diese Aussage auch nicht dafür, dass die Beklagte die Anwendbarkeit der Tarifverträge für das Arbeitsverhältnis des Klägers habe ausschließen wollen. Die Aussage sei vielmehr vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Beklagte im Rahmen des Umstrukturierungsprozesses ihre Mitarbeiter zunächst vergütet habe wie zuvor; dies jedoch nur befristet bis zu dem Abschluss der neuen Tarifwerke. Nichts anderes habe sich auch aus den Aushängen der Beklagten zum Stand der Verhandlungen mit der IG BCE ergeben. Die Mitteilung sei sodann noch einmal ergänzend zu den Aushängen und der Zusatzvereinbarung erfolgt. Die Anwendbarkeit der BETV-Vorgaben ergebe sich ferner aus der Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag vom 24. März 1981, die ausdrücklich eine Gleichstellung des Klägers herbeiführe.



Ein Anspruch aus § 14 MTV Chemie bestehe ebenfalls nicht. § 14 MTV Chemie stelle bereits keine Anspruchsgrundlage für das klägerische Ziel dar. Ziel könne nur der Abschluss einer betrieblichen Regelung, sprich eine Betriebsvereinbarung sein. Die hier einschlägige BV enthalte gerade keine solche Regelung. Die Betriebsparteien hätten dadurch zum Ausdruck gebracht, dass eine Verdienstsicherung im Alter gerade nicht gewünscht gewesen sei. Darüber hinaus seien die Voraussetzungen des § 14 MTV Chemie nicht erfüllt. § 14 MTV Chemie fordere eine Versetzung. Der Kläger selbst trage jedoch vor, dass eine unveränderte Tätigkeit angeboten worden sei, er dieses Angebot aber nicht angenommen habe. Selbst bei Unterstellung einer Versetzung müsse er sich das Verschulden zurechnen lassen, da er das Angebot selbstbestimmt ausgeschlagen habe. Aus der BV ergebe sich, dass die Entgeltveränderung ferner auf der veränderten Entgeltstruktur und nicht aufgrund einer Versetzung beruhe. Die Bezeichnung der Stellen sage dabei nichts über die Ausrichtung der Tätigkeit oder das Vorliegen einer Versetzung aus.



Auch im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der Sitzung vom 29. März 2017 (Bl. 389 ff. d. A.) Bezug genommen.



Entscheidungsgründe



A.



Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie erweist sich auch sonst als zulässig.



B.



In der Sache hatte die Berufung des Klägers Erfolg. Dabei kann dahinstehen, ob der Kläger aufgrund einer individualvertraglichen Vereinbarung im Formular "Personal-Veränderung" vom 18. Februar 2008 oder aufgrund des § 14 MTV Chemie Anspruch auf Vergütung nach Entgeltgruppe E 08 hat. Jedenfalls steht ihm aufgrund einer einzelvertraglichen Zusicherung im Schreiben der Beklagten vom 17. Dezember 2013 Anspruch auf Vergütung nach Entgeltgruppe E 08 auch über den 1. Juni 2014 hinaus zu.



Nach den auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren kollektivrechtlichen Regelungen ist die Tätigkeit des Klägers als "Einrichter", die er seit dem 1. Januar 2014 ausübt, zutreffend nach Entgeltgruppe E 06 eingruppiert.



Haben die Arbeitsvertragsparteien jedoch eine für den Arbeitnehmer günstigere eigenständige Entgeltregelung über die maßgebende Entgeltgruppe getroffen, ist diese Entgeltregelung insoweit vorrangig (§ 4 Abs. 3 TVG; vgl. BAG, Urteil vom 21. August 2013 - 4 AZR 656/11 - NZA 2014, 561, 564 Rz. 31).



Mit Schreiben der Beklagten vom 17. Dezember 2013 hat die Beklagte sich nach Auffassung der Kammer verpflichtet, an den Kläger unabhängig von dessen konkreter Tätigkeit und der sich hieraus ergebenden Eingruppierung beginnend mit dem 1. Januar 2014 weiterhin Vergütung entsprechend seiner bisherigen Tätigkeit, das heißt entsprechend der Tätigkeit, die der ihm übertragenen Schichtverantwortung zugrunde liegt. Aufgrund der Tätigkeit als Einrichter soll er - mit Ausnahme der Funktionszulage - keine niedrigere Vergütung erhalten als bisher. Als Schichtverantwortlicher wäre er nach der neuen Vergütungsordnung in die Entgeltgruppe E 08 eingruppiert. Daher hat der Kläger weiterhin Anspruch auf Zahlung der bisherigen Vergütung entsprechend der Entgeltgruppe E 08. Das ergibt die Auslegung des Schreibens vom 17. Dezember 2013.



Nach §§ 133, 157 BGB sind Willenserklärungen und Verträge so auszulegen, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten, wobei vom Wortlaut auszugehen ist. Zur Ermittlung des wirklichen Willens der Parteien sind auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Vor allem sind die bestehende Interessenlage und der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck zu berücksichtigen. Im Zweifel ist der Auslegung der Vorzug zu geben, die zu einem vernünftigen, widerspruchsfreien und zu einem den Interessen beider Vertragspartner gerecht werdenden Ergebnis führt. Haben alle Beteiligten eine Erklärung übereinstimmend in demselben Sinn verstanden, so geht der wirkliche Wille dem Wortlaut des Vertrags und jeder anderweitigen Interpretation vor und setzt sich auch gegenüber einem völlig eindeutigen Vertragswortlaut durch (BAG, Urteil vom 14. Dezember 2016 - 7 AZR 717/14 - [...], Rz. 17; vom 22. Juli 2014 - 9 AZR 1066/12 - NZA 2014, 1330, 1331 Rz. 13 m. w. N.).



Im dritten Absatz ihres Schreibens vom 17. Dezember 2013 hat die Beklagte am Ende erklärt: "Hieraus werden Ihnen keine finanziellen Nachteile entstehen". "Hieraus" bezieht sich grammatikalisch auf den vorangegangenen ersten Satz des dritten Absatzes, der lautet: "Wir beziehen uns hierbei auf die Regelung in § 11 Ziffer b) der Arbeitsordnung, wonach Sie, wenn betriebliche Belange es erfordern, auch mit anderen zumutbaren Tätigkeiten betraut werden können, als die, für die Sie eingestellt oder mit denen Sie längere Zeit beschäftigt wurden." Um das Betrauen mit welcher konkreten Tätigkeit es geht, ergibt sich aus dem ersten Absatz des Schreibens, der lautet: "ab dem 01.01.2014 werden Sie vorübergebend zeitweise oder ständig, unabhängig von der mit Ihnen arbeitsvertraglich vereinbarten Tätigkeit, als Einrichter eingesetzt." Dem Kläger sollen also keine finanziellen Nachteile daraus entstehen, dass er nicht mehr - wie bis einschließlich Dezember 2013 - mit der als Schichtverantwortlicher bzw. stellvertretender Schichtverantwortlicher verbundenen Tätigkeit beschäftigt, sondern (vorübergehend zeitweise oder ständig) als Einrichter eingesetzt wird.



Dies wird auch dadurch bestätigt, dass die Beklagte in ihrem Schreiben vom 17. Dezember 2013 daneben ausdrücklich auf den Wegfall der mit der Funktion als Schichtverantwortlicher bzw. stellvertretender Schichtverantwortlicher verbundenen Funktionszulage hingewiesen hat. Die "Änderung Verantwortlichkeiten" sollte sich beim Kläger finanziell damit nur im Wegfall der Funktionszulage niederschlagen. Im Übrigen sollte die Vergütung des Klägers gleich bleiben und sich durch die "organisatorischen Änderungen" ab dem 1. Januar 2014 nicht reduzieren.



Dementsprechend hat die Beklagte dem Kläger auch über den 1. Januar 2014 hinaus weiter das bisherige Entgelt, jedoch unter Wegfall der mit der Tätigkeit als Schichtverantwortlicher bzw. als stellvertretender Schichtverantwortlicher verbundenen Funktionszulage, gezahlt.



Auch die Beklagte geht davon aus, dass es sich um eine Garantie für die Vergütung handelt, die sich auf die konkret beschriebene vorübergehende Einsatzänderung bezieht.



Diese Auslegung entspricht auch dem Interesse der Parteien. Während der Kläger daran interessiert war, auch bei einer Veränderung seiner Tätigkeit weiterhin Vergütung nach der bisherigen Entgeltgruppe zu erhalten, ging das Interesse der Beklagten im Dezember 2013 zunächst dahin, die organisatorischen Änderungen umzusetzen und den Kläger dementsprechend mit einer veränderten, niedriger als bislang eingruppierten Tätigkeit tatsächlich zu beschäftigen, ohne mit ihm darüber streiten zu müssen, ob die Zuweisung dieser Tätigkeit durch Ausübung ihres Direktionsrechts möglich ist.



Entgegen der Auffassung der Beklagten bedurfte es nicht der konkreten Angabe einer Entgeltgruppe im Schreiben vom 17. Dezember 2013, da die bisherigen Bezüge des Klägers zweifelfrei ermittelt werden können und zwischen den Parteien nicht im Streit standen.



Die Beklagte hat ihre Zusicherung im Schreiben vom 17. Dezember 2013 nicht zeitlich bis zum Abschluss der Verhandlungen über den FVTV, den Ü-TV und die BV begrenzt. Der Wortlaut des Schreibens vom 17. Dezember 2013 enthält keinen Hinweis auf eine solche zeitliche Begrenzung. Sie ist dem Wortlaut nach insbesondere nicht ausdrücklich begrenzt auf die Zeitspanne bis zum Abschluss der Verhandlungen über einen firmenbezogenen Verbandstarifvertrag. Zwar spricht das Schreiben von einem vorübergehenden zeitweisen oder ständigen Einsatz als Ver- und Entsorger, die Beklagte hat jedoch nicht behauptet, ihr Direktionsrecht zwischenzeitlich erneut wirksam ausgeübt und damit den aus ihrer Sicht vorübergehenden Zustand beendet und durch eine dauerhafte Tätigkeitszuweisung ersetzt zu haben. Auch eine einvernehmliche Einigung der Parteien über eine dauerhafte Übertragung einer Tätigkeit als Einrichter ist nicht zustande gekommen, da der Kläger die von der Beklagten angebotene Vertragsergänzung nicht angenommen hat.



Der Kläger konnte auch nicht aus den Umständen entnehmen, dass ihm nur in der Zeit bis zum Abschluss des FVTV, des Ü-TV und der BV durch die Zuweisung der Tätigkeit als Einrichter keine finanziellen Nachteile entstehen sollten. Das ergibt sich nach Auffassung der Kammer bereits daraus, dass durch den FVTV, den Ü-TV und durch die BV die dauerhafte Zuweisung einer anderen - nach einer niedrigeren Entgeltgruppe vergüteten - Tätigkeit nicht geregelt werden sollte und geregelt wurde. Verhandelt und abgeschlossen wurden gerade kein Interessenausgleich und Sozialplan über eine Betriebsänderung (§ 111 f. BetrVG), etwa wegen einer Einschränkung und Stilllegung von wesentlichen Betriebsteilen. FVTV, Ü-TV und BV enthalten keine Regelungen betreffend den Wegfall von Arbeitsplätzen, sondern vielmehr Regelungen zur Absenkung des Entgelts und zur Eingruppierung und Überleitungsvorschriften. So sollen durch den FVTV die Regelungen der Bundestarifverträge, die zwischen dem Bundesarbeitgeberverband (BAVC) und der IG BCE abgeschlossen wurden, für die Beklagte angepasst werden (Abs. 3 der Präambel des FVTV). Diese Anpassung ist zum einen durch die Zuweisung der Tätigkeiten auf die im BETV definierten Entgeltgruppen (§ 3 FVTV) und zum anderen durch die Anwendung eines um 9 % abgesenkten Tarifs (§ 4 Abs. 1 FVTV) erfolgt. Dies wird auch in § 2 Abs. 2 Ü-TV deutlich, nach dem sich die nicht tarifdynamisierte Besitzstandszulage nach § 2 Abs. 1 Ü-TV aus den Beträgen zusammensetzt, die sich zum einen aus der neuen Entgeltgruppe gemäß § 3 FVTV in Verbindung mit der BV ("Abschmelzungsbetrag I") ergibt und zum anderen aus der Absenkung des Entgelts nach § 4 FVTV ("Abschmelzungsbetrag II"). Ziel der BV ist die Zuweisung der verschiedenen, an den Standorten abgeforderten Arbeitsaufgaben auf die im BETV definierten Entgeltgruppen (Abs. 2 der Präambel der BV). Nichts anderes ergibt sich aus dem im Zuge der Verhandlungen zum FVTV, Ü-TV und der BV erteilten Tarifinfos. So wurde beispielsweise in der Tarifinfo vom 20. Januar 2014 (Bl. 276 d. A.) mitgeteilt, dass zum einen eine umfassende Eingruppierungsrichtlinie erarbeitet werde, die alle im Werk existierenden Aufgaben und Tätigkeiten den im entsprechenden Bundestarifvertrag der chemischen Industrie relevanten Entgeltgruppen zuordne. Zum anderen wurde darauf hingewiesen, dass die zurzeit auf Basis der Entgelte der chemischen Industrie ausgezahlten Löhne und Gehälter nachhaltig auf ein in der Kunststoffindustrie übliches Maß angepasst werden sollen, wobei diese Anpassung insbesondere über ein Anrechnung der zukünftigen Tariflohnerhöhungen geschehen sollte. Ausweislich der Information "Tarifverhandlungen gehen weiter!" (Bl. 277 d. A.) war neben der Neubewertung und Umgruppierung der bestehenden Stellen auch der Abschluss eines firmenbezogenen Verbandstarifvertrags für den Standort Gegenstand der Gespräche. In der Tarifinfo vom 6. März 2014 (Bl. 278 d. A.) wurden drei Wege der Realisierung der notwendigen Einsparungen im personellen Bereich genannt, nämlich erstens erforderliche Korrekturen von Eingruppierungen, bei denen die Anforderungen und Tätigkeiten nicht den Beschreibungen des maßgeblichen Entgelttarifvertrages entsprechen, zweitens eine Anpassung der Entgelttabelle der chemischen Industrie nach unten und drittens die Einführung eines Optionsmodells für die Jahresleistung. Der Abbau von Stellen oder etwa die dauerhafte Versetzung von Mitarbeitern auf geringer vergütete Stellen werden nicht genannt.



Die Berufung des Klägers hatte daher Erfolg.



C.



Die Kostenentscheidung folgt hinsichtlich der Kosten erster Instanz aus §§ 92 Abs. 1 S. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO, hinsichtlich der Kosten zweiter Instanz aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.



Die Voraussetzungen einer Revisionszulassung nach § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht erfüllt.

Krol-Dickob
Hagmann
Rose

Verkündet am: 29.03.2017

Vorschriften§ 14 Ziff. 1 MTV, § 14 Ziff. 2 MTV, § 14 MTV, § 64 Abs. 1, 2 ArbGG, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO, § 4 Abs. 3 TVG, §§ 133, 157 BGB, § 111 f. BetrVG, §§ 92 Abs. 1 S. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO, § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, § 72 Abs. 2 ArbGG

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