11.12.2017 · IWW-Abrufnummer 198255
Landesarbeitsgericht Düsseldorf: Urteil vom 30.08.2017 – 12 Sa 322/17
Tenor:
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 07.03.2017 - 1 Ca 3162/16 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass im Ausspruch des Arbeitsgerichts zu Ziffer 1 die Worte "Stufe 5" entfallen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin.
Die Klägerin war seit dem 01.08.1986 bei dem Beklagten bzw. dessen Rechtsvorgängerin beschäftigt. Grundlage war zunächst der noch mit der Katholischen Kirchengemeinde St. N. abgeschlossene Arbeitsvertrag vom 27./28.08.1986. In diesem hieß es u.a.:
Mit Nachtragsvertrag vom 21.10.1991 wurde die Klägerin als kommissarische Leiterin in der Kindertagesstätte eingesetzt. Im Nachtragsvertrag vom 28.01.1992 mit Wirkung vom 01.01.1992 hieß es:
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den zur Akte gereichten Arbeitsvertrag und die beiden Nachtragsverträge Bezug genommen. Nach Gründung des Beklagten, einem Kirchengemeindeverband, dem auch die ehemalige Katholische Kirchengemeinde St. N. angehörte, bestand das Arbeitsverhältnis der Klägerin als Leiterin ihrer Kindertagesstätte ab dem 01.08.2009 mit dem Beklagten fort.
Die im Arbeitsvertrag enthaltenen Regelungen der KAVO nebst Anlagen enthielten u.a. folgende Regelungen:
..."
In der Anlage 29: Sonderregelungen für Mitarbeiterinnen im Sinne von § 1 Abs. 5 KAVO hieß es u.a.:
In der Anlage 29 Anhang 1 Eingruppierungsmerkmale hieß es bis zum 31.07.2015 u.a. wie folgt:
Ab dem 01.08.2015 enthielt die Anlage 29 Anhang 1 Eingruppierungsmerkmale u.a. folgende Regelungen:
In Anlage 4: Bestimmungen für Einmalzahlungen hieß es u.a.:
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die von der Klägerin zur Akte gereichten Anlagen K12 und K13 sowie die im Termin zur Akte genommenen Auszüge der KAVO Bezug genommen.
Zuletzt war die Klägerin als Leiterin ihrer Kindertagesstätte in der Entgeltgruppe S 13 eingruppiert. Ursprünglich hatte die Kindertagesstätte der Klägerin insgesamt 70 Plätze. Bis zum 31.07.2010 hatte die Kindertagesstätte eine Gruppe der Gruppenform I mit maximal 20 Kindern und zwei Gruppen der Gruppenform III mit jeweils maximal 25 Kindern, was die maximale Platzzahl von insgesamt 70 ergab. Dementsprechend war die Klägerin gemäß der damals geltenden Entgeltgruppe S 13 in diese Entgeltgruppe eingruppiert. Mit Beginn des Kindergartenjahres 2010/2011 hatte der Beklagte einen Umbau vorgenommen, um den Betrieb in zwei Gruppen der Gruppenform I und nur noch einer Gruppe der Gruppenform III zu ermöglichen, damit mehr Plätze für die Ü3-Betreuung vorhanden waren. Dies reduzierte die maximale Platzzahl auf insgesamt 65. Von der Platzzahl durfte nach den landesweiten Vorgaben bezogen auf jede Gruppe und (kumulativ) bezogen auf die gesamte Einrichtung um maximal 10 v.H. abgewichen werden. Die tatsächliche Belegung der Kindertagesstätte stellte sich in den Kindergartenjahren wie folgt dar: 2010/2011: 71; 2011/2012 67; 2012/2013: 70; 2013/2014: 70; 2014/2015: 67; 2015/2016: 67; 201672017; 69; 2017/2018: 69. Die Klägerin behielt in Anwendung der Erläuterung 9 Satz 4 zu Anlage 29 Anhang 1 KAVO auch ab dem 01.08.2010 und nachfolgend weiter Entgeltgruppe S 13, weil nach Übereinstimmung der Parteien eine vom Beklagten verantwortete Maßnahme im Sinne dieser Bestimmung vorlag.
Die Klägerin stellte mit Schreiben vom 06.09.2016 einen Antrag auf Höhergruppierung von der Entgeltgruppe S 13 in die Entgeltgruppe S 15. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Schreiben vom 19.10.2016 ab.
Die Klägerin hat gemeint, dass die Höhergruppierung nach ihrem Antrag automatisch zu erfolgen habe. Sie sei nach den alten Regeln zu Recht in der Gruppe S 13 eingruppiert gewesen. Nach den neuen Vorgaben habe sie daher auf ihren Antrag in die Entgeltgruppe S 15 übergeleitet werden müssen. Die Beibehaltung ihrer bisherigen Entgeltgruppe S 13 sei keine fiktive Besitzstandswahrung, sondern ihre zutreffende Eingruppierung. Sie sei ebenso in die Entgeltgruppe S 15 überzuleiten wie diejenigen Mitarbeiterinnen, die am Stichtag 01.08.2015 aufgrund des Erreichens der Mindestzahl von 70 Plätzen der Kindertagesstätte in Entgeltgruppe S 15 eingruppiert wurden. Andernfalls würde sich bei ihr eine Gehaltsverschlechterung ergeben. Diese sei aber unzulässig, weil die dafür erforderlichen Voraussetzungen nicht gegeben seien. Für ihre Eingruppierung in Entgeltgruppe S 15 spreche außerdem, dass auch in der ab dem 01.08.2015 geltenden Anlage 29 Anhang 1 KAVO die Erläuterung 9 inhaltsgleich enthalten sei. Der Beklagte verhindere außerdem, dass ihre Kindertagesstätte mit mehr als 69 Plätzen belegt werde. Zudem habe der damalige Pfarrer ihren Antrag auf Eingruppierung in Entgeltgruppe S 15 bereits im September 2015 genehmigt.
Aufgrund der Höhergruppierung in Entgeltgruppe S 15 stehe ihr die Einmalzahlung von 140,00 Euro aus § 5 Anlage 4 KAVO zu.
Die Klägerin hat beantragt
Der Beklagte hat beantragt,
Der Beklagte hat gemeint, dass die Besitzstandsregelung betreffend die fortbestehende Eingruppierung der Klägerin in Entgeltgruppe S 13 ausschließlich der Verhinderung einer Herabgruppierung diene und nicht den Zweck habe, eine höhere Eingruppierung zu ermöglichen. Zum Stichtag 31.07.2015 sei eigentlich die richtige Eingruppierung der Klägerin die Entgeltgruppe S 10 gewesen. Nur aufgrund der Besitzstandsregelung sei sie in die Entgeltgruppe S 13 eingruppiert gewesen. Eine neue Maßnahme am 01.08.2015 oder nach diesem Tag, die eine erneute Besitzstandswahrung hätte auslösen können, habe er nicht getroffen. Maßgeblich seien für die Anwendung der neuen Eingruppierungsmerkmale gemäß § 4a Anlage 29 KAVO die tatsächlichen Verhältnisse am 01.08.2015. Danach stehe der Klägerin die Entgeltgruppe S 15 nicht zu, sondern nur Entgeltgruppe S 13. An diesem Tag komme eine Anwendung der Erläuterungen Nr. 8 und 9 Anlage 29 Anhang 1 KAVO nicht mehr in Betracht. Für die Anwendung eines Auffangtatbestandes sei kein Raum. Es gehe hier auch nicht um die Verhinderung einer Herabgruppierung, sondern um eine von der Klägerin begehrte Höhergruppierung. Eine Rückwirkung oder erneute Besitzstandswahrung sehe die Vorschrift nicht vor. Die Klägerin werde nicht unbegrenzt fiktiv so behandelt, als habe ihre Kindertagesstätte 70 belegbare Plätze. Die vorgenommene Beurteilung entspreche auch den Durchführungshinweisen der Personalwesenkommission der (Erz-) Bistümer in Nordrhein-Westfalen. Wegen der Einzelheiten dieser Durchführungshinweise wird auf die Anlage B1 des Beklagten Bezug genommen. Es gebe für die Klägerin auch keine automatische Höhergruppierung. Dies gelte nur für die in § 4a Abs. 1 Anlage 29 KAVO erfassten Mitarbeiter. Für die Klägerin als von § 4a Abs. 2 Anlage 29 KAVO erfasste Mitarbeiterin gelte das dort normierte Antragserfordernis, mit den in der Vorschrift normierten materiellen Voraussetzungen, die zu erfüllen seien.
Der damalige Pfarrer habe ihren Antrag nicht genehmigt. Er sei dazu ohnehin nicht befugt gewesen und hätte die Erklärung nicht rechtswirksam abgeben könne.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Gegen das ihm am 10.03.2017 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 10.04.2017 Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 12.06.2017 - am 12.06.2017 begründet.
Der Beklagte ist der Ansicht, das Arbeitsgericht gehe fehlerhaft davon aus, dass die Klägerin nur einen Antrag gemäß § 4a Anlage 29 KAVO habe stellen müssen, um höhergruppiert zu werden. Für sie gelte die Tarifautomatik von § 4a Abs. 1 Anlage 29 KAVO gerade nicht. § 4a Abs. 2 Anlage 29 KAVO verlange vielmehr die Überprüfung der Eingruppierungsmerkmale nach der Neuregelung am Stichtag 01.08.2015. Diese schließe dogmatisch zwingend die Anwendung einer Besitzstandsklausel zum Zwecke der Vermeidung einer Herabgruppierung aus. Mangels Erreichen der erforderlichen Platzzahl komme für die Klägerin die Entgeltgruppe S 15 nicht in Betracht. Es lägen nur die Voraussetzungen für Entgeltgruppe S 13 vor. Damit ergäbe sich ab diesem Zeitpunkt keine höhere Entgeltgruppe, was § 4 a Abs. 2 Anlage 29 KAVO verlange. Es werde zwar auch nach dem neuen Recht auf die Erläuterungen Nr. 8 und 9 Anlage 29 Anhang 1 KAVO Bezug genommen. Deren Voraussetzungen seien am 01.08.2015 oder später aber nicht erfüllt gewesen.
Der vom Arbeitsgericht angenommene Wertungswiderspruch sei ergebnisorientiert konstruiert. So lasse sich jede Stichtagsregelung aushebeln. Auch bei der Einführung der Besitzstandsklausel in der Erläuterung 9 Anlage 29 Anhang 1 KAVO hätte diese nur zukunfsbezogen gegolten. Das vermeintlich unbillige Ergebnis sei damals wie heute gleichermaßen unterschiedlich. Mit der Stichtagsregelung werde auch kein Anspruch der Klägerin vernichtet. Die Bezugnahme des Arbeitsgerichts auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Ortszuschlag führe für den Fall nicht zu der vom Arbeitsgericht angenommenen Lösung. In den maßgeblichen Regelungen werde auch nicht angeordnet, dass organisatorische Maßnahmen von vor dem 01.08.2015 weiter für die Übergangsregelung Bedeutung behalten sollen. Dies sei nach dem maßgeblichen Wortlaut nur auf einen einzigen Fall bezogen und wiederhole sich nicht immer wieder.
Der Beklagte beantragt,
Die Klägerin beantragt,
Sie verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts. § 4a Abs. 2 Anlage 29 KAVO weiche nicht von der Überleitung als Tarifautomatik ab, sondern trage nur der Situation Rechnung, dass je nach Fallkonstellation in den erfassten Entgeltgruppen eine Höhergruppierung ein schlechteres Gesamtergebnis ergeben könne. Nur deshalb habe es des Antragserfordernisses bedurft. Es sei auch nicht so, dass es in der Nacht vom 31.07.2015 auf den 01.08.2015 einer organisatorischen Maßnahme bedurft hätte. Die Durchführungshinweise der Arbeitgeberseite seien insoweit keine maßgeblichen Quellen. Würde man der Ansicht des Beklagten folgen, ergäbe sich ein Wertungswiderspruch dazu, dass eine Minderbelegung von weniger als 5 v.H. für die Eingruppierung unschädlich ist.
Da der damalige Pfarrer die Höhergruppierung bereits im September 2016 genehmigt habe, verstoße die Versagung derselben jedenfalls gegen Treu und Glauben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen in beiden Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Beklagten ist - abgesehen von der Angabe der konkreten Stufe im Antrag - unbegründet, weil die Klage mit dem Feststellungsantrag - abgesehen von der Angabe der Stufe - zulässig und begründet ist. Der Leistungsantrag hat ebenfalls Erfolg.
A. Die Klage ist mit dem Feststellungsantrag - abgesehen von der konkreten Angabe zur Stufe der Klägerin - zulässig. Der Feststellungsantrag ist als allgemein anerkannter Eingruppierungsfeststellungsantrag zulässig (vgl. z.B. BAG 23.02.2011 - 4 AZR 214/09, ZTR 2011, 489 Rn. 12; BAG 11.12.2013 - 4 AZR 493/12, AP Nr. 1 zu § 56 TVöD Rn. 11). Das erforderliche rechtliche Interesse gemäß § 256 Abs. 1 ZPO an der begehrten Feststellung besteht indes nur betreffend die Eingruppierung in die Entgeltgruppe S 15. Der Beklagte bestreitet die Eingruppierung der Klägerin in diese Entgeltgruppe ab dem 01.08.2015 und eine entsprechende Nachzahlungsverpflichtung. Über die Stufenzuordnung der Klägerin besteht kein Streit. Dies haben die Parteien im Termin übereinstimmend erklärt. Die Angabe der Stufe im Antrag habe insoweit rein deklaratorische Bedeutung. Wenn zwischen den Parteien kein Streit über die konkrete Stufenzuordnung besteht, ist das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse nicht gegeben. Der Feststellungsantrag ist insoweit unzulässig. Der Zahlungsantrag ist als Leistungsantrag zulässig.
B. Die Klage ist mit dem Feststellungsantrag - soweit er nicht unzulässig ist - und mit dem Leistungsantrag begründet, weil die Klägerin ab dem 01.08.2015 zutreffend in Entgeltgruppe S 15 eingruppiert und der Anspruch auf die Einmalzahlung aus diesem Grund gegeben ist.
I. Die Klägerin ist ab dem 01.08.2015 in Entgeltgruppe S 15 der Anlage 29 Anhang 1 KAVO eingruppiert, weil sie in diese Entgeltgruppe gemäß § 4a Abs. 2 Anlage 29 KAVO aufgrund ihres Antrags vom 06.09.2016 übergeleitet worden ist.
1. Die KAVO finden auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin kraft vertraglicher Bezugnahme in § 1 Abs. 2 des insoweit nach wie vor maßgeblichen Arbeitsvertrags vom 27./28.08.1986 Anwendung. Dies führt gemäß §§ 1 Abs. 5, 20 Abs. 1 UAbs. 3 KAVO für die Eingruppierung der Klägerin als Leiterin einer Kindertagesstätte, d.h. einer Mitarbeiterin im Erziehungsdienst, zur Anwendung der Anlage 29 KAVO i.V.m. Anlage 29 Anhang 1 KAVO. Darüber besteht zwischen den Parteien kein Streit. Dies gilt auch dafür, dass die Klägerin bis zum 31.07.2015 in der Entgeltgruppe S 13 in der bis dahin geltenden Fassung der Anlage 29 Anhang 1 KAVO eingruppiert gewesen ist. Dieses Parteiverständnis ist zutreffend. Dem steht nicht entgegen, dass in dem gemäß der Erläuterung Nr. 9 Satz 1 Anlage 29 Anhang 1 KAVO maßgeblichen Referenzzeitraum vom 01.10.2014 bis 31.12.2014 nicht mindestens 70 Plätze (so Entgeltgruppe S 13 bis zum 31.07.2015) in der von der Klägerin geleiteten Kindertagesstätte belegt waren (vgl. dazu, dass die Anzahl der tatsächlich belegten Plätze maßgeblich ist BAG 11.12.2013 a.a.O. Rn. 15; BAG 16.04.2014 - 4 AZR 745/13, ZTR 2014, 533 Rn. 13). Davon gehen die Parteien übereinstimmend aus. Dies ist nach dem zutreffenden Parteiverständnis unschädlich, weil die Voraussetzungen von Erläuterung Nr. 9 Satz 4 Anlage 29 Anhang 1 KAVO gegeben sind. Die Unterschreitung der zuvor erreichten Belegung von 70 Plätzen und damit gegebenen Eingruppierung nach der damaligen Entgeltgruppe S 13 resultiert aus einer von dem Beklagten verantworteten Maßnahme, nämlich der Umstellung der Gruppengrößen in der Kindertagesstätte, welche die Klägerin leitet. Über all dies besteht - wie ausgeführt - zwischen den Parteien kein Streit.
2. Streitig ist alleine, ob die Klägerin trotz einer unvermindert unter 70 verbliebenen Belegung der Kindertagesstätte auf ihren rechtzeitig innerhalb der bis zum 31.12.2016 laufenden Ausschlussfrist gestellten Antrag vom 06.09.2016 gemäß § 4a Abs. 2 Satz 1 Anlage 29 KAVO mit Rückwirkung zum 01.08.2015 (§ 4 a Abs. 1 Satz 2 Anlage 29 KAVO) in die dann geltende Entgeltgruppe S 15 eingruppiert ist. Dies ist entgegen der Ansicht des Beklagten der Fall und ergibt die Auslegung der Bestimmung des § 4a Abs. 2 Satz 1 Anlage KAVO.
a)Auch wenn es sich bei der KAVO nicht um einen Tarifvertrag handelt, erfolgt die Auslegung einer derartigen kirchlichen Arbeitsrechtsregelung nach den gleichen Grundsätzen, wie sie für die Tarifauslegung maßgeblich sind. Danach ist vom Wortlaut der Regelungen auszugehen und dabei deren maßgeblicher Sinn zu erforschen, ohne am Wortlaut zu haften. Der wirkliche Wille der Normgeber und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Bestimmungen ist mit zu berücksichtigen, soweit sie in den Regelungen ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den systematischen Zusammenhang ist abzustellen (BAG 21.11.2003 - 6 AZR 664/12, NZA 2014, 362
[BAG 21.11.2013 - 6 AZR 664/12]
Rn. 28 m.w.N.).
b)In Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich die Eingruppierung der Klägerin in Entgeltgruppe S 15 ab dem 01.08.2015 aufgrund von § 4a Abs. 2 Satz 1 Anlage 29 KAVO. Zutreffend ist, dass die Vorschrift - worauf der Beklagte hingewiesen hat - keine automatische Überleitung beinhaltet, sondern einen Antrag, den die Klägerin wie ausgeführt rechtzeitig gestellt hat, erfordert. Ausgehend vom Wortlaut des § 4 a Abs. 2 Satz 1 Anlage 29 KAVO ist weiterhin richtig, dass die zutreffende Eingruppierung am 01.08.2015 maßgeblich ist. Zu diesem Stichtag muss sich eine höhere Eingruppierung als an dem Tag zuvor, dem 31.07.2015, ergeben. Dies bedeutet, dass am 01.08.2015 die dann maßgeblichen Eingruppierungsvoraussetzungen zu prüfen sind. Dies führt dazu, dass die Klägerin in Entgeltgruppe S 15 eingruppiert ist. Es ist zwar richtig, dass die von ihr geleitete Kindertagesstätte nicht die am 01.08.2015 für die Entgeltgruppe S 15 erforderliche Mindestbelegung von 70 Plätzen aufwies. Die Anwendung von Erläuterung Nr. 9 Anlage 29 Anhang 1 KAVO ergibt jedoch, dass dies im Falle der Klägerin unschädlich ist. Maßgeblich sind nach dieser Erläuterung für die Mindestbelegungszahl ohnehin nicht die Verhältnisse am 01.08.2015. Die Durchschnittsbelegung ist gemäß Erläuterung Nr. 9 Satz 1 Anlage 29 Anhang 1 KAVO nach der Zahl vom 01.10. bis zum 31.12. zu ermitteln, d.h. hier vom 01.10.2014 bis zum 31.12.2014. Auch in diesem Zeitraum wurde allerdings unstreitig die ab dem 01.08.2015 nur noch erforderliche Mindestbelegung von 70 Plätzen für die Entgeltgruppe S 15 in der Kindertagesstätte, welche die Klägerin leitet, nicht erreicht. Dies ist im Falle der Klägerin aufgrund der Regelung in Erläuterung Nr. 9 Satz 4 Anlage 29 Anhang 1 KAVO unschädlich. Die Mindestzahl ist aufgrund einer Maßnahme des Beklagten in diesem Sinne unterschritten worden. Insoweit hat sich der Sachverhalt, der zu beurteilen ist, vom 31.07.2015 bis zum 01.08.2015 nicht verändert. Entgegen der Ansicht des Beklagten bedurfte es für die Anwendung von Erläuterung Nr. 9 Satz 4 Anlage 29 Anhang 1 KAVO keiner neuen Maßnahme im Sinne dieser Bestimmung am Stichtag 01.08.2015 oder später. Eine zeitliche Begrenzung enthält die Bestimmung in Erläuterung Nr. 9 Satz 4 Anlage 29 Anhang 1 KAVO nicht. Sie enthielt diese weder vor dem 01.08.2015 noch nach dem 01.08.2015, sondern gilt unverändert fort. Die Maßnahme des Beklagten wirkte in Anwendung der Bestimmung der Erläuterung Nr. 9 Satz 4 Anlage 29 Anhang 1 KAVO ohne Zeitgrenze fort und tut es auch am 01.08.2015 sowie danach. Aus Wortlaut, Sinn und Zweck und dem systematischen Zusammenhang ergibt sich, dass auch für die am 01.08.2015 vorzunehmende Eingruppierung Erläuterung Nr. 9 Satz 4 Anlage 29 Anhang 1 KAVO auf den dann gegebenen Sachverhalt anzuwenden ist. Damit wird auch nicht - was der Beklagte dem Arbeitsgericht vorwirft - die Stichtagsregelung in § 4a Abs. 2 Satz 1 KAVO entwertet oder ausgehebelt. Insoweit liegt ein Unterschied zur erstmaligen Einführung von Erläuterung Nr. 9 Satz 4 Anlage 29 Anhang 1 KAVO vor. Vor der Einführung dieser Regelung gab es keine Vorschrift, die das Absinken der Eingruppierung bei verminderter Gruppenstärke verhindert. Dann war es folgerichtig, diese Regelung nur auf Sachverhalte, die nach In-Kraft-Treten dieser Regelung stattfanden, anzuwenden. Darum geht es vorliegend nicht. Die Vorschrift der Erläuterung Nr. 9 Satz 4 Anlage 29 Anhang 1 KAVO gab es vor dem 01.08.2015 und es gibt sie am und nach dem 01.08.2015 weiterhin mit dem gleichen Inhalt. Sie findet auf einen unveränderten Sachverhalt weiter Anwendung. Es geht insoweit auch nicht darum, aus einem Besitzstand eine Höhergruppierung abzuleiten, sondern um eine auf Antrag erfolgte Überleitung in die neuen Entgeltgruppen. Wie die Kammer in der mündlichen Verhandlung auf ausdrücklichen Hinweis u.a. auf § 5 KAVO Anlage 29 ausgeführt und den Parteien mitgeteilt hat, kennt die hier in Rede stehende KAVO Besitzstandsregelungen, die zudem eine zeitliche Komponente enthalten. So sieht § 5 KAVO Anlage 29 aus Anlass einer älteren Änderung der KAVO für die Leiterinnen von Tageseinrichtungen für Kinder in Absatz 2 eine Zulage vor, die gemäß Abs. 4 bei Entgelterhöhungen bis zur Aufzehrung verrechnet wird. Erläuterung Nr. 9 Satz 4 Anlage 29 Anhang 1 KAVO enthält weder eine zeitliche Grenze noch eine Anrechnungsmöglichkeit. Es handelt sich in Anwendung dieser Bestimmung schlicht um die Normierung der Voraussetzungen der zutreffenden Eingruppierung einer Leiterin einer Kindertagesstätte, deren Belegungszahl seit In-Kraft-Treten der Erläuterung Nr. 9 Satz 4 Anlage 29 Anhang 1 KAVO in der Vergangenheit unter eine relevante Schwelle einer der Entgeltgruppen abgesunken ist. Daran hat sich - wie ausgeführt - vom 31.07.2015 zum 01.08.2015 nichts geändert. Die materiellen Voraussetzungen der Eingruppierung der Klägerin in die Entgeltgruppe S 15 sind am 01.08.2015 unter Berücksichtigung von Erläuterung Nr. 9 Satz 4 Anlage 29 Anhang 1 KAVO gegeben. Soweit sich aus den Durchführungshinweisen der Personalwesenkommission der (Erz-)Bistümer in Nordrhein-Westfalen etwas anderes ergeben sollte, ist dies unerheblich, denn es ändert als bloße Ansicht der Arbeitgeberseite am dem gefundenen Auslegungsergebnis nichts (vgl. BAG 15.11.2012 - 6 AZR 373/11, ZTR 2013, 129 Rn.50 a.E.).
II.Die Klägerin kann von dem Beklagten die Zahlung von 140,00 Euro brutto gemäß § 5 Anlage 4 KAVO verlangen. Der Klägerin steht - wie ausgeführt - ab dem 01.08.2015 ein höheres Tabellenentgelt zu. Die weiteren Voraussetzungen von § 5 Abs. 1 Anlage 4 KAVO sind gegeben. Die Höhe der Pauschalzahlung beträgt für die Klägerin gemäß § 5 Abs. 5 Anlage 4 KAVO die geltend gemachten 140,00 Euro. Der Zinsanspruch ab dem 20.10.2016 folgt aus § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB i.V.m. § 288 Abs. 1 BGB. Die Pauschalzahlung war spätestens mit dem Entgelt für den Monat Juni 2016 (§ 5 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 1 Anlage 4 KAVO) fällig. Darauf, dass sie aufgrund der rechtzeitigen Antragstellung der Klägerin gemäß § 5 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 Anlage 4 KAVO aufgrund der Rückwirkung auf den 01.08.2015 (§ 4a Abs. 2 Satz 2 Anlage 29 KAVO) ggfs. früher fällig war, kam es nicht an.
C.Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
D. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 72 Abs. 2 ArbGG), waren nicht gegeben.
Penner
Berger