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08.02.2006 · IWW-Abrufnummer 060410

Landgericht Mönchengladbach: Urteil vom 24.08.2005 – 4 S 159/04

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Landgericht Mönchengladbach
4. Zivilkammer

Urteil
Aktenzeichen: 4 S 159/04

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 14.09.2004 verkündete Urteil des Amtsgerichts Mönchengladbach-Rheydt (11 C 24/04) teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 1.578,79 ? zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits, einschließlich der Kosten des Berufungsverfahrens, trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

(Ohne Darlegung der tatsächlichen Feststellungen gemäß §§ 540 Abs.2. 313a Abs.1 ZPO)

Die Berufung ist zulässig und begründet.

Die Beklagte ist gemäß § 611 BGB i.V.m. den Vorschriften der Steuerberatergebührenverordnung verpflichtet, dem Kläger über den bereits rechtskräftig mit dem teilweise angefochtenen Urteil zugesprochenen Betrag hinaus weitere 1.578,79 ? zu zahlen.

I.

In der Berufungsinstanz ist nur noch ein Teilbetrag aus der Rechnung vom 04.12.2003 streitgegenständlich. In erster Instanz hat der Kläger die Beträge aus 2 Rechnungen geltend gemacht, nämlich:
Rechnung vom 03.11.2003 mit einem Restbetrag von 870,39 ? und
Rechnung vom 04.12.2003 mit eine Restbetrag von 2.671,53 ?,
was in der Summe die Klageforderung von 3.541,92 ? ergibt.

Hiervon hat das Amtsgericht dem Kläger 1.963,13 ? zugesprochen, so dass sich noch der mit der Berufung weiterverfolgte Teil von 1.578,79 ? ergibt. Wie sich nun aus dem angefochtenen Urteil ergibt, hat das Amtsgericht den Betrag aus der Rechnung vom 03.11.2003 voll zugesprochen, so dass diese Rechnung in der Berufungsinstanz nicht mehr streitgegenständlich ist. Das Amtsgericht hat nämlich die Rechnung vom 04.12.2003 gekürzt von 4.507,53 auf 2.928,74 ?. Diesem Betrag hat es dann die Restsumme aus der Rechnung vom 03.11.2003 in Höhe von 870,39 ? hinzugerechnet und die Vorauszahlungen aus 2003 in Höhe von 1.836 ? abgezogen und ist so zu dem Verurteilungsbetrag gelangt. Rechnerisch hätten die Vorauszahlungen von den 2.928,74 ? abgezogen werden müssen so hat es der Kläger getan und nur so war die Rechnung dementsprechend streitgegenständlich - und die 870,39 ? hinzugerechnet werden müssen. Nach den obigen Ausführungen ist nur ein Teil aus der Rechnung vom 04.12.2003, noch streitgegenständlich.

II.

Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts sind die streitigen Rechnungspositionen für die Einzeltätigkeiten aus den Jahren 2001 und 2002 nicht verwirkt.

Voraussetzung für eine Verwirkung ist ein Zeit- und Umstandsmoment. Ein Recht ist verwirkt, wenn der Berechtigte es für längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht hat und der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat und sich nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten auch darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde (BGH NJW 1982, 1999). Die Verwirkung ist ein Fall der unzulässigen Rechtsausübung wegen widersprüchlichen Verhaltens und kann neben den Verjährungsfristen eine zeitliche Grenze für die Rechtsausübung darstellen. Grundsätzlich steht es jedoch dem Berechtigten frei, bei der Geltendmachung seiner Recht die durch Gesetz oder Vertrag bestimmten Ausschluss- und Verjährungsfristen voll auszunutzen (Palandt-Heinrichs, BGB, 64. Auflage, § 242 Rn.87 m.w.N.).

Schon das Zeitmoment erscheint hier fraglich. Dieses läge vor, wenn der Berechtigte über längere Zeit untätig geblieben ist, obwohl er seine Ansprüche hätte geltend machen können. Hier geht es um Ansprüche aus 2001 und 2002, die "erst" 2003 abgerechnet worden sind. Der Zeitraum der Untätigkeit beträgt also allenfalls 3 Jahre, ausgehend von einer Tätigkeit zu Beginn des Jahres 2001.

Bei einer verhältnismäßig geringen Zeitspanne muss für die Bejahung einer Verwirkung ein besonderer Vertrauenstatbestand vorliegen. Die späte Geltendmachung des Rechts muss als eine mit Treu und Glauben unvereinbare Härte erscheinen (BGH NJW 2003,824). Hier ist zu berücksichtigen, dass es unstreitig um unverjährte Forderungen geht. Da jedoch die Verjährungsvorschriften ihrem Sinn und Zweck nach bereits u.a. die Interessen des Schuldners vor einer späten Inanspruchnahme schützen, muss in dieser Konstellation ein noch ausgeprägterer Vertrauenstatbestand hinzukommen. Die Kammer vermag einen solchen Tatbestand nicht zu erkennen. Die Beklagte beruft sich darauf, dass in der Vergangenheit nicht zeitnah abgerechnet worden ist und sie nach dem Zeitablauf nicht mehr mit Forderungen aus 2001 und 2002 hätte rechnen müssen. Das Interesse, nicht unangemessen spät in Anspruch genommen zu werden, wird jedoch gerade durch die Verjährungsvorschriften geregelt. Weitergehende Umstände, die einen Vertrauenstatbestand im oben dargestellten Sinne begründen könnten, sind nicht vorgetragen. Insbesondere kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, dass ihr nicht bewusst gewesen sei, dass sie für die Einzeltätigkeiten zahlungspflichtig ist. Ihr Vortrag zur vermeintlich pauschalierte" Abrechnung spricht gerade dagegen. Zudem dürfte der Beklagten als Kaufmann auch bewusst sein, dass zuweilen Forderungen erst kurz vor Ablauf der Verjährungsfristen geltend gemacht werden.

Insgesamt reichen daher die zugrunde zu legenden Umstände nicht aus, um eine treuwidrige Härte und damit ein Umstandmoment anzunehmen. Im Ergebnis ist die Berufung damit begründet.

III.

Anderweitige Einwendungen in Bezug auf die noch streitgegenständliche Rechnung sind nicht erkennbar. Soweit die Beklagte sich in erster Instanz gegen den angenommenen Gegenstandswert sowie die Höhe der Gebühren gewendet hatte, bezog sich dies auf die Rechnung vom 03.11.2003.

IV.

Soweit die Beklagte sich darauf beruft, es habe eine Absprache zwischen den Parteien dahingehend gegeben, dass alle Honoraransprüche mit der Zahlung der Abrechnung der Finanzbuchhaltung abgegolten seien, ist sie hierfür in erster Instanz beweisfällig geblieben.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr.10 analog, 713 ZPO.

VI.

Die Kammer hat die Revision nicht zugelassen, da die Voraussetzungen (§ 543 Abs.2 ZPO) hierfür nicht vorliegen. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung, da es sich um eine Einzelfallentscheidung handelt. Es ist nicht erkennbar, dass es sich um meine Frage handelt, deren Auftreten in einer Vielzahl von Fällen zu erwarten ist. Eine Zulassung ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts bzw. zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Die Voraussetzungen der Verwirkung sind höchstrichterlich geklärt. Die Einheit der Rechtsprechung ist nicht gefährdet. Dies ergibt sich auch nicht aus der Tatsache, dass das Landgericht Essen in seinem Urteil vom 30.11.2000 (6 0 399/00) eine Verwirkung in einem Fall von Steuerberatergebührenforderungen bejaht hat. Das dortige Verfahren weist erhebliche Unterschiede zum hiesigen Verfahren auf. So ist dem dortigen Beklagten in der Vergangenheit überhaupt nie eine Abrechnung erteilt worden. Im vorliegenden Fall sind die Jahresabschlüsse jedoch unstreitig jährlich abgerechnet worden. Die monatlichen Zahlungen waren hier unstreitig lediglich Anzahlungen hierauf, während in dem vom Landgericht Essen entschiedenen Fall streitig war, ob die dortigen monatlichen Zahlungen als Pauschalvergütungen vereinbart waren. Der Beklagten im hiesigen Verfahren war bewusst, dass eine Abrechnung noch zu erfolgen hatte. Auch sind unstreitig zumindest einige Einzeltätigkeiten separat abgerechnet worden. Damit stellen beide Urteile Einzelfallentscheidungen dar, so dass die Gefahr einer uneinheitlichen Rechtsprechung nicht gegeben ist.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 1.578,79 ?

RechtsgebietSteuerberatergebührenforderungVorschriften§ 242 BGB

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