21.02.2018 · IWW-Abrufnummer 199781
Finanzgericht Sachsen-Anhalt: Urteil vom 14.01.2014 – 4 K 919/08
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Urt. v. 14.01.2014
Az.: 4 K 919/08
In dem Rechtsstreit
xxx
wegen Umsatzsteuer 2006
hat das Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt - 4. Senat - ohne mündliche Verhandlung am 14. Januar 2014 durch
den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht Görlitz,
die Richterin am Finanzgericht Gradl,
den Richter am Finanzgericht Keilig,
die ehrenamtlichen Richter ... und
den ehrenamtlichen Richter ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Abweichend von dem Bescheid vom 2. Oktober 2007 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 22. Mai 2008 wird die Umsatzsteuer 2006 auf 62.906,54 € festgesetzt.
Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Sie hat zwei Gesellschafter, die im Streitjahr mit 1,48 % (B.) bzw. 98,52 % (C.) an ihrem Gewinn und Verlust beteiligt sind. Streitig ist die Höhe der umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlage zweier dem Gesellschafter C. auch zur privaten Nutzung überlassener Firmenwagen. Die Überlassung der Fahrzeuge sollte nach Angaben der Klägerin unentgeltlich erfolgen.
Sie ermittelte die Bemessungsgrundlage wie folgt (alle Angaben in €):
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Entnahme |
USt |
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Pkw 1 |
Listenpreis: |
80% der Kosten |
4.339,21 |
4.339,21 |
694,27 |
|
45.231,88 |
USt darauf |
694,27 |
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|
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12x1% = 5.424,00 |
20% der Kosten |
1.084,80 |
|
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|
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Pkw 2 |
Listenpreis: |
80% der Kosten |
5.299,21 |
5.299,21 |
847,87 |
|
55.240,00 |
USt darauf |
847,87 |
|
|
|
12x1% = 6.624,00 |
20% der Kosten |
1.324,80 |
|
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|
|
Summen |
13.590,16 |
9.638,42 |
1.542,14 |
Die Entwicklung der Kapitalkonten der beiden Gesellschafter der GbR stellt sich wie folgt dar (alle Angaben in €):
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Stand am 01.01.2006 |
Einlagen |
Entnahmen |
Ergebnisanteil |
in % |
Stand am 31.12.2006 |
B. |
./. 44.631,69 |
1.352,14 |
./. 23.112,72 |
2.298,83 |
1,48 |
./. 64.093,44 |
C. |
43.163,94 |
345,00 |
1./. 45.535,17 |
2153.027,55 |
98,52 |
151.001,32 |
|
./. 1.467,75 |
1.697,14 |
./. 68.647,89 |
155.326,38 |
100,00 |
86.907,88 |
Nach einer Umsatzsteuersonderprüfung ging der Beklagte dagegen von einer entgeltlichen Überlassung aus, weil das Privatkonto des Gesellschafters C. belastet worden sei. Er ermittelte die Bemessungsgrundlage daraufhin wie folgt (alle Angaben in €):
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Entnahme |
USt |
||
Pkw 1 |
Listenpreis: |
80% der Kosten |
4.339,20 |
|
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|
45.231,88 |
USt darauf |
694,28 |
|
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12x1% = 5.424,00 |
20% der Kosten |
1.084,80 |
|
|
|
|
Summe brutto |
6.118,28 |
|
|
|
|
Summe netto |
|
5.274,37 |
843,90 |
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Pkw 2 |
Listenpreis: |
80% der Kosten |
5.299,20 |
|
|
|
55.240,00 |
USt darauf |
847,88 |
|
|
|
12x1% = 6.624,00 |
20% der Kosten |
1.324,80 |
|
|
|
|
Summe brutto |
7.471,88 |
|
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Summe netto |
|
6.441,27 |
1.030,60 |
|
|
Summen |
13.590,16 |
11.715,64 |
1.874,50 |
Dagegen richtet sich nach erfolglosem Einspruchsverfahren die vorliegende Klage.
Die Klägerin trägt vor, für die Berechnung der Bemessungsgrundlage habe sie gemäß dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 27. August 2004 (IV B 7-S 7300-70/04, BStBl I 2004, 864) die 1%-Regelung angewendet und einen pauschalen Betrag in Höhe von 20 % für die nicht mit Vorsteuern belasteten Kosten abgezogen. Dies sei nach einer Verfügung der Oberfinanzdirektion Frankfurt vom 23. April 2007 (S 7100 A - 68 - St 11, Haufe Index1808355), einem Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 10. Juli 2007 (13 K 509/06, EFG 2007, 1752) und einem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 19. Mai 2010 (XI R 32/08, BStBl II 2010, 1079) auch bei Gesellschaftern von Personengesellschaften zulässig.
Die Verbuchung der privaten Nutzung sei, wie auch bei Einzelunternehmen üblich, über die Standardkonten 1881 (Unentgeltliche Wertabgaben), 8921 (Verwendung von Gegenständen -Kfz- 16 % USt) und 8921 - gemeint ist offensichtlich: 8924 - (Verwendung von Gegenständen -Kfz- ohne USt) erfolgt. Diese Handhabung sei so auch in den Buchungsbeispielen der D. eG enthalten. Sie dürfe nicht zu einer unterschiedlichen umsatzsteuerlichen Behandlung von Einzelunternehmern und GbR-Gesellschaftern führen. Eine andere Verbuchung sei systembedingt auch gar nicht möglich, weil der zu 80 % umsatzsteuerpflichtige Ertrag aus der unentgeltlichen Wertabgabe lediglich aus einer steuerlichen Korrekturbuchung entstehe und nicht entnommen werden könne. Mit der Standardverbuchung über das Konto 1881 würden die Entnahmen des Gesellschafters nur fiktiv erhöht, weil der ebenfalls nur fiktiv über die Korrekturbuchung auf den Konten 8921 und 8924 hinzugerechnete weder verteilungs- noch entnahmefähige Ertrag unter Entnahmegesichtspunkten durch die Buchung wieder gekürzt werde. Eine wirtschaftliche Belastung des Privatkontos des Gesellschafters sei somit nicht gegeben. Denn die Belastung des Kontos 1881 i.H.v. 13.590,16 € werde durch die kongruente Gewinnanteilszuweisung aus den Ertragsbuchungen i.H.v. 12.048,02 € (4.339,21 € + 1.084,80 € + 5.299,21 € + 1.324,80 €) auf den Konten 8921 und 8921 - gemeint ist offensichtlich wiederum: 8924 - wieder aufgehoben.
Es verbleibe somit nur eine Belastung des Kapitalkontos des Gesellschafters C. in Höhe der steuerlich nicht abzugsfähigen Umsatzsteuer auf die unentgeltlichen Kfz-Wertabgaben (Konto 8921) von 1.542,14 €. Mit den Kfz-Kosten selbst werde das Kapitalkonto des Gesellschafters dagegen nicht belastet. Dies entspreche der vom Gesetzgeber gewollten Belastung des Gesellschafters mit der auf seine unentgeltliche Privatnutzung entfallenden Umsatzsteuer. Die zusätzlich gewollte Belastung des Gesellschafters mit der auf die Privatnutzung entfallenden Einkommensteuer erfolge unabhängig davon direkt über den auf den Gesellschafter entfallenden - um diese unentgeltliche Wertabgabe erhöhten - Gewinnanteil.
Mit dieser Standardverbuchungsmethode werde die direkte Belastung des Gesellschafters mit der auf seine unentgeltliche Privatnutzung entfallenden Einkommen- und Umsatzsteuer sichergestellt. Die verbleibende Minderung des Kapitalkontos stehe deshalb der Annahme einer Unentgeltlichkeit der Nutzungsüberlassung nicht entgegen. Sie werde vielmehr erst durch diese ausgelöst und sei damit systemimmanent.
Die Klägerin beantragt,
den Umsatzsteuerbescheid 2006 vom 2. Oktober 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. Mai 2008 aufzuheben und die Umsatzsteuer der Klägerin für 2006 auf insgesamt 62.906,54 € festzusetzen,
die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt und
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen und
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte hält unter Berufung auf das BFH-Urteil vom 12. Dezember 1968 (V 160/65, BStBl II 1969, 252) an seiner Rechtsauffassung fest, dass die Überlassung des Fahrzeuges an den Gesellschafter der Klägerin aufgrund der Belastung seines Privatkontos insgesamt entgeltlich erfolgt sei.
Nach § 10 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) gehöre zum Entgelt alles, was der Leistungsempfänger aufwende, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer. Als Gegenleistung für die Fahrzeugnutzung habe der Gesellschafter entsprechend der Belastung seines Kapitalkontos 13.590,16 € aufgewendet, so dass der Berechnung der Umsatzsteuer ein Wert von 11.715 € zu Grunde zu legen sei.
Die von der Klägerin vorgenommene Saldierung von Entnahmen und Eigenverbrauch stelle eine ertragsteuerliche Betrachtungsweise dar.
Umsatzsteuerlich komme es jedoch allein darauf an, wie hoch das für die Leistung erbrachte Entgelt sei. Dieses ermittle sich allein aus dem Betrag, mit dem das Kapitalkonto des Leistungsempfängers belastet worden sei; ertragsteuerliche Korrekturbuchungen seien dabei unbeachtlich.
Soweit sich die Klägerin auf das BMF-Schreiben vom 27. August 2004 berufe, übersehe sie, dass sich dieses Schreiben nur auf den Eigenverbrauch bei Einzelunternehmern beziehe. Die rechtlichen Leistungsbeziehungen zwischen einer GbR und ihren Gesellschaftern seien damit grundsätzlich nicht zu vergleichen (vgl. BFH-Urteil vom 12.12.1968, a.a.O.). Da die Personengesellschaft selbstständiger Unternehmer sei, könnten Umsätze zwischen ihr und den an ihr beteiligten Gesellschaftern bewirkt werden. Zwischen der Klägerin und ihrem Gesellschafter sei die Nutzungsüberlassung daher im Rahmen eines Leistungsaustausches erfolgt, der infolge der Belastung des Privatkontos entgeltlich erfolgt sei.
Außerdem verweist der Beklagte auf die BFH-Urteile vom 31. Juli 2008 (V R 74/05, BFH/NV 2009, 226) und vom 01. September 2010 (V R 6/10, BFH/NV 2011, 80).
Auf Anfrage des Senats hat die D. eG mitgeteilt, dass es mehrere Möglichkeiten gebe, die private Nutzung eines Firmen-Kfz durch einen GbR-Gesellschafter buchhalterisch richtig zu buchen. Bei einer entgeltlichen Privatnutzung würden typischerweise im Soll z.B. das Konto 1000 (Kasse) und im Haben die Konten 8611 AM (Verrechnete sonstige Sachbezüge aus Kfz-Gestellung 19 % USt) und 1776 S (Umsatzsteuer 19 %) verwendet.
Bei einer unentgeltlichen Privatnutzung erfolge die Buchung im Soll über das Konto 1880 (Unentgeltliche Wertabgabe) und im Haben über die Konten 8921 AM (Verwendung von Gegenständen für Zwecke außerhalb des Unternehmens 19 % USt -Kfz Nutzung-) und 1776 S (Umsatzsteuer 19 %) bzw. im Soll ebenfalls über 1880 und im Haben über 8924 (Verwendung von Gegenständen für Zwecke außerhalb des Unternehmens ohne USt -Kfz Nutzung-).
Dem Senat haben drei Bände Steuerakten des Beklagten vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten nach § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne mündliche Verhandlung.
Die zulässige Klage ist begründet. Der angefochtene Bescheid verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die darin festgesetzte Umsatzsteuer ist um 332,36 € zu mindern. Die Klägerin hat die Umsatzsteuer auf die Pkw-Nutzung durch den Gesellschafter C. zu Recht mit 1.542,14 € ermittelt. Die Bemessungsgrundlage für den Eigenverbrauch beträgt 9.638,42 €.
Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer u.a. die sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Einer sonstigen Leistung gegen Entgelt ist gleichgestellt die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands, der zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen (§ 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG).
Der Umsatz wird bei Lieferungen und sonstigen Leistungen nach dem Entgelt bemessen. Entgelt ist alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer (§ 10 Abs. 1 Sätze 1 und 2 UStG).
Bei sonstigen Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG wird der Umsatz nach den bei der Ausführung dieser Umsätze entstandenen Ausgaben bemessen, soweit sie zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben. Auch hier gehört die Umsatzsteuer nicht zur Bemessungsgrundlage (§ 10 Abs. 4 Nr. 2 Satz 1 UStG).
Nach diesen Vorschriften kommt es im Streitfall - und dies ist zwischen den Beteiligten zu Recht allein streitig - entscheidend darauf an, ob die Überlassung der Firmenwagen an den Gesellschafter C. auch zu seiner privaten Nutzung entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt ist.
Im Falle der entgeltlichen Überlassung handelt es sich um einen regulären Leistungsaustausch zwischen der Klägerin und ihrem Gesellschafter. Die Umsatzsteuer bemisst sich in diesem Fall nach dem dafür vereinbarten Entgelt, soweit nicht die Mindestbemessungsgrundlage des § 10 Abs. 5 UStG eingreift, was hier nicht der Fall ist.
Im Falle der unentgeltlichen Überlassung fehlt es dagegen an einem Leistungsaustausch zwischen der Klägerin und ihrem Gesellschafter. Die Umsatzsteuer bemisst sich in diesem Fall mangels eines Entgelts als Bemessungsgrundlage nach den bei der Ausführung dieser Umsätze entstandenen Ausgaben.
Zu dieser Frage hat der BFH bereits mit Urteil vom 12. Dezember 1968 (V 160/65, BStBl II 1969, 252) entschieden, dass eine entgeltliche Gebrauchsüberlassung vorliegt, wenn eine Gesellschaft ihren Gesellschaftern einen betrieblichen Personenkraftwagen zum privaten Gebrauch überlässt und sie dafür in der allgemeinen kaufmännischen Buchführung die Privatkonten der Gesellschafter belastet. Dies gilt auch heute noch (vgl. BFH-Urteil vom 01.09.2010 - V R 6/10, BFH/NV 2011, 80).
Dafür bedarf es nicht des Abschlusses eines schriftlichen Vertrages. Es reicht aus, dass z.B. eine mündliche Vereinbarung über die Erbringung der Leistung und das hierfür geschuldete Entgelt getroffen werden. Der Wille der Beteiligten, insoweit nicht von einer entgeltlichen Überlassung auszugehen, ist jedoch unbeachtlich (vgl. BFH Urteil V R 6/10, a.a.O.).
Entscheidend ist mithin, ob im Streitfall eine Belastung des Privatkontos des Gesellschafters C. erfolgt ist oder nicht.
Zur Klärung dieser Frage hat sich der Senat mit der Buchführung der Klägerin und mit der Praxis der Verbuchung der Privatnutzung von Kraftfahrzeugen in der von der Klägerin verwendeten Buchführungssoftware der D. eG auseinandergesetzt. Er ist zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Belastung des Privatkontos des Gesellschafters im Sinne der zitierten Rechtsprechung nicht vorliegt.
Nach Auskunft der D. eG hat die Klägerin - mit Sicherheit in Übereinstimmung mit ihren Gesellschaftern - die von dieser empfohlene Standardmethode zur Verbuchung unentgeltlicher Leistungen einer Personengesellschaft an ihre Gesellschafter für die nichtunternehmerische Nutzung von Fahrzeugen angewendet. Dadurch hat sie zum Ausdruck gebracht, dass die Kfz-Gestellung an den Gesellschafter C. unentgeltlich erfolgen sollte. Wie bereits erwähnt, genügt jedoch der bloße Wille der Beteiligten nicht, um einen unentgeltlichen Vorgang anzunehmen.
Entgegen der Ansicht des Beklagten steht aber auch das Gegenteil nicht schon allein aufgrund der Tatsache fest, dass auf dem Privatkonto des Gesellschafters im Zusammenhang mit der Privatnutzung der zum Unternehmensvermögen seiner Gesellschaft gehörenden Kfz (auch) belastende Buchungen vorgenommen wurden. Vielmehr sind nach Auffassung des Senats die verschiedenen Buchungen auf diesem Konto in ihrer Gesamtschau zu würdigen. Dem kann nicht entgegengehalten werden, wie der Beklagte glaubt, bei einer solchen Gesamtwürdigung handele es sich um eine ertragsteuerliche Betrachtungsweise, die hier nicht zur Anwendung kommen dürfe. Denn für die Frage, ob eine Leistung gegen Entgelt erfolgt und welche Höhe dieses Entgelt hat, ist auch im Rahmen der Umsatzsteuer auf die zivilrechtlichen Grundlagen eines Umsatzes und die im Steuerrecht allgemein gültige wirtschaftliche Betrachtungsweise abzustellen.
Nach den Feststellungen des Senats anhand der Buchführung der Klägerin ist das Privatkonto des Gesellschafters C. über das Konto 1881 (Unentgeltliche Wertabgaben) mit 13.590,16 € belastet und über die Konten 8921 (Verwendung von Gegenständen -Kfz- 16 % USt) und 8924 (Verwendung von Gegenständen -Kfz- ohne USt) i.H.v. 12.048, 02 € wieder entlastet worden. Per Saldo verbleibt danach eine Belastung des Kapitalkontos i.H.v. 1.542,14 €.
Dennoch ist die Nutzungsüberlassung im Streitfall unentgeltlich.
Bei dem Betrag von 1.542,14 € handelt es sich nämlich - worauf die Klägerin zu Recht hinweist - lediglich um die steuerlich nicht abzugsfähige Umsatzsteuer auf die unentgeltlichen Kfz-Nutzung (Konto 8921). Mit den Kfz-Kosten selbst wird das Kapitalkonto des Gesellschafters dagegen nicht belastet. Dies entspricht der vom Gesetzgeber gewollten Belastung des Gesellschafters mit der auf seine unentgeltliche Privatnutzung entfallenden Umsatzsteuer und muss deshalb bei der hier zu entscheidenden Frage, ob ein entgeltlicher oder ein unentgeltlicher Vorgang vorliegt, außer Betracht bleiben.
Auch die konkrete Art der Verbuchung der Nutzungsüberlassung selbst ist nicht zu beanstanden.
Wie bereits ausgeführt, ist die nichtunternehmerische Nutzung eines dem Unternehmen zugeordneten Fahrzeugs unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG als unentgeltliche Wertabgabe der Besteuerung zu unterwerfen. Als Bemessungsgrundlage sind dabei gemäß § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 UStG die Kosten anzusetzen, soweit sie zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben. Demgemäß sind die Kosten, die zum Vorsteuerabzug berechtigt haben, auf die privaten und unternehmerischen Fahrten aufzuteilen (vgl. BFH-Urteile vom 11.03.1999 - V R 78/98, BFH/NV 1999, 1178 und vom 4.11.1999 - V R 35/99, BFH/NV 2000, 759).
Soweit diese Kosten sowie der Umfang der privaten und unternehmerischen Fahrten nicht ermittelt werden können, sind sie gemäß § 162 Abgabenordnung (AO) zu schätzen. Diese Schätzungsbefugnis hat auch das Finanzgericht, wenn eine weitere Sachaufklärung nicht möglich ist (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die Schätzung muss in sich schlüssig sein; ihre Ergebnisse müssen darüber hinaus wirtschaftlich vernünftig und möglich sein. Die gewählte Schätzungsmethode muss dem Ziel gerecht werden, die Besteuerungsgrundlagen durch Wahrscheinlichkeitsüberlegungen so zu bestimmen, dass sie der Wirklichkeit möglichst nahe kommen (vgl. BFH-Urteile vom 11.03.1999 - V R 78/98, und vom 4.11.1999 - V R 35/99, a.a.O., jeweils m.w.N.).
Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH ist der ertragsteuerrechtliche Wert der Nutzungsentnahme nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) für das Umsatzsteuerrecht grundsätzlich kein geeigneter Maßstab für die erforderliche Aufteilung der Kosten auf die durch das Unternehmen veranlassten Fahrten und die privaten Fahrten. Nach dieser Vorschrift ist für die private Nutzung eines Kfz für jeden Kalendermonat 1 % des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung einschließlich Umsatzsteuer anzusetzen (sog. 1 %-Regelung).
Der Ansatz des ertragsteuerrechtlichen Entnahmewerts nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG verbiete sich ohnehin, wenn die mit der Nutzung des Kfz zusammenhängenden Kosten, für die ein Unternehmer den Vorsteuerabzug berechtigterweise in Anspruch genommen habe, geringer seien als dieser Betrag. Denn die Bemessungsgrundlage für die private PKW-Nutzung eines gemischt genutzten Kfz könne immer nur einen Bruchteil der gesamten Kfz-Kosten ausmachen (vgl. BFH-Urteile vom 11.03.1999 - V R 78/98, und vom 4.11.1999 - V R 35/99, a.a.O.).
Aber auch dann, wenn der Entnahmewert nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG niedriger sei als die gesamten Kfz-Kosten, habe er nur eine geringe Aussagekraft für die Aufteilung der Kosten auf die Privatfahrten und die unternehmerischen Fahrten. Denn der Entnahmewert gehe vom Listenpreis des Fahrzeugs aus und berücksichtige weder die tatsächlich auf den Betrieb des Fahrzeugs entfallenden Kosten noch die konkreten Nutzungsverhältnisse im Einzelfall.
Gleichwohl lässt es die Finanzverwaltung aus Vereinfachungsgründen zu, dass der Unternehmer bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Besteuerung der nichtunternehmerischen Nutzung eines seinem Unternehmen zugeordneten Fahrzeugs auch im Rahmen der Umsatzbesteuerung von dem ertragsteuerlichen Wert der Nutzungsentnahme nach der sog. 1 %-Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ausgeht und von diesem Wert für die nicht mit Vorsteuern belasteten Kosten einen pauschalen Abschlag von 20 % vornimmt (BMF-Schreiben vom 27.08.2004 - IV B 7-S 7300-70/04, BStBl I 2004, 864, Tz. 2.1).
Dass dieses BMF-Schreiben auf Personengesellschaften nicht anwendbar sein und sich nur auf den Eigenverbrauch bei Einzelunternehmern beziehen solle, wie der Beklagte meint, vermag der Senat nicht zu erkennen. Auch lässt die von der Klägerin zitierte Verfügung der Oberfinanzdirektion Frankfurt vom 23. April 2007 (S 7100 A - 68 - St 11, Haufe Index 1808355) die Anwendung der 1 %-Regelung bei Personengesellschaften im Rahmen der Umsatzsteuer nicht nur ausdrücklich zu, sondern bezieht sich sogar auf dieses BMF-Schreiben vom 27.08.2004. Der BFH und das Niedersächsische Finanzgericht beanstanden die Anwendung der 1 %-Regelung durch Personengesellschaften in den von der Klägerin zitierten Entscheidungen vom 19. Mai 2010 (XI R 32/08, a.a.O.) und 10. Juli 2007 (13 K 509/06, a.a.O.) ebenfalls nicht, wenn ein Steuerpflichtiger von dieser Vereinfachungsregelung Gebrauch macht.
Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an.
Danach hat die Klägerin die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage für die Überlassung der Firmenwagen an den Gesellschafter C. zutreffend ermittelt. Sie ist von der 1 %-Regelung ausgegangen und hat die auf dem Kapitalkonto des Gesellschafters C. verbuchte "Unentgeltliche Wertabgabe" (Konto 1881) von 12.048,02 € aufgeteilt in einen mit Vorsteuer belasteten Anteil von 80 % (9.638,42 €) auf dem Konto 8921 (Unentgeltliche Wertabgabe - Verwendung von Gegenständen -Kfz- 16 % USt) und einen nicht mit Vorsteuer belasteten Anteil von 20 % (2.409,60 €) auf dem Konto 8924 (Unentgeltliche Wertabgabe - Verwendung von Gegenständen -Kfz-) ohne USt).
Soweit sich der Beklagte auf die BFH-Urteile vom 31. Juli 2008 (V R 74/05, a.a.O.) und vom 01. September 2010 (V R 6/10, a.a.O.) beruft, ist für den Senat nicht erkennbar, inwiefern diese Entscheidungen dem im Streitfall gefundenen Ergebnis entgegenstehen sollten. In beiden Urteilsfällen erfolgte die Nutzungsüberlassung unstreitig gegen Entgelt. Demgegenüber war im vorliegenden Verfahren gerade diese Frage, ob eine entgeltliche oder eine unentgeltliche Überlassung vorliegt, zwischen den Beteiligten streitig und von dem angerufenen Senat zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus den §§ 151 Abs. 3, 155 FGO in Verbindung mit den §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO für notwendig erklärt.
Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO zur Klärung der Frage zugelassen, ob eine Saldierung der Buchungen auf dem Kapitalkonto des Gesellschafters zulässig und die Belastung des Kapitalkontos lediglich mit der steuerlich nicht abzugsfähigen Umsatzsteuer auf die Kfz-Nutzung für die Annahme der Unentgeltlichkeit der Nutzungsüberlassung schädlich ist.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Revision zu.