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17.01.2007 · IWW-Abrufnummer 070175

Finanzgericht Köln: Urteil vom 16.08.2006 – 4 K 4544/01

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Finanzgericht Köln 4. Senat

Urteil

4 K 4544/01

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger (geb. am ) betrieb im Streitjahr eine Einzelpraxis als Fachanwalt für Steuerrecht und Rechtsanwalt und war zugleich Mitinhaber einer Steuerberater- und Rechtsanwaltssozietät in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts.

Im Laufe des Streitjahres kam es zu Auseinandersetzungen zwischen dem Kläger und dem Mitinhaber der Rechtsanwalts- und Steuerberatersozietät. Der Kläger kündigte das Sozietätsverhältnis am 23.8.1995. In der Folge kam es zwischen dem Kläger und seinem früheren Mitgesellschafter zu einer langjährigen gerichtlichen Auseinandersetzung über den Beendigungszeitpunkt der Sozietät und das vom Kläger zu zahlende Abfindungsguthaben.

In seiner Gewinnermittlung für das Streit jahr ging der Kläger zunächst vom Erlöschen der Sozietät zum 30.6.1995 sowie des Erwerbs des Sozietätsanteils in seiner Einzelpraxis zum 1.7.1995 aus. In der Steuererklärung machte der Kläger Beiträge u.a. zum Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Höhe von DM 21.338 geltend.

Der Kläger und seine Ehefrau wurden durch Bescheid vom 1997 für das Streitjahr erklärungsgemäß veranlagt. Wegen hier nicht interessierender Streitpunkte ergingen am .." ..1997, sowie am 1998 Änderungsbescheide gem. § 164 Abs. 2 AO für das Streitjahr.

Aufgrund der während einer Betriebsprüfung für das Streitjahr nicht abgeschlossenen zivilrechtlichen Auseinandersetzung zwischen dem Kläger und seinem früheren Mitgesellschafter zur Höhe des Abfindungsguthabens und zum Beendigungszeitpunkt der Sozietät ging der Prüfer aufgrund des vom Kläger an den früheren Sozius zunächst gezahlten Betrags i.H.v. 87.031,42 DM von der Anschaffung des Sozietätsanteils im Streitjahr 1995 aus und ermittelte die AfA auf den erworbenen Praxiswert - unter Ansatz einer Nutzungsdauer von 3 Jahren i.H.v. 14.505,42 DM (= 1/3*6/12 von 87.031,42 DM). Im Betriebsprüfungsbericht vom 1999 heißt es hierzu: "Zur Zeit ist ein Rechtsstreit vor dem Landgericht anhängig, in welchem es im wesentlichen um den zwischen den Parteien strittigen Zeitpunkt der Auseinandersetzung und um die strittige Höhe der zu zahlenden Abfindung (Praxiswert) geht".

Der Beklagte erließ daraufhin nach Abschluss der Betriebsprüfung am 1998 einen Änderungsbescheid für das Streitjahr und verminderte die Einkünfte des Klägers aus der Einzelpraxis um die laut Betriebsprüfung ermittelte AfA auf den Praxiswert. In den Erläuterungen dieses Bescheides heißt es wörtlich: "Der Bescheid ergeht gern. § 165 AO vorläufig hinsichtlich der Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit. Die Abschreibung des erworbenen Praxiswertes wird bis zur abschließenden vertraglichen Regelung antragsgemäß berücksichtigt. Sobald die Abfindung rechtsverbindlich und endgültig feststeht, bitte ich um Mitteilung".

In einem weiteren Änderungsbescheid vom 2000 für das Streitjahr nahm der Beklagte den folgenden Vorläufigkeitsvermerk auf: "Der Bescheid ist auch vorläufig nach § 165 Abs. 1 AO hinsichtlich der Einkünfte aus selbständiger Arbeit bezüglich der AfA des Praxiswertes sei, da die Höhe der endgültig anfallenden Anschaffungskosten nicht eindeutig geklärt ist".

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren gegen den Änderungsbescheid für das Streitjahr sowie die Streitjahre 1996 und 1997 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben.

Während des Rechtsstreits entschied das OLG mit Urteil vom 13.5.2002 (3 U 204/01), dass von einer Beendigung der Sozietät zwischen dem Kläger und seinem früheren Mitgesellschafter zum 4.3.1996 auszugehen sei. Durch Prozessvergleich vom 7.7.2005 vor dem Landgericht einigten sich der Kläger und sein früherer Mitgesellschafter auf der Grundlage einer Sozietätsbeendigung zum 4.3.1996 auf eine Verpflichtung des Klägers zur Zahlung eines Betrags von 28.000,-- ? zum Ausgleich aller wechselseitigen Ansprüche, der in voller Höhe auf die Abfindung entfalle.

Der Berichterstatter schlug durch Schreiben vom 30.11.2005 zur Erledigung des Rechtsstreits für das Streitjahr und die Streitjahre 1996 und 1997 eine außergerichtliche Einigung der Beteiligten vor. Für die Einzelheiten des Einigungsvorschlags wird auf das Schreiben vom 30.11.2005 in der Gerichtsakte Bezug genommen (BI. 137-143). Der Beklagte erwiderte auf den Einigungsvorschlag des Berichterstatters durch Schriftsatz vom 29.12.2005. In diesem Schreiben führte er aus, dass unabhängig davon, ob es für die Streitjahre 1996 und 1997 zu einer einvernehmlichen Erledigung des Klageverfahrens komme, er den Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr nach § 165 Abs. 2 AO und § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO ändern werde. Da feststehe, dass die Sozietät zum 4.3.1996 aufgelöst worden sei, sei der Anschaffungszeitpunkt des Praxiswerts für den Kläger in das Streitjahr 1996 zu verlegen, so dass ein Ansatz von AfA für den erworbenen Praxiswert für das Streitjahr nicht mehr in Betracht komme.

Der Kläger erwiderte mit Schriftsatz vom 18.1.2006, dass er zu der Abschreibung des erworbenen Praxiswerts mit dem Vorschlag des Beklagten einverstanden sei, falls dieser den Abzug von Schuldzinsen für die Streitjahre 1996 und 1997, der durch die Betriebsprüfung versagt worden war, gewähre. Unter Tz. 4 des Schriftsatzes heißt es wörtlich: "Falls die Beklagte nach eigener Prüfung den vollen Schuldzinsenabzug akzeptiert, ist der Kläger bereit, den Rechtsstreit einvernehmlich zu beenden. Auch über die Kosten des Rechtsstreits sollte dann Einvernehmen zu erzielen sein." Der Kläger führte ergänzend aus, die zu ändernden Festsetzungen für das Streitjahr 1995 und die Veranlagungszeiträume 1996 und 1997 sollten hinsichtlich der Nichtabziehbarkeit von Beiträgen zu Rentenversicherungen als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus § 22 Nr. 1 Satz 3a EStG sowohl wegen der vor dem BFH anhängigen Fragen der Vereinbarkeit der geltenden Regelungen mit dem einfachen Recht als auch hinsichtlich des beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Rechtsstreits für vorläufig erklärt werden.

Der Beklagte erließ daraufhin am 23.3.2006 einen auf § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO gestützten Änderungsbescheid für das Streitjahr, in dem er die Einkünfte des Klägers aus der Einzelpraxis um die bisher gewährte Abschreibung auf den Praxiswert erhöhte. Der Bescheid wurde im Hinblick auf anhängige Verfahren u.a. vor dem Bundesverfassungsgericht und dem Bundesfinanzhof für vorläufig erklärt wegen der beschränkten Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen gem. § 10 Abs. 3 EStG sowie der Nichtabziehbarkeit von Beiträgen zu Rentenversicherungen als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften LS. des § 22 Nr. 1 Satz 3a EStG. Einschränkend führt der Vorläufigkeitsvermerk aus, die Vorläufigkeitserklärung erfasse nur die Frage, ob die angeführten gesetzlichen Vorschriften mit höherrangigem Recht vereinbar seien.

Für die Streitjahre 1996 und 1997 änderte der Beklagte die angefochtenen Bescheide ebenfalls unter Anpassung der AfA auf den Praxiswert und unter Berücksichtigung des Einigungsvorschlags des Berichterstatters. Die Beteiligten erklärten den Rechtsstreit diesbezüglich in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt, so dass das Verfahren wegen Einkommensteuer 1996 und 1997 durch Beschluss des Berichterstatters vom 6.6.2006 abgetrennt und über die Kosten des abgetrennten Verfahrens entschieden wurde.

Der Kläger führt ergänzend aus, die Erhöhung der Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit für das Streitjahr um die versagte AfA auf den Praxiswert verstoße gegen das finanzgerichtliche Verböserungsverbot. Der Beklagte habe die Änderung des Bescheids unzutreffend auf § 172 Abs. 1 Nr. 2 AO gestützt. Er habe seine Zustimmung zu der verbösernden Festsetzung nicht erteilt. Die Ausführungen in seinem Schriftsatz vom 18.6.2006 seien so zu verstehen, dass er sich lediglich bereit erklärt habe, den Rechtsstreit einvernehmlich zu beenden, falls der Beklagte den vollen Schuldzinsenabzug akzeptiere. Eine Zustimmung gem. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO und insbesondere eine Zustimmung zu einer verbösernden Steuerfestsetzung, die ihm nicht einmal bekannt gewesen sei, liege darin nicht. Überdies sei seine Ehefrau als von dieser Korrektur mitbetroffene Inhaltsadressatin der geänderten Steuerfestsetzung nicht bereit, ihre notwendige Zustimmung zur Änderung zu geben. Er verweise hierzu auf die Kommentierung in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 172 Tz. 25 und von Grolls in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 172 Rndz. 122.

Eine andere Änderungsvorschrift greife nicht ein, insbesondere nicht § 165 Abs. 2 AO. Nur soweit die Steuer vorläufig festgesetzt worden sei, könne sie aufgrund des Vorläufigkeitsvermerks noch geändert werden. Der Grund der Vorläufigkeit im geänderten Bescheid vom 24.1.2000 habe sich ausdrücklich nur auf die Ungewissheit der "Höhe der endgültig anfallenden Anschaffungskosten" und nicht auch auf den Anschaffungszeitpunkt bezogen. Da die Änderung aber nicht mehr auf der Änderung der Höhe der Anschaffungskosten, sondern auf der Änderung des Zeitpunkts der Entstehung der Anschaffungskosten mit Ausscheiden des früheren Mitgesellschafters beruhe, könne § 165 Abs. 2 AO nicht als Rechtsgrundlage für die Änderung dienen.

Auch die Auswertung des Feststellungsbescheids in § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO greife nicht ein, weil dem Prozessvergleich vor dem Landgericht vom 7.7.2005 keine steuerliche Rückwirkung zukomme.

Eine Änderung gem. § 174 Abs. 4 AO sei nicht möglich. Es könne nicht von einer irrigen Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts durch den Beklagten ausgegangen werden. Es habe keinen unrichtigen Bescheid gegeben, der auf Rechtsbehelf oder Antrag des Steuerpflichtigen aufgehoben oder geändert haben werden müsse und dessen Aufhebung oder Änderung zu einer Unrichtigkeit in einem anderen Bescheid geführt haben müsste. Die Vorschrift diene nicht dazu, den Ablauf von Fristen oder sonstige Versäumnisse der Beteiligten - seien es solche der Behörde oder des Steuerpflichtigen -, auszugleichen, um auf diese Weise unter Aushebelung der Korrekturvorschriften ein materiell-rechtliches Ergebnis zu erreichen. Er verweise auf das Urteil des FG Köln vom 25.9.2003 X K 660/99, EFG 2004, S. 12. Ein solches Versäumnis des Beklagten sei jedoch im Streitfall gegeben, da dieser im Bescheid vom 24.1.2000 einen nicht ausreichenden Vorläufigkeitsvermerk in den Bescheid aufgenommen habe.

Der Kläger beantragt,

den Änderungsbescheid vom 23.3.2006 aufzuheben und die Einkommensteuer unter Berücksichtigung der Beiträge zum Versorgungswerk in voller Höhe,
hilfsweise die Einkommensteuer auf ? festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es werde mit Verwunderung zur Kenntnis genommen, dass das im Schriftsatz des Klägers vom 18.1.2006 ausgesprochene Einverständnis zur Änderung der Abschreibungen hinsichtlich des Praxiswerts für das Streitjahr nun nicht mehr akzeptiert werde, obwohl für die Streitjahre 1996 und 1997 die Abschreibungsbeträge in den Änderungsbescheiden als zutreffend angesehen wurden. Der Beklagte habe im Schriftsatz vom 29.12.2006 einen Ansatz der Abschreibung auf den Praxiswert für das Streitjahre 1995 von 0,-- DM, für 1996 von 34.250,-- DM und für 1997 von 45.666,-- DM angekündigt. Zu diesem Vorschlag habe der Kläger mit Schriftsatz vom 18.1.2006 seine Erledigungserklärung in Aussicht gestellt. Die Änderung der Einkommensteuer 1995 sei daher zu Recht nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO erfolgt. Im übrigen sei auch bei mangelnder Zustimmung des Klägers auch eine Korrektur nach § 175 Abs. 4 AO gegeben. Eine weitere Korrekturmöglichkeit sei gem. § 175 Abs. 2 AO gegeben sowie nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO.

Der Senat hat am 16.8.2006 die mündliche Verhandlung durchgeführt. Auf das Protokoll der Sitzung wird für die weiteren Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

I. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -). Der vom Kläger mit seinem Hauptantrag begehrte Abzug der geleisteten Beiträge an das Versorgungswerk der Rechtsanwälte als Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften ist nicht zu gewähren. Die vom Kläger hilfsweise bestrittene Änderungsmöglichkeit des Bescheids zu seinem Nachteil ist gegeben, da der Beklagte gemäß § 165 Abs. 2 Satz 2 AO berechtigt war, die Abschreibung auf den Praxiswert im Streitjahr nachträglich zu versagen.

1. Die Klage ist hinsichtlich des Hauptantrags unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Berücksichtigung der an das Versorgungswerk der Rechtsanwälte geleisteten freiwilligen Versicherungsleistungen als vorweggenommene Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften gemäß § 22 des Einkommensteuergesetzes (- EStG -).

a) Der Senat kann offen lassen, ob ein solcher Werbungskostenabzug nach § 3 c Abs. 1 EStG ohnehin nur anteilig erfolgen könnte, da der Kläger nach § 22 Nr. 1 Satz 3 a EStG bei einem prognostizierten Rentenbeginn im Jahre 2021 nur 81 % der Rentenzahlungen aus dem Versorgungswerk der Besteuerung unterwerfen müsste.

b) Die im Streitjahr geleisteten Beiträge zum Versorgungswerk der Rechtsanwälte sind bereits dem Grunde nach nicht als vorweggenommene Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften gemäß § 22 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG, sondern als Sonderausgaben zu berücksichtigen.

aa) Werbungskosten sind nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (-BFH-) über den Wortlaut des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG hinaus nicht nur Aufwendungen zum Erwerb, Sicherung und zur Erhaltung von Einnahmen, sondern überhaupt alle Aufwendungen, die durch die Erzielung von steuerpflichtigen Einnahmen veranlasst sind (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 28.11.1980 VI R 193/77, BStBl II 1981, 368). Der notwendige Veranlassungszusammenhang zwischen den getätigten Aufwendungen und der Einnahmeerzielung verlangt, dass objektiv ein Zusammenhang mit der auf die Einnahmeerzielung gerichteten Tätigkeit besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung der steuerlich relevanten Tätigkeit getätigt werden (vgl. ständige Rechtsprechung seit BFH vom 28.11.1980 VI R 193/77, a. a. 0.).

bb) Ein solcher objektiver Zusammenhang zwischen den im Streit jahr geleisteten Aufwendungen und dem beim Kläger voraussichtlich ab dem Jahr 2021 besteuerten Renteneinkünften aus dem Rechtsanwaltsversorgungswerk besteht nicht. Die vom Kläger an das Versorgungswerk der Rechtsanwälte geleisteten Beitragszahlungen sind nur nach den für Sonderausgaben anzuwendenden Grundsätzen abzugsfähig.

Zwar wird durch das Alterseinkünftegesetz nunmehr nachträglich und rückwirkend ein Zusammenhang der geleisteten Versorgungsbeiträge mit zukünftig steuerpflichtigen Einnahmen gemäß § 22 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG hergestellt. Der Senat verneint jedoch den erforderlichen Veranlassungszusammenhang für den Werbungskostenabzug zwischen diesen Aufwendungen und späteren steuerpflichtigen sonstigen Einkünften aufgrund der im Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes (-BverfG-) vom 6.3.2002, 2 BvL 17/99, BStBI. II 2002, 618 angeordneten Fortgeltung der Rechtslage vor dem Alterseinkünftegesetz bis zum 31.12.2004 (vgl. Beschluss des BverfG vom 6.3.2002, a.a.O., unter D II.). Die Fortgeltung der früheren Rechtslage vor dem Alterseinkünftegesetz umfasst nach Auffassung des Senats nicht nur die Besteuerung auf der Einnahmenseite, sondern gerade auch die steuerliche Behandlung der Vorsorgeaufwendungen, die zum Erwerb späterer Renteneinkünfte geleistet wurden. Der untrennbare Zusammenhang von Vorsorgeaufwendungen (der sog. Aufbauphase) und späteren Rentenzahlungen (der sog. Auszahlungsphase) wird im Beschluss des BverfG vom 6.3.2002, a.a.O. ausdrücklich hervorgehoben (vgl. z.B. unter C.II.1.a) aa)). Im übrigen würde die vom BVerfG gerade auch aus haushaltswirtschaftlichen Gründen angeordnete Fortgeltung der früheren Rechtslage unterlaufen, wenn nachträglich Vorsorgeaufwendungen nicht mehr nur im Rahmen der Sonderausgaben-Höchstbeträge für das Streitjahr, sondern dem Grunde nach als Werbungskosten in voller Höhe oder anteilig abgezogen werden könnten.

cc) Unter Berücksichtigung einer Fortgeltung der früheren Rechtslage bis zum 31.12.2004 ist der maßgebliche Veranlassungszusammenhang für den Werbungskostenabzug zwischen den vom Kläger geleisteten Beiträgen zum Versorgungswerk und den späteren steuerpflichtigen Renteneinkünften für das Streitjahr zu verneinen. Für Beiträge an ein berufsständisches Versorgungswerk hat der BFH in ständiger Rechtsprechung, - von der abzuweichen für den Senat kein Anlass besteht -, entschieden, dass diese Aufwendungen als "private" Aufwendungen nicht der Erzielung von Einnahmen dienen, sondern eine besondere Form existenzsichernden Aufwands sind, die den Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2a in der für das Streitjahr anzuwenden Fassung zuzurechnen (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 30.1.1980 VI B 114/79, BStBI. II 1980, 320) und nur als Vorsorgeaufwendungen im Rahmen der Höchstbeträge gemäß § 10 Abs. 3 EStG in der für das Streitjahr anzuwendenden Fassung abziehbar sind (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 21.07.2004 X R 72/01, BFH/NV 2005, 513; BFH-Beschluss vom 03.11.2004 X B 121/03, BFH/NV 2005, 350; Urteil des FG Niedersachsen vom 16.11.20059 K 120/97, EFG 2006,729; Intemann/Cöster, DStR 2005,1921 (1925)).

2. Die Klage ist auch bezüglich des Hilfsantrags unbegründet. Der Senat kann dahinstehen lassen, ob der Beklagte nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 a AG zur Änderung des angefochtenen Bescheids für das Streitjahr berechtigt war. Denn der Beklagte konnte den Bescheid jedenfalls gemäß § 165 Abs. 2 Satz 2 AG ändern, da sich der Vorläufigkeitsvermerk des angefochtenen Bescheids sowohl auf den Zeitpunkt der erstmaligen Berücksichtigung der Abschreibung des erworbenen Praxiswerts als auch auf die Höhe der Abschreibung für diesen Praxiswert erstreckte.

a) Nach § 165 Abs. 2 Satz 1 AG kann das Finanzamt eine Steuerfestsetzung aufheben oder ändern, soweit es die Steuer vorläufig festgesetzt hat. Maßgebend ist, welchen Umfang der Vorläufigkeitsvermerk tatsächlich hat. Ist die entsprechende Formulierung objektiv unklar, so ist der Umfang der Vorläufigkeit durch Auslegung zu ermitteln (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 06.03.1992 III R 47/91, BstBl II 1992, 588). Dabei ist für die Auslegung entscheidend, wie der Adressat selbst nach den ihm bekannten Umständen - seinem "objektiven Verständnishorizont" - den materiellen Gehalt der Erklärung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte (vgl. z. B. BFH-Urteile vom 08.11.1995 V R 64/94, BStBI II 1996, 256; vom 27.11 .1996 X R 20/95, BFH/NV 1997,540; vom 14.04.1999 XI R 24/96, BFH/NV 1999,1438).

b) Im Streitfall hat der Beklagte zwar in dem zuletzt angefochtenen Bescheid nur den Vermerk angebracht, dass "die Höhe der Anschaffungskosten" noch nicht endgültig geklärt sei. Für den Kläger war jedoch jederzeit erkennbar, dass sich die Vorläufigkeit des Bescheides auch auf den Zeitpunkt des Erwerbs des Anteils seines früheren Mitgesellschafters bezog. So hat der Betriebsprüfungsbericht vom 1999 in Tz. 2 ausdrücklich sowohl die Ungewissheit hinsichtlich des Zeitpunkts der Sozietätsauflösung als auch der Höhe der Anschaffungskosten als klärungsbedürftig angesehen. Auch der nach Abschluss der Betriebsprüfung vom ...1998 ergangene Änderungsbescheid nahm ausdrücklich Bezug auf die abschließende vertragliche Regelung zur Sozietätsaufhebung.

Der angefochtene Bescheid vom 24.01.2000, in dem der Vorläufigkeitsvermerk nur noch auf die weiterhin ungeklärte Höhe der endgültig anfallenden Anschaffungskosten Bezug genommen hat, enthielt keine inhaltliche Einschränkung des Vorläufigkeitsvermerks. Die zivilrechtliche Auseinandersetzung zwischen dem Kläger und seinem früheren Mitgesellschafter war zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen, was der Kläger als Prozessbeteiligter wusste. Er konnte daher nach seinem objektiven Verständnishorizont zu keinem Zeitpunkt annehmen, dass der Beklagte den Vorläufigkeitsvermerk einschränken wollte, solange weder eine Einigung über den Zeitpunkt des Ausscheidens, noch über die Höhe der endgültig zu zahlenden Abfindung mit seinem früheren Mitgesellschafter gefunden worden war.

c) Das Verböserungsverbot im finanzgerichtlichen Verfahren steht der Änderung des Bescheids nicht entgegen. Der gemäß § 165 Abs. 2 AG erlassene Änderungsbescheid vom 23.3.2006 wurde gemäß § 68 Satz 1 FGG zum Gegenstand des Verfahrens, so dass der Senat nur noch über dessen Rechtmäßigkeit zu entscheiden hat. Das Verböserungsverbot wird in dieser verfahrensrechtlichen Konstellation nicht verletzt, da Prüfungsmaßstab dafür, ob sich die Rechtspostion des Klägers verschlechtert, nicht mehr der ursprünglich bei Klageerhebung angefochtene Bescheid, sondern der diesen ersetzende Änderungsbescheid vom 23.3.2006 ist. Letzterer wird durch den Senat aber nur bestätigt und nicht zum Nachteil des Klägers weiter verschlechtert.

d) Dass der Kläger zur Geltendmachung einer Abschreibung auf den Praxiswert angesichts der erst im Jahr 1996 erfolgten Anschaffung nicht berechtigt war, ist zwischen den Beteiligten unstreitig und bedarf keiner weiteren Begründung.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Satz 1 FGO.

Der Senat lässt die Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung hinsichtlich der Frage zu, ob Beiträge zum Versorgungswerk der Rechtsanwälte, die vor dem 31.12.2004 geleistet wurden, als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 a EStG zu berücksichtigen sind.

RechtsgebietEinkommensteuerrechtVorschriften§§ 22 NR. 1 S. 3 EStG

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