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06.02.2019 · IWW-Abrufnummer 206979

Oberlandesgericht Nürnberg: Beschluss vom 31.10.2018 – 7 UF 617/18

1. Die Annahme der internationalen Zuständigkeit des Familiengerichts in einer sonstigen Familienstreitsache gemäß §§ 105, 267 FamFG scheidet aus, wenn die internationale Zuständigkeit für den Verfahrensgegenstand europarechtlich, z. B. mit der Brüssel Ia-VO, geregelt ist. (Rn. 21)

2. Trifft ein Ehegatte nach erfolgter Trennung unter Missbrauch einer ihm früher erteilten Vollmacht eine Verfügung über ein Bankkonto des anderen Ehegatten, richtet sich ein hieraus entstehender Anspruch aus unerlaubter Handlung nach deutschem Recht, wenn das Konto, über welches verfügt wurde, bei einer deutschen Bank mit Sitz in Deutschland geführt wurde und die Überweisung zugunsten eines Kontos einer deutschen Bank mit Sitz in Deutschland erfolgte. Dies gilt auch dann, wenn die Ehegatten zum Zeitpunkt des Schadenseintrittes ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt in Frankreich hatten, sich die allgemeinen Wirkungen der Ehe aber nach deutschem Recht richteten, weil beide Ehegatten deutsche Staatsangehörige waren, Art. 4 Rom II-Verordnung, Art. 14 Abs. 1 EGBGB. (Rn. 26)

3. Zu den Voraussetzungen des Anspruchs auf Schadensersatz für ein von dem anderen Ehegatten unter Missbrauch einer vor der Trennung erteilten Vollmacht "abgeräumtes" Bankkonto. (Rn. 28)


Oberlandesgericht Nürnberg

Beschl. v. 31.10.2018


Tenor:
  1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Endbeschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Nürnberg vom 05.04.2018 wird zurückgewiesen.
  2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 83.000,00 € festgesetzt.
Gründe

I.

1

Der Antragsteller verlangt von der Antragsgegnerin, seiner geschiedenen Ehefrau, die Rückzahlung eines Betrages von 83.000,00 €, welchen sie von einem Konto des Antragstellers abgebucht hat.

2

Die Beteiligten, beide deutsche Staatsangehörige, sind rechtskräftig geschiedene Ehegatten. Ihre Ehe wurde am 27.06.2000 vor dem Standesbeamten des Standesamtes S... F... d...B..., I..., geschlossen. Ab 2002 lebten die Ehegatten in F... Die letzte Ehewohnung befand sich in dem von der Antragsgegnerin weiterhin bewohnten Haus in M..., F..., welches im Miteigentum der Beteiligten steht. Daneben sind sie Miteigentümer einer weiteren Immobilie in M... ... G..., F... Der Antragsteller arbeitete von 2002 bis mindestens September 2014 als selbstständiger Anästhesist ausschließlich in verschiedenen Praxen bzw. Kliniken in F... Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 29.01.2013 stellte der Antragsteller bei dem Amtsgericht - Familiengericht - Nürnberg Scheidungsantrag, welcher der Antragsgegnerin am 06.11.2013 zugestellt wurde. Die Antragsgegnerin stellte ihrerseits am 29.11.2013 bei dem Landgericht in C..., F..., Scheidungsantrag. Mit "Nichtversöhnungsbeschluss" vom 14.04.2014 stellte das Landgericht C... fest, dass ein nach französischem Recht durchgeführter Versöhnungsversuch gescheitert sei. Darüber hinaus ordnete es eine Reihe vorläufiger Maßnahmen an, unter anderem verpflichtete es den Antragsteller an die Antragsgegnerin einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 4.000,00 € zu bezahlen.

3

In dem vor dem Amtsgericht - Familiengericht - Nürnberg unter dem Aktenzeichen 7 UF ... anhängigen Scheidungsverfahren stritten die Beteiligten über die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte und die Frage, nach welchem Recht das Scheidungsverfahren durchzuführen sei. Der Antragsteller berief sich im Scheidungsverfahren darauf, die Trennung der Ehegatten sei im März 2011 erfolgt. Im selben Monat sei er in ein von seinem Vater geerbtes Haus im Anwesen H... Weg ..., 9... N..., gezogen und habe seinen Wohnsitz damit in N..., Deutschland begründet. Zunächst habe er jedoch noch als selbständiger Anästhesist in F... gearbeitet. In Deutschland habe er wegen seines Alters erst für die Zeit ab 01.10.2014 eine Anstellung gefunden. Seither sei er in F... nicht mehr erwerbstätig. Die Antragsgegnerin behauptete im Scheidungsverfahren, die Trennung der Ehegatten sei erst am 03.01.2013 erfolgt. Der Antragsgegner habe seinen Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt weiterhin in F..., wo er seiner Erwerbstätigkeit nachgehe. Mit Endbeschluss vom 09.07.2015 sprach das Amtsgericht - Familiengericht - Nürnberg die Scheidung der Ehe der Beteiligten nach deutschem Recht aus. Es stellte unter anderem fest, der Antragsteller habe bereits seit September 2011 seinen Lebensmittelpunkt in N..., H... Weg, gehabt. Die gegen diese Entscheidung von der Antragsgegnerin eingelegte Beschwerde hat der Senat mit Beschluss vom 16.12.2015, 7 UF ..., auf den wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, zurückgewiesen. Der Senat hat wegen der gemeinsamen deutschen Staatsangehörigkeit der beteiligten Ehegatten die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte gemäß Art. 3 Abs. 1 lit. a und b EuEheVO angenommen. Abweichend von der Entscheidung des Amtsgerichts hat der Senat dargelegt, die Scheidung sei materiell nach französischem Recht zu beurteilen, weil nicht möglich gewesen sei, davon auszugehen, dass der Antragsteller des vorliegenden Verfahrens bereits vor dem 30.01.2012 einen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland begründet hatte. Im Ergebnis wurde die Beschwerde der Antragsgegnerin dennoch zurückgewiesen, weil die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe der Beteiligten auch nach französischem Recht gegeben waren.

4

Der Antragsteller war alleiniger Inhaber eines Kontos bei der H... mit Sitz in Deutschland, Kontonummer: ..., welches ein Guthaben in Höhe von 82.951,77 € aufwies. Zu diesem Konto hatte der Antragsteller der Antragsgegnerin vor der Trennung der Beteiligten Kontovollmacht erteilt. Am 12.03.2014 erteilte die Antragsgegnerin der H... den Auftrag, von dem genannten Konto des Antragstellers einen Betrag von 83.000,00 € auf das Konto ihrer Mutter, H... Z..., bei der Sparkasse H..., Kontonummer: ..., zu überweisen. Als Verwendungszweck ist auf dem Überweisungsauftrag angegeben: "Privat Schulden".

5

Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 08.01.2015, eingegangen bei dem Amtsgericht Nürnberg am 09.01.2015, hat der Antragsteller beantragt, die Antragsgegnerin zur Rückzahlung dieses Betrages einschließlich Zinsen seit dem 21.05.2014 zuzüglich vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.217,45 € zu verpflichten. Die Zustellung dieses Antrages an die Antragsgegnerin erfolgte am 17.03.2015. Zur Begründung hat er vorgetragen, er habe vor dem 12.03.2014 die der Antragsgegnerin erteilte Vollmacht der H... gegenüber mündlich widerrufen. Der Widerruf sei von der Bank jedoch nicht dokumentiert worden. Die der Antragsgegnerin vor der Trennung der Ehegatten erteilte Vollmacht habe dem stillschweigend vereinbarten Zwecke gedient, die Verwirklichung der gemeinsamen Lebensführung zu vereinfachen. Die von der Antragsgegnerin lange nach der Trennung der Beteiligten vorgenommene Überweisung von 83.000,00 € auf das Konto ihrer Mutter sei von dem zugrunde liegenden Zweck der Vollmachtserteilung nicht mehr gedeckt gewesen. Die Antragsgegnerin sei daher aus unerlaubter Handlung, § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 266 StGB, bzw. § 826 BGB oder Pflichtverletzung, § 280 Abs. 1 BGB, zur Rückzahlung des Betrages von 83.000,00 € verpflichtet. Private Schulden habe er gegenüber der Antragsgegnerin nicht gehabt. Selbst wenn solche Schulden bestanden hätten, wäre die Antragsgegnerin nicht berechtigt gewesen, sein Konto "leer zu räumen". Mit Schreiben vom 06.05.2014 sei die Antragsgegnerin aufgefordert worden, den Betrag von 83.000,00 € zurückzuzahlen. Eine Reaktion hierauf sei nicht erfolgt. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte sei gegeben, weil er zum Zeitpunkt der unerlaubten Überweisung durch die Antragsgegnerin seinen Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt bereits lange Zeit in Deutschland gehabt habe. Aus diesem Grund sei auch deutsches Recht anzuwenden. Die Antragsgegnerin hat in erster Instanz die Abweisung der Anträge des Antragstellers beantragt, die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte bestritten und vorgetragen, der Antragsteller habe nach wie vor seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht in Deutschland, sondern in Frankreich. Jedenfalls in März 2014 habe sich der gewöhnliche Aufenthalt beider Beteiligter noch in Frankreich befunden, weshalb auf den Anspruch französisches Recht anzuwenden sei. Nach französischem Recht begründe die Überweisung der Antragsgegnerin vom 12.03.2014 keinen Erstattungsanspruch des Antragstellers, weil die Antragsgegnerin wegen gesamtschuldnerischer Steuerschulden für die Veranlagungszeiträume 2012 und 2013 von den französischen Steuerbehörden im Wege der Zwangsvollstreckung in Anspruch genommen worden sei. So sei von der französischen Finanzkasse am 18.03.2014 ein Betrag von 26.584,00 € von ihrem Konto bei der C... d... d... P... wegen Steuerschulden für den Veranlagungszeitraum 2012 gepfändet worden. Am 18.06.2014 habe die französische Finanzkasse wegen gesamtschuldnerischer Steuerschulden einen weiteren Betrag von ihrem Konto 81.133,00 € gepfändet. Am 30.09.2016 habe die Finanzkasse von ihrem Konto bei der C... d..., Kontonummer: ..., wegen gemeinsamer Ertragssteuerschulden für das Jahr 2013 Beträge von 23.289,00 € und 16.661,53 € gepfändet. Im Innenverhältnis hafte der Antragsteller für diese Steuerschulden alleine, weil sie in der Ehe in Frankreich zu keiner Zeit gearbeitet oder sonst eine steuerpflichtige Tätigkeit ausgeübt habe. In dem Termin zur Ehescheidung der Beteiligten vom 10.03.2014 vor dem Landgericht C... habe sie der Richterin die Kontoauszüge zu dem streitgegenständlichen Konto vorgelegt, woraufhin ihr von der Richterin mitgeteilt worden sei, sie solle sofort das Geld abheben. Hilfsweise hat die Antragsgegnerin mit den ihr aus der Inanspruchnahme für gemeinsame Steuerschulden gegenüber dem Antragsteller zustehenden Ausgleichsansprüchen die Aufrechnung gegen den von dem Antragsteller geltend gemachten Anspruch erklärt. Ebenfalls hilfsweise hat sie mit Unterhaltsansprüchen in Höhe von monatlich 4.000,00 € aus dem Beschluss des Landgerichts C... vom 14.04.2014 aufgerechnet. Unterhaltszahlungen habe der Antragsteller nicht geleistet. Darüber hinaus sei der Antragsgegner mit Urteil des Oberlandesgerichts C... vom 13.09.2016 wegen Gewalttätigkeiten gegen die Antragsgegnerin schuldig gesprochen und verpflichtet worden, eine Entschädigungssumme von 1.000,- € sowie eine Summe in Bezug auf Art. 475-1 des französischen Strafgesetzes in Höhe von 700,- € an sie zu bezahlen. Zahlungen seien nicht erfolgt. Auch mit diesen Ansprüchen hat die Antragsgegnerin hilfsweise die Aufrechnung gegen den von dem Antragsteller geltend gemachten Anspruch erklärt. Der Antragsteller hat eine gesamtschuldnerische Haftung der Antragsgegnerin für Steuerschulden mit Nichtwissen bestritten. Er hat weiter bestritten, dass die von der Antragsgegnerin veranlasste Überweisung vom 12.03.2014 in Zusammenhang mit etwa gegebenen gesamtschuldnerischen Steuerschulden stehe. Die Antragsgegnerin habe keine Steuerschulden bezahlt, was sich schon daraus ergebe, dass die französische Finanzbehörde wegen ausstehender Steuerschulden die Vollstreckung gegen ihn betreibe. Allerdings sei es zutreffend, dass er in Frankreich zusammen mit der Antragsgegnerin steuerlich veranlagt worden sei. Er glaube, sich erinnern zu können, selbst 60.287,50 € auf Steuerschulden bezahlt zu haben. Die Pfändung wegen Steuerschulden in Höhe von 26.584,00 € von einem Konto der Antragsgegnerin werde bestritten. Außerdem habe die Antragsgegnerin von einem gemeinsamen Konto der Beteiligten bei der C... A... P... S... E... (D... G...) am 09.03.2013 Beträge von 170.970,11 €, 15.000,00 € und 6.990,00 € abgehoben. Aus dem Nichtversöhnungsbeschluss des Landgerichts C... vom 10.03.2014 stehe der Antragsgegnerin ein Unterhaltsanspruch nicht zu. Bei dieser Entscheidung habe es sich um eine vorläufige Regelung gehandelt, welche ihre Wirksamkeit verloren habe, weil die Antragsgegnerin nicht innerhalb von 30 Monaten nach Verkündung des Beschlusses Klage erhoben habe. Mit Nichtwissen werde weiter bestritten, dass er vor dem Oberlandesgericht C... mit Entscheidung vom 13.09.2016 verpflichtet worden sei, an die Antragsgegnerin Beträge von 1.000,00 € bzw. 700 € zu bezahlen.

6

Das Amtsgericht - Familiengericht - Nürnberg erließ zunächst am 21.04.2015 im schriftlichen Vorverfahren gegen die Antragsgegnerin einen Versäumnisbeschluss mit folgendem Inhalt:
1. Die Antragsgegnerin wird verurteilt, an den Antragsteller 83.000 € nebst 5%-Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 21.05.2014 zu bezahlen.
2. Die Antragsgegnerin wird verurteilt, an den Antragsteller vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.217,45 € zu bezahlen.
3. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin

7

Gegen diese Entscheidung, welche der Antragsgegnerin im Wege der Rechtshilfe am 19.12.2016 zugestellt wurde, hat sie mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 30.12.2016, eingegangen bei dem Amtsgericht Nürnberg am 04.01.2017, Einspruch eingelegt und die Zurückweisung der Anträge des Antragstellers begehrt.

8

Zu dem vom dem Amtsgericht angeordneten Verhandlungstermin vom 16.11.2017 ist die Antragsgegnerin nicht erschienen.

9

Das Amtsgericht - Familiengericht - Nürnberg hat mit Endbeschluss vom 05.04.2018, auf den wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, den Versäumnisbeschluss vom 21.04.2015 aufrechterhalten, soweit die Antragsgegnerin verpflichtet worden war, an den Antragsteller einen Betrag von 83.000,00 € nebst Zinsen hieraus seit 21.05.2014 zu bezahlen. Im Übrigen hat es den Versäumnisbeschluss aufgehoben und den Antrag abgewiesen. Es hat unter anderem ausgeführt, seine internationale Zuständigkeit sei gemäß § 267 FamFG gegeben, weil zum Zeitpunkt des Eingangs des Antrages vom 08.01.2015 das Scheidungsverfahren zwischen den Beteiligten, Az.: 105 F 384/13, anhängig gewesen sei. Der Scheidungsantrag sei am 06.11.2013 zugestellt worden. Das Scheidungsverfahren sei am 08.01.2015 noch nicht abgeschlossen gewesen. Auf den vom Antragsgegner geltend gemachten Zahlungsanspruch sei gemäß Art. 4 Abs. 3 ROM II - VO deutsches Recht anzuwenden, weil sich aufgrund der Gesamtumstände ein enger Sachzusammenhang mit dem Recht des deutschen Staates ergebe. Die unrechtmäßige Überweisung sei von einem deutschen Konto auf ein deutsches Konto erfolgt. Beide Beteiligte seien deutsche Staatsangehörige. Zudem habe der Antragsteller seit 05.09.2011 seinen Wohnsitz in N... gemeldet und sei seit 07.08.2014 als Anästhesist im Raum N... erwerbstätig. Die Anwendung deutschen Rechts ergebe sich auch aus Art. 4 Abs. 1 Rom II-VO, da der Schaden in Deutschland eingetreten sei. Die von der Antragsgegnerin vorgenommene Umbuchung eines Betrages von 83.000,00 € sei zu Unrecht erfolgt. Der Anspruch sei auch nicht durch die von der Antragsgegnerin hilfsweise erklärten Aufrechnungen erloschen. Das Vorbringen zu den geltend gemachten Gegenansprüchen aus der Erfüllung von gemeinsamen Steuerverbindlichkeiten sei insgesamt zu unsubstantiiert. Der mit Beschluss des Landgerichts C... vom 14.04.2016 geregelte Unterhaltsanspruch sei hinfällig geworden, weil von der Antragsgegnerin innerhalb einer Frist von 30 Monaten kein Klageantrag eingereicht worden sei. Die weiteren Aufrechnungsforderungen seien nicht zu berücksichtigen, weil die Antragsgegnerin den notwendigen Nachweis nicht geführt habe.

10

Gegen diese Entscheidung, welche ihrer Bevollmächtigten am 10.04.2018 zugestellt worden ist, hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 08.05.2018, eingegangen beim Amtsgericht Nürnberg am gleichen Tag, Beschwerde eingelegt, mit welcher sie die Aufhebung der amtsgerichtlichen Entscheidung und die Zurückweisung der Anträge des Antragstellers begehrt. Mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 09.07.2018, der bei dem Oberlandesgericht Nürnberg nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis 11.07.2018 am 09.07.2018 eingegangen ist, ist die Beschwerde begründet worden.

11

Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, der von dem Antragsteller geltend gemachte Anspruch sei nicht nach deutschem Recht, sondern nach französischem Recht zu beurteilen. Das Amtsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass der Antragsteller zum Zeitpunkt des Schadenseintrittes seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland gehabt habe. Die engere Verbindung bestehe zum französischen Recht, weil die Beteiligten zum Zeitpunkt des Schadenseintritts noch beide ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Frankreich gehabt hätten. Zudem stehe die Abhebung in direktem Zusammenhang mit finanziellen Verpflichtungen der Beteiligten in Frankreich. Im Übrigen wiederholt die Antragsgegnerin im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Auch in der Beschwerde stellt sie darauf ab, wegen der Inanspruchnahme durch die französischen Steuerbehörden Ausgleichsansprüche gegen den Antragsteller gehabt zu haben, weshalb sie berechtigt gewesen sei, die Abbuchung vom Konto des Antragstellers vorzunehmen. Die von ihr bereits in erster Instanz erklärten Aufrechnungen werden wiederholt. Ergänzend macht sie geltend, der Antragsteller habe im Oktober 2013 von ihrer Mutter die Herausgabe von 2.000,00 € verlangt, welche ihre Mutter auf ihren Wunsch hin von einem gemeinsamen Konto der Beteiligten bei der Sparkasse S... vorher abgehoben hatte.

12

Die Antragsgegnerin beantragt im Beschwerdeverfahren:

Der Beschluss des Amtsgerichts Nürnberg - Abteilung für Familiensachen - vom 05.04.2018, Az. 105 F 69/15, wird dahingehend abgeändert, dass der Versäumnisbeschluss des Amtsgerichts Nürnberg - Abteilung für Familiensachen - vom 21.04.2015 aufgehoben und die Anträge des Antragstellers zurückgewiesen werden.

13

Der Antragsteller beantragt,

Die Beschwerde vom 09.07.2018 wird zurückgewiesen.

14

Zur Begründung dieses Antrags wiederholt er im Wesentlichen sein erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend trägt er vor, das gemeinsame Konto der Beteiligten bei einer französischen Bank, von welchem die Antragsgegnerin im März 2013 einen Betrag in Höhe von 192.780,00 € abgehoben habe, sei für Steuerzahlungen geführt worden. Sollte die Antragsgegnerin tatsächlich - wie weiterhin bestritten - Steuerzahlungen geleistet haben, stehe ihr kein aufrechenbarer Anspruch zu, weil sie den vorstehend bezeichneten Betrag von dem gemeinsamen Steuerkonto abgehoben habe, welcher zur Deckung von Steuerschulden ausgereicht hätte. Gegen Zahlungen der Antragsgegnerin auf französische Steuerschulden spreche auch, das aktuell von deutschen Behörden im Wege der Rechtshilfe für die französischen Steuerbehörden die Zwangsvollstreckung wegen eines Steuerrückstandes in Höhe von 240.000,00 € gegen ihn betrieben werde.

15

Zum weiteren Vorbringend der Beteiligten wird auf die während des Rechtsstreits gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

16

Zudem von dem Senat bestimmten Verhandlungstermin am 10.10.2018 sind beide Beteiligte nicht persönlich erschienen.

II.

17

Die statthafte und zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Nürnberg vom 05.04.2018 bleibt in der Sache ohne Erfolg.

18

1. Die Beschwerde ist gemäß § 58 Abs. 1 FamFG statthaft. Die Beschwerdeberechtigung der Antragsgegnerin ergibt sich aus § 59 Abs. 1 FamFG, weil sie durch die Endentscheidung des Amtsgerichts beschwert ist. Die Beschwerde ist innerhalb der Beschwerdeeinlegungsfrist von 1 Monat ab der Zustellung der Entscheidung (§ 63 Abs. 1 und 3 FamFG) bei dem zuständigen Amtsgericht Nürnberg (§ 64 Abs. 1 FamFG) erhoben worden. Auch die Beschwerdebegründung ist fristgerecht bei dem Oberlandesgericht Nürnberg eingegangen (§ 117 Abs. 1 FamFG, 520 Abs. 2 Sätze 2 und 3 ZPO).

19

2. In der Sache bleibt die Beschwerde jedoch ohne Erfolg, weil das Amtsgericht die Antragsgegnerin im Ergebnis zu Recht verpflichtet hat, an den Antragsteller 83.000,00 EUR nebst Zinsen hieraus seit dem 21.05.2014 zu bezahlen.

20

2.1. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ist gegeben.

21

Die internationale Zuständigkeit ist als Zulässigkeitsvoraussetzung auch im Beschwerdeverfahren von Amts wegen zu prüfen. § 65 Abs. 4 FamFG, der bestimmt, dass die Beschwerde nicht darauf gestützt werden kann, dass das Gericht des ersten Rechtszugs seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat, steht dem nicht entgegen. Da die internationale Zuständigkeit die Abgrenzung zu Souveränitätsrechten anderer Staaten betrifft und deshalb ein ungleich größeres Gewicht als die innerstaatliche Zuständigkeit eines Gerichts hat, ist § 65 Abs. 4 FamFG auf die internationale Zuständigkeit nicht anzuwenden (vgl. BGH MDR 2007, 1490 m.w.N.; Zöller/Feskorn/Heßler, ZPO, 32. Aufl., Rn. 8 zu § 513).

22

Die internationale Zuständigkeit deutscher Gericht ergibt sich nicht aus §§ 105, 267 FamFG. Zutreffend hat das Amtsgericht allerdings festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Erhebung des Antrages, er ist am 09.01.2015 bei dem Amtsgericht Nürnberg eingegangen und am 17.03.2015 an die Antragsgegnerin zugestellt worden, bei dem Amtsgericht Nürnberg das Scheidungsverfahren der Beteiligten, Az.: 105 F ..., anhängig war. Der Scheidungsantrag des Antragsgegners ging bei dem Amtsgericht Nürnberg am 31.01.2013 ein. Das Scheidungsverfahren wurde in erster Instanz mit Beschluss vom 09.07.2015 beendet. Gemäß § 97 FamFG gehen jedoch internationale Regelungen zur internationalen Zuständigkeit den §§ 98 ff. FamFG vor (vgl. Zöller/Geimer, a.a.O., Rn. 4 zu § 105 FamFG; Sieghörtner in Beck`scher Online Kommentar zum FamFG, 27. Aufl., Rn. 11 zu § 105; Johannsen/Henrich, Familienrecht, 6. Aufl., Rn. 1 zu § 105 FamFG). Dies gilt auch für den Anwendungsbereich des § 267 FamFG. Als internationale Zuständigkeitsregelung kommt hier die Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung der Vollstreckung von Entscheidungen im Zivil- und Handelssache vom 12.12.2012 (im Weiterem: Brüssel Ia-VO) in Betracht. Der Anwendungsbereich der Verordnung ist eröffnet, weil der Antragsteller einen zivilrechtlichen Anspruch geltend macht und ein Ausnahmetatbestand nicht eingreift, Art. 1 Brüssel Ia-VO. Nach der allgemeinen Zuständigkeitsregelung gemäß Art. 4 Abs. 1 Brüssel Ia-VO sind Personen im Anwendungsbereich der Verordnung grundsätzlich vor einem Gericht des Mitgliedsstaates zu verklagen, in dem sie ihren Wohnsitz haben. Dies würde im vorliegenden Fall die internationale Zuständigkeit französischer Gerichte begründen, weil die Antragsgegnerin ihren gewöhnlichen Aufenthalt und Wohnsitz in Frankreich hat. Art. 4 Brüssel Ia-VO gilt jedoch nur vorbehaltlich von Sonderzuständigkeitsregelungen, welche sich aus der Verordnung ergeben. Aus Art. 7 S. 1 Nr. 2 Brüssel Ia-VO ergibt sich eine solche besondere internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte. Nach der genannten Vorschrift kann eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaates hat, in einem anderen Mitgliedsstaat verklagt werden, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden. In diesem Fall kann die Person, welche den Schaden verursacht hat, vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht, verklagt werden. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Der Antragsteller stützt seinen Zahlungsanspruch in schlüssiger Weise auf eine unerlaubte Handlung der Antragsgegnerin, in dem er vorträgt, diese habe unbefugt von einem ihm alleine zustehenden Konto einen Betrag von 83.000,00 EUR auf ein anderes Konto, auf welches der Antragsgegner keinen Zugriff hatte, transferiert und letztlich ihrem eigenen Vermögen zugeführt. Das schädigende Ereignis ist in der von der Antragsgegnerin veranlassten Ausführung des Überweisungsantrages vom 12.03.2014 zu sehen. Dieser Auftrag wurde einer deutschen Bank für ein in Deutschland geführtes Konto erteilt und von einer deutschen Bank in Deutschland ausgeführt. Außerdem erfolgte die von der Antragsgegnerin veranlasste Überweisung an eine andere deutsche Bank. Die von dem Antragssteller geltend gemachte Schädigung seines Vermögens ist bereits durch die Ausführung der Überweisung verursacht worden. Das schädigende Ereignis ist daher in Deutschland eingetreten.

23

2.2. Die Antragsgegnerin hat form- und fristgerecht Einspruch gegen den Versäumnisbeschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Nürnberg vom 21.04.2015 erhoben. Die Zustellung des Versäumnisbeschlusses vom 21.04.2015 an die Antragsgegnerin erfolgte im Wege der Rechtshilfe am 19.12.2016. Der Schriftsatz der Bevollmächtigten vom 30.12.2016, mit welchem gegen den Versäumnisbeschluss Einspruch erhoben worden ist, ist am 04.01.2017 beim Amtsgericht Nürnberg eingegangen, also innerhalb der von dem Amtsgericht wegen des Auslandsbezugs zutreffend verlängerten Einspruchsfrist von 3 Wochen. Der Einspruch ist daher zulässig.

24

2.3. Materiell ist der von dem Antragssteller geltend gemachter Anspruch nach deutschem Recht zu beurteilen.

25

Der Antragsteller stützt seinen Anspruch auf eine unerlaubte Handlung der Antragsgegnerin. Die Frage, nach welchem materiellen Recht dieser Anspruch zu beurteilen ist, bestimmt sich nach der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse einzuwendende Recht vom 11.07.2007 (im Weiteren: Rom II-VO). Der Anwendungsbereich der Verordnung ist gemäß Art. 1 Abs. 1 Rom II-VO eröffnet. Ein Ausnahmetatbestand ist nicht gegeben; insbesondere ergibt sich kein Ausschluss aus Art. 1 Abs. 2 lit. a Rom II-VO. Nach der genannten Vorschrift sind von dem Anwendungsbereich der Rom II-VO außervertragliche Schuldverhältnisse aus einem Familienverhältnis oder einem ähnlichen Verhältnis ausgenommen. Diese Ausnahme betrifft jedoch nur Rechtsverhältnisse, die sich unmittelbar aus dem Familienrechtsverhältnis ergeben, z.B. Unterhaltspflichten oder Ansprüche aus dem Güterrecht. Nicht dagegen Ansprüche aus außervertraglichen Schuldverhältnissen, bei denen familienrechtliche Beziehungen lediglich einen mittelbaren Einfluss entfalten (vgl. Palandt/Horn, BGB, 77. Aufl., Rn. 10 zu Art. 1 Rom II VO, S. 2834).

26

Nach Art. 4 Abs. 1 Rom II-VO ist, soweit in der Verordnung nichts anderes vorgesehen ist, auf ein außervertragliches Schuldverhältnis aus unerlaubter Handlung das Recht des Staates anzuwenden, in dem der Schaden eintritt. Danach wäre deutsches Recht berufen, weil der Antragssteller, wie bereits oben dargelegt, schlüssig geltend macht, der unmittelbare Schadenseintritt sei in Deutschland durch die Ausführung der von der Antragsgegnerin veranlassten Überweisung eines Betrages von 83.000,00 EUR von seinem Konto auf ein Konto ihrer Mutter in Deutschland eingetreten. Allerdings käme gemäß Art. 4 Abs. 2 Rom II-VO die Anwendung französischen Rechts in Betracht, wenn der Antragsteller am 12.03.2014, an diesem Tag ist der Vermögensschaden eingetreten, dessen Ersatz er begehrt, seinen gewöhnlichen Aufenthalt noch in Frankreich gehabt hätte. Die zwischen den Beteiligten höchst umstrittene Frage des gewöhnlichen Aufenthalts des Antragstellers im März 2014 bedarf im konkreten Fall jedoch keiner abschließenden Entscheidung, weil sich aus der Gesamtheit der Umstände ergibt, dass die unerlaubte Handlung eine offensichtlich engere Verbindung zu Deutschland aufweist. Eine offensichtlich engere Verbindung mit einem anderen Staat kann sich insbesondere aus einem bestehenden Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten ergeben, welches mit der betreffenden unerlaubten Handlung in enger Verbindung steht. Die akzessorische Anknüpfung an bestehende Rechtsverhältnisse gemäß Art. 4 Abs. 3 Rom II-VO kann auch durch ein familienrechtliches Sonderverhältnisse begründet werden. Besteht bei deliktischen Ansprüchen oder Ansprüchen aus ungerechtfertigter Bereicherung oder Geschäftsführung ohne Auftrag zwischen Ehegatten hinreichender innerer Zusammenhang mit der Ehe, kann dies zur Anwendung des Ehewirkungsstatus führen (vgl. Palandt Dorn, a.a.O., Rn. 12 zu Art. Rom II-VO, Seite 2837). Diese Voraussetzungen sind im konkreten Fall gegeben, weil die Beteiligten im März 2014 noch verheiratet waren und sich die Zugriffsmöglichkeit der Antragsgegnerin auf das Konto des Antragsgegners aus der zur Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft erteilten Vollmacht des Antragstellers ergeben hat. Abzustellen ist daher auf das im März 2014 für die Beteiligten geltenden Ehewirkungsstatus. Gemäß Art. 14 Abs. 1 EGBGB unterlagen die allgemeinen Wirkungen der Ehe der Beteiligten zu diesem Zeitpunkt deutschem Recht, weil beide Ehegatten bei Eheschließung im März 2013 alleine die deutsche Staatsangehörigkeit besaßen und noch besitzen. Die engere Verbindung des von dem Antragsteller geltend gemachten Anspruchs zum deutschen Recht wird nicht durch die von der Antragsgegnerin geltend gemachten Gegenansprüche oder einen etwa zum Zeitpunkt des Schadenseintritts noch gegebenen gewöhnlichen Aufenthalt des Antragstellers in Frankreich in Frage gestellt. Was den gewöhnlichen Aufenthalt betrifft, steht zur Überzeugung des Senats fest, dass sich der Antragsteller jedenfalls bereits in einer Übergangsphase von seinem gewöhnlichen Aufenthalt in Frankreich hin zu einem gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland befand. Der Umstand, dass die von der Antragsgegnerin geltend gemachten Gegenansprüche sich möglicherweise nach französischem Recht richten, ist für die davon zu unterscheidende und vorrangige Frage, zu welchem Rechtsraum der von dem Antragsteller geltend gemachte Anspruch aus unerlaubter Handlung die engere Verbindung hat, unter Berücksichtigung der Gesamtumstände nicht entscheidend.

27

2.4. Der Antragsteller kann von der Antragsgegnerin aus unerlaubter Handlung gemäß § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 266 StGB die Rückzahlung von 83.000,00 € verlangen.

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2.4.1. Nach § 823 Abs. 2 BGB ist derjenige, welcher gegen ein Gesetz verstößt, das den Schutz eines anderen bezweckt, verpflichtet, diesem den aus dem Verstoß entstandenen Schaden zu ersetzen. Ein Schutzgesetz in dem genannten Sinn stellt auch § 266 StGB (Untreue) dar. Danach macht sich strafbar, wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt. Das Verhalten ist nur dann strafbar, wenn der Täter vorsätzlich handelt, d. h. die Verwirklichung des Tatbestandes zumindest billigend in Kauf nimmt.

29

2.4.2. Die Antragsgegnerin hat schuldhaft gegen § 266 Abs. 1 StGB verstoßen.

30

Der Bundesgerichtshof hat bereits mehrfach entschieden, dass ein Ehegatte, der nach erfolgter Trennung eine ihm vor der Trennung von dem anderen Ehegatten erteilte Kontovollmacht nutzt, um gegen den erkennbaren Willen des Vollmachtgebers Verfügungen über ein alleine dem Vollmachtgeber zustehendes Bankkonto vorzunehmen, den dem anderen Ehegatten dadurch entstehenden Vermögensschaden zu ersetzen hat. Dem liegt zugrunde, dass die in der Ehe erteilte Vollmacht im Regelfall, wie vom Antragsteller unstreitig dargelegt, der Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft dienen soll und in dem Zusammenleben der Ehegatten ihre Grundlage hat. Findet die Lebensgemeinschaft durch die Trennung der Ehepartner ein Ende, so liegt darin ein Wegfall der Geschäftsgrundlage. Der Ehegatte, der den anderen während des Zusammenlebens aus besonderem Vertrauen die Verfügungsbefugnis eingeräumt hat, muss davor geschützt werden, dass der andere die Befugnis nach der Trennung in eigensüchtiger oder sonst missbräuchlicher Weise ausnutzt. Wenn ein Ehegatte noch nach der Trennung gegen den erkennbaren Willen des anderen von dessen Konto unter Ausnutzung einer noch nicht wirksam widerrufenen Vollmacht Beträge abhebt, um sie seinem eigenen Vermögen oder dem Vermögen eines Dritten zuzuführen, kommt eine Schadensersatzpflicht aus unerlaubter Handlung und daneben eine Herausgabepflicht wegen angemaßter Geschäftsführung (§ 687 Abs. 2 BGB) in Betracht (BGH FamRZ 1989, 834; FamRZ 1988, 476).

31

Die Beteiligten lebten mindestens seit 03.01.2013 andauernd getrennt. Mit der Erteilungen des Überweisungsauftrages am 12.03.2014, also weit über ein Jahr nach Beginn des Getrenntlebens, vier Monate nach Zustellung des Scheidungsantrages des Antragstellers und dreieinhalb Monate nach Einreichung ihres eigenen Scheidungsantrags bei dem Landgericht C..., nahm die Antragsgegnerin zumindest billigend in Kauf, nicht mehr befugt gewesen zu sein, von der ihr von dem Antragsteller während der Dauer des Zusammenlebens erteilten Vollmacht Gebrauch zu machen. Damit hat sie ihre trotz der Trennung im Außenverhältnis gegenüber der Bank noch wirksame Möglichkeit, über das Guthaben des Antragstellers zu verfügen, im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB missbraucht.

32

Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht aus § 679 BGB im Hinblick auf das Vorbringen der Antragsgegnerin, sie sei von den französischen Finanzbehörden wegen Steuerverbindlichkeiten im Wege der Forderungspfändung für Steuerrückstände in Anspruch genommen worden, die im Innenverhältnis zwischen den Beteiligten alleine von dem Antragsgegner zu tragen seien. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass § 679 BGB im Bereich der angemaßten Geschäftsführung gemäß § 687 Abs. 2 BGB keine Anwendung findet (vgl. Palandt/Sprau, a.a.O. Randnummer 3 zu § 687). Dies gilt entsprechend auch, wenn die angemaßte Geschäftsführung zugleich einen Anspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB begründet. Darüber hinaus verfügte die Antragsgegnerin mit der Überweisung vom 12.03.2014 über das Vermögen des Antragsgegners nicht unmittelbar zugunsten der französischen Finanzbehörde. Die Überweisung erfolgte nicht auf ein Konto der französischen Finanzbehörden, sondern auf ein Konto der Mutter der Antragsgegnerin. Auch der auf dem Überweisungsträger angegebene Verwendungszweck "Privat Schulden" spricht bereits dagegen, dass die Antragsgegnerin bei Veranlassung der Überweisung des Betrages von 83.000,00 € die Absicht hatte, das Geld zu Gunsten der französischen Behörden zu verwenden. Schließlich trägt die Antragsgegnerin auch nicht vor, zu irgendeinem Zeitpunkt auf freiwilliger Basis Leistungen an die französischen Steuerbehörden zur Reduzierung der Steuerschuld des Antragstellers erbracht zu haben. Soweit sie Belastungen mit entsprechenden Steuerrückständen geltend macht, sollen diese jeweils durch Pfändung von Konten der Antragsgegnerin durch die französischen Steuerbehörden entstanden sein, welche all erst nach der Überweisung vom 12.03.2014 erfolgten. Es kann daher keine Rede davon sein, dass die von ihr trotz mangelnder Befugnis veranlasste Überweisung von 83.000,00 € den Zweck hatte, unmittelbar der Erfüllung von Steuerverpflichtungen des Antragstellers gegenüber den französischen Finanzbehörden zu dienen.

33

Durch das Verhalten der Antragsgegnerin ist dem Antragsteller ein Nachteil im Sinne des § 266 StGB entstanden. Der Antragsteller hat durch das Verhalten der Antragsgegnerin seinen Anspruch auf Auszahlung des überwiesenen Betrages gegenüber der Bank verloren und hierdurch einen Vermögensschaden in Höhe von 83.000,00 € erlitten. Der nach § 266 StGB erforderliche Unmittelbarkeitszusammenhang zwischen dem Pflichtverstoß und Schaden ist gegeben. Es gilt das Prinzip der Gesamtsaldierung (vgl. Heger/Lackner/Kühl, Kommentar zum StGB, 29. Aufl., Rn. 16 ff. zu § 266). Erforderlich ist daher ein Wertvergleich des gesamten betroffenen Vermögens unmittelbar vor und unmittelbar nach der Tathandlung. Dieser Vergleich muss zu einer Verringerung des Vermögens durch die Tathandlung führen. Auch diese Voraussetzungen sind erfüllt. Der Antragsteller hat unmittelbar durch die Tathandlung seinen Auszahlungsanspruch gegenüber der Bank verloren, ohne dass dies durch eine unmittelbare Mehrung seines Vermögens kompensiert worden wäre. Wie bereits dargelegt hat die Antragsgegnerin keinen Auftrag erteilt, den Betrag von 83.000,00 € an die französischen Steuerbehörden zu überweisen, weshalb von einer durch die Tathandlung unmittelbar verursachten Minderung der Steuerschuld, die eine Kompensation der durch die Überweisung verursachten Vermögensminderung hätte darstellen können, nicht ausgegangen werden kann. Auch den Eintritt eines Vermögensnachteils in dem dargestellten Sinn hat die Antragsgegnerin zumindest billigend in Kauf genommen.

34

Ein Rechtfertigungsgrund stand der Antragsgegnerin nicht zur Seite.

35

2.4.3. Der Schadensersatzanspruch des Antragstellers scheitert nicht an dem Fehlen eines Strafantrages. Nach § 266 Abs. 2 StGB ist grundsätzlich § 247 StGB entsprechend anzuwenden. Nach § 247 StGB wird, wenn durch einen Diebstahl oder eine Unterschlagung ein Angehöriger verletzt wird, die Tat nur auf Antrag verfolgt. Im März 2014 waren die Beteiligten noch verheiratet, der Antragsteller war daher gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 1 lit. a StGB Angehöriger der Antragsgegnerin im Sinn des § 247 StGB. Ein Strafantrag ist von dem Antragsteller nicht gestellt worden. Bei dem danach erforderlichen Strafantrag handelt es sich jedoch lediglich um eine Voraussetzung der Durchführung eines Strafverfahrens, also eine rein strafverfahrensrechtliche Regelung. In Verbindung mit § 823 Abs. 2 BGB kommt es dagegen nicht darauf an, ob rechtzeitig ein für die Durchführung des Strafverfahrens erforderlicher Antrag gestellt wurde (Wagner in Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl., Rn 538 zu § 823; Staudinger/Hagen, BGB, 9. Aufl. Rn G 36 zu § 823; KG, Beschluss vom 08.01.2018, 8 U 21/17 - recherchiert nach juris).

36

2.4.4. Die Antragsgegnerin befand sich nicht in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum. Die Voraussetzungen für die Annahme eines solchen Irrtums ergeben sich auch nicht aus dem Vorbringen, ihr sei von einer französischen Richterin am 10.03.2014 geraten worden, das Geld auf dem verfahrensgegenständlichen Konto sofort abzuheben. Das Vorbringen der Antragsgegnerin zu den genauen Umständen wie es zu der Erklärung gekommen sein soll, ist, was in der mündlichen Verhandlung vom 10.10.2018 erörtert worden ist, viel zu unbestimmt. Es fehlen Angaben zu dem konkreten Informationsstand der französischen Richterin und zu dem genauen Inhalt ihrer "Mitteilung". Außerdem wäre die Antragsgegnerin verpflichtet gewesen, sich in Anbetracht des mit Händen greifbaren Einflusses des deutschen Rechts von einem mit dem deutschen Recht vertrauten Rechtskundigen beraten zu lassen. Eine entsprechende Beratung hätte wegen der insoweit eindeutigen Rechtslage dazu geführt, dass der Antragsgegnerin mitgeteilt worden wäre, dass sie nach deutschen Recht nicht befugt war, über das alleine dem Antragsteller zustehende Konto zu verfügen.

37

Die Antragsgegnerin ist daher verpflichtet, dem Antragsteller den Betrag von 83.000,00 €, welchen sie seinem Vermögen entzogen hat, als Schadensersatz zu erstatten.

38

2.5. Der Schadensersatzanspruch des Antragstellers ist auch nicht durch die von der Antragsgegnerin hilfsweise erklärten Aufrechnungen erloschen.

39

Dies ergibt sich aus § 393 BGB. Danach findet gegen eine Forderung aus unerlaubter Handlung grundsätzlich keine Aufrechnung statt. Dies gilt auch dann, wenn sich der Anspruch, gegen den aufgerechnet wird, auch noch aus anderen Anspruchsgrundlagen ergibt, (vgl. Palandt/Grüneberg, a.a.O. Rn. 3 zu § 393). Das Aufrechnungsverbot gilt auch, wenn mit einem Anspruch aus unerlaubter Handlung aufgerechnet werden soll (vgl. BGH NRJW 2009, 3508).

40

Darauf, ob die von der Antragsgegnerin geltend gemachte Gegenforderungen aufrechnungsfähig bestehen, kommt es daher nicht an.

41

Die Verpflichtung der Antragsgegnerin, den geschuldeten Betrag zu verzinsen, ergibt sich aus § 288 Abs. 1 BGB.

42

Die Kostenentscheidung beruht auf § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i. V. m. § 97 Abs. 1 ZPO.

43

Gegen diese Entscheidung findet ein Rechtsmittel nicht statt, weil die Voraussetzungen für die Zulassung einer Rechtsbeschwerde nicht vorliegen.
Erlass des Beschlusses (§ 38 Abs. 3 Satz 3 FamFG):

Verkündung durch Bezugnahme auf die Beschlussformel am 31.10.2018.

RechtsgebieteFamFG, BGB, StGB, EGBGB, ROM II - VOVorschriftenFamFG § 105, § 267; BGB § 823 Abs. 2, § 826, § 288 Abs. 1; StGB § 266, § 247, § 266 Abs. 2; EGBGB Art. 14 Abs. 1; ROM II - VO Art. 4 Abs. 3

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