02.04.2019 · IWW-Abrufnummer 208041
Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern: Urteil vom 29.01.2019 – 5 Sa 105/18
1. Auf ein praxisintegrierendes duales Studium ist das BBiG - anders als im Falle eines ausbildungsintegrierenden Studiums - nicht anwendbar, wenn die praktische Tätigkeit Teil des Studiums und durch eine auf dem Hochschulgesetz beruhende Studien- oder Prüfungsordnung staatlich anerkannt ist.
2. Findet das BBiG insgesamt keine Anwendung, kann es sich auch nicht um ein anderes Vertragsverhältnis im Sinne des § 26 BBiG handeln, das auf den Erwerb beruflicher Fertigkeiten, Kenntnisse, Fähigkeiten oder beruflicher Erfahrungen gerichtet ist.
3. Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat diejenigen Umstände mitteilen, die seinen Kündigungsentschluss tatsächlich bestimmt haben. Bei einer Kündigung in der Wartezeit ist die Substantiierungspflicht nicht an den objektiven Merkmalen der Kündigungsgründe des noch nicht anwendbaren § 1 KSchG, sondern allein an den Umständen zu messen, aus denen der Arbeitgeber subjektiv seinen Kündigungsentschluss herleitet. Für eine ordnungsgemäße Anhörung kann es genügen, wenn der Arbeitgeber lediglich ein Werturteil als Ergebnis seines Entscheidungsprozesses mitteilt. Der erst nach Ablauf der Wartezeit eintretende Kündigungsschutz darf durch die Anforderungen, die an eine Anhörung nach § 102 BetrVG gestellt werden, nicht vorverlagert werden.
Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Schwerin vom 24.05.2018 - 6 Ca 182/18 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Kündigung eines Studienvertrags.
Der im März 1991 geborene Kläger erwarb am 31.03.2015 den akademischen Grad eines Bachelors. Unter dem 17.05.2017 schloss er mit der Beklagten, die eine Tageszeitung herausgibt, einen Studienvertrag über die Teilnahme am dualen Masterstudiengang "Journalismus und Medienwirtschaft" in Kooperation mit der Fachhochschule K. - Fachbereich Medien. In diesem Vertrag heißt es unter anderem:
"...
§ 1 Gegenstand des Vertrages
Der Studiengang ist ein berufsbegleitendes Studium und enthält Fern- und Präsenzteile. Als Alleinstellungsmerkmal verbindet der Studiengang Elemente des Hochschulstudiums in den Bereichen Journalismus und Medienwirtschaft mit denen einer Ausbildung redaktioneller und verlagsspezifischer Art. Es wird zwischen verschiedenen Lehrmethoden gewechselt (praxisnahe Module im Verlag, Präsenzlehrphasen, ein interaktives Selbststudium mit einer netzgestützten Fernlehre), deren Ziel der Abschluss zum
Master of Arts
und die Erstellung der Master-Thesis ist. Das Vertragsverhältnis gilt für alle Zeitungstitel des medienhaus ... sowie für alle Medien, die das medienhaus ... mit redaktionellen Beiträgen beliefert oder mit denen Kooperationen geschlossen wurden oder werden.
§ 2 Beginn und Ende
Die Studien- und Ausbildungszeit beginnt am 01.09.2017 und endet nach sechs Semestern am 31.08.2020.
Es wird eine Probezeit von sechs Monaten vereinbart. Während der Probezeit kann das Vertragsverhältnis mit einer Frist von vier Wochen zum Monatsschluss gekündigt werden. Nach der Probezeit kann das Vertragsverhältnis mit der gesetzlichen Kündigungsfrist beendet werden.
Die Kündigung bedarf der Schriftform. Voraussetzung für das Inkrafttreten und die Durchführung dieses Vertrages ist die Immatrikulation des Studierenden an der Fachhochschule K. - Fachbereich Medien. Erfolgt eine Exmatrikulation des Studierenden, so endet dieser Vertrag mit dem Datum der Exmatrikulation.
Besteht der Studierende die Prüfung in den einzelnen Prüfungen nicht, können diese Leistungen gemäß Prüfungsordnung grundsätzlich einmal - bei nächster Gelegenheit - wiederholt werden.
...
§ 4 Vergütung/Studiengebühren
Die monatliche Vergütung des Studierenden beträgt ...
im ersten und zweiten Semester € 2.060,- (brutto)
im dritten und vierten Semester € 2.214,50 (brutto)
ab dem fünften Semester € 2.420,50 (brutto)
...
Dem Studierenden wird die Vergütung auch für die Zeit des Besuches der Fachhochschule oder berufsbegleitender Maßnahmen gezahlt.
Der Verlag verauslagt die monatlichen Studiengebühren laut Kooperationsvertrag mit der Fachhochschule K., ... Die Studiengebühren betragen monatlich € 250,- (brutto). Es erfolgt eine Verrechnung innerhalb der monatlichen Abrechnung. ...
...
§ 5 Arbeitszeit/Urlaub/Abwesenheiten
Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 40 Stunden bei einer 5-Tage-Woche ohne Berücksichtigung der Pausen.
Die Verteilung sowie der Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit richten sich nach den betrieblichen Notwendigkeiten; die persönlichen Bedürfnisse des Studierenden sind zu berücksichtigen. Der Verlag behält sich vor, unter Beachtung der Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes bei Bedarf die Arbeitszeit auf alle Wochentage zu verteilen. ...
...
Der Studierende hat Anspruch auf einen Erholungsurlaub von 30 Arbeitstagen jährlich, ...
...
Der Verlag wird dem Studierenden die Zeit zum Besuch der Fachhochschule und deren Prüfungen gewähren.
§ 6 Pflichten des Verlags
Der Verlag verpflichtet sich, den Studierenden in den verschiedenen Ressorts der Redaktion und den Verlagsabteilungen auszubilden und die Praxisarbeit entsprechend und ergänzend zu dem Studienplan durchzuführen.
§ 7 Pflichten des Studierenden
Der Studierende hat sich zu bemühen, die Kenntnisse und Fertigkeiten und beruflichen Erfahrungen zu erwerben, die erforderlich sind, um das Bildungsziel in der vorgesehenen Zeit zu erreichen.
Der Studierende verpflichtet sich, während der Dauer des Studiums seine volle Arbeitskraft für den Verlag einzusetzen. Bezahlte oder unbezahlte Nebenbeschäftigungen bedürfen der schriftlichen Zustimmung der Personalabteilung/Chefredaktion.
..."
Die vom Fachbereich Medien der Fachhochschule K. am 22.07.2010 auf der Grundlage von § 52 Abs. 10 des Gesetzes über die Hochschulen und das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (HSG SH) verabschiedete Studienordnung (Satzung) für den weiterbildenden berufsbegleitenden Masterstudiengang Journalismus und Medienwirtschaft hat, soweit für den Rechtsstreit von Bedeutung, folgenden Wortlaut:
"...
§ 1 Geltungsbereich
Diese Studienordnung regelt auf der Grundlage der jeweils gültigen Prüfungsordnung des Fachbereichs Medien und der Prüfungsverfahrensordnung der Fachhochschule K. Ziel, Aufbau und Inhalt eines Studiums im weiterbildenden berufsbegleitenden Masterstudiengang Journalismus und Medienwirtschaft zum Master of Arts (M.A.) am Fachbereich Medien der Fachhochschule K..
§ 2 Studienziel und Studium
(1) Ziel des Studiums ist die Heranbildung von Führungskräften für journalistische und medienwirtschaftliche Aufgabenbereiche. Im Rahmen des Studiums kann mit dem Master of Arts, abgekürzt M.A., ein weiterführender berufsqualifizierender Abschluss erworben werden, der wissenschaftliche Grundlagen, Methodenkompetenz und berufsfeldbezogene Qualifikationen beinhaltet. Das Studium soll mit seinem stärker anwendungsorientierten Charakter auf wissenschaftlicher Grundlage auf die Übernahme von Führungsaufgaben im journalistischen und medienwirtschaftlichen Management vorbereiten, indem die Absolventinnen und Absolventen durch Kenntnis des journalistischen und medienwirtschaftlichen Instrumentariums in die Lage versetzt werden, selbstständig und verantwortungsvoll praktische Aufgabenstellungen in den Bereichen Journalismus und Medienwirtschaft zu lösen.
(2) Um den Erwerb der erforderlichen journalistischen Erfahrung und die unmittelbare praktische Anwendung des erlernten medienwirtschaftlichen Wissens sicherzustellen, wird das Studium berufsbegleitend für Volontäre und Trainees in Medienunternehmen durchgeführt. Durch dieses Studienangebot soll es dieser Gruppe von Beschäftigten der beteiligten Medienhäuser, die über eine akademische Vorbildung verfügen (Bachelorabschluss, Magisterabschluss, Diplom), ermöglicht werden, parallel zu ihrer Tätigkeit einen Masterabschluss im Fachgebiet "Journalismus und Medienwirtschaft" zu erwerben. Dies wird zum einen dadurch ermöglicht, dass das Curriculum Fernstudienanteile enthält, auf die Präsenzphasen folgen (Blended Learning), und zum anderen dadurch, dass die tägliche Arbeit der Volontäre als Praxisanteile in die Struktur des Curriculums einbezogen werden. Dadurch wird eine optimale Studierbarkeit parallel zur Berufstätigkeit gewährleistet und darüber hinaus die bestmögliche Verbindung von Theorie und Praxis der journalistischen Arbeit während des Studiums erreicht.
(3) Zulassungsvoraussetzung ist ein bestehender Arbeitsvertrag bei einem Unternehmen der Medienwirtschaft, das mit der Fachhochschule einen Rahmenvertrag nach § 2 Abs. 4 über die Teilnahme am berufsbegleitenden Studium Journalismus und Medienwirtschaft abgeschlossen hat.
(4) Die Hochschule schließt mit den entsendenden Unternehmen einen Vertrag, in dem die inhaltliche und formale Durchführung des Studiums im Sinne dieser Studienordnung geregelt wird. Insbesondere sind dies:
a. Durchführung der Praxismodule
b. Freistellung der Studierenden für die Präsenzanteile der Lehre
c. Unternehmensinterne Betreuung der Studierenden durch einen Tutor oder eine Tutorin
...
(6) Die Übernahme medienwirtschaftlicher Führungsaufgaben erfordert neben dem Fachwissen auch Führungswissen und Führungstechniken sowie Reife, Sicherheit, Entscheidungsfreude und Verantwortungsbewusstsein. Dementsprechend ist das stärker anwendungsorientierte Studium zum Master of Arts auch auf den Erwerb entsprechender Methoden- und Sozialkompetenzen auf wissenschaftlicher Grundlage sowie auf die Förderung der Persönlichkeitsbildung ausgerichtet.
...
§ 8 Ziel des berufspraktischen Studienteils
Ziele der berufspraktischen Tätigkeit sind die Anwendung der im Studium erworbenen Kenntnisse auf betriebliche Problemstellungen und/oder der Erwerb fachspezifischer Fertigkeiten und Kenntnisse sowie das fachspezifische praktische Heranführen an Arbeiten und Aufgaben aus dem künftigen beruflichen Tätigkeitsfeld.
§ 9 Ort und Inhalt des berufspraktischen Studienteils
(1) Der berufspraktische Studienteil ist in einem Unternehmen der Medienwirtschaft abzuleisten, das mit der Fachhochschule K. einen Rahmenvertrag über die Teilnahme am berufsbegleitenden Studium Journalismus und Medienwirtschaft abgeschlossen hat.
(2) Das Unternehmen muss gewährleisten, dass in den Praxismodulen journalistische und medienwirtschaftliche Fragestellungen bearbeitet werden. Die Aufgaben der Praxismodule müssen die Studieninhalte in sinnvoller Weise ergänzen bzw. in sinnvollem Bezug zu den Inhalten der Lehrmodule stehen.
(3) Der Aufgabenbereich der Praxismodule soll Anknüpfungspunkt für die Bearbeitung der Bachelor- bzw. der Masterthesis sein.
..."
Die Vorlesungen an der Fachhochschule K. fanden etwa alle sechs Wochen statt, und zwar von Freitagnachmittag bis einschließlich Sonntag.
Mit Schreiben vom 30.01.2018, dem Betriebsrat zugegangen am selben Tag, unterrichtete die Beklagte ihn unter Angabe von Name, Geburtsdatum und Adresse des Klägers über die beabsichtigte fristgerechte Kündigung innerhalb der Probezeit. Dort heißt es:
"...
Herr J... ist seit dem 01.09.2017 als Studierender (Volontär mit dualem Masterstudium) im Verlag tätig. Die Erfolge, die Herr J. erzielt, bleiben weit hinter den Erwartungen. Eine Entwicklung und/oder Leistungssteigerung ist nicht erkennbar. Es zeigt sich leider, dass wir offenbar nicht die richtige Personalentscheidung getroffen haben. Wir möchten daher von der Möglichkeit Gebrauch machen, das bestehende Anstellungsverhältnis innerhalb der Probezeit ohne Angabe von Gründen zu beenden.
..."
Der Betriebsrat gab keine Stellungnahme ab.
Mit Schreiben vom 07.02.2018 kündigte die Beklagte das Vertragsverhältnis mit dem Kläger zum 31.03.2018. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 08.02.2018 vorab per Fax beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage.
Der Kläger hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, die Kündigung sei unwirksam, weil der Studienvertrag unter das Berufsbildungsgesetz falle und dieser deshalb nach Ablauf der maximal viermonatigen Probezeit vom Arbeitgeber nicht mehr ordentlich, sondern nur noch außerordentlich gekündigt werden könne. Das Vertragsverhältnis von Redaktionsvolontären und Praktikanten sei im Regelfall als besonderes Ausbildungsverhältnis im Sinne des § 26 BBiG einzustufen.
Des Weiteren habe die Beklagte den Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört. Soweit sie dem Betriebsrat mitgeteilt habe, dass sie mit den vom Kläger erzielten Erfolgen unzufrieden sei und er es nicht vermocht habe, seine Leistung zu steigern, treffe das nicht zu. Das Lehrmodul Recherche und Ressorts habe er immerhin mit der Note 2,3 abgeschlossen. Zudem habe die Beklagte den Betriebsrat über das Vertragsverhältnis im Unklaren gelassen und ihm den Studienvertrag nicht vorgelegt. Richtigerweise hätte der Vertrag als Ausbildungsverhältnis bezeichnet werden müssen.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 07.02.2018 nicht beendet wird, und
im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu Ziffer 1., die Beklagte zu verurteilen, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Mitarbeiter Redaktion/Verlagsabteilung gemäß Studienvertrag weiter zu beschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hält die Kündigung für wirksam. Nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 BBiG finde das Berufsbildungsgesetz auf das Vertragsverhältnis mit dem Kläger keine Anwendung. Diese Regelung gelte auch für duale Studiengänge, in denen nach der Studienordnung die betriebspraktischen Ausbildungsteile in die Hochschulausbildung integriert seien.
Die Anhörung des Betriebsrates sei nach dem Grundsatz der subjektiven Determinierung nicht zu beanstanden. Bei einer Kündigung während der Probezeit müsse der Arbeitgeber dem Betriebsrat keine konkreten Kündigungsgründe mitteilen. Eine allgemeine subjektive Einschätzung genüge. Nähere Angaben seien nicht erforderlich gewesen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die Kündigung weder nach dem Berufsbildungsgesetz noch nach dem Kündigungsschutzgesetz oder dem Betriebsverfassungsgesetz unwirksam sei. Das Berufsbildungsgesetz sei gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 1 BBiG nicht auf das Vertragsverhältnis der Parteien anwendbar. Der berufsbegleitende Masterstudiengang Journalismus und Medienwirtschaft finde auf der Grundlage des schleswig-holsteinischen Hochschulgesetzes statt, das auch duale Studiengänge vorsehe. Des Weiteren komme es nicht auf eine soziale Rechtfertigung der Kündigung nach § 1 KSchG an, da die sechsmonatige Wartezeit noch nicht abgelaufen sei. Schließlich habe die Beklagte auch den Betriebsrat ordnungsgemäß angehört. Innerhalb der Wartezeit genüge die Mitteilung von personenbezogenen Werturteilen, sofern diese aus Sicht des Arbeitgebers für die Kündigung ausschlaggebend seien.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner frist- und formgerecht eingelegten und begründeten Berufung. Das Arbeitsgericht habe den Anwendungsbereich des Berufsbildungsgesetzes verkannt. Das öffentlich-rechtliche Rechtsverhältnis des Klägers zur Fachhochschule K. sei von dem privatrechtlichen Ausbildungsverhältnis mit der Beklagten zu trennen. Trotz der Verzahnung seien die beiden Rechtsverhältnisse getrennt voneinander zu beurteilen. In der Praxisphase bestehe bei einem dual Studierenden ein vergleichbares Schutzbedürfnis wie bei Auszubildenden. Der Studienvertrag mit der Beklagten diene der Ausbildung des Klägers, nicht der Erbringung journalistischer Arbeitsleistungen. Eine Probezeit von sechs Monaten sei deshalb nicht angemessen. Der Kläger habe ein überragendes Interesse daran, spätestens nach vier Monaten zu wissen, ob er die angestrebte Ausbildung absolvieren könne. Des Weiteren habe das Arbeitsgericht verkannt, dass die Beklagte den Betriebsrat nicht ausreichend, nämlich unvollständig, unterrichtet habe. Weder habe sie ihre Erwartungen an die Arbeit des Klägers näher dargestellt noch die behauptete ausgebliebene Leistungssteigerung nachvollziehbar begründet. Die Beurteilung der Leistungen obliege nicht der Beklagten, sondern der Fachhochschule.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Schwerin vom 24.05.2018 - 6 Ca 182/18 - abzuändern und
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 07.02.2018 nicht beendet wird, und
im Falle des Obsiegens mit dem vorangehenden Antrag, die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu unveränderten vertraglichen Bedingungen als Mitarbeiter Redaktion/Verlagsabteilung gemäß Studienvertrag vom 17.05.2017 weiter zu beschäftigen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts. Gegenstand des Studienvertrages sei keine Berufsausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes. Eine Prüfung bei der IHK sehe der Studienvertrag nicht vor. Ziel sei ausschließlich der Abschluss als Master of Arts gewesen. Um einen sog. ausbildungsintegrierenden dualen Studiengang handele es sich gerade nicht. Die Betriebsratsanhörung sei ordnungsgemäß, da die Beklagte die Kündigung nicht auf bestimmte Tatsachen, sondern allein auf personenbezogene Werturteile gestützt habe. Die Mitteilung dieser Werturteile genüge deshalb.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, die Sitzungsprotokolle sowie das angegriffene arbeitsgerichtliche Urteil verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht und mit der zutreffenden Begründung die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht nimmt vollinhaltlich Bezug auf die Ausführungen der Vorinstanz.
Die Kündigung des Klägers vom 07.02.2018 ist weder wegen eines Verstoßes gegen §§ 20, 22 BBiG noch wegen eines Verstoßes gegen § 1 KSchG oder gegen § 102 BetrVG unwirksam.
1.
Das Berufsbildungsgesetz steht der Kündigung nicht entgegen, da es auf den Studienvertrag des Klägers nicht anwendbar ist.
Zwar kann ein Berufsausbildungsverhältnis vom Ausbilder nach Ablauf der Probezeit, die höchstens vier Monate beträgt (§ 20 Satz 2 BBiG), nur noch aus einem wichtigen Grund ohne Einhalten einer Kündigungsfrist gekündigt werden (§ 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG). Das Berufsausbildungsgesetz gilt jedoch nicht für die Berufsbildung, die in berufsqualifizierenden oder vergleichbaren Studiengängen an Hochschulen auf der Grundlage des Hochschulrahmengesetzes und der Hochschulgesetze der Länder durchgeführt wird (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 BBiG). Insoweit fehlt dem Bundesgesetzgeber die Regelungskompetenz, die nach Art. 30 und Art. 70 GG den Ländern zusteht (BAG, Urteil vom 16. Oktober 2002 - 4 AZR 429/01 - Rn. 29, juris = BB 2003, 906). Das Berufsbildungsgesetz ist nicht anwendbar, wenn die praktische Tätigkeit Teil eines Studiums ist; in diesem Fall treten die für das Studium geltenden Regeln an die Stelle des Berufsbildungsgesetzes (BAG, Urteil vom 18. November 2008 - 3 AZR 192/07 - Rn. 18, juris = NZA 2009, 435; BAG, Urteil vom 03. September 1998 - 8 AZR 14/97 - Rn. 74, juris). Der Gesetzgeber hat mit dieser Regelung die berufsqualifizierenden Studiengänge insgesamt und nicht nur Teile von ihnen vom Anwendungsbereich des Berufsbildungsgesetzes ausgenommen (LAG Hessen, Urteil vom 05. Juni 2009 - 10 Sa 1875/08 - Rn. 24, juris). Das gilt allerdings nur dann, wenn auch die praktische Tätigkeit durch staatliche Entscheidung anerkannt ist (BAG, Urteil vom 18. November 2008 - 3 AZR 192/07 - Rn. 19, juris = NZA 2009, 435; Lakies/Malottke, BBiG, 6. Aufl. 2018, § 3 Rn. 16). Eine staatliche Anerkennung kann sich aus einer auf dem Hochschulgesetz beruhenden Studien- oder Prüfungsordnung ergeben.
Findet das Berufsbildungsgesetz insgesamt keine Anwendung, kann es sich auch nicht um ein anderes Vertragsverhältnis im Sinne des § 26 BBiG handeln, das auf den Erwerb beruflicher Fertigkeiten, Kenntnisse, Fähigkeiten oder beruflicher Erfahrungen gerichtet ist (Brecht-Heitzmann, RdA 2008, 276, 278; Koch-Rust/Rosentreter, NJW 2009, 3005, 3006; Natzel, NZA 2008, 567, 569).
Wird hingegen bei einem sog. ausbildungsintegrierenden dualen Studiengang (vgl. Bundesinstitut für Berufsbildung, Empfehlung des Hauptausschusses vom 21. Juni 2017 zum dualen Studium, BAnz. AT 18.07.2017) das Hochschulstudium mit einer Berufsausbildung kombiniert, sodass in der Regel zwei Abschlüsse erreicht werden, kann das Berufsbildungsgesetzes jedoch bis zum Abschluss der Berufsausbildung anwendbar sein (ArbG Nürnberg, Urteil vom 15. Juli 2003 - 3 Ca 8538/02 A - juris = EzB BBiG § 12 Nr. 24a - zur Kombination eines Fachhochschulstudiums Betriebswirtschaftslehre mit einer parallel laufenden Berufsausbildung zum Bankkaufmann).
Die vom Kläger eingeschlagene Berufsbildung zum Master of Arts an der Fachhochschule K. ist ein berufsqualifizierender Studiengang an einer Hochschule auf der Grundlage des Hochschulrahmengesetzes und des Hochschulgesetzes Schleswig-Holstein (HSG SH). Dieses Studium ist Gegenstand des Studienvertrages vom 17.05.2017. Die Parteien haben das Studium nicht mit einer weiteren Ausbildung und einem weiteren Abschluss kombiniert. Der Kläger hat nicht parallel und zusätzlich zum Studium eine Berufsausbildung bei der Beklagten aufgenommen.
Nach § 49 Abs. 1 Satz 4 HSG SH können die Hochschulen des Landes duale Studiengänge einrichten, in denen eine berufspraktische Ausbildung oder Tätigkeit systematisch mit dem Studium verbunden wird und beide Lernorte strukturell verzahnt sowie inhaltlich und organisatorisch aufeinander abgestimmt sind. Für Studiengänge, die mit einem Staatsexamen oder einer kirchlichen Prüfung abschließen, erlässt der Fachbereich eine Studienordnung durch Satzung; für andere Studiengänge können die Fachbereiche Studienordnungen erlassen (§ 52 Abs. 10 Satz 1 HSG SH). In der Studienordnung sind auf der Grundlage der Prüfungsordnung das Studienziel, der Inhalt und der zweckmäßige Aufbau des Studiums einschließlich einer in den Studiengang eingeordneten praktischen Tätigkeit zu regeln (§ 52 Abs. 10 Satz 2 HSG SH).
Auf dieser gesetzlichen Grundlage hat der Fachbereich Medien der Fachhochschule K. eine Studienordnung (Satzung) für den weiterbildenden berufsbegleitenden Masterstudiengang Journalismus und Medienwirtschaft (im Folgenden nur: StudO) aufgestellt, die nicht nur den Bildungsteil an der Fachhochschule, sondern auch den Bildungsteil bei dem entsendenden Unternehmen der Medienwirtschaft regelt. Nach § 2 Abs. 2 Satz 3 StudO wird die tägliche Arbeit der Volontäre als Praxisanteil in die Struktur des Curriculums einbezogen. Der praktische Teil des Studiums erhält dadurch die staatliche Anerkennung.
Die Aufnahme des Studiums setzt eine akademische Vorbildung (Bachelorabschluss, Magisterabschluss, Diplom) voraus (§ 2 Abs. 2 Satz 2 StudO). Zulassungsvoraussetzung ist ein bestehender Arbeitsvertrag bei einem Unternehmen der Medienwirtschaft (§ 2 Abs. 3 StudO), in dem der berufspraktische Studienteil abzuleisten ist und das mit der Fachhochschule K. einen Rahmenvertrag über die Teilnahme am berufsbegleitenden Studium Journalismus und Medienwirtschaft abgeschlossen hat (§ 9 Abs. 1 StudO). In dem Rahmenvertrag wird die inhaltliche und formale Durchführung des Studiums im Sinne der Studienordnung geregelt, insbesondere die Durchführung der Praxismodule, die Freistellung der Studierenden für die Präsenzanteile der Lehre und die unternehmensinterne Betreuung der Studierenden durch einen Tutor oder eine Tutorin (§ 2 Abs. 4 StudO). Die Aufgaben des entsendenden Unternehmens beschränken sich nicht allein auf eine zeitliche Koordination der praktischen Tätigkeit im Betrieb mit den Vorlesungen, Seminaren etc. an der Fachhochschule. Vielmehr hat das entsendende Unternehmen die inhaltlichen Vorgaben der Fachhochschule zu beachten und die Studierenden fachlich zu betreuen. Es muss gewährleisten, dass in den Praxismodulen journalistische und medienwirtschaftliche Fragestellungen bearbeitet werden. Die Aufgaben der Praxismodule müssen die Studieninhalte in sinnvoller Weise ergänzen bzw. in sinnvollem Bezug zu den Inhalten der Lehrmodule stehen (§ 9 Abs. 2 StudO). Der Aufgabenbereich der Praxismodule soll zudem Anknüpfungspunkt für die Bearbeitung der Masterthesis sein (§ 9 Abs. 3 StudO).
2.
Die Kündigung ist nicht nach § 1 Abs. 2 KSchG sozial ungerechtfertigt.
Gemäß § 1 Abs. 1 KSchG ist die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist. Zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bestand das Arbeitsverhältnis des Klägers noch keine sechs Monate. Die Kündigung bedarf daher zu ihrer Wirksamkeit nicht der sozialen Rechtfertigung.
3.
Die Kündigung ist nicht gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG unwirksam.
Nach § 102 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist der Betriebsrat vor jeder Kündigung zu hören. Gemäß Satz 2 der Bestimmung hat ihm der Arbeitgeber die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine Kündigung ist dabei nach Satz 3 nicht erst unwirksam, wenn eine Unterrichtung ganz unterblieben ist, sondern schon dann, wenn der Arbeitgeber seiner Unterrichtungspflicht nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist.
Der notwendige Inhalt der Unterrichtung gemäß § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG richtet sich nach Sinn und Zweck der Anhörung. Dieser besteht darin, den Betriebsrat in die Lage zu versetzen, sachgerecht im Interesse des Arbeitnehmers auf den Kündigungsentschluss des Arbeitgebers einzuwirken. Der Betriebsrat soll die Stichhaltigkeit und Gewichtigkeit der Kündigungsgründe überprüfen und sich über sie eine eigene Meinung bilden können. Die Anhörung soll dem Betriebsrat nicht die selbständige - objektive - Überprüfung der rechtlichen Wirksamkeit der beabsichtigten Kündigung, sondern ggf. eine Einflussnahme auf die Willensbildung des Arbeitgebers ermöglichen (BAG, Urteil vom 22. September 2016 - 2 AZR 700/15 - Rn. 25, juris = NJW 2017, 684).
Der Inhalt der Unterrichtung nach § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG ist deshalb grundsätzlich subjektiv determiniert. Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat diejenigen Umstände mitteilen, die seinen Kündigungsentschluss tatsächlich bestimmt haben. Dem kommt der Arbeitgeber dann nicht nach, wenn er dem Betriebsrat einen schon aus seiner eigenen Sicht unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt unterbreitet. Schildert er dem Betriebsrat bewusst einen solchen irreführenden Kündigungssachverhalt, der sich bei der Würdigung durch den Betriebsrat zum Nachteil des Arbeitnehmers auswirken kann, ist die Anhörung unzureichend und die Kündigung unwirksam (BAG, Urteil vom 22. September 2016 - 2 AZR 700/15 - Rn. 26, juris = NJW 2017, 684).
Bei einer Kündigung in der Wartezeit ist die Substantiierungspflicht nicht an den objektiven Merkmalen der Kündigungsgründe des noch nicht anwendbaren § 1 KSchG, sondern allein an den Umständen zu messen, aus denen der Arbeitgeber subjektiv seinen Kündigungsentschluss herleitet (BAG, Urteil vom 12. September 2013 - 6 AZR 121/12 - juris, Rn. 20 = NZA 2013, 1412).
Hinsichtlich der Anforderungen, die an die Information des Betriebsrats durch den Arbeitgeber bei Wartezeitkündigungen zu stellen sind, ist deshalb zwischen Kündigungen, die auf substantiierbare Tatsachen gestützt werden, und Kündigungen, die auf personenbezogenen Werturteilen beruhen, die sich in vielen Fällen durch Tatsachen nicht näher belegen lassen, zu differenzieren. In der ersten Konstellation genügt die Anhörung den Anforderungen des § 102 BetrVG nur, wenn dem Betriebsrat die zugrunde liegenden Tatsachen bzw. Ausgangsgrundlagen mitgeteilt werden. In der zweiten Konstellation reicht die Mitteilung allein des Werturteils für eine ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung aus. Der Arbeitgeber ist in diesem Fall nicht verpflichtet, im Rahmen des Anhörungsverfahrens nach § 102 BetrVG sein Werturteil gegenüber der Arbeitnehmervertretung zu substantiieren oder zu begründen. Darum genügen Mitteilungen wie z. B. "die Arbeitnehmerin hat sich während der Probezeit nicht bewährt und ist nicht geeignet, die ihr übertragenen Aufgaben ordnungsgemäß zu erfüllen" oder "nach unserer allgemeinen, subjektiven Einschätzung genügt die Arbeitnehmerin unseren Anforderungen nicht" oder "der Arbeitnehmer hat die in ihn gesetzten Erwartungen nicht erfüllt" jeweils den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats (BAG, Urteil vom 12. September 2013 - 6 AZR 121/12 - juris, Rn. 22 = NZA 2013, 1412).
Liegen dem subjektiven Werturteil des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis nicht über die Wartezeit hinaus fortsetzen zu wollen, nach Zeit, Ort und Umständen konkretisierbare Tatsachenelemente zugrunde, muss der Arbeitgeber den Betriebsrat über diesen Tatsachenkern bzw. die Ansatzpunkte seines subjektiven Werturteils nicht informieren. Es genügt für eine ordnungsgemäße Anhörung, wenn er lediglich das Werturteil selbst als das Ergebnis seines Entscheidungsprozesses mitteilt (BAG, Urteil vom 12. September 2013 - 6 AZR 121/12 - juris, Rn. 23 = NZA 2013, 1412). Der erst nach Ablauf der Wartezeit eintretende Kündigungsschutz darf durch die Anforderungen, die an eine Anhörung nach § 102 BetrVG gestellt werden, nicht vorverlagert werden. Eine Vermengung der formellen Wirksamkeitsvoraussetzungen der Anhörung mit der Überprüfung der Kündigungsgründe aufgrund der Prozesssituation bezweckt § 102 BetrVG nicht. Die formellen Anforderungen an die Unterrichtung des Betriebsrats sind deshalb an dem Schutzniveau des materiell-rechtlichen Kündigungsschutzes des Arbeitnehmers in der Wartezeit zu messen (BAG, Urteil vom 12. September 2013 - 6 AZR 121/12 - juris, Rn. 26 = NZA 2013, 1412; LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 14. März 2018 - 3 Sa 196/17 - Rn. 34, juris = EzTöD 100 § 34 Abs. 1 TVöD-AT Wartezeit Nr. 14).
Die Beklagte hat den Betriebsrat nach diesen Maßstäben ausreichend unterrichtet. Sie hat ihm nicht nur die erforderlichen Sozialdaten, die Tätigkeit und den Kündigungstermin mitgeteilt, sondern auch die der Kündigung zugrunde liegenden Werturteile. Anhand dieser Angaben war es dem Betriebsrat möglich, aufgrund eigener Erkenntnisse oder nach Anhörung des Klägers (§ 102 Abs. 2 Satz 4 BetrVG) ggf. argumentativ auf den Arbeitgeber einzuwirken, um ihn zu einem Verzicht auf die Kündigung zu bewegen. Die Beklagte hat den rechtlichen Status des Klägers ausreichend beschrieben. Eine Vorlage des Studienvertrags war nicht erforderlich, da dieser für eine Meinungsbildung im Betriebsrat nicht von Bedeutung war.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Rechtsstreit wirft keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf.