20.08.2019 · IWW-Abrufnummer 210726
Arbeitsgericht Siegburg: Urteil vom 17.07.2019 – 3 Ca 500/19
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Arbeitsgericht Siegburg
In dem Rechtsstreit
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In pp.
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hat die 3. Kammer des Arbeitsgerichts Siegburg
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auf die mündliche Verhandlung vom 17.07.2019
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durch den [Richter 1] [Richter 2] [Richter 3]
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für Recht erkannt:
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1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 31.01.2019 nicht aufgelöst worden ist.
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2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.700,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 01.04.2019 zu zahlen.
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3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.850,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.05.2019 zu zahlen.
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4. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
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5. Streitwert: 5.550,00 €
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Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung der Beklagten sowie über Annahmeverzugslohn- und Entgeltfortzahlungsansprüche.
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Der Kläger ist seit dem 01.01.2016 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als Steuerungstechniker beschäftigt. Seit dem 01.11.2017 erzielt er als Leiter des dreiköpfigen Teams „Steuerungstechnische Hardwareplanung“, für das neue Mitarbeiter nicht leicht zu finden sind, einen monatlichen Bruttoverdienst i. H. v. 3.700,00 €. Bei der Beklagten sind 43 Arbeitnehmer in Vollzeit beschäftigt. Nachdem der Kläger drei oder vier Tage zuvor seinen unmittelbaren Vorgesetzten und am 22.01.2019 die Beklagte über seine Kündigungsabsicht und seine Absicht informiert hatte, sich nach einer in den Monaten März und April 2019 anstehenden Kur einer neuen Aufgabe zuzuwenden, kündigte er sein Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 22.01.2019 zum 15.04.2019. Die Beklagte kündigte daraufhin ihrerseits das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger mit Schreiben vom 31.01.2019 zum 28.02.2019 wegen dem in der Kündigung zum Ausdruck gekommenen Abkehrwillen des Klägers im Hinblick auf eine beabsichtigte Ersetzung des Klägers durch eine Kollegin. Zugleich stellte sie den Kläger unter Anrechnung von Urlaubsansprüchen sowie Überstundenguthaben von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei. Vom 04.02.2019 bis zum 11.03.2019 war der Kläger aufgrund von Rückenbeschwerden arbeitsunfähig erkrankt. Vom 20.03.2019 bis zum 13.04.2019 absolvierte er seine geplante Kur. Mit seiner am 05.02.2019 erhobenen Klage wendet er sich gegen die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung und macht Entgeltfortzahlungsansprüche bzw. Annahmeverzugslohn für den Monat März und halben Monat April 2019 geltend.
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Der Kläger behauptet, die von der Beklagten für seine Position in Aussicht genommene Kollegin könne seinen Arbeitsbereich nicht ohne lange Einarbeitung übernehmen und werde auch (noch) nicht als Teamleiterin beschäftigt. Er meint, die Kündigung verstoße gegen das Maßregelungsverbot, da es der Beklagten darum gegangen sei, Entgeltfortzahlungskosten zu entgehen.
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Er beantragt,
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1. festzustellen, dass das Arbeitsergebnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 31.01.2019 nicht aufgelöst worden ist;
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2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Zeitraum 01.03. bis 31.03.2019 einen Betrag in Höhe von brutto 3.700,00 € nebst Verzugszinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 01.04.2019 und für den Zeitraum 01.04. bis 15.04.2019 einen Betrag i. H. v. 1.850,00 € brutto nebst Verzugszinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 01.05.2019 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie behauptet, sie habe Mitte Januar 2019 mit einer Mitarbeiterin, einer gelernten Mechatronikerin, die sich bei ihr habe weiterentwickeln wollen, ein Personalgespräch geführt. Durch sie habe man den Kläger ersetzt, da man in der Abteilung drei betriebstreue, planbare Mitarbeiter brauche.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe
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Die Klage ist begründet. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien ist nicht durch die Kündigung der Beklagten zum 28.02.2019, sondern erst durch die Eigenkündigung des Klägers zum 15.04.2019 aufgelöst worden, so dass die Beklagte dem Kläger noch Vergütung für den Monat März sowie für den halben Monat April 2019 schuldet.
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I. Die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung ist unwirksam gemäß § 1 Abs. 1 KSchG, nach dem sozial ungerechtfertigte Kündigungen keine Wirksamkeit entfalten.
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Das Kündigungsschutzgesetz findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien gemäß §§ 1 Abs. 1, 23 Abs. 1 KSchG Anwendung, da das streitgegenständliche Beschäftigungsverhältnis länger als 6 Monate besteht und mehr als 10 Arbeitnehmer von der Beklagten beschäftigt werden. Die Kündigung ist auch nicht wirksam gemäß §§ 7, 4 KSchG, da die dreiwöchige Klagefrist des § 4 KSchG eingehalten wurde.
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Die Kündigung ist sozial ungerechtfertigt gemäß § 1 Abs. 2 KSchG, da keine Gründe erkennbar sind, die sie sozial rechtfertigen könnten. Sie ist insbesondere nicht durch den von der Beklagten genannten, in der Eigenkündigung im Ausdruck kommenden Abkehrwillen des Klägers begründet. Zwar kann der Abkehrwille eines Arbeitnehmers (im Ausnahmefall) eine betriebsbedingte Kündigung rechtfertigen, wenn der Arbeitgeber bei zu erwartenden Schwierigkeiten mit der Nachbesetzung der Stelle diese mit einem vorzeitig gefundenen Ersatz neu besetzt, der bei Abwarten der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch eine Eigenkündigung des Arbeitnehmers möglicherweise nicht mehr zur Verfügung stehen würde, so dass eine zumindest mit Schwierigkeiten verbundene Vakanz droht. Eine vorzeitige Nachbesetzung der Stelle kann in einem solchen Fall insbesondere geboten sein, wenn der genaue Ausscheidenstermin des Arbeitnehmers noch unklar ist, aber möglicherweise unmittelbar bevorsteht (vergleiche BAG Urteil vom 22.10.1964 – 5 AZR 515/63 –, DB 1965,38 sowie LAG München, Urteil vom 29. 11.1974 – 5 Sa 601/74 –, BB 1975, 1068). Ein solcher Fall liegt aber bei der Beklagten nicht vor. Diese war nämlich nicht darauf angewiesen, die Stelle des Klägers durch Suche eines schwierig zu findenden (externen) Arbeitnehmers auf dem Arbeitsmarkt neu zu besetzen, sondern konnte auf eine bereits bei ihr beschäftigte Mitarbeiterin, die bereit war die Stelle zu übernehmen, zurückgreifen. Auch hatte der Kläger sie nicht im Unklaren darüber gelassen, zu welchem Zeitpunkt er den Betrieb zu verlassen beabsichtigt. Zwar lag der vom Kläger gewählte Zeitpunkt etwa sechs Wochen nach dem Zeitpunkt des Auslaufens der kürzest möglichen Kündigungsfrist, die die Beklagte für ihre Kündigung gewählt hat, allerdings auch nicht in so weiter Ferne, dass die Notwendigkeit erkennbar wäre, die Stelle vor dem Ausscheiden des Klägers intern zu besetzen. Die Beklagte hat nicht dargetan, warum die Arbeitnehmerin, mit der sie den Kläger ersetzen wollte, zum 16.04.2019 (möglicherweise) nicht mehr zur Verfügung gestanden hätte, zumal die Arbeitnehmerin sich nach dem Vortrag der Beklagten in deren Hause weiterentwickeln wollte. Zwar stand für die Zeit der Kur des Klägers eine tatsächliche Nichtbesetzung des Arbeitsplatzes des Klägers bevor. Eine solche ist aber ebenso wie bei Krankheits- und Urlaubszeiten nichts Ungewöhnliches und rechtfertigt noch keine Neubesetzung des Arbeitsplatzes bei gleichzeitiger Kündigung des Klägers. So hat die Beklagte auch gar nicht behauptet, dass alleine das Fehlen des Klägers während der Kur seine Kündigung notwendig gemacht hätte. Dass der Kläger gegen Ende seines Arbeitsverhältnisses noch während einer mehrwöchigen Kur ausfällt, mag für die Beklagte ärgerlich sein, ist jedoch genauso wenig ein Kündigungsgrund wie der bloße Abwehrwille des Klägers, der mangels Pflichtverletzung auch keine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen kann.
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II. Dem Kläger stehen auch die mit seiner Klage geltend gemachten Entgeltansprüche für März und April 2019 zu. Diese bestehen, soweit der Kläger arbeitsfähig war, unter dem Gesichtspunkt des durch die Kündigung der Beklagten bzw. die vorhergehende Freistellung des Klägers begründeten Annahmeverzuges (§ 615 BGB) und folgen im Übrigen aus §§ 3 Abs. 1, 9 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz. Sie sind von der Beklagten, sieht man von der aus ihrer Sicht erfolgten Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 28.02.2019 einmal ab, weder dem Grunde noch der Höhe nach streitig.
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RECHTSMITTELBELEHRUNG
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Gegen dieses Urteil kann von der beklagten Partei Berufung eingelegt werden. Für die klagende Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
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Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
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Landesarbeitsgericht Köln
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Blumenthalstraße 33
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50670 Köln
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Fax: 0221 7740-356
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eingegangen sein.
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Die elektronische Form wird durch ein elektronisches Dokument gewahrt. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 46c ArbGG nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (ERVV) v. 24. November 2017 in der jeweils geltenden Fassung eingereicht werden. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden Sie auf der Internetseite www.justiz.de.
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Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.
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Die Berufungsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
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1. Rechtsanwälte,
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2. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
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3. juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
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Eine Partei, die als Bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
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* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.