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02.06.2006 · IWW-Abrufnummer 061581

Amtsgericht Gera: Urteil vom 22.02.2006 – 750 Js 19031/05 10 Ds

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Amtsgericht Gera

750 Js 19031/05 10 Ds

- gekürzte Version -
IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In der Strafsache gegen

U. W.
Verteidiger: Frank P. Löffler, Anger 23, 99084 Erfurt

wegen Steuerhinterziehung

hat das Amtsgericht Gera in der Sitzung vom Mittwoch, 22.02.2006, an der teilgenommen haben:

Richter am Amtsgericht Dr. Franke
als Vorsitzende(r)

Staatsanwalt Erdt
als Beamter der Staatsanwaltschaft

Frank P. Löffler Anger 23 99084 Erfurt
als Verteidigerin/Verteidiger

Jaroschenko, Justizangestellte
als Urkundsbeamtin/-beamter der Geschäftsstelle

für Recht erkannt :

Der Angeklagte wird wegen Steuerhinterziehung zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 50 ? verurteilt.

Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe
(abgekürzt nach § 267 Abs. 4 StPO)

I.

- - -

II.

Der Angeklagte spekulierte in der Börseneuphorie der Jahre 1999 und 2000 mit Aktien.

Teilweise folgte er dabei Tipps der Fa. P. - - - -, deren Verantwortliche gesondert verfolgt werden. Diese animierte offenbar zur Investition in Penny-Stocks, insbesondere zum eigenen Vorteil der Verantwortlichen der P- - - -. Um die Anleger bei Laune zu halten, wurden zugunsten dieser zunächst die Kurse gepusht und damit Gewinne generiert, an denen die P- - - - über Provisionen partizipierte. Später - insbesondere mit dem Platzen der sog. Dotcom-Blase - ließ man die Anleger dann auf ihren bei Penny-Stocks irgendwann notwendigerweise eintretenden Verlusten sitzen.

Der Angeklagte kaufte aber auch Papiere, die man damals und teilweise auch heute noch für seriös und aussichtsreich hält (letzteres zugegebenermaßen nur auf dem heutigen, nicht dem damaligen Kursniveau) wie etwa Direkt-Anlage-Bank (DAB), Börsenmakler Schnigge, T-Online, AOL, Infineon und Softbank.

Seine Wertpapiergeschäfte wickelte der Angeklagte über mehrere Banken ab, bei denen er Depots unterhielt.

Seine Gewinne aus sog. Spekulationsgeschäften im Sinne des §23 EStG, d.h. privaten Veräußerungsgeschäften bei einer Haltezeit von weniger als 1 Jahr, gab er für das Jahr 1999 und auch für das Jahr 2000 in seiner Einkommensteuererklärung nicht an.

Hinsichtlich der Einkommensteuerverkürzung 1999 bestand ein Verfolgungshindernis, weshalb diese nicht zur Anklage gelangte.
Für das Jahr 2000 reichte der Angeklagte am 22.2.2001 seine Einkommensteuererklärung beim Finanzamt R.---- ein. Auf der Rückseite des Mantelbogens ließ er dabei die anzukreuzenden Felder ?Sonstige Einkünfte lt. Anlage SO? und auch ?Der Gesamtgewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften, insbesondere aus Grundstücks- und Wertpapierveräußerungen, ist positiv und beträgt weniger als 1000 DM,...? beide offen und gab die Anlage SO nicht ab.

Der Angeklagte realisierte aber im Jahr 2000 Kursgewinne nach einer Haltefrist von weniger als einem Jahr, z.T. noch am selben Tag oder innerhalb von 3 Tagen:

Mit bei der D ------ - Bank verwahrten Wertpapieren erzielte er insgesamt 98.777,69 ?, mithin 193.192, 37 DM Gewinn, wobei alle Gewinne und Verluste nach weniger als einem Jahr Haltedauer schon saldiert sind.

Weiterhin konnte er aus Verkäufen von über die C--- -Bank gehaltenen Papieren einen Gewinn von 6290 ? realisieren, von dem 923,76 ? Spesen abzuziehen waren, womit 5366,24 ?, somit 10.495,45 DM verblieben.
Aus Verkäufen von Wertpapieren im Depot bei der D---bank C realisierte der Angeklagte nach Verrechnung der Gewinne mit den realisierten Kursverlusten einen Gewinn von 84605,52 ?, mithin 165.474,01 DM.

Über die H------bank wurden folgende Geschäfte mit einer Haltedauer von weniger als einem Jahr abgewickelt:

1. Baader Wertpapierhandelsbank AG, Kauf von 100 Stück am 8.2.1999 für 12.600 ?; Verkauf von 300 Stück am 21.1.2000 für 11.850 ?. Mittlerweile waren die Aktien im Verhältnis 1:3 gesplittet worden, so dass es sich hier um denselben Bestand handelte. Hieraus resultierte also ein Verlust von 750 ?.

2. BMP AG, Kauf von 90 Stück für 1620 ? am 1.7.1999, Verkauf am 31.1.2000 für 1665 ?; Gewinn also 45 ?.

3. Value Management AG, Kauf von 100 Stück am 26.4.1999 für 8650 ?, Verkauf von 300 Stück am 24.1.2000 für 7440 ?. Auch hier hatte ein Aktiensplit im Verhältnis 1:3 stattgefunden, so dass es sich um denselben Bestand handelt, sich also ein Verlust von 1210 ? ergab.

4. OTI Shares, Kauf von 500 Stück am 30.8.1999 für 4250 ?. Weitere 500 Stück wurden am 31.8.1999 wohl unmittelbar nach der Zeichnung eingebucht, wofür 4262,50 ? aufgewandt worden waren. Der Gesamtbestand von 1000 Stück wurde am 21.1.2000 für 9100 ? verkauft, also mit einem Gewinn von 587,50 ?.

5. Bechtle AG, Kauf von 75 Stück am 29.3.2000 für 2025 ?, Verkauf am 3.4.2000 für 2415 ?, Gewinn also 390 ?.

6. MPC AG, Kauf von 50 Stück am 27.9.2000 für 1450 ?, Verkauf am 28.9.2000 für 1615 ?, Gewinn also 165 ?.

7. Amatech AG, Kauf von 60 Stück für 1200 ? am 9.6.2000, Verkauf am 15.6.2000 für 1974 ?, Gewinn mithin 774 ?.

8. BKN International AG, Kauf von 50 Stück am 8.3.2000 für 1500 ?, Verkauf am 9.3.2000 für 3050 ?, Gewinn mithin 1550 ?.

Von dem rechnerischen Gewinn von insgesamt 1551,50 ? abzuziehen sind die Kosten des Kaufs und des Verkaufs, die pauschal mit 0,5% je Vorgang angesetzt werden. Die Summe der Kauf- und Verkaufsbeträge ist 76.666,50 ?, davon sind 0,5% 383,33 ?.

Damit ergibt sich aus den Transaktionen über die B ----- (Bank, Pressest.AG Gera) ein Gewinn i.S. des §23 EStG von 1168,17 ?, also 2284,74 DM.

Insgesamt erzielte der Angeklagte damit 371.446,57 DM im Jahr 2000 realisierte Kursgewinne nach einer Haltefrist von weniger als einem Jahr.

Neben den teilweise bereits abgezogenen Bankspesen entstanden ihm weitere Werbungskosten etwa für Provisionszahlungen an Prodimax von 26.720 DM.

Damit verblieb ein Gewinn im Sinne des §23 EStG von 344.726,57 DM, abgerundet 344.726 DM, den der Angeklagte in seiner Einkommensteuererklärung nicht angab.

Das zu versteuernde Einkommen betrug daher korrekterweise nicht nur 110.402 DM, die sich aus der Steuererklärung ergaben, sondern 455.128 DM.

Wegen des Progressionsvorbehaltes war dies Einkommen zu versteuern mit dem Steuersatz, der sich bei einem zvE von 457.319 DM ergeben hätte, da 2191 DM Lohnersatzleistungen bezogen wurden. Nach dem Splittingtarif für 2000 fallen bei einem zu versteuernden Einkommen von 459510 DM Einkommensteuern von 193.160 DM an, was einen Steuersatz von 42,036% bedeutet.

Dieser Steuersatz angewandt auf das zvE von 457.319 DM führt zu einer Einkommensteuer von 192.238 DM.

Gegenüber der im Steuerbescheid vom 16.3.2001, der aufgrund der Steuererklärung vom 22.2.2001 erlassen wurde und in dem eine Einkommensteuer von 24.871 DM festgesetzt wurde, bedeutet dies eine Einkommensteuerverkürzung von 167.367 DM.

Der Angeklagte kannte nicht nur seine Gewinne, sondern auch deren Steuerpflicht.

Von seinen anfänglichen Börsenerfolgen ist dem Angeklagten mittlerweile nach seinen Angaben nicht viel geblieben. Allerdings hat er spätere Kursverluste nicht innerhalb der einjährigen Frist realisiert, so dass diese sich steuerlich nicht auswirken konnten.

III.

Der Angeklagte hat den Sachverhalt eingeräumt und die Wertpapiertransaktionen bestätigt. Einige nach der Anklageschrift noch etwas unklare Positionen konnten in der Hauptverhandlung noch geklärt werden. Das betraf Aktiensplits und -zeichnungen, die eingebucht wurden.

Das Gericht ist davon überzeugt, dass der Angeklagte die Steuerpflicht kannte, was er auch nicht bestritt. Jedenfalls hat er selbst die Steuererklärungsformulare ausgefüllt. Auf dem Mantelbogen wird eindeutig nach Gewinnen aus Wertpapierverkäufen gefragt und es ist extra ein Kreuz erforderlich. An dieser Stelle hat der Angeklagte es unterlassen, die Frage mit Ja oder Nein zu beantworten.
Der Angeklagte verfügt auch über hinreichende Kenntnisse und Intelligenz, die abgewickelten Geschäfte und ihre steuerrechtlichen Konsequenzen zu erfassen. Das ergibt sich nicht nur aus seiner beruflichen Tätigkeit, sondern auch aus dem Umfang und der Art der Geschäfte. Denn es waren nicht nur hochspekulative Geschäfte über P ---- abgewickelt worden, bei denen man vielleicht annehmen könnte, hier sei es allein darum gegangen, leichtfertige Anleger zu betrügen, sondern es wurden auch zahlreiche Aktien direkt gehandelt, die - jedenfalls in der damaligen Zeit - auch viele seriöse und erfahrene Anleger in ihren Depots hatten oder auch jetzt noch haben. Zudem pflegt derjenige, der solche Geldbeträge zur Anlage zur Verfügung hat, sich in aller Regel aus allgemein zugänglichen Quellen zu informieren. Die Verlängerung der sog. Spekulationsfrist von 6 Monaten auf 1 Jahr ging seinerzeit wiederholt nicht nur durch die Fachpresse, sondern auch durch die Tageszeitungen.

IV.

Der Angeklagte hat sich der Steuerhinterziehung nach §370 I Nr. 2 AO schuldig gemacht, indem er das Finanzamt über seine Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften in Unkenntnis ließ.

Es bestehen für das Gericht keine Bedenken, die Strafnorm hier auch anzuwenden.

Zwar hat das Bundesverfassungsgericht im Urteil vom 9.3.2004 (Az. 2 BvL 17/02) den §23 I 1 Nr. 1 b) EStG für die Veranlagungszeiträume 1997 und 1998 für nichtig erklärt.

Davon ist aber der Veranlagungszeitraum 2000, um den es hier geht, nicht erfasst.

Das Gericht ist nicht der Auffassung, dass die Norm in §23 EStG auch hinsichtlich des Veranlagungszeitraums 2000 nichtig sein könnte und legt die Sache deswegen nicht dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vor.

Die Nichtigkeit wurde vom Bundesverfassungsgericht damit begründet, es habe ein schon normativ angelegtes Vollzugsdefizit des Steuerrechts in diesem Punkte gegeben, das nicht nur zu einer empirischen Ineffizienz geführt habe. Eine Überprüfung der bloßen Selbsterklärung der Steuerpflichtigen sei rechtlich nicht vorgesehen gewesen, insbesondere habe es keine Grundlage für standardmäßige Überprüfungen bei Banken gegeben.

Mit dieser Begründung müsste eigentlich auch die Zinsbesteuerung vor Einführung des Zinsabschlags verfassungswidrig und nichtig gewesen sein. Auch stellt sich die Frage, welche Rechtsgrundlage es eigentlich geben könnte, mancherlei kommunale Steuern zu überwachen, etwa die Hundesteuer bei Hunden, die nur im befriedeten Besitztum gehalten werden.

Zwar ist es unerfreulich, dass das Bundesverfassungsgericht damit einerseits entscheidet, der Staat müsse seine Bürger überwachen. Andererseits war die Motivation wohl eher, dass es nicht so sein soll, dass der Ehrliche der Dumme ist. So ist zwar sonst auch oftmals, doch ist zu begrüßen, dass das Verfassungsgericht dies für ungerecht hält.

Die anderen Einkunftsarten unterliegen einer stärkeren Überwachung: Bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gibt es das Lohnsteuerverfahren. Bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb und selbständiger Tätigkeit gibt es die gesetzlich geregelte Betriebsprüfung, bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft ebenso (§193 AO). Bei den Einkünften aus Kapitalvermögen greift überwiegend die Kapitalertragsteuer und der Zinsabschlag bzw. ausländische Quellensteuern.

Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung werden wenig überwacht, Ansatzpunkt sind allenfalls Kontrollmitteilungen von der Grunderwerbsteuerstelle an die Veranlagungsteilbereiche für die Einkommensteuer. Aber in den meisten Fällen werden in diesem Bereich ohnehin steuerlich Verluste erzielt.

Lediglich die ?sonstigen Einkünfte? nach §22 EStG sind kaum überwacht (gewesen), insbesondere Renten aller Art und eben die Veräußerungsgeschäfte bei anderen Wirtschaftsgütern als inländischen Immobilien. Für die Renten wurde nun mit §22a EStG eine Regelung geschaffen, die in den meisten Fällen eine Überprüfung ermöglicht.

Die vom Bundesverfassungsgericht gerügte Situation, die zur Nichtigkeit der Norm führte, hat sich aber geändert. Das Gericht folgt insoweit der Auffassung des Bundesfinanzhofs in seinem Urteil vom 29.11.2005 (Az. IX R 49/04). Mit dem Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 wurde das Kontenabrufverfahren eingeführt. Dieses gibt den Finanzbehörden die Möglichkeit, ohne konkreten Verdacht der Steuerhinterziehung in einem vereinfachten Verfahren bei den Banken festzustellen, welche Konten oder Depots ein Steuerpflichtiger unterhält. Auch wenn dabei zunächst keine Daten über die Geld- oder Wertpapierbestände übermittelt werden, kann doch einfach und schnell damit eine Plausibilitätsprüfung vorgenommen werden. Es liegt auf der Hand, dass die Finanzverwaltung bei denjenigen, die Einkünfte aus Kapitalvermögen und ?Spekulationsgewinnen? erklären oder bei Geringverdienern diese Abfragen kaum durchführen, sondern sich auf diejenigen konzentrieren wird, die etwas höhere Einkommen haben und keine solchen Einkünfte erklären. Wieder aussondern kann man dann diejenigen, die bei einem etwas höheren, aber noch nicht gewaltigen Einkommen gleichzeitig Eigenheimzulage erhalten - denn diese zahlen in der Regel ihre Kredite ab. Wenn dann bei dieser Zielgruppe etwa mehrere Depots bei mehreren Banken festgestellt werden, dürfte eine genauere Untersuchung angezeigt sein. So ermöglicht die Kontenabfrage mit relativ wenig Aufwand eine relativ treffsichere Erstüberprüfung.
Dass der Kontenabruf erst allmählich umgesetzt wird, ändert nichts. Denn die Festsetzungsfrist für Steuern für das Jahr 2000 ist nicht abgelaufen, jedenfalls bezüglich derjenigen Steuern, die nicht erklärt worden, also hinterzogen worden sind (vgl. BFH, Urteil vom 29.11.2005, IX R 49/04 , S. 11).

Mittlerweile ist die Anzahl der Anfragen durch die Verwaltung so groß, dass sich - nach Presseberichten - die Banken schon darüber beklagen.

Nach wie vor keinerlei Erfassungsmöglichkeit gibt es dagegen für Veräußerungsgeschäfte bei anderen beweglichen Wirtschaftsgütern - etwa Kunstgegenständen - oder ausländischen Immobilien. Ob deren Besteuerung verfassungsgemäß ist, dürfte nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts stark zu bezweifeln sein, ist aber hier nicht zu entscheiden. Auch im Ausland deponierte Wertpapiere sind noch nicht erfasst. Die Sachverhalte mit Auslandsbezug sind aber vom deutschen Gesetzgeber nicht zu ändern und zeigen daher kein diesem zuzurechnendes Vollzugsdefizit auf.

Geändert hat sich seit dem Veranlagungsjahr 1998, über das das Bundesverfassungsgericht befunden hat, auch die steuerliche Realität. Der Umfang der erklärten Wertpapierveräußerungsgeschäfte hat seitdem erheblich zugenommen - wobei insbesondere Verluste nach dem Platzen der Spekulationsblase sowie nach dem 11.9.2001 bevorzugt erklärt wurden, was nicht überraschend ist. Die Besteuerung ist damit erheblich gleichmäßiger geworden, so dass auch die empirische Ineffizienz der Norm, von der das Bundesverfassungsgericht ausgegangen ist, so nicht mehr besteht.

V.

Bei der Strafzumessung sprachen zugunsten des Angeklagten seine Geständigkeit und der Umstand, dass er nicht vorbestraft ist. Andererseits wurden Steuern in einer erheblichen Höhe nicht erklärt.
Dass die Steuern noch nicht bezahlt sind, spielt hier für die Strafzumessung eine geringere Rolle als in anderen Fällen. Denn angesichts der nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zumindest bis zur Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom November 2004, die erst seit kurzem vorliegt, auch für die Folgejahre zweifelhaften und umstrittenen Rechtslage war es für den Angeklagten natürlich geboten, den Steuerbescheid noch nicht in Bestandskraft erwachsen zu lassen.

Dass der Angeklagte später Verluste erlitten hat, vermag sich kaum zu seinen Gunsten auszuwirken. Denn steuerlich wurden diese Verluste nicht relevant. Darin hat sich nur das wirtschaftliche Risiko des Angeklagten verwirklicht, das er bewusst eingegangen ist. Es wäre seine Sache gewesen, die Verluste rechtzeitig zu realisieren - auch wenn er nun zugegebenermaßen im weiteren Sinne dreifach bestraft ist: durch die Steuer, die Verluste und die hier verhängte Strafe. Aber die ersten beiden Aspekte treffen den ehrlichen Anleger (oder Spekulanten) gleichermaßen - er muss auch die Steuern zahlen und die Verluste selbst tragen, wenn er sie nicht rechtzeitig (i.S. des §23 EStG) realisiert, aber eben keine Strafe tragen. Allein diese trifft den Angeklagten und andere steuerunehrliche Anleger und Spekulanten zusätzlich - und so soll es ja auch sein.

Auch der Umstand, dass der Angeklagte wohl zu den ersten wenigen gehört, die für die Nichtversteuerung von Spekulationsgewinnen nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts verurteilt werden, vermag die Strafe nicht nennenswert zu mildern. Als der Angeklagte seine unvollständige Steuererklärung abgab, musste er von der Gültigkeit des Gesetzes ausgehen.

Trotz der Höhe der hinterzogenen Steuern hat das Gericht die Verhängung einer Geldstrafe noch für ausreichend erachtet und diese auf 180 Tagessätze bestimmt.

Die Höhe des Tagessatzes beruht auf den Einkommensverhältnissen des Angeklagten und den von ihm zu erbringenden Unterhaltsleistungen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §465 StPO.

RechtsgebieteAO, EStGVorschriften§ 370 AO, § 23 Abs. 1 Nr. 1b EStG

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