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07.09.2021 · IWW-Abrufnummer 224536

Finanzgericht München: Urteil vom 18.03.2021 – 10 K 2756/19

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Finanzgericht München

Urteil vom 18.03.2021


In der Streitsache
[...] Klägerin
prozessbevollmächtigt:
[...]
gegen
Finanzamt [...] Beklagter

wegen
gesonderter und einheitlicher Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 2012

hat der 10. Senat des Finanzgerichts München durch
[...]
auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 18. März 2021 für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Die Klage wird abgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
  3. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

Streitig ist die Berücksichtigung von Darlehenszinsen aus einem Gesellschafterdarlehen als Werbungskosten bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

Die Klägerin ist eine vermögensverwaltende Personengesellschaft, die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt. Ihren Gewinn ermittelt sie durch Betriebsvermögensvergleich (§§ 4 Abs. 1, 5 des Einkommensteuergesetzes in der für die Streitjahre maßgebenden Fassung --EStG--). Alleinige Kommanditistin der Klägerin ist Frau F mit einer Einlage von 30.000 €. F lebt in Moskau (Russland) und ist in Deutschland beschränkt steuerpflichtig. Die Komplementär-GmbH ist weder am Vermögen noch am Ergebnis der Klägerin beteiligt. Neben der Komplementärin ist auch F Geschäftsführungsbefugnis eingeräumt worden.

Die Klägerin ist Eigentümerin eines gewerblichen Grundstücks in der E-Str. in der Stadt X, das sie mit notariellem Vertrag vom 15. Juni 2012 zu einem Kaufpreis in Höhe von 2.000.000 € erworben hatte und das seither an verschiedene Mieter vermietet ist. Zur Finanzierung des Erwerbs gewährte F der Klägerin mit Vertrag vom 19. Juni 2012 ein verzinsliches Darlehen in Höhe von 2.155.000 € mit einer Laufzeit von 15 Jahren. Der Darlehensvertrag sieht eine Verzinsung des Darlehens mit 6% p.a. vom Tag der Auszahlung an vor (Darlehensvertrag).

Im Rahmen ihrer Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Streitjahr 2012 erklärte die Klägerin Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 32.372,62 €. Der Beklagte (das Finanzamt --FA--) stellte die Einkünfte für 2012 mit Bescheid vom 27. Januar 2015 zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gesondert und einheitlich auf 32.372,62 € fest. Dabei berücksichtigte es die an F gezahlten Darlehenszinsen in Höhe von 68.424,15 € als Sonderbetriebseinnahmen der F und setzte den laufenden Gewinn der Klägerin dementsprechend niedriger mit -38.551,53 € an.

Im Anschluss an eine bei der Klägerin für die Jahre 2012 bis 2014 durchgeführte Außenprüfung (Prüfungsbericht vom 22. Mai 2018) gelangte das FA zu dem Schluss, dass die Klägerin aufgrund ihres Gesellschaftszwecks als vermögensverwaltende Personengesellschaft keine gewerblichen, sondern Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erziele. Die geltend gemachten Darlehenszinsen könnten hingegen auf Ebene der Klägerin nicht als Werbungskosten berücksichtigt werden. Gewähre ein Gesellschafter "seiner" vermögensverwaltenden Gesellschaft ein verzinsliches Darlehen, sei der Darlehensvertrag steuerrechtlich insoweit nicht anzuerkennen, als der Gesellschafter an der Personengesellschaft beteiligt sei (§ 39 Abs. 2 Nr. 2 der Abgabenordnung --AO--). Mit Urteil vom 18. April 2004 IX R 83/00 (BFHE 206, 162, BStBl II 2004, 898 [BFH 18.05.2004 - IX R 83/00]) habe der Bundesfinanzhof (BFH) einen Mietvertrag zwischen einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft und einem Gesellschafter steuerlich nicht anerkannt, soweit das von der Gesellschaft vermietete Grundstück anteilig nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO dem Gesellschafter zuzurechnen sei. Diese Grundsätze gälten auch für die Darlehensgewährung. Mit nach § 164 Abs. 2 AO geändertem Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2012 vom 28. Juni 2018 stellte das FA unter Aufhebung des Nachprüfungsvorbehalts die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung dementsprechend höher auf 44.244,18 € fest.

Den hiergegen eingelegten Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 22. Oktober 2019 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte das FA im Wesentlichen aus, dass hinsichtlich der Anwendung eines Doppelbesteuerungsabommens (DBA) auf in- und ausländische Personengesellschaften und ihre Gesellschafter zunächst nach nationalem Recht zwischen gewerblichen und vermögensverwaltenden Personengesellschaften zu unterscheiden sei. Dies richte sich vorliegend nach dem EStG. Personengesellschaften seien nach deutschem Recht weder einkommen- noch körperschaftsteuerpflichtig. Die von ihnen erzielten Einkünfte würden den Gesellschaftern anteilig zugerechnet. Einkünfte vermögensverwaltender Personengesellschaften seien keine Unternehmensgewinne i.S. des Artikels 7 des OECD-Musterabkommens. Hinsichtlich der Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen habe der Staat, in dem das Vermögen belegen ist, ein uneingeschränktes Besteuerungsrecht (Art. 6 Abs. 1 OECD-Musterabkommen). Dies gelte auch für Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen eines Unternehmens. Die Klägerin sei eine vermögensverwaltende Personengesellschaft, die aus der Vermietung des Objekts in der E-Straße Vermietungseinkünfte erziele. Damit seien aber nach den vom BFH in seiner Entscheidung in BFHE 206, 162, BStBl II 2004, 898 [BFH 18.05.2004 - IX R 83/00] aufgestellten Grundsätzen die an F gezahlten Darlehenszinsen nicht einkommensmindernd zu berücksichtigen. F, die in Deutschland nur beschränkt einkommensteuerpflichtig sei, habe der Klägerin ein Darlehen zum Erwerb des Objekts gewährt, mit dem nunmehr Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt würden.

Ihre hiergegen gerichtete Klage begründet die Klägerin im Wesentlichen wie folgt: Entgegen der Auffassung des FA seien die Grundsätze des BFH-Urteils in BFHE 206, 162, BStBl II 2004, 898 [BFH 18.05.2004 - IX R 83/00] auf den Streitfall nicht übertragbar. § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO beziehe sich auf Wirtschaftsgüter, die mehreren zur gesamten Hand zustünden. Hieran fehle es bei der Ausreichung eines Gesellschafterdarlehens. In diesem Falle werde ein Geldbetrag an die Gesellschaft zur Nutzung überlassen. Für die Nutzungsüberlassung dieses Wirtschaftsguts, das nach wie vor im Alleineigentum des Gesellschafters stehe, werde ein Nutzungsentgelt gezahlt. Ein Wirtschaftsgut, das mehreren Beteiligten zur gesamten Hand zusteht, entstehe hierdurch nicht. Dieser Fall sei damit mit der Vermietung eines Grundstücks, das im Alleineigentum eines Gesellschafters stehe, an die Gesellschaft vergleichbar. Auch hier sei aber die Regelung des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO nicht anwendbar. Gewähre ein Gesellschafter an die Gesellschaft ein Darlehen, seien die Darlehenszinsen als Werbungskosten auf Ebene der Gesellschaft und zugleich als Einkünfte aus Kapitalvermögen des Gesellschafters zu erfassen (unter Verweis u.a. auf BFH-Urteil vom 18. November 1980 VIII R 194/78, BFHE 132, 522, BStBl II 1981, 510).

Zudem sei eine Verbindlichkeit auf Ebene der Klägerin nicht zu passivieren, da die Bruchteilsgemeinschaft nicht bilanzierungspflichtig sei. Es entstehe daher kein Wirtschaftsgut, das zur Anwendung des § 39 AO führe. Es fehle ferner an einer Identität der Wirtschaftsgüter. So habe F einen Geldbetrag ausgereicht und eine Forderung erhalten.

Ungeachtet dieser nationalen Betrachtung komme es bei der abkommensrechtlichen Beurteilung des streitgegenständlichen Sachverhalts nur darauf an, dass eine "Schuldverpflichtung" eingegangen worden sei. Eine solche sei mit dem Darlehensvertrag vom 15. Juni 2012 vereinbart worden. Maßgeblich sei insoweit die zivilrechtliche Einordnung. Vor diesem Hintergrund habe der BFH in den vergangenen Jahren mehrfach zu Sonderbetriebseinnahmen entschieden. Nach innerstaatlichem Recht seien die Zinsen als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu qualifizieren; der BFH stelle indes streng auf die zivilrechtliche Sichtweise ab und ordne die Zinseinkünfte dem Art. 11 DBA zu. Als Reaktion hierauf sei § 50d Abs. 10 EStG eingeführt worden. Diese Regelung gelte indes nur für gewerblich tätige Personengesellschaften. Für die Qualifizierung der Einkünfte als Zinseinkünfte bei F sei folglich auf Art. 11 des DBA abzustellen.

Die Klägerin beantragt,

unter Änderung des Bescheids über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2012 vom 28. Juni 2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. Oktober 2019 die festgestellten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung um die an F gezahlten Darlehenszinsen in Höhe von 68.424,15 € zu vermindern und entsprechend niedriger festzustellen;

hilfsweise, unter Änderung des Bescheids über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2012 vom 28. Juni 2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. Oktober 2019 die auf die Gesellschafterin F entfallenden Darlehenszinsen in Höhe von 68.424,15 € nicht als in die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer eingehende Einkünfte festzustellen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung seiner Klageerwiderung verweist das FA im Wesentlichen auf seine Einspruchsentscheidung und hebt ergänzend hervor, dass entgegen der Auffassung der Klägerin die vom BFH im Urteil in BFHE 206, 162, BStBl II 2004, 898 [BFH 18.05.2004 - IX R 83/00] aufgestellten Grundsätze auf den Streitfall anzuwenden seien.

Gegen den Gerichtsbescheid vom 26. Januar 2021, der Klägerin zugestellt am 4. Februar 2021, hat die Klägerin mit Schreiben vom 11. Februar 2021, eingegangen bei Gericht am 11. Februar 2021, Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die ausgetauschten Schriftsätze nebst Anlagen und die vorgelegten Akten verwiesen.

Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 18. März 2021 wird Bezug genommen.

II.

Die Klage ist unbegründet. Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2012 vom 28. Juni 2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. Oktober 2019 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Zutreffend ist das FA davon ausgegangen, dass die festgestellten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht um die an F gezahlten Darlehenszinsen in Höhe von 68.424,15 € zu vermindern sind. Das aus dem Darlehensvertrag vom 19. Juni 2012 resultierende Darlehensverhältnis ist auf Grund der Bruchteilsbetrachtung nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO steuerrechtlich nicht anzuerkennen.

1. Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Hierzu zählen auch Schuldzinsen, soweit diese mit einer Einkunftsart, vorliegend den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung i.S. des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Satz 1 EStG).

a) Den objektiven Tatbestand der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung verwirklicht, wer die rechtliche oder tatsächliche Macht hat, eines der in § 21 Abs. 1 EStG genannten Wirtschaftsgüter anderen entgeltlich auf Zeit zur Nutzung zu überlassen und Träger der Rechte und Pflichten aus einem Miet- oder Pachtvertrag ist (vgl. BFH-Urteil vom 25. Juni 2002 IX R 55/99, BFH/NV 2002, 1556). Unter diesen Voraussetzungen kann --unabhängig von den rechtlichen und wirtschaftlichen Eigentumsverhältnissen-- auch eine schuldrechtliche Vereinbarung geeignet sein, Einkünfte aus einem Grundstück, das lediglich einem Steuerpflichtigen gehört, mehreren Steuerpflichtigen zuzurechnen (BFH-Urteil in BFHE 132, 522, BStBl II 1981, 510 [BFH 18.11.1980 - VIII R 194/78]).

b) Tritt eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) als Vermieterin auf, verwirklichen steuerrechtlich die Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit den Einkünfteerzielungstatbestand des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG (BFH-Urteile vom 15. April 1986 IX R 69/81, BFHE 147, 134, BStBl II 1986, 792; vom 3. Dezember 1991 IX R 155/89, BFHE 166, 460, BStBl II 1992, 459 und in BFHE 206, 162, BStBl II 2004, 898 [BFH 18.05.2004 - IX R 83/00]). Gleiches gilt für eine vermögensverwaltende GmbH & Co KG.

c) Der notwendige Veranlassungszusammenhang zwischen Schuldzinsen auf ein Immobiliendarlehen und der Einkünftesphäre ist grundsätzlich gegeben, wenn ein objektiver Zusammenhang dieser Aufwendungen mit der Überlassung eines Vermietungsobjekts zur Nutzung besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung dieser Nutzungsüberlassung gemacht werden (z.B. BFH-Urteil vom 6. Dezember 2017 IX R 4/17, BFHE 260, 155, BStBl II 2018, 268).

2. Voraussetzung für den Abzug der Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist jedoch, dass das Darlehensverhältnis, in dessen Rahmen die Aufwendungen getätigt werden, steuerlich anzuerkennen ist. Dies ist nach Auffassung des erkennenden Senats nicht gegeben bei einem Darlehensverhältnis zwischen dem Gesellschafter einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft und der Gesellschaft, soweit der Gesellschafter an der Gesellschaft beteiligt ist.

a) Zwar kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) auch die Außen-GbR als Gesamthandsgemeinschaft ihrer Gesellschafter im Rechtsverkehr grundsätzlich, d.h. soweit nicht spezielle Gesichtspunkte entgegenstehen, jede Rechtsposition einnehmen (BGH-Urteil vom 29. Januar 2001 II ZR 331/00, BGHZ 146, 341, unter A. I.). Demzufolge können Rechte zwischen Gesellschaft und Gesellschafter begründet werden, sie haben insoweit eine Stellung wie fremde Dritte (Ulmer, Gesellschaft bürgerlichen Rechts und Partnerschaftsgesellschaft, 4. Aufl. 2004, § 705 Rz. 187, 202).

b) Nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO werden jedoch Wirtschaftsgüter, die mehreren zur gesamten Hand zustehen, steuerlich den Beteiligten anteilig zugerechnet, soweit eine getrennte Zuordnung für die Besteuerung erforderlich ist. Steuerrechtlich wird die Gesamhandsgemeinschaft im Anwendungsbereich des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO als Bruchteilsgemeinschaft angesehen (BFH-Urteil vom 18. Mai 2004 IX R 42/01, BFH/NV 2005, 168). In diesem Zusammenhang hat der BFH entschieden, dass ein Mietvertrag zwischen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts und einem Gesellschafter steuerrechtlich nicht anzuerkennen ist, wenn und soweit diesem das Grundstück nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO anteilig zuzurechnen ist, weil in der Nutzung dieses Anteils am Gesamthandsvermögen die Nutzung "eigenen" Rechts liege (vgl. BFH-Urteil in BFHE 206, 162, BStBl II 2004, 898 [BFH 18.05.2004 - IX R 83/00]).

c) In der Literatur wird insoweit teilweise die Auffassung vertreten, dass diese Grundsätze auch dann gelten, wenn im umgekehrten Falle ein Gesellschafter/Gemeinschafter der Gesellschaft/Gemeinschaft ein in seinem Eigentum stehendes Grundstück vermiete. Vermietungseinkünfte lägen daher nur insoweit vor, als der überlassende Gesellschafter --über seine Beteiligung an der Gesellschaft hinaus-- selbst Mieter sei (vgl. Schallmoser, in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 21 EStG Rz. 82; Pfirrmann in Hermann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 21 EStG Rz. 23). Dieser Auffassung liegt der Gedanke zugrunde, dass niemand zugleich Vermieter und Mieter sein kann.

d) Die Finanzverwaltung hat diese in der Literatur vertretene Rechtsansicht übertragen auf die steuerliche Anerkennung von Darlehensverträgen bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften (vgl. hierzu Kurzinformation der Oberfinanzdirektion --OFD-- Nordrhein-Westfalen vom 7. Januar 2016, Der Betrieb 2017, 80). Danach sei auch in dem Falle, in dem ein Gesellschafter "seiner" vermögensverwaltenden Personengesellschaft ein verzinsliches Darlehen gewähre, der Darlehensvertrag entsprechend der Regelung des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO steuerrechtlich insoweit nicht anzuerkennen, als der Gesellschafter an der Personengesellschaft beteiligt sei.

e) Dieser Auffassung hat sich das Finanzgericht (FG) Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 8. Oktober 2019 13 K 1695/19 F (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2020, 93) angeschlossen. So handele es sich bei den zivilrechtlichen Verbindlichkeiten der Personengesellschaft gegenüber ihren Gesellschaftern um Wirtschaftsgüter, die mehreren, nämlich den am Vermögen beteiligten Gesellschaftern zur gesamten Hand zustünden. Die getrennte Zurechnung sei auch für die Besteuerung erforderlich i.S. des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO. Die Gesellschafter erzielten, soweit die Darlehensverhältnisse steuerlich anerkannt werden könnten, aus den der Gesellschaft verzinslich gewährten Darlehen Einnahmen aus Kapitalvermögen, und in diesem Umfang seien die gezahlten Darlehenszinsen auf Ebene der Gesellschaft bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten zu berücksichtigen. Die von den Gesellschaftern vereinnahmten Kapitaleinkünfte würden im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen nicht erfasst, weil eine vermögensverwaltende Personengesellschaft nicht über Sonderbetriebsvermögen verfüge. Auch eine entsprechende Anwendung von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 2 EStG komme bei Überschusseinkünften nicht in Betracht (vgl. auch BFH-Urteil vom 2. April 2008 IX R 18/06, BFHE 221, 1, BStBl II 2008, 679).

In dem Umfang, in dem die Gesellschafter an der Gesellschaft beteiligt seien, seien die Darlehensverhältnisse aufgrund der Bruchteilsbetrachtung dagegen steuerlich nicht anzuerkennen. Dies habe zur Folge, dass die von der Gesellschaft an die Gesellschafter gezahlten Darlehenszinsen insoweit keine Werbungskosten der Gesellschaft bei deren Vermietungseinkünften und in dieser Höhe auch keine steuerbaren Einnahmen aus Kapitalvermögen der Gesellschafter darstellten.

f) Der Senat folgt der vom FG Düsseldorf in seiner Entscheidung in EFG 2020, 93 und von Teilen der Finanzverwaltung vertretenen Auffassung. Er hält das Argument der Bruchteilsbetrachtung für überzeugend.

aa) Zwar lassen die Ausführungen des BFH in dem von der Klägerin zitierten Urteil in BFHE 132, 522, BStBl II 1981, 510 grundsätzlich den Schluss zu, dass die von einer Vermietungseinkünfte erzielenden Gesellschaft an den darlehensgewährenden Gesellschafter gezahlten Zinsen beim Gesellschafter (in vollem Umfang) Einnahmen aus Kapitalvermögen und bei der Gesellschaft (in vollem Umfang) Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung darstellen. Der Senat schließt sich aber auch insoweit der Auffassung des FG Düsseldorf in EFG 2020, 93 an, wonach diese Ausführungen durch die jüngeren Entscheidungen des BFH zur Bruchteilsbetrachtung bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften (z.B. BFH-Urteile in BFHE 206, 162, BStBl II 2004, 898 [BFH 18.05.2004 - IX R 83/00]; vom 18. Mai 2004 IX R 49/02, BFHE 206, 168, BStBl II 2004, 929 und in BFHE 221, 1, BStBl II 2008, 679 [BFH 02.04.2008 - IX R 18/06]) überholt worden sind.

bb) Wie der BFH in seiner Entscheidung in BFHE 221, 1, BStBl II 2008, 679 ausdrücklich ausgeführt hat, ist § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO auf eine vermögensverwaltende Personengesellschaft anzuwenden. Eine getrennte Zurechnung im Sinne dieser Vorschrift wird vom BFH als erforderlich betrachtet, da die vermögensverwaltende Personengesellschaft bei der Ertragsteuer nur insoweit Steuerrechtssubjekt ist, als sie in der gesamthänderischen Verbundenheit ihrer Gesellschafter die Merkmale eines Besteuerungstatbestands --z.B. § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG-- verwirklicht, welche den Gesellschaftern für deren Besteuerung zuzurechnen sind. Die Anwendung des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO wird bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften anders als bei mitunternehmerischen Personengesellschaften auch nicht durch § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 1 EStG verdrängt (BFH-Urteil in BFHE 221, 1, BStBl II 2008, 679, Rz. 20). Steuerrechtlich wird sodann im Anwendungsbereich des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO die Gesamthandsgemeinschaft als Bruchteilsgemeinschaft angesehen (BFH-Urteil in BFHE 221, 1, BStBl II 2008, 679 [BFH 02.04.2008 - IX R 18/06]).

cc) Auch wenn die vom BFH zur Bruchteilsbetrachtung bei der vermögensverwaltenden Personengesellschaft bisher ergangenen Entscheidungen nur Fälle der Grundstücksübertragung auf die Personengesellschaft sowie der Nutzungsüberlassung von Grundstücken an einen Mitgesellschafter betrafen, lassen sich die Grundsätze nach Auffassung des Senats auch auf die Beurteilung der entgeltlichen Kapitalüberlassung eines Gesellschafters an die vermögensverwaltende Personengesellschaft übertragen (zweifelnd Bodden, in BeSt 2020, 17). Der vom BFH angestellten Bruchteilsbetrachtung liegt der Gedanke zugrunde, dass der Gesellschafter nicht zugleich Vermieter und Mieter (so im Fall der Nutzungsüberlassung eines Grundstücks BFH-Urteil in BFHE 206, 162, BStBl II 2004, 898 [BFH 18.05.2004 - IX R 83/00]) bzw. Veräußerer und Erwerber (so im Fall der Einbringung eines Grundstücks in eine vermögensverwaltende Personengesellschaft in BFH-Urteil in BFHE 221, 1, BStBl II 2008, 679 [BFH 02.04.2008 - IX R 18/06]) sein kann. Dieser Gedanke trägt aber im Falle der Kapitalüberlassung an eine vermögensverwaltende Personengesellschaft durch einen Gesellschafter ebenso. Auch in diesem Fall gewährt der Gesellschafter je nach Beteiligungsumfang partiell oder gänzlich ein Darlehen "an sich selbst", tätigt mithin in diesem Umfang ein steuerlich unbeachtliches "Insichgeschäft".

3. Danach ist im Streitfall das zivilrechtlich wirksam vereinbarte Darlehen zwischen der Klägerin und F steuerrechtlich nicht anzuerkennen.

a) F ist allein am Vermögen und am Ergebnis der Klägerin beteiligt. Damit ist sie zunächst nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO als alleinige Bruchteilseigentümerin des mit dem Darlehen finanzierten Grundstücks anzusehen. Darüber hinaus ist sie aber faktisch zugleich auch alleinige Darlehensgeberin sowie Darlehensnehmerin desselben Darlehensverhältnisses. Das Darlehensverhältnis ist daher nach den oben genannten Grundsätzen steuerlich nicht anzuerkennen.

b) Die steuerrechtliche Nichtanerkennung des Darlehensverhältnisses führt dazu, dass die von der Klägerin an F gezahlten Darlehenszinsen in Höhe von 68.424,15 € nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen sind. Vielmehr sind F die gezahlten Darlehenszinsen in dieser Höhe als "Vorab-Einkünfte" aus Vermietung und Verpachtung zuzurechnen. Diese Vorabzurechnung ist vom FA auch vorgenommen worden. Die Frage, ob Refinanzierungszinsen, die der Gesellschafter wegen des an die Gesellschaft ausgereichten Darlehens zu zahlen hat, als Sonderwerbungskosten berücksichtigt werden können, kann hier unentschieden bleiben, da die Klägerin die Zahlung derartiger Refinanzierungszinsen durch F nicht vorgetragen hat.

4. Entgegen der Auffassung der Klägerin folgt auch aus dem DBA zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Russischen Föderation (DBA Russland --DBA RUS--) nichts anderes.

a) Eine Besteuerung in Deutschland kann nur entfallen, soweit Deutschland in einem DBA auf das Besteuerungsrecht verzichtet hat. Die Regelungen eines ordnungsgemäß transformierten DBA haben Vorrang vor dem bestehenden innerstaatlichen Recht und sind von den Steuerbehörden von Amts wegen zu beachten (BFH-Urteil vom 22. Oktober 1986 I R 261/82, BFHE 148, 143, BStBl II 1987, 171). Im vorliegenden Fall hat Deutschland jedoch im DBA RUS nicht auf die Besteuerung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung von in Deutschland belegenem unbeweglichen Vermögen verzichtet.

b) Wie das FA in seiner Einspruchsentscheidung vom 22. Oktober 2019 zutreffend ausgeführt hat, ist hinsichtlich des anzuwendenden Artikels eines DBA in Bezug auf in- und ausländische Personengesellschaften und ihre Gesellschafter zunächst nach nationalem Recht zwischen gewerblichen und vermögensverwaltenden Personengesellschaften zu unterscheiden. Dies richtet sich im Streitfall nach dem EStG, da die Klägerin eine in Deutschland ansässige und nach deutschem Recht gegründete Personengesellschaft ist. Personengesellschaften sind nach deutschem Recht selbst nicht ertragsteuerpflichtig. Sie sind ertragsteuerrechtlich nur insoweit Steuerrechtssubjekt, als sie in der gesamthänderischen Verbundenheit ihrer Gesellschafter die Merkmale eines Besteuerungstatbestands --wie hier § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG-- verwirklichen, welche den Gesellschaftern für deren Besteuerung zuzurechnen sind (vgl. oben BFH-Urteil in BFHE 221, 1, BStBl II 2008, 679 [BFH 02.04.2008 - IX R 18/06]).

c) Einkünfte einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft aus der Vermietung und Verpachtung unbeweglichen Vermögens in Deutschland sind nach deutschem Recht keine gewerblichen Einkünfte, sondern Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Diese Einkünfte unterliegen aber nach Art. 6 Abs. 1 und Abs. 4 des DBA RUS dem deutschen und nicht dem russischen Besteuerungsrecht. Hierzu gehört auch die Beurteilung, inwieweit Darlehenszinsen, die die vermögensverwaltende Personengesellschaft an ihre im anderen Vertragsstaat ansässige Gesellschafterin bezahlt, als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung steuermindernd zu berücksichtigen sind.

d) Ob F gemäß Art. 11 Abs. 1 des DBA RUS die vereinnahmten Darlehenszinsen als Zinseinnahmen in Russland zu versteuern hat und sich folglich möglicherweise auf Ebene der Kommanditistin eine Doppelbesteuerung ergibt, hat der Senat indes vorliegend nicht zu entscheiden. Streitgegenständlich ist hier nur die Frage, ob die von der Klägerin an F gezahlten Darlehenszinsen im Rahmen der Einkünfte der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten abgezogen werden können. Daher kann hier unentschieden bleiben, ob Art. 11 DBA RUS auf Ebene der Kommanditistin bei der Qualifizierung deren Einkünfte Vorrang einzuräumen ist. Im Übrigen wäre eine sich bei der Kommanditistin aus einem beiderseitigen Besteuerungsrecht ergebende Doppelbesteuerung nach Art. 23 Abs. 1 DBA RUS aufzulösen.

5. Die Klage ist auch im Hilfsantrag unbegründet. Streitgegenständlich ist im vorliegenden Klageverfahren die einheitliche und gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen der Klägerin. Gegenstand der Feststellung sind indes nur der Grund und die Höhe der Einkünfte der Klägerin sowie deren Verteilung auf die Gesellschafter. Nicht festzustellen sind jedoch Sachverhalte, die außerhalb der Beteiligung im Bereich der persönlichen Einkunftserzielung der Gesellschafter liegen. Dazu gehört auch die Entscheidung über die Frage, ob und in welchem Umfang die dem Gesellschafter zuzurechnenden Einkünfte der beschränkten Steuerpflicht unterliegen. Anders als bei einer gewerblichen Personengesellschaft handelt es sich bei den streitgegenständlichen Darlehenszinsen nicht um --gesondert festzustellende-- Sonderbetriebseinnahmen der Kommanditistin F, sondern um eine teilweise Vorab-auszahlung von den F zuzurechnenden Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Diese vorabausgezahlten Einkünfte mindern aber aus den oben unter 3. und 4. dargelegten Gründen nicht die laufenden Einkünfte der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung und sind daher auch nicht Gegenstand der Feststellung. Ob und wie diese Vorabeinkünfte der F einkommensteuerrechtlich zu behandeln sind, ist daher bei der Einkommenbesteuerung der F und nicht im Rahmen des Feststellungsverfahrens zu prüfen.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

7. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen. Die Frage, ob ein Darlehensverhältnis zwischen einem Gesellschafter und einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft auf Grund der Bruchteilsbetrachtung nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO steuerrechtlich nicht anzuerkennen ist, soweit der darlehensgebende Gesellschafter selbst an der Gesellschaft beteiligt ist, ist bislang höchstrichterlich nicht geklärt.

RechtsgebieteEStG, DBA RUSVorschriften§ 4 Abs. 1 EStG, § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG, Art. 6 Abs. 1 DBA RUS

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