29.10.2021 · IWW-Abrufnummer 225572
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 13.04.2021 – 19 Sa 76/20
1. Fordert ein Arbeitgeber dazu auf, Bewerbungsunterlagen "unter Angabe der Konfession" einzureichen und setzt im Anforderungsprofil für die zu besetzende Stelle "eine positive Identifikation mit den Zielen und Aufgabe der evangelischen Landeskirche in Baden" voraus, so begründet dies die Vermutung, dass der/die erfolglose und konfessionslose Bewerber/in im Auswahl-/Stellenbesetzungsverfahren wegen eines Grundes i.S.v. § 1 AGG unmittelbar benachteiligt wurde, §§ 22, 11, 7 Abs. 1 AGG.
2. Ob eine unterschiedliche Behandlung in Bezug auf die Konfessionszugehörigkeit des Bewerbenden um eine Sekretariatsstelle im Büro der Leitenden Oberkirchenrätin zur Evangelischen Kirche nach § 9 Abs. 1 Alt. 2 AGG gerechtfertigt ist, konnte im zu entscheidenden Fall offen bleiben, weil die Beklagte selbst davon Abstand genommen hat, eine bestimmte oder irgendeine Religionszugehörigkeit als wesentliche berufliche Voraussetzung zu definieren.
3. Es erscheint zweifelhaft, ob die Vermutung nach § 22 AGG dadurch widerlegt werden kann, dass ein Bewerber eingestellt wird, der der eigentlich ausgeschlossenen Gruppe angehört. Diese Frage bedurfte in dem zur Entscheidung stehenden Fall keiner Beantwortung.
4. Zum Einwand des Rechtsmissbrauchs (Bewerbung mit dem ausschließlichen Ziel, eine Entschädigung geltend zu machen) - vorliegend verneint.
In der Rechtssache
- Klägerin/Berufungsklägerin/Berufungsbeklagte -
Proz.-Bev.:
gegen
- Beklagte/Berufungsklägerin/Berufungsbeklagte -
Proz.-Bev.:
hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - Kammern Mannheim - - 19. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Meyer, den ehrenamtlichen Richter Egner und den ehrenamtlichen Richter Steinmann auf die mündliche Verhandlung vom 13.04.2021
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Berufungen der Parteien gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Karlsruhe vom 21. Oktober 2020 - 1 Ca 171/19 - werden zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu 7/10 und die Klägerin hat sie zu 3/10 zu tragen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Parteien ist der Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung nach Grund und Höhe im Streit.
Die beklagte Landeskirche schrieb unter dem 13. Januar 2019 auf ihrer Homepage und in einer Tageszeitung für den evangelischen Oberkirchenrat in Karlsruhe eine Sekretariatsstelle im Büro der geschäftsleitenden Oberkirchenrätin in Vollzeit mit einer Vergütung nach der Entgeltgruppe 9a TVöD-Bund (je nach Berufserfahrung zwischen EUR 3.081,00 und EUR 3.750,00 brutto monatlich) aus. Der Oberkirchenrat ist die oberste Dienstbehörde der Beklagten mit acht Fachreferaten und ca. 450 Arbeitskräften. Die Geschäftsleitung ist die oberste Dienstvorgesetzte und für die Organisation der Geschäftsabläufe zuständig. In der Stellenausschreibung hieß es im Übrigen (Bl. 9 der Akte des ArbG):
Schwerpunkte der Tätigkeit:
- Erledigung der anfallenden Assistenz- und Sekretariatsaufgaben;
- Organisation und Vor- und Nachbereitung von Sitzungen, Besprechungen,
- Tagungen u.ä.;
- Erstellen und Vorbereiten von Beratungs- und Entscheidungsvorlagen;
- Erstellen von Präsentationen;
- Kommunikationsschnittstelle für interne sowie externe Ansprechpartner/-innen;
- Planung sowie eigenständiges Nachhalten von Terminangelegenheiten;
- allgemeine Büroorganisation, Korrespondenz, Terminkoordination und Reiseorganisation.
Ihr Anforderungsprofil
- eine abgeschlossene Verwaltungsausbildung oder kaufmännische Ausbildung und mehrjährige Erfahrung im Sekretariat mit Verwaltungserfahrung;
- ein besonders hohes Maß an Diskretion, Loyalität und Zuverlässigkeit;
- selbständige, flexible und strukturierte Arbeitsweise sowie ausgeprägte organisatorische Fähigkeiten und eine schnelle Auffassungsgabe;
- Kommunikationskompetenz und Teamfähigkeit, Aufgeschlossenheit und Einsatzfreude;
- professioneller Umgang mit den gängigen MS-Office-Produkten sowie sichere Anwendung der deutschen Rechtschreibung und sehr gutes Ausdrucksvermögen in Wort und Schrift;
- Kenntnisse der Strukturen der Landeskirche und eine positive Identifikation mit den Zielen und Aufgaben der evangelischen Landeskirche in Baden runden Ihr Profil ab.
Wir bieten:
...
Bewerberinnen und Bewerber senden bitte ihre aussagefähigen Bewerbungsunterlagen (vorzugsweise als pdf in einer Datei) unter Angabe der Konfession ...
Die Klägerin - ausgebildete Rechtsanwaltsfachangestellte/Rechtsfachwirtin und Büroleiterin in einer Anwaltskanzlei - bewarb sich fristgerecht mit Schreiben vom 26. Januar 2019 unter Vorlage eines Lebenslaufs, von Zeugnissen sowie von Fortbildungsbescheinigungen sowie mit dem Hinweis, sie sei konfessionslos (Atheistin) (Bl. 10ff. der Akte des ArbG).
Am 21. Februar 2019 fand bei der Beklagten ein Auswahlverfahren statt bestehend aus einer praktischen Aufgabe mit drei verschiedenen Aufgabenteilen am Laptop von 30 Minuten und einem Vorstellungsgespräch gemäß Interviewleitfaden. Insofern heißt es im Aktenvermerk vom 7. März 2019 u.a. (Bl. 94ff der Akte des ArbG):
Frau W hat in ihrer Bewerbung angegeben, dass sie konfessionslos ist. Sie wurde darauf angesprochen. Sie bestätigte dies, da sie in der DDR aufgewachsen ist. Sie teilt mit, dass sie keine Vorbehalte gegen Kirche hat. Sie fragt ob dies ein Problem sei.
Herr H und Frau H1 antworten, dass dies kein Problem darstellt und anderenfalls keine Einladung zum Vorstellungsgespräch erfolgt wäre.
In der Bewertung der Leistungen der Klägerin im praktische Teil sowie hinsichtlich der Einzelheiten des Vorstellungsgesprächs besteht zwischen den Parteien keine Einigkeit.
Am 18. März 2019 teilte die Beklagte auf Nachfrage der Klägerin mit, sie habe bei der Besetzung der Stelle nicht berücksichtigt werden können (Bl. 36 der Akte des ArbG).
Am 17. April 2019 machte die Klägerin einen Entschädigungsanspruch in Höhe von EUR 10.000,00 geltend. Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 10. Mai 2019 eine Zahlung ab. Deswegen hat die Klägerin am 3. Juli 2019 Klage erhoben.
Zwischenzeitlich hat die Beklagte die Stelle an eine Bewerberin vergeben, die aus der katholischen Kirche aus- und in die evangelische Kirche eingetreten ist.
Die Klägerin hat vorgetragen und die Ansicht vertreten, die Aufforderung in der Stellenanzeige, die Bewerbungsunterlagen unter Angabe der Konfession einzureichen, rechtfertige die Annahme, dass sie die Stelle nicht bekommen habe, da sie konfessionslos sei. Jedenfalls sei zu vermuten, dass entsprechende Bewerbende geringere Chancen im Bewerbungsverfahren hätten als Mitglieder einer Kirche. Außerdem sei sie im Vorstellungsgespräch gezielt auf ihre Konfessionslosigkeit angesprochen worden. Ihr Angebot, einen Probearbeitstag zu absolvieren, habe die Beklagte abgelehnt und ihr auch erst auf ausdrückliche Nachfrage die Ablehnungsentscheidung mitgeteilt. Außerdem werden im Internetauftritt des evangelischen Oberkirchenrats wegen der Einstellungsvoraussetzungen auf Art. 89 Abs. 5 der Grundordnung sowie auf die Rahmenordnung aus dem Jahr 1984 Bezug genommen. Danach setze die Anstellung im kirchlichen Dienst in der Regel die Mitgliedschaft in einer Gliedkirche der evangelischen Kirche in Deutschland voraus, wovon nur ausnahmsweise nach § 4 Abs. 3 der Rahmenordnung mit zeitlich befristeten Arbeitsverhältnissen abgewichen werden könne.
Für die administrativen, verwaltungstechnischen und verkündigungsfernen Tätigkeiten auf der Sekretariatsstelle könne die Religionszugehörigkeit keine wesentliche berufliche Anforderung darstellen.
Die Beklagte habe gegen das Benachteiligungsverbot der §§ 7 Abs. 1, 1 AGG verstoßen und schulde eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG in Höhe von mindestens EUR 10.000,00. Die Beklagte sei mit ca. 33000 Arbeitskräften der zweitgrößte Arbeitgeber in Karlsruhe und ignoriere die jüngere Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und des Gerichtshofs der Europäischen Union. Auch in anderen Stellenanzeigen fordere sie Bewerbungen mit Angaben zur Konfession ein. Ausgehend von dem von der Beklagten mitgeteilten Monatsentgelt in Höhe von EUR 3.358,00 zuzüglich eines jährlichen Weihnachtsgeldes in Höhe von 80% hiervon sei der Entschädigungsbetrag angemessen; er müsse auch eine abschreckende Wirkung haben.
Den Einwand des Rechtsmissbrauchs hat die Klägerin zurückgewiesen. Sie habe sich aus Interesse an der Stelle und nicht deshalb bei der Beklagten beworben, um eine Entschädigung zu erhalten. Eine dauerhafte Beschäftigung bei ihrem Arbeitgeber und Prozessbevollmächtigten sei nicht gewährleistet.
Die Klägerin hat beantragt,
Die Beklagte hat beantragt,
Die Beklagte hat vorgetragen und die Ansicht vertreten, die Klägerin sei nicht wegen ihrer Konfessionslosigkeit diskriminiert und benachteiligt worden. Mit der Stellenausschreibung gehe keine entsprechende Indizwirkung einher. Mit der Bitte um Angabe der Konfession werde eine solche nicht zur Voraussetzung für die Einstellung erhoben. Für die Ausübung der Tätigkeit sei eine bestimmte Konfessionszugehörigkeit auch nicht relevant. Allerdings könne die Beklagte als Arbeitgeber von ihren Mitarbeitern eine uneingeschränkte Loyalität und Identifikation mit den geschäftlichen, d.h. in ihrem Falle kirchlichen, Aufgaben erwarten, was im Vorstellungsgespräch in Bezug auf die Bewerber/innen geprüft werde. Die Angabe der konfessionellen Bindung sei hierfür eine wichtige und hilfreiche Information. Sie erlaube auch eine Einschätzung, ob Kenntnisse über die Strukturen der Landeskirche vorausgesetzt werden könnten.
Bei der vorliegenden Bewerberauswahl habe die Konfessionszugehörigkeit ebenso wenig eine Rolle gespielt wie der Glaube an Gott. Trotz des Hinweises auf ihre Konfessionslosigkeit sei die Klägerin zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden. Die Nichteinstellung beruhe auf ihrer fehlenden Qualifikation. Sie habe eine Aufgabe im praktischen Teil und Fragen im Interview nicht zur Zufriedenheit der Beklagten gelöst bzw. beantwortet.
Zu den Aufgaben der Oberkirchenrätin gehöre auch die Zusammenarbeit mit den Landesbischöfen und damit auch Aufgaben der Religionsausübung und Verkündigung. Den Inhaber der Sekretariatsstelle träfen deshalb erhöhte Loyalitätspflichten, ein Verständnis des Kirchenethos und eine positive innere Überzeugung hinsichtlich der geistlichen Leitungs- und Verkündigungsaufgaben der Oberkirchenrätin als Vorgesetzte.
Die Klägerin habe sich lediglich mit Blick auf die begehrte Entschädigung beworben und handele rechtsmissbräuchlich. Ihr fehlendes Interesse an der Übertragung der Stelle zeige sich schon an dem provokativen Hinweis im Bewerbungsschreiben, sie sei Atheistin und ihrer Frage im Bewerbungsgespräch, ob ihre Konfessionslosigkeit ein Problem darstelle. Zwar habe die Klägerin den Willen zu einer beruflichen Veränderung angegeben, sei aber nach wie vor bei ihrem Prozessbevollmächtigten beschäftigt und habe sich erst im Herbst 2018 für den elektronischen Rechtsverkehr fortgebildet.
Das Arbeitsgericht hat der Klägerin mit Urteil vom 18. September 2020 eine Entschädigung in Höhe von EUR 5.037,00 zuzüglich Zinsen zugesprochen. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
Die Klage sei zulässig und der Klägerin stehe eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zu, die sie fristgerecht geltend gemacht und eingeklagt habe. Die Klägerin sei Bewerberin nach § 6 AGG. Sie sei durch die Nichteinstellung gegenüber der letztlich eingestellten Person unmittelbar benachteiligt worden, § 3 Abs. 1 AGG. Die Benachteiligung stehe in einem Kausalzusammenhang mit einem in § 1 AGG genannten Grund; dieser müsse nicht das ausschließliche oder auch nur ein wesentliches Motiv für das Handeln des Benachteiligenden sein. In Anwendung der Beweislastregel von § 22 AGG begründe die Stellenausschreibung vom 13. Januar 2019 die Vermutung, dass die Klägerin wegen der Religion benachteiligt worden sei. Von § 1 AGG werde auch der Glaube an keine Religion als Ausübung der negativen Religionsfreiheit geschützt. Mit der Stellenausschreibung habe die Beklagte aufgefordert, Bewerbungsunterlagen unter Angabe der Konfession einzureichen. Damit habe sie zumindest mittelbar die Frage nach der Konfession gestellt und signalisiert, dass diese Information für sie wichtig sei und bei der Auswahlentscheidung eine Rolle spielen könne. Diese Vermutung habe die Beklagte mit ihrem Vortrag bestätigt, dass im Rahmen der Überprüfung der uneingeschränkten Loyalität und Identifikation mit den kirchlichen Aufgaben die Angabe der konfessionellen Bindung für eine Kirchenverwaltung eine wichtige und hilfreiche Information darstelle. Nach den Angaben der Beklagten könne eine reflektierte Einstellung zur christlichen Religiosität und den Aufgaben und Zielen einer christlichen Kirche nur von einer Person erwartet werden, die aus eigener Erfahrung eine Vorstellung von christlicher Religion und einen Bezug zu kirchlichen Strukturen habe. Mit andersgläubigen oder konfessionslosen Bewerbenden verbinde sich folgerichtig eine andere, differenzierte Erwartung in Bezug auf die Identifikation mit dem kirchlichen Profil. Damit verknüpfe die Beklagte die Frage nach der uneingeschränkten Loyalität mit einer Konfessionszugehörigkeit und knüpfe damit an einen Grund gemäß § 3 Abs. 1 AGG an. Ob die Frage nach der Konfession (auch) deshalb gestellt worden sei, um feststellen zu können, ob und inwieweit Kenntnisse über die Strukturen der Landeskirche vorausgesetzt werden könnten oder nicht, könne dahingestellt bleiben. Ein Diskriminierungsvorsatz sei für einen Entschädigungsanspruch nicht erforderlich. Das Indiz werde dadurch verstärkt, dass die Beklagte nach den aktuell geltenden Rechtsvorschriften (Art. 89 Abs. 5 Grundordnung und §§ 3ff. Rahmenordnung) bei der Einstellung im kirchlichen Dienst der Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft eine besondere Bedeutung beimesse und daher konfessionslose Bewerber/Bewerberinnen eine geringere Chance bei der Einstellungsentscheidung hätten.
Die Frage nach der Konfession und die daraus resultierende unterschiedliche Behandlung wegen der Religion sei nicht ausnahmsweise zulässig und nicht nach § 9 Abs. 1 AGG gerechtfertigt. Die erste Alternative der Vorschrift müsse nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unangewendet bleiben.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs müsse nach der zweiten Alternative der Vorschrift die Zugehörigkeit zu einer Konfession für die betreffende berufliche Tätigkeit wesentlich sein. Das sei hier nicht der Fall. Gemäß der Stellenausschreibung würden rein administrative und verwaltungstechnische Aufgaben ohne inhaltliche Deutungshoheit oder Bekundung eigener Auffassungen mit Außenwirkung erbracht. Die Mitarbeiterin des Sekretariats vertrete die Kirche nicht in ihren Glaubensgrundsätzen und in Fragen der Verkündigung oder des Selbstverständnisses der Kirche. Jedenfalls erscheine die Anforderung der Konfessionszugehörigkeit nicht gerechtfertigt, die verkündigungsfernen Tätigkeiten seien nicht geeignet, die Glaubwürdigkeit der Kirche und ihre Verkündigung zu beeinträchtigen. Das werde von der Beklagten auch nicht behauptet.
Die von der Beklagten berechtigter Weise erwarteten Anforderungen an Diskretion, Loyalität und Zuverlässigkeit setzten nicht wesentlich voraus, dass der/die Bewerber/in einer Konfession angehöre. Diskretion, Loyalität und Zuverlässigkeit könnten in gleichem Maße von konfessionslosen Bewerber/innen erwartet und im konkreten Fall erbracht werden. Konfessionslosigkeit begründe nicht die Gefahr, die Glaubwürdigkeit der Kirche und ihrer Verkündigung, ihres Ethos oder ihrer Glaubwürdigkeit nach außen zu beeinträchtigen. Die Beklagte habe behauptet, dass die Religionszugehörigkeit bei der Auswahlentscheidung keine (entscheidende) Rolle gespielt habe. Damit sei die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Konfession als wesentliche und erforderliche Anforderung für die Ausübung der Tätigkeit oder die Umstände ihrer Erbringung ausgeschlossen.
Die Beklagte habe die Vermutung nicht widerlegt, dass die Klägerin wegen ihrer Konfessionslosigkeit und damit wegen der Religion benachteiligt worden sei. Eine Widerlegung ergebe sich nicht daraus, dass die Klägerin zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurde. Das beweise nicht, dass die Frage der Religionszugehörigkeit im weiteren Verlauf des Verfahrens keine Rolle mehr gespielt habe. Des Weiteren sei die Klägerin nach dem Protokoll vom 7. März 2019 auf die Angabe in ihrem Bewerbungsschreiben angesprochen worden. Ob die Klägerin die Aufgabe 1 im praktischen Teil des Vorstellungsgesprächs nicht zur erforderlichen Zufriedenheit der Beklagten erfüllt habe, die erforderliche Teamfähigkeit und/oder Kommunikationsfähigkeit habe vermissen lassen und es an der notwendigen Harmonie zwischen der Oberkirchenrätin aufgrund des fehlenden Eingehens auf deren Wünsche und Vorstellungen gefehlt habe, könne dahinstehen. Diese Argumente widerlegten nicht eine Ursächlichkeit der Konfessionslosigkeit für die Nichteinstellung. Die Begründung, warum sich die Beklagte nicht für die Klägerin, sondern für eine andere Bewerbung entschieden habe, könne die Kausalitätsvermutung insgesamt nicht widerlegen, § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG.
Der Einwand des Rechtsmissbrauchs sei unbegründet. Der Einwand könne begründet sein, wenn eine Würdigung des Inhalts des Bewerbungsschreibens ergebe, dass der Bewerber es geradezu auf eine Absage angelegt, mithin eine Absage provoziert habe, um dadurch die Voraussetzungen für die Zahlung einer Entschädigung zu schaffen. Davon sei in Bezug auf das Bewerbungsschreiben der Klägerin, wonach sie konfessionslos sei und "Atheistin" hinzugefügt habe, nicht ausgegangen werden. Denn die Klägerin habe im Folgenden begründet, warum sie meine, sie könne aufgrund ihrer vielfältige Qualifikationen dennoch die ausgeschriebene Stelle optimal ausfüllen. Gegen einen Rechtsmissbrauch spreche, dass die Klägerin dem Anforderungsprofil der Stellenausschreibung entspreche. Für eine fehlende Bereitschaft, ihre derzeitige Stellung als Rechtsanwaltsfachangestellte aufzugeben, lägen keine ausreichenden Anhaltspunkte vor. Dies folge auch nicht aus der im Oktober/November 2018 durchgeführten Fachausbildung für den elektronischen Rechtsverkehr, die die Klägerin für vielfältige Aufgaben in einer anderen Anwaltskanzlei oder in einem anderen Verwaltungsbereich nutzen könne. Auch die Prozessvertretung durch ihren Arbeitgeber lasse nicht auf eine Absicht schließen, sich mit dem Ziel zu bewerben, um eine Entschädigung einzuklagen.
Die der Klägerin zustehende Entschädigung entspreche dem 1,5fachen der erzielbaren Bruttomonatsvergütung. Die Entschädigung müsse einen tatsächlichen und wirksamen rechtlichen Schutz gewährleisten und der Schwere des Verstoßes entsprechen, indem sie eine abschreckende Wirkung gegenüber dem Arbeitgeber gewährleiste, zugleich aber den allgemeinen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahre. Mit dem Entschädigungsbetrag werde die Klägerin angemessen für den durch die unzulässige Diskriminierung wegen der Religion erlittenen immateriellen Schaden entschädigt. Der Betrag sei erforderlich, aber auch ausreichend, um die notwendige abschreckende Wirkung zu erzielen. Eventuelle Sonderzahlungen seien nicht zu berücksichtigen. Zugunsten der Beklagten sei zu berücksichtigen, dass sie die Klägerin zum Vorstellungsgespräch eingeladen habe. Sie habe deshalb nicht von Vornherein der Klägerin die Chance verwehrt, sich für die ausgeschriebene Stelle zu empfehlen. Zu Lasten der Beklagten sei zu berücksichtigen, dass sie ihre Einstellungspraxis im Hinblick auf die Frage nach der Konfessionszugehörigkeit bisher noch nicht ausreichend unter Berücksichtigung der ausgeschriebenen Tätigkeit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes und des Bundesarbeitsgerichts angepasst habe.
Mit der Berufung strebt die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage an, wohingegen die Klägerin mit ihrer Berufung eine höhere Entschädigung beansprucht.
Die Beklagte trägt zur Begründung der Berufung vor:
Das Arbeitsgericht habe aus der Bitte um Mitteilung der Konfession in der Stellenausschreibung fehlerhaft gemutmaßt, die Religionszugehörigkeit spiele für die Beklagte bei der Auswahlentscheidung eine Rolle, sie sei gar zwingende Voraussetzung und die Information hierüber sei für die Beklagte wichtig. Unzutreffend sei die Würdigung, die Beklagte verknüpfe die Frage nach der uneingeschränkten Loyalität mit einer Konfessionszugehörigkeit. Zutreffend sei lediglich, dass der Beklagten - wie jedem Arbeitgeber - die uneingeschränkte Loyalität und Identifikation ihrer Mitarbeiter mit den geschäftlichen - hier kirchlichen - Aufgaben wichtig sei. Durch die Frage nach der Konfession könne sie sich auf das Gespräch mit dem jeweiligen Bewerber entsprechend einstellen. Ein Bewerber mit konfessioneller christlicher Bindung bringe andere Erfahrungen und Vorstellungen von christlicher Religion und kirchlichen Strukturen mit. Bei einem konfessionslosen oder andersgläubigen Bewerber setze die Beklagte keine entsprechenden Erfahrungen voraus und es seien deutlich tiefergehende, differenziertere Gespräche hinsichtlich der Abklärung der Bereitschaft zur Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber und zur Identifikation mit den kirchlichen Aufgaben notwendig. Zur Überprüfung der Loyalität und der Identifikation mit den Aufgaben sei jeder Arbeitgeber vor Einstellung eines Bewerbers berechtigt. Daraus lasse sich die Vermutung einer Diskriminierung nicht herleiten.
Eine Signalwirkung gegenüber einem Bewerber gehe mit der Frage nach der Konfession nicht einher. Die Frage nach der Konfession sei hilfreich für das Bewerbungsverfahren, nicht aber die Beantwortung in einer bestimmten Weise Einstellungsvoraussetzung. Das werde deutlich an der Einladung der Klägerin zum Bewerbungsgespräch und der Einstellung einer - in diesem Zeitpunkt noch - konfessionslosen Bewerberin. Die Bewerbung der Klägerin zeige, dass sie von der Stellenausschreibung und der Frage nach der Konfession kein Signal empfangen habe, sie habe keine Aussicht auf eine Einstellung.
Zu Unrecht habe das Arbeitsgericht den geltenden Vorschriften in Art. 89 Abs. 5 Grundordnung und §§ 3ff. Rahmenordnung Indizwirkung für eine Diskriminierung zugesprochen. Im konkreten Fall seien diese Vorschriften gar nicht eingehalten worden, obwohl das bei der betreffenden Stelle nahegelegen hätte. Das werde durch die Einstellung der - in diesem Zeitpunkt noch - konfessionslosen Bewerberin belegt.
Es verstoße gegen das Grundrecht der Beklagten auf Religionsfreiheit aus Art. 4 Grundgesetz, wenn die Gerichte § 9 Abs. 1 Alt. 1 AGG unangewendet lassen, der das grundgesetzlich gesicherte Recht auf Selbstbestimmung religiöser Vereinigungen sicherstelle. Das Arbeitsgericht verkenne, dass der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 25. Oktober 2018 (8 AZR 501/14) keine arbeitgeberseitige Bitte um Mitteilung der Konfession zugrunde gelegen habe, sondern in der dortigen Stellenausschreibung die Mitgliedschaft in einer evangelischen oder der ACK angehörenden Kirche und die Identifikation mit dem diakonischen Auftrag ausdrücklich vorausgesetzt wurde. Die Auffassung des Arbeitsgerichts, Diskretion, Loyalität und Zuverlässigkeit mit den kirchlichen Aufgaben könnten auch von konfessionslosen Bewerbern erwartet und erbracht werden, sei zutreffend. Auch sei die positive Identifikation mit den Zielen und Aufgaben der Evangelischen Landeskirche in Baden bei konfessionslosen oder atheistischen Erwerbern (wohl: Bewerbern) nicht ausgeschlossen, wohl aber bei der Klägerin.
Zu kurz greife die Auffassung des Arbeitsgerichts, die Beklagte hätte anhand der Tätigkeit darlegen müssen, inwieweit die Konfessionslosigkeit die Glaubwürdigkeit der Kirche und ihrer Verkündung (wohl: Verkündigung) beeinträchtige bzw., dass durch die Einstellung eine erhebliche Gefahr der Beeinträchtigung der Glaubwürdigkeit nach außen bestünde. Das Arbeitsgericht habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass es um die Sekretariatsstelle bei der leitenden Oberkirchenrätin gehe, die neben dem Landesbischof Repräsentantin und Leiterin der Landeskirche in Baden sei. Die Oberkirchenrätin habe nicht nur administrative Aufgaben, sondern sei auch mit solchen der Religionsausübung und Verkündigung befasst. Mit dieser Tätigkeit sei die Sekretariatsposition auf das Engste verbunden. Die in der Stellenausschreibung angesprochene Weitergabe von Informationen müsse im Sinne der Intentionen der leitenden Oberkirchenrätin und vor deren kirchlich-theologischem Hintergrund erfolgen. Es handle sich bei der ausgeschriebenen Position nicht um gänzlich verkündigungsferne Tätigkeiten. Bei Bewerbern mit beispielsweise einem muslimischen, hinduistischen oder buddhistischen religiösen Hintergrund bestünde durchaus die Gefahr einer Beeinträchtigung der Glaubwürdigkeit der Kirche und ihrer Verkündigung.
Die Beklagte habe zwar darauf verzichtet, eine bestimmte Religionszughörigkeit oder überhaupt eine Religionszugehörigkeit als wesentliche berufliche Voraussetzung zu definieren, sie hätte das aber im Hinblick auf den Inhalt der Tätigkeit ohne Weiteres tun können.
Tatsächlich hätten ausschließlich andere Gründe als die Konfessionslosigkeit der Klägerin zu deren Nichteinstellung geführt. Schon durch die Einladung zum Bewerbungsgespräch werde die Vermutung einer Diskriminierung aufgrund der Frage nach der Konfession in der Stellenausschreibung widerlegt. Es entspreche dem Üblichen, im Bewerbungsgespräch die im Bewerbungsschreiben durch den Bewerber angesprochenen Punkte zu erörtern; gesprochen worden sei über den Werdegang der Klägerin, die Gründe für die Absicht zur beruflichen Veränderung und auch über die Angabe der Klägerin, dass sie konfessionslos sei und die Gründe hierfür. Das Gericht habe unberücksichtigt gelassen, dass auf die - zweifellos als Provokation gedachte - Frage der Klägerin, ob ihre Konfessionslosigkeit ein Problem sei, Frau H1 und Herr H erwidert hätten, dass dies kein Problem sei und sie andernfalls nicht eingeladen worden wäre. Wäre die Konfessionslosigkeit der Klägerin auch nur mitursächlich für die Nichteinstellung gewesen, hätte nichts nähergelegen, als das Gespräch abzubrechen, statt den Tagesablauf im Büro zu schildern und der Klägerin hierzu Fragen zu ermöglichen. Auch dadurch werde eine Diskriminierungsvermutung widerlegt.
Zu Unrecht habe das Arbeitsgericht die Gründe für die Nichteinstellung der Klägerin nicht berücksichtigt - ungenügende Bewältigung einer Teilaufgabe im Rahmen des Bewerbungsgesprächs, unzureichendes Verständnis von Teamarbeit und fehlende Bereitschaft hierzu, ungenügendes Verständnis der wichtigen Eigenschaften einer Sekretärin, ablehnende Haltung, auf Wünsche der Vorgesetzten einzugehen sowie fehlende Aussicht einer harmonischen Zusammenarbeit mit der Klägerin.
Unzutreffend habe das Arbeitsgericht einen Rechtsmissbrauch verneint. Mit der Angabe im Bewerbungsschreiben, Atheistin zu sein und den zusammenhangslosen Ausführungen zur Homepage der Beklagten habe die Klägerin eine Absage provozieren wollen. Die Klägerin sei nicht bereit, ihre derzeitige Stellung als Rechtsanwaltsfachangestellte aufzugeben. Nach nahezu zwei Jahren sei sie weiterhin für ihren Prozessbevollmächtigten tätig. Die Fachausbildung für den elektronischen Rechtsverkehr sei spezifisch auf eine Rechtsanwaltskanzlei zugeschnitten. Die Lasten der Fortbildung habe der Arbeitgeber der Klägerin getragen. Die Klägerin lasse sich im Rechtsstreit durch ihren Arbeitgeber vertreten, obwohl sie nach eigener Bekundung einen eindeutigen Abkehrwillen habe. Die Erklärung der Klägerin im Bewerbungsgespräch, dass sie keine Zukunft in der Kanzlei sähe, weil es an Nachwuchs von Rechtsanwälten fehle, überzeuge nicht, weil ihr Arbeitgeber nach weiteren Rechtsanwälten für die Kanzlei suche.
In jedem Fall sei die Entschädigung in geringerem Umfang als 1,5 Bruttomonatsgehältern anzusetzen, zumal die Beklagte die - hier gar nicht einschlägige - Rechtsprechung nicht missachtet habe.
Die Beklagte trägt in Erwiderung auf die Berufung der Klägerin vor:
Bei der Bemessung einer Entschädigung sei zur Errechnung der Vergütung das Weihnachtsgeld nicht mit einzubeziehen. § 15 Abs. 2 Satz 2 (wohl: AGG) beziehe sich auf Monatsgehälter und nicht auf durchschnittliche Vergütungen. Das Vorbringen der Klägerin zur Begründung eines höheren Entschädigungsanspruchs erschöpfe sich in Polemik, die Beklagte betreibe "Diskriminierung nach Gutsherrenart" und das Arbeitsgericht habe ihr einen "Entschädigungsrabatt" gewährt. Zu Recht habe das Gericht zu Gunsten der Beklagten gewertet, dass die Klägerin zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden sei.
Die Beklagte beantragt:
Die Klägerin beantragt,
Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Berufung vor:
Der ihr zugesprochene Betrag bleibe hinter dem von dem Gericht im Gütetermin vorgeschlagenen von zwei Bruttomonatsgehältern zurück. Bei der Bemessung habe das Arbeitsgericht nicht alle Umstände des Einzelfalles berücksichtigt. Unter Einbeziehung des Weihnachtsgeldes sei von einem Einkommen in Höhe von EUR 3.581,87 monatlich auszugehen. Die Einladung zum Vorstellungsgespräch könne nicht zugunsten der Beklagten berücksichtigt werden, weil dort eine weitere diskriminierende Frage gestellt worden sei. Die Beklagte stelle Bewerber mit evangelischer Konfession ein, ersatzweise einer anderen christlichen Kirche und notfalls auch konfessionslose Bewerber, diese aber möglichst nur befristet. Sie nehme Diskriminierungen nach Gutsherrenart mit Abstufungen vor und habe die Klägerin als eine Art "Notreserve" zum Bewerbungsgespräch eingeladen. Sie habe die Stelle mit einer Bewerberin besetzt, die zuvor aus der katholischen Kirche ausgetreten, dann aber der evangelischen Kirche beigetreten sei, so dass der "Gleichklang der Religionszugehörigkeit" nach einer gewissen Übergangszeit wieder gegeben sei. Die Entschädigung sei deshalb auf zwei Bruttomonatsvergütungen festzusetzen, obwohl aufgrund eines "Sturheitsfaktors" auf Seiten der Beklagten gegen die ihr bekannte Rechtsprechung des BAG und des EuGH deren drei gerechtfertigt wären. Die Beklagte trauere früheren Diskriminierungsprivilegien nach.
Die Klägerin trägt in Erwiderung auf die Berufung der Beklagten vor, deren Vortrag sei widersprüchlich. Wenn die Beklagte schon in der Stellenausschreibung nach der Religion frage, überzeuge es nicht, dass diese angeblich keine Bedeutung habe. Die Beklagte beklage die Entscheidungen des EuGH und des BAG als Verstoß gegen ihr Selbstbestimmungsrecht, obwohl sie die Klägerin angeblich gar nicht diskriminiert habe. Nicht nur in der Stellenausschreibung, sondern auch aus dem Aktenvermerk über das Bewerbungsgespräch ergebe sich ein Diskriminierungsindiz zu Lasten der Beklagten. Auch aus Art. 89 Abs. 5 Grundordnung und den §§ 3ff. Rahmenordnung gehe der klare Wille der Beklagten hervor, sich durch ihre eigenen Verwaltungsanweisungen selbst an ein diskriminierendes Vorgehen zu binden. Soweit die Beklagte eine "uneingeschränkte Loyalität und Identifikation mit den kirchlichen Aufgaben der Beklagten" fordere, sei diese Forderung in Bezug auf "verkündungsnahe" (wohl: verkündigungsnahe) Mitarbeiter berechtigt. Das gelte aber nicht für die vorliegend relevante Stelle im Sekretariat.
Wegen des Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze, die bezeichneten Anlagen und die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufungen sind zulässig, aber unbegründet. Das Arbeitsgericht hat der Klägerin nach Grund und Höhe nicht zu beanstandende Entschädigung zugesprochen. Die Angriffe der Parteien rechtfertigen keine Abänderung der Entscheidung.
A
Die Berufungen sind an sich statthaft nach den §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, Abs. 2 lit.b ArbGG. Sie sind auch im Übrigen zulässig, denn sie wurden form- und fristgerecht eingelegt und - im Falle der Beklagten innerhalb der fristgerecht beantragten und antragsgemäß verlängerten Frist - auch begründet, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 ZPO. Die Berufungen setzen sich auch hinreichend mit der die jeweilige Beschwer tragenden Begründung des Arbeitsgerichts auseinander, § 520 Abs. 3 Satz 2 Ziff. 2 ZPO.
B
Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Der Klägerin steht ein Entschädigungsanspruch nach den §§ 15 Abs. 2, 7 Abs. 1, 3 Abs. 1, 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) zu, die nicht geringer zu bemessen ist als vom Arbeitsgericht festgesetzt. Mit dem Arbeitsgericht ist davon auszugehen, dass Indizien i.S.d. § 22 AGG vorliegen, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen. Die Beklagte hat ihrer Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligungen vorgelegen hat, nicht entsprochen.
Das Berufungsgericht macht sich die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts in vollem Umfang zu eigen und nimmt darauf Bezug, § 69 Abs. 2 ArbGG. Die Berufung der Beklagten veranlasst lediglich folgende Ergänzungen:
I.
Die unbezifferte Klage war zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Eine Bezifferung des Zahlungsantrags ist nicht notwendig. Erforderlich ist allein, dass die klagende Partei Tatsachen benennt, die das Gericht bei der Bestimmung des Betrags heranziehen soll und die Größenordnung der geltend gemachten Forderung angibt. Dem Gericht wird bei der Bestimmung der Höhe der Entschädigung ein Beurteilungsspielraum eingeräumt (BAG 15. März 2012 - 8 AZR 160/11 - Rn. 17, juris). In der Begründung des Gesetzesentwurfs ist untechnisch von einem "Beurteilungsspielraum" die Rede (vgl. etwa BT-DRS. 16/1780 Seite 38). Insofern hat das Bundesarbeitsgericht klargestellt, dass es trotz dieser Wortwahl der Sache nach um einen Ermessenspielraum geht (BAG 28. Mai 2020 - 8 AZR 170/19 - Rn. 27, juris).
II.
Die Klage ist auch in dem Umfang begründet, in dem das Arbeitsgericht der Klägerin eine Entschädigung zugesprochen hat.
1. Der persönliche Anwendungsbereich des AGG ist eröffnet. Für die Klägerin ergibt sich dies aus § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG. Sie ist als Bewerberin für ein Beschäftigungsverhältnis Beschäftigte im Sinne des Gesetzes. Sie hat eine Bewerbung eingereicht (zum sog. formalen Bewerberbegriff BAG 19. Mai 2016 - 8 AZR 470/14 - Rn. 62ff., juris).
2. Die Klägerin hat den Anspruch auf Entschädigung frist- und formgerecht geltend gemacht (§ 15 Abs. 4 AGG) und die Entschädigung fristgerecht eingeklagt (§ 61b Abs. 1 ArbGG).
3. Durch die Erfolglosigkeit ihrer Bewerbung und Nichteinstellung ihrer Person in Bezug auf die ausgeschriebene Stelle hat die Klägerin einen unmittelbaren Nachteil i.S.v. § 3 Abs. 1 AGG erlitten. Denn sie hat eine weniger günstige Behandlung erfahren als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Die Beklagte hat eine andere Person auf der Sekretariatsstelle eingestellt. Es spielt keine Rolle, ob die Einstellung aufgrund einer neuerlichen Ausschreibung erfolgt ist, wozu sich die Beklagte nicht näher erklärt hat. Ein Arbeitgeber, der Tatsachen vorzutragen und im Bestreitensfall zu beweisen hat, aus denen sich ergibt, dass ausschließlich andere als die in § 1 AGG genannten Gründe zu einer ungünstigeren Behandlung geführt haben, kann sich nicht darauf berufen, dass er von einer Einstellung oder Beschäftigung eines anderen Bewerbers absieht, die Stelle also nach Beginn der eigentlichen Bewerberauswahl unbesetzt bleibt. Die Auslegung und Anwendung von § 22 AGG darf nicht dazu führen, dass es der Arbeitgeber in der Hand hat, durch eine geeignete Verfahrensgestaltung die Chancen von Bewerbern und Bewerberinnen wegen der in § 1 AGG genannten Gründe so zu mindern, dass seine Entscheidung praktisch unangreifbar wird (BAG 19. Mai 2016 - 8 AZR 470/14 - Rn. 87, juris m.w.N.).
4. Der Arbeitgeber schuldet einem/einer abgelehnten Bewerber/in eine Entschädigung nicht bereits deshalb, weil die Stelle unter Verstoß gegen § 11 AGG ausgeschrieben wurde und damit erst recht nicht allein deshalb, weil die Stellenausschreibung Formulierungen, insbesondere Anforderungen enthält, die "auf den ersten Blick" den Anschein erwecken, der Arbeitgeber habe den Arbeitsplatz unter Verstoß gegen § 11 AGG ausgeschrieben. Das Gesetz knüpft an einen Verstoß gegen § 11 AGG keine unmittelbaren Rechtsfolgen.
Voraussetzung für den Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG ist vielmehr, dass der/die abgelehnte Bewerber/in entgegen § 7 Abs. 1 AGG wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt wurde. Zwischen der benachteiligenden Behandlung und einem in § 1 AGG genannten Grund muss demnach ein Kausalzusammenhang bestehen. Dafür ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund i.S.v. § 1 AGG das ausschließliche oder auch nur ein wesentliches Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist; es muss nicht - gewissermaßen als vorherrschender Beweggrund, Hauptmotiv oder "Triebfeder" des Verhaltens - handlungsleitend oder bewusstseinsdominant gewesen sein; vielmehr ist der Kausalzusammenhang bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an einen Grund i.S.v. § 1 AGG anknüpft oder durch diesen motiviert ist, wobei die bloße Mitursächlichkeit genügt. Zudem darf die mit einer negativen Auswahlentscheidung des Arbeitgebers verbundene unmittelbare Benachteiligung des/der Bewerbers/Bewerberin i.S.v. § 3 Abs. 1 AGG nicht nach den §§ 8, 9 oder 10 AGG zulässig sein (BAG 19. Mai 2016 - 8 AZR 470/14 - Rn. 53, juris; 25. Oktober 2018 - 8 AZR 501/14 - Rn. 50, juris jeweils m.w.N.).
5. § 22 AGG sieht für den Rechtsschutz bei Diskriminierungen im Hinblick auf den Kausalzusammenhang eine Erleichterung der Darlegungslast, eine Absenkung des Beweismaßes und eine Umkehr der Beweislast vor. Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen, trägt nach § 22 AGG die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligungen vorgelegen hat. Danach genügt eine Person, die sich durch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für beschwert hält, ihrer Darlegungslast bereits dann, wenn sie Indizien vorträgt, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt ist. Dabei sind alle Umstände des Rechtsstreits in einer Gesamtwürdigung des Sachverhalts zu berücksichtigen. Der Arbeitgeber muss demnach Tatsachen vortragen und ggf. beweisen, aus denen sich ergibt, dass ausschließlich andere als die in § 1 AGG genannten Gründe zu einer ungünstigeren Behandlung geführt haben (stRsrp. des BAG, z.B. 25. Oktober 2018 - 8 AZR 501/14 - Rn. 51, 52, juris; 23. November 2017 - 8 AZR 372/16 - Rn. 22; 19. Mai 2016 - 8 AZR 470/14 - Rn. 54, juris m.w.N.).
a) Schreibt der Arbeitgeber eine Stelle entgegen § 11 AGG unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 AGG aus, kann dies die Vermutung i.S.v. § 22 AGG begründen, dass der/die erfolglose Bewerber/in im Auswahl-/Stellenbesetzungsverfahren wegen eines Grundes i.S.v. § 1 AGG benachteiligt wurde. Zwar verweist § 11 AGG nach seinem Wortlaut nur auf § 7 Abs. 1 AGG, allerdings muss die Bestimmung so ausgelegt werden, dass ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG und damit ein Verstoß gegen § 11 AGG nicht vorliegt, wenn eine unmittelbare Benachteiligung i.S.v. § 3 Abs. 1 AGG nach den §§ 8, 9 oder 10 AGG zulässig ist. Eine Stellenausschreibung verstößt nicht gegen § 11 AGG, wenn die unterschiedliche Behandlung etwa nach § 9 AGG zulässig ist. Wenn bei der Besetzung der Stelle eine Differenzierung zulässig ist, muss das auch bei der Ausschreibung der Fall sein (BAG 25. Oktober 2018 - 8 AZR 501/14 - Rn. 53, juris; 19. Mai 2016 - 8 AZR 470/14 - Rn. 55, juris; Beck-Online Großkommentar/Benecke AGG § 22 Rn. 33).
b) Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Vermutung, dass die Klägerin wegen ihrer Konfessionslosigkeit im Bewerbungsverfahren benachteiligt wurde, auf die Stellenausschreibung der Beklagten vom 13. Januar 2019 gestützt.
Gegen § 7 AGG verstößt die Ausschreibung, wenn sie nach einem Merkmal des § 1 differenziert. Ob eine Formulierung in der Ausschreibung an einen solchen Grund anknüpft, kann durch Auslegung ermittelt werden. Die Auslegung erfolgt nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Bedeutungsgehalt so, wie sie von einem redlichen Bewerber verstanden werden kann (BAG 26. Januar 2017 NZA-RR 2017, 342; Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht/Schlachter 21. Aufl. 2021 § 22 AGG Rn. 2).
aa) Der Beklagten ist zuzugeben, dass sie in der Stellenanzeige nicht ausdrücklich erklärt hat, dass sie die Konfessionszugehörigkeit zu irgendeiner Religion oder die Mitgliedschaft in einer christlichen Kirche zur Einstellungsvoraussetzung erhoben hat, wie das etwa in dem der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 25. Oktober 2018 (- 8 AZR 501/14 - Rn. 7, juris) zugrundeliegenden Sachverhalt der Fall war.
Die Beklagte hat aber die Bewerbenden aufgefordert, ihre Unterlagen "unter Angabe der Konfession" einzureichen. Sie hat diese Aufforderung in keiner Weise eingeschränkt und damit deutlich gemacht, dass Angaben zur Konfession für ihre Auswahlüberlegung von Bedeutung sind. Der Wortlaut setzt eine Konfessionszugehörigkeit des Bewerbenden voraus. Eine konfessionslose Person kann keine Angaben zu der Konfession machen, weil sie über keine solche verfügt.
bb) Darüber hinaus hat die Beklagte im Anforderungsprofil ausdrücklich auf die positive Identifikation mit den Zielen und Aufgaben der evangelischen Landeskirche in Baden hingewiesen. Die Ziele und Aufgaben der evangelischen Landeskirche hat die Beklagte im Kammertermin im Wesentlichen mit der Verkündigung des Gotteswortes bezeichnet.
Wenn in Bezug auf dieses Ziel und diese Aufgabe eine positive Identifikation des Bewerbenden erwartet wird, geht das über eine ablehnende, aber auch über eine mehr oder minder indifferente und gleichgültige Haltung des Bewerbenden hinaus. Nach dem Wortlaut genügt nicht einmal eine Identifikation, die Anforderung wird mit der Verwendung des Wortes positiv noch gesteigert.
cc) Nach dem objektiven Inhalt und dem typischen Bedeutungsgehalt ist die Stellenausschreibung der Beklagten von einem redlichen Bewerber dahin zu verstehen, dass es der Beklagten bei ihren Auswahlentscheidungen auch auf das Vorhandensein einer Konfession ankommt und die positive Identifikation im Sinne eines Bekenntnisses zu den Zielen und Aufgaben der Evangelischen Landeskirche in Baden vorzugswürdig ist.
Damit geht mitnichten die Schlussfolgerung einher - wie das die Berufung der Beklagten suggeriert - der Bitte um Mitteilung der Religionszugehörigkeit sei eine zwingende Voraussetzung für die Stellenbesetzung immanent. Dessen bedarf es zur Begründung des Entschädigungsanspruches gerade nicht, weil bloße Mitursächlichkeit ausreichend ist (BAG 19. Mai 2016 - 8 AZR 470/14 - Rn. 53, juris m.w.N.)
dd) Das objektive Bewerberverständnis wird gerade durch das Bewerbungsschreiben der Klägerin vom 26. Januar 2019 belegt. Sie sah sich veranlasst zur Frage der Konfession Stellung zu nehmen und zu begründen, weshalb sie trotz des Mangels dennoch die ausgeschriebene Stelle optimalausfüllen könne. Ob der Begründungsversuch geglückt oder - wie das die Beklagte meint - verunglückt ist, ist unerheblich.
c) Es bedarf keiner Erörterung, ob die Stellenausschreibung eine unmittelbare Benachteiligung von Mitgliedern anderer Religionsgemeinschaften vermuten lässt, insbesondere die von der Beklagten angesprochenen Muslime, Hindus oder Buddhisten. Die Frage, ob Angehörige solcher Glaubensrichtungen den Zielen und Aufgaben der Beklagten nicht nur neutral, sondern gar ablehnend gegenüberstehen und deshalb die Gefahr einer Beeinträchtigung der Glaubwürdigkeit der Kirche und ihrer Verkündigung von solchen Personen als Stelleninhaber ausgehen könnte, kann auf sich beruhen.
Geht es doch vorliegend allein und ausschließlich darum, ob die Klägerin als Konfessionslose unzulässig wegen der Religion benachteiligt wurde. Vom Begriff "Religion" i.S.v. § 1 AGG und der Richtlinie 2000/78/EG wird auch der Glaube an keine Religion als Übung der negativen Religionsfreiheit geschützt (BAG 25. Oktober 2018 - 8 AZR 501/14 - Rn. 56, 60, juris).
d) Zu Recht hat das Arbeitsgericht der Beklagten deren Vortrag vorgehalten, dass im Rahmen der Überprüfung der uneingeschränkten Loyalität und Identifikation mit den kirchlichen Aufgaben die Angabe der konfessionellen Bindung für eine Kirchenverwaltung eine wichtige und hilfreiche Information darstelle, weil eine reflektierte Einstellung zur christlichen Religiosität und den Aufgaben und Zielen einer christlichen Kirche schließlich nur von einer Person erwartet werden könne, die aus eigener Erfahrung eine Vorstellung von christlicher Religion und einen Bezug zu kirchlichen Strukturen habe.
Dabei geht es nicht um das an anderer Stelle im Anforderungsprofil genannte hohe Maß an Diskretion, Loyalität und Zuverlässigkeit gegenüber der Beklagten als Arbeitgeberin. Es geht vielmehr um eine positive Identifikation mit den kirchlichen Aufgaben der Beklagten, die in der Verkündigung des Wortes Gottes bestehen und die von einem konfessionsgebundenen Bewerber eher als von einem konfessionslosen Bewerber erwartet werden kann. Insofern spricht die Beklagte auf Seite 11 oben der Berufungsbegründung davon, dass erforderlich sei, dass der Arbeitnehmer sich .... zumindest bis zu einem gewissen Grad mit dem Arbeitgeber identifizieren könne, d.h. mit der Evangelischen Landeskirche in Baden.
Wegen der der Klägerin zustehenden - negativen - Religionsfreiheit kann die von der Beklagten erwünschte Identifikation nicht mit der allgemein einem Arbeitgeber geschuldeten Loyalität gleichgesetzt werden. Sie bedarf wegen des Benachteiligungsverbotes nach §§ 7 Abs. 1, 3 Abs. 1, 1 AGG ggf. der Rechtfertigung nach § 9 AGG.
Aufgrund der Stellenausschreibung ist deshalb die Vermutung nach § 22 AGG begründet, dass eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vorliegt.
e) Zutreffend hat die Klägerin darüber hinaus auf die Indizwirkung der Fragen im Vorstellungsgespräch hingewiesen (hierzu Beck OGK/Benecke AGG § 22 Rn. 44ff.). Denn die Beklagte hat ausweislich des Auswahlvermerks von sich aus die Klägerin auf ihre Angaben im Bewerbungsschreiben angesprochen. Sie hat darüber hinaus von der Klägerin eine Begründung ihrer Konfessionslosigkeit erbeten. Die Klägerin hat dies mit ihrer Herkunft und den seinerzeitigen Verhältnissen in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik gerechtfertigt. Ganz offensichtlich war der Klägerin bewusst, dass sie auf diesem Gebiet "nicht punkten konnte". Denn sie sah sich veranlasst, bei der Beklagten nachzufragen, ob dies ein Problem darstelle.
Dass die Beklagte auf das von ihr in der Stellenanzeige aufgeworfene Thema der Konfession im Bewerbungsgespräch zurückgekommen ist und hierzu weitere Fragen gestellt hat, begründet ebenfalls die Indizwirkung. Die Klägerin konnte nicht davon ausgehen, die Frage der Konfessionszugehörigkeit sei für die Auswahlentscheidung völlig unerheblich.
6. Allerdings lägen kein Verstoß gegen § 11 AGG in der Ausschreibung und auch keine unzulässigen Fragen im Bewerbungsgespräch vor, wenn die unterschiedliche Behandlung bei der Einstellung, die - wie dargelegt - indiziert ist, nach § 9 Abs. 1 AGG gerechtfertigt wäre. Denn wenn bei der Besetzung der Stelle eine Differenzierung zulässig wäre, muss das auch für die Ausschreibung und das vorgelagerte Besetzungsverfahren gelten.
a) Insofern kann sich die Beklagte nicht auf ihr Selbstverständnis als Religionsgemeinschaft im Hinblick auf ihr Selbstbestimmungsrecht berufen, § 9 Abs. 1 Alt. 1 AGG. Denn die Vorschrift ist nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts unanwendbar (25. Oktober 2018 - 8 AZR 501/14 - Rn. 24ff., juris im Nachgang zu EuGH 17. April 2018 - C-414/16 - [Egenberger]; vgl. auch BAG 20. Februar 2019 - 2 AZR 746/14 - zur Reichweite des Verlangens an das loyale und aufrichtige Verhalten nach § 9 Abs. 2 AGG).
Das BAG hat im Nachgang zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs festgestellt, dass § 9 Abs. 1 Alt. 1 AGG dahin auszulegen ist, dass es weder auf die Art der Tätigkeit noch auf die Umstände ihrer Ausübung ankommt, dass die Vorschrift in dieser Auslegung mit den unionsrechtlichen Vorgaben nicht vereinbar ist und dass sie deshalb unangewendet bleiben muss. Die Kammer schließt sich dieser Auffassung an. Unabhängig davon hat sich die Beklagte, die eine Ungleichbehandlung negiert, nicht auf ihr kirchliches Selbstbestimmungsrecht berufen.
b) Zu Recht hat das Arbeitsgericht indessen auch festgestellt, dass eine unterschiedliche Behandlung der Klägerin in Bezug auf die Konfessionszugehörigkeit nicht deshalb nach § 9 Abs. 1 Alt. 2 AGG gerechtfertigt ist, weil eine solche Anforderung im Hinblick auf das Ethos der Beklagten aufgrund der Art der fraglichen Tätigkeit oder der Umstände ihrer Ausübung wesentlich, rechtmäßig und gerechtfertigt ist (BAG 25. Oktober 2018 - 8 AZR 501/14 - Rn. 35, 59ff.).
aa) Insofern hat sich die Beklage lediglich darauf berufen, dass die Zugehörigkeit der Sekretärin der leitenden Oberkirchenrätin zur evangelischen Kirche oder zumindest einer christlichen Glaubensgemeinschaft ohne weiteres eine wesentliche berufliche Voraussetzung wäre, die im Hinblick auf den Inhalt der Tätigkeit auch rechtmäßig und gerechtfertigt wäre.
Die Beklagte hat aber - wie ihre Ausführungen auf Seite 12 der Berufungsbegründung zeigen - gerade darauf verzichtet, eine bestimmte Religionszugehörigkeit oder überhaupt eine Religionszugehörigkeit als wesentliche berufliche Voraussetzung zu definieren.
Angesichts der zuarbeitenden Aufgaben im Sekretariat der Oberkirchenrätin und der damit verbundenen Schnittstellenfunktion nach innen und nach außen erscheint es der Kammer zwar nicht ausgeschlossen und fernliegend, dass die Religionszugehörigkeit nach der Art der Tätigkeit und den Umständen ihrer Ausübung eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung darstellen könnte. Denn die leitende Oberkirchenrätin ist völlig zweifelsfrei unmittelbar dem Verkündigungsauftrag der Beklagten zuzuordnen. Ihr obliegt eine glaubwürdige Vertretung der Kirche nach außen. Die Frage, ob aufgrund der engen Zusammenarbeit mit der leitenden Oberkirchenrätin die Konfessionszugehörigkeit auch auf der Sekretariatsebene eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung darstellt, bedarf indessen keiner Beantwortung. Denn die Beklagte hat selbst davon Abstand genommen, eine bestimmte oder irgendeine Religionszugehörigkeit als wesentliche berufliche Voraussetzung zu definieren. Schon deswegen kann die Konfessionszugehörigkeit keine wesentliche Anforderung sein, dass nämlich die Zugehörigkeit zu der Religion bzw. das Bekenntnis zu der Weltanschauung, auf der das Ethos der betreffenden Kirche oder Organisation beruht, aufgrund der Bedeutung der betreffenden beruflichen Tätigkeit für die Bekundung dieses Ethos oder die Ausübung des Rechts dieser Kirche oder Organisation auf Autonomie, notwendig erscheinen muss (BAG 25. Oktober 2018 - 8 AZR 501/14 - Rn. 67, juris).
7. Die Beklagte hat den nach § 22 AGG erforderlichen Gegenbeweis, dass die Benachteiligung der Klägerin nicht durch einen in § 1 AGG genannten Grund motiviert ist, nicht geführt. Ihr ist es nicht gelungen darzulegen und zu beweisen, dass der in § 1 AGG genannte Grund für die Ungleichbehandlung "überhaupt keine Rolle" gespielt hat. Denn es genügt nicht, wenn vorgetragen wird, dass es für die Entscheidung andere Gründe gegeben habe oder dass einer oder einige davon stärker den Ausschlag gegeben haben, als der Grund nach § 1 AGG (Beck OGK/Benecke AGG § 22 Rn. 54).
a) Die Beklagte hat sich insofern im Wesentlichen darauf berufen, dass sie die Klägerin zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen habe und das vollständige Bewerbungsverfahren - wie vorgesehen - mit der Klägerin durchgeführt habe. Allerdings habe die Klägerin im Bewerbungsgespräch nicht zu überzeugen vermocht. Sie habe eine Aufgabe unbefriedigend gelöst und im Interview Defizite aufgewiesen.
b) Damit kann die Beklagte das Indiz nicht widerlegen, dass die Klägerin wegen diskriminierender Gründe benachteiligt wurde. Denn zur Widerlegung reicht gerade nicht aus, dass zusätzlich auch nichtdiskriminierende Gründe die Benachteiligung veranlasst haben ("Motivbündel"). Die Einladung zu dem Vorstellungsgespräch besagt lediglich, dass die Bewerbung der Klägerin nicht bereits von vornherein wegen der angegebenen Konfessionslosigkeit als aussichtslos verworfen wurde. Zu Recht hat das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass im Vorstellungsgespräch die Angabe der Klägerin, sie sei konfessionslos (Atheistin) explizit von der Beklagten thematisiert wurde und die Klägerin zur Abgabe einer Begründung hierfür aufgefordert wurde.
Das aus Sicht der Beklagten nicht zufriedenstellend verlaufene Bewerbungsgespräch führt letztlich nur dazu, dass die Kappungsgrenze des § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG zur Anwendung kommt, weil die Klägerin nicht als bestqualifizierte Bewerberin anzusehen ist, was sie selbst nicht behauptet.
c) Auch der Einwand der Beklagten, sie habe letztlich eine im Zeitpunkt der Einstellung konfessionslose Bewerberin eingestellt, vermag nicht zu überzeugen.
Allerdings kann nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts damit die Indizwirkung nach § 22 AGG widerlegt werden.
Insofern wird vertreten, die Vermutung könne dadurch widerlegt werden, dass ein Bewerber eingestellt wird, der der durch die Formulierung eigentlich ausgeschlossenen Gruppe angehört (Erfurter Kommentar/Schlachter a.a.O. § 22 Rn. 3; LAG Berlin 16. Mai 2001 - BeckRS 2001, 30791165; vgl. auch LAG Köln 13. Dezember 2010 - 2 Sa 924/10 -; zweifelnd bereits BeckOGK/Benecke a.a.O. § 22 AGG Rn. 34).
aa) Das erscheint zweifelhaft, weil damit lediglich widerlegt wird, das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein eines bestimmten Merkmals sei ausschlaggebend im Sinne einer conditio sine qua non für die Einstellung. Darauf kommt es indessen nicht an, weil es für eine unmittelbare Benachteiligung i.S.v. § 3 Abs. 1 AGG nicht erforderlich ist, dass der betreffende Grund i.S.v. § 1 AGG das ausschließliche (oder auch ein wesentliches) Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist; vielmehr ist der erforderliche Kausalzusammenhang bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an einen Grund i.S.v. § 1 AGG anknüpft oder durch diesen motiviert ist, wobei die bloße Mitursächlichkeit genügt (BAG 25. Oktober 2018 - 8 AZR 501/14 - Rn. 50, juris; 19. Mai 2016 - 8 AZR 470/14 - Rn. 53, juris).
bb) Die Frage bedarf hier keiner Beantwortung. Die Beklagte ist in vollem Umfang für die Widerlegung der Vermutung nach § 22 AGG darlegungs- und beweisbelastet. Sie hat zwar geltend gemacht, sie habe eine Bewerberin eingestellt, die just im Zeitpunkt der Einstellung konfessionslos gewesen sei. Die Bewerberin war aber zuvor aus der katholischen Kirche aus- und nach der Einstellung bei der Beklagten in die evangelische Kirche eingetreten. Ihre zwischenzeitliche Konfessionslosigkeit war lediglich ein notwendiger Zwischenschritt bei der Konvertierung. Da die Beklagte nach eigenen Angaben Bewerbungsgespräche nach einem nicht vorgelegten Leitfaden führt und auch im Falle der Klägerin die Konfessionszugehörigkeit thematisiert hat, ist davon auszugehen, dass dies auch bei der eingestellten Bewerberin der Fall war und die Beklagte Kenntnis von den Umständen der nur übergangsweisen Konfessionslosigkeit besaß. Damit kann die Einstellung nicht als Beleg dafür herhalten, dass es der Beklagten bei der Stellenbesetzung auf die Konfession der Bewerbenden nicht angekommen sei.
8. Ohne Erfolg hält die Beklagte der Klägerin den Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegen.
a) Nach der Rechtsprechung des BAG (19. Mai 2016 - 8 AZR 470/14 - Rn. 33ff., juris; 25. Oktober 2018 - 8 AZR 562/16 - Rn. 46ff., juris) ist der geltend gemachte Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG dem durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwand (§ 242 BGB) ausgesetzt, sofern sich der erfolglose Bewerber nicht beworben hat, um die ausgeschriebene Stelle zu erhalten, sondern es ihm darum gegangen ist, nur den formalen Status als Bewerber i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG zu erlangen mit dem ausschließlichen Ziel, eine Entschädigung geltend zu machen.
Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen, die den - rechtshindernden - Einwand des Rechtsmissbrauchs begründen, trägt nach den allgemeinen Regeln der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast derjenige, der diesen Einwand geltend macht (BAG a.a.O.).
b) Das Vorbringen der Beklagten begründet den Rechtsmissbrauchseinwand nicht.
aa) Das Bewerbungsschreiben der Klägerin stützt die Auffassung der Beklagten nicht, es sei auf eine Ablehnung der Bewerbung angelegt. Wenn die Beklagte die Angabe der Klägerin, sie sei konfessionslos (Atheistin) in diesem Sinne verstehen will, belegt das nur die Erwartungshaltung der Beklagten in konfessioneller Hinsicht in der Stellenausschreibung. Im Übrigen vermochte die Klägerin der Aufforderung nicht zu entsprechen, sich unter Angabe der Konfession zu bewerben. Sie hat ihre Konfessionslosigkeit eingeräumt und versucht zu begründen, warum sie sich gleichwohl ("dennoch") im Hinblick auf die ausgeschriebene Stelle für geeignet halte. Das ist kein Anzeichen für einen Rechtsmissbrauch, sondern ein Beleg dafür, dass die Klägerin der Gefahr begegnen wollte, bereits im Vorfeld aus Grund ihrer Konfessionslosigkeit aussortiert zu werden.
Dass die Klägerin ein entsprechendes "Gefahrenbewusstsein" hatte, wird durch ihre Frage im Bewerbungsgespräch belegt, ob das ein Problem darstelle, nachdem sie von der Beklagten auf ihre Konfessionslosigkeit und die Gründe hierfür angesprochen wurde.
bb) Dass die Klägerin nach wie vor bei ihrem bisherigen Arbeitgeber tätig ist, ist kein Beleg für ein mangelndes Interesse an der Stelle bei der Beklagten im Zeitpunkt der Bewerbung. Ein zwischenzeitlicher Sinneswandel wäre unschädlich. Das seinerzeitige Interesse der Klägerin wird durch ihr Angebot im Bewerbungsgespräch betont, einen Probearbeitstag zu absolvieren und durch ihre Nachfrage vom 17. März 2019, in welchem sie ihr fortbestehendes Interesse an der Stelle unterstrichen hat (Bl. 35 der Akte des ArbG).
cc) Der Hinweis der Beklagten auf die von der Klägerin im Herbst 2018 genossene Fortbildung ist unergiebig. Es kommt nicht darauf an, ob die Klägerin Monate vor ihrer Bewerbung einen Stellenwechsel beabsichtigte, sondern im Zeitpunkt ihrer Bewerbung. Es wäre sogar ausreichend, wenn gerade die Anzeige der Beklagten die Klägerin erstmalig motiviert hätte.
dd) Ohne Aussagekraft ist die Prozessvertretung der Klägerin durch ihre Arbeitgeber. Das besagt nur, dass die Klägerin ihre Bemühungen um eine anderweitige Stelle jenen gegenüber offengelegt hat.
Letztlich hat die Beklagte lediglich mehr oder weniger Indizien vorgetragen, die aus ihrer Sicht gegen eine Absicht der Klägerin sprechen, die Stelle bei der Beklagten auch tatsächlich anzutreten. Ihre Darlegungs- und Beweislast hat sie damit in keinem Fall erfüllt.
9. Zutreffend hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass sich der Anspruch der Klägerin auf eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG auf EUR 5.037,00 beläuft.
a) Die Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG muss einen tatsächlichen und wirksamen rechtlichen Schutz der aus den Antidiskriminierungsrichtlinien des Unionsrechts hergeleiteten Rechte gewährleisten. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union muss die Härte der Sanktionen der Schwere des Verstoßes entsprechen, indem sie insbesondere eine wirklich abschreckende Wirkung gegenüber dem Arbeitgeber gewährleistet, zugleich aber den allgemeinen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrt. Sie muss in einem angemessenen Verhältnis zum erlittenen Schaden stehen. Eine rein symbolische Entschädigung wird den Erfordernissen einer wirksamen Umsetzung der Richtlinien nicht gerecht (BAG 28. Mai 2020 - 8 AZR 170/19 - Rn. 19, juris m.w.N.).
Im Fall einer Nichteinstellung ist für die Bemessung der Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG an das Bruttomonatsentgelt anzuknüpfen, das der/die erfolglose Bewerber/in (ungefähr) erzielt hätte, wenn er/sie die ausgeschriebene Stelle erhalten hätte. Das folgt aus der in § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG getroffenen Bestimmung, wonach die Entschädigung bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen darf, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Soweit es um den Zugang zur Beschäftigung geht, ist die Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG nämlich nicht nur eine Sanktion dafür, dass der/die erfolglose Bewerber/in nicht die Chance zur Entfaltung seiner/ihrer individuellen Persönlichkeit durch eine bestimmte Beschäftigung erhält, sondern ebenso eine Sanktion dafür, dass er/sie nicht die Chance erhält, ein Arbeitseinkommen zu erzielen und dadurch auch in seinem/ihrem Geltungs- bzw. Achtungsanspruch berührt ist. In beiden Fällen ist nicht der materielle, sondern der immaterielle Teil des Persönlichkeitsrechts betroffen. Die Anknüpfung an das auf der ausgeschriebenen Stelle (ungefähr) zu erwartende Bruttomonatsentgelt steht auch mit den unionsrechtlichen Vorgaben in Einklang. Bei der Bestimmung der angemessenen Entschädigung für den erlittenen immateriellen Schaden nach § 15 Abs. 2 AGG steht den Tatsachengerichten nach § 287 Abs. 1 ZPO ein weiter Ermessensspielraum zu, innerhalb dessen sie die Besonderheiten jedes einzelnen Falles zu berücksichtigen haben. § 15 Abs. 2 AGG entspricht insoweit der Regelung zur billigen Entschädigung in § 253 BGB, wobei § 15 Abs. 2 AGG als speziellere Norm der in § 252 BGB getroffenen Regelung vorgeht (BAG 28. Mai 2020 - 8 AZR 170/19 - Rn. 24ff. m.w.N.).
b) Zur Recht hat das Arbeitsgericht darauf abgehoben, dass die Beklagte die Klägerin nicht bereits von vornherein aufgrund der im Bewerbungsschreiben angegebenen Konfessionslosigkeit aussortiert hat, sondern sie zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen hat. Die Würdigung des Arbeitsgerichts, die Beklagte habe der Klägerin damit eine echte Chance eingeräumt, sich für die ausgeschriebene Stelle zu empfehlen, ist nicht zu beanstanden. Angesichts des von der Beklagten betriebenen Aufwandes sieht auch das Berufungsgericht keine Anhaltspunkte dafür, dass die Einladung zum Vorstellungsgespräch einschließlich des Assessments nur zu dem Zwecke erfolgt sei, eine eventuelle Schadensersatzklage zu verhindern (zu einem nachholenden Vorstellungsgespräch als "Wiedergutmachung" vgl. BAG 28. Mai 2020 - 8 AZR 170/19 - Rn. 35). Hat aber die Beklagte die Konfessionslosigkeit der Klägerin zur Überzeugung des Gerichts (§ 286 Abs. 1 ZPO) nicht als Ausschlusskriterium behandelt, sondern nur im Rahmen eines sog. Motivbündels, was nach § 22 AGG zu vermuten ist, so fällt die zu berücksichtigende Schwere des Verstoßes geringer ins Gewicht.
Eine niedrigere Entschädigung ist allerdings mit Blick auf die erforderliche Abschreckungswirkung nicht angezeigt. Hat doch die Klägerin aufgezeigt, dass die Beklagte nicht nur bei der vorliegenden, sondern auch bei weiteren Stellenanzeigen Bewerbende zur Angabe der Konfession auffordert, ohne dass die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Alt. 2 AGG dargetan sind.
Die Entschädigung steht auch in einem angemessenen Verhältnis zum erlittenen immateriellen Schaden der Klägerin. Insofern lässt die Berufung nicht erkennen, dass ein geringerer Betrag gerechtfertigt wäre.
10. Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 286, 288 BGB.
Die Berufung der Beklagten war folglich zurückzuweisen.
C
Die Berufung der Klägerin ist ebenfalls unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine höhere als die von dem Arbeitsgericht festgesetzte Entschädigung.
I.
Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, ihr stehe ein Entschädigungsanspruch in Höhe zweier Bruttomonatsvergütungen zu, die sich unter Einschluss eines anteiligen Weihnachtsgeldes errechnen würden.
II.
1. Dabei übersieht die Klägerin, dass die Entschädigung nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG anders als die Kappungsgrenze nach Satz 2 der Vorschrift nicht unmittelbar an das Monatsgehalt anknüpft, sondern nach der Rechtsprechung des BAG insofern nur von einer ungefähren Bezugsgröße auszugehen ist. Weder nach Wortlaut noch nach Sinn und Zweck des Gesetzes ist daher eine Durchschnittsbetrachtung unter Einschluss einmaliger Zahlungen wie Gratifikationen, Prämien usw. angezeigt. Der Verweis der Klägerin auf § 12a ArbGG mag de lege ferenda interessant und bedeutungsvoll sein. Für eine analoge Anwendung ist de lege lata schon deshalb kein Raum, weil dort auf den Vierteljahresverdienst abgestellt wird, in § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG indessen auf das Monatsgehalt.
2. Die Beklagte schuldet keine Entschädigung, die über 1,5 Monatsgehälter hinausgeht.
Der Entschädigungsanspruch wird nicht durch die Indizien oder deren Anzahl ausgelöst, sondern stützt sich auf die Benachteiligung im Bewerbungsverfahren (BAG 28. Mai 2020 - 8 AZR 170/19 - Rn. 35, juris für das Vorstellungsgespräch; Erfurter Kommentar/Schlachter § 22 AGG Rn. 3 für die benachteiligende Ausschreibung). Es ist deshalb unerheblich, dass die Beklagte nicht nur in der Stellenausschreibung Angaben zur Konfession gefordert hat, sondern auch im Bewerbungsgespräch. Dadurch wird die zu berücksichtigende Schwere des Verstoßes nicht gesteigert.
3. Es bedarf auch keiner gesteigerten Abschreckung der Beklagten. Die Beklagte mag die Reichweite der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vom 25. Oktober 2018 (- 8 AZR 509/14 -, juris) und ihrer Anwendbarkeit auf den vorliegenden Fall angesichts der Unterschiede in der Stellenausschreibung in Zweifel ziehen. Anhaltspunkte dafür, dass sie die Rechtsprechung ignoriert, sind jedoch nicht gegeben. Soweit die Beklagte in der Berufungsbegründung die ergangene Rechtsprechung als Eingriff in ihr Kirchenprivileg kritisiert, sind diese Ausführungen eher beiläufig erfolgt und stützen den Berufungsangriff nicht.
4. Dass die Klägerin mit einer Entschädigung in Höhe von 1,5 Bruttomonatsgehältern keinen angemessenen Ausgleich für den erlittenen immateriellen Schaden erhalten würde, hat sie nicht dargetan (hierzu auch BAG 28. Mai 2020 - 8 AZR 170/19 - Rn. 38ff., juris).
Die Abweichung der zugesprochenen von der im Gütetermin vorgeschlagenen Entschädigung bedarf keiner Begründung. Dem Vorschlag lag eine nur vorläufige Einschätzung des Gerichts zugrunde.
Auch die Berufung der Klägerin war deshalb zurückzuweisen.
D
Aus der Erfolglosigkeit der Rechtsmittel resultiert die anteilige Auferlegung der Kosten des Berufungsverfahrens, § 97 Abs. 1 i.V.m. § 92 Abs. 1 ZPO.
Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil Gründe hierfür nicht vorliegen, § 72 Abs. 2 ArbGG.
Egner
Steinmann
Verkündet am 13.04.2021