10.02.2022 · IWW-Abrufnummer 227445
Bundesfinanzhof: Urteil vom 31.08.2021 – III R 41/19
1. Eine kindergeldrechtliche Berücksichtigung wegen Berufsausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG scheidet aus, sobald ein Kind sein Ausbildungsverhältnis krankheitsbedingt nicht nur unterbrochen, sondern —z.B. durch Abmeldung von der (Hoch–)Schule oder Kündigung des Ausbildungsverhältnisses— abgebrochen hat.
2. Ist ein Kind krankheitsbedingt nicht in der Lage, sich ernsthaft um eine Ausbildungsstelle zu bemühen oder sie zum nächstmöglichen Ausbildungsbeginn anzutreten, kann es nur dann nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG berücksichtigt werden, wenn es sich um eine vorübergehende Erkrankung handelt und die im Anspruchszeitraum bestehende Ausbildungswilligkeit nachgewiesen wird.
3. Von einer vorübergehenden Erkrankung ist auszugehen, wenn sie im Hinblick auf die ihrer Art nach zu erwartende Dauer der von ihr ausgehenden Funktionsbeeinträchtigung mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht länger als sechs Monate währt.
Tenor:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 19.09.2018 ‒ 7 K 391/18 aufgehoben.
Die Sache wird an das Finanzgericht Baden-Württemberg zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.
Gründe
I.
1
Streitig ist der Kindergeldanspruch für ein während einer Ausbildung erkranktes Kind für den Zeitraum April bis September 2017.
2
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist die Mutter einer im Februar 1994 geborenen Tochter (A). A begann im Februar 2016 eine zweijährige Ausbildung als pharmazeutisch-technische Assistentin und besuchte hierfür eine Schule.
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Die Beklagte und Revisionsklägerin (Familienkasse) setzte deshalb zunächst zugunsten der Klägerin Kindergeld für A fest.
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Mit Schreiben vom 24.09.2017 teilte die Klägerin der Familienkasse mit, dass für ihre Tochter ab September 2017 bis voraussichtlich Februar 2018 kein Anspruch auf Kindergeld mehr bestehe, da A vollzeitbeschäftigt und keine Auszubildende mehr sei. A werde ihre Ausbildung jedoch voraussichtlich im Februar 2018 fortsetzen. Nach einer Anfrage seitens der Familienkasse bei der Schule teilte diese mit, dass A vorzeitig zum 23.03.2017 von der Schule abgegangen sei. Die Familienkasse hob daher mit Bescheid vom 02.11.2017 die Kindergeldfestsetzung ab dem Monat April 2017 auf und forderte das für den Zeitraum April bis Oktober 2017 in Höhe von insgesamt 1.344 € bereits ausbezahlte Kindergeld von der Klägerin zurück.
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Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Einspruch ein und teilte mit, dass A erkrankt sei. Sie fügte zwei ärztliche Atteste vom 02.04.2017 und vom 06.04.2017 bei. Eine Fachärztin für Allgemeinmedizin bescheinigte, dass A aufgrund massiver gesundheitlicher Probleme das aktuell laufende Schuljahr unterbrechen solle, damit sie intensiv ihre Therapie vollenden könne. Falls es zu einer Besserung kommen sollte, könne sie im September das Schuljahr wieder aufnehmen oder wiederholen. Ein Nervenarzt attestierte, dass A seit 07.02.2017 in seiner fachärztlichen Mitbehandlung stehe. Sie sei aktuell zu einer regelmäßigen Teilnahme am Schulunterricht nicht fähig. Der Erfolg der Behandlung müsse abgewartet werden. Es sei realistisch, eine Freistellung bis zum Beginn des neuen Schuljahres im Herbst einzuplanen.
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Mit Einspruchsentscheidung vom 10.01.2018 wies die Familienkasse den Einspruch als unbegründet zurück. Eine Berücksichtigung sei möglich, wenn ein Kind infolge einer Erkrankung gehindert sei, sich um eine Berufsausbildung zu bemühen, sie zu beginnen oder diese fortzusetzen. Hierfür sei jedoch Voraussetzung, dass die Erkrankung und deren voraussichtliches Ende durch eine ärztliche Bescheinigung nachgewiesen würden. Nach Ablauf von sechs Monaten sei die Bescheinigung zu erneuern. Es liege keine Meldung oder Willenserklärung der A ab April 2017 vor, sich zum nächstmöglichen Zeitpunkt um eine Berufs- oder Schulausbildung zu bewerben. A habe eine Schule besucht und sich damit in Berufsausbildung befunden. Diese Ausbildung sei jedoch am 23.03.2017 beendet worden; eine weitere Berufsausbildung für die Zeit danach liege nicht vor oder sei nicht nachgewiesen. Eine anspruchsschädliche Unterbrechung der Ausbildung sei nicht anzunehmen, solange während einer Erkrankung die rechtliche Bindung zur Ausbildungsstätte oder zum Ausbilder fortbestehe. Da eine Willenserklärung der A, nach Ende der Erkrankung weiterhin die Schule besuchen zu wollen, jedoch nicht vorliege, komme eine Berücksichtigung nicht in Betracht.
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Im dagegen gerichteten Klageverfahren erließ die Familienkasse unter dem 16.07.2018 einen Abhilfebescheid, durch den Kindergeld für A für die Monate November 2017 bis Januar 2018 festgesetzt wurde.
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Das Finanzgericht (FG) gab der auf die Aufhebung des Aufhebungsbescheids und der Einspruchsentscheidung mit Ausnahme des Monats Oktober 2017 gerichteten Klage in vollem Umfang statt.
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Mit der hiergegen gerichteten Revision rügt die Familienkasse die Verletzung materiellen Rechts.
10
Die Familienkasse beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
11
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II.
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Die Revision der Familienkasse ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Rechtssache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung ( § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Auf Grundlage der getroffenen Feststellungen kann der erkennende Senat nicht abschließend prüfen, ob das FG zu Recht davon ausgegangen ist, dass der Klägerin im Streitzeitraum ein Kindergeldanspruch für A zusteht.
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1. Nach § 62 Abs. 1 Satz 1, § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) wird für ein Kind, welches das 18., aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat, Kindergeld u.a. dann gewährt, wenn es für einen Beruf ausgebildet wird ( § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG ), eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann ( § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG ) oder wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten und die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist ( § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG ).
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2. Zu Unrecht ist das FG davon ausgegangen, dass A im Streitzeitraum i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG für einen Beruf ausgebildet wurde.
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a) In Berufsausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG befindet sich, wer "sein Berufsziel" noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft und nachhaltig darauf vorbereitet. Dieser Vorbereitung dienen alle Maßnahmen, bei denen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen erworben werden, die als Grundlagen für die Ausübung des "angestrebten" Berufs geeignet sind (z.B. Senatsurteil vom 27.11.2019 ‒ III R 65/18 , BFH/NV 2020, 765, Rz 9, m.w.N.).
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Dabei werden Ausbildungsmaßnahmen zwar einerseits durch eine Einschreibung an einer Schule oder Hochschule oder einen Ausbildungsvertrag mit einem Ausbildungsbetrieb indiziert. Andererseits genügt aber das rein formale Bestehen eines Ausbildungsverhältnisses nicht, wenn es an ernsthaften und nachhaltigen Ausbildungsmaßnahmen fehlt (z.B. Senatsurteile in BFH/NV 2020, 765 [BFH 27.11.2019 - III R 65/18] , Rz 10, und vom 18.01.2018 ‒ III R 16/17 , BFHE 260, 481, BStBl II 2018, 402, Rz 11, jeweils m.w.N.). Soweit Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Kind seinem gewählten Ausbildungsgang nicht ernsthaft und hinreichend nachgeht, liegt keine Berufsausbildung vor ( Senatsurteile vom 03.07.2014 ‒ III R 52/13 , BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152, Rz 32, und vom 08.09.2016 ‒ III R 27/15 , BFHE 255, 202, BStBl II 2017, 278, Rz 22).
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Eine Ausnahme von diesem Grundsatz hat der Bundesfinanzhof (BFH) im Urteil vom 15.07.2003 ‒ VIII R 47/02 (BFHE 203, 106, BStBl II 2003, 848, unter II.1.c) für den Fall zugelassen, dass die Ausbildung infolge einer Erkrankung oder wegen der Schutzfristen vor und nach der Entbindung ( § 3 Abs. 1 und 2 des Mutterschutzgesetzes —MuSchG—) unterbrochen wird. Gleiches hat der BFH für den Fall angenommen, dass das Kind während eines Ausbildungsverhältnisses in Untersuchungshaft genommen oder wegen eines laufenden Strafverfahrens im Ausland mit einem Ausreiseverbot belegt wird ( BFH-Urteil vom 20.07.2006 ‒ III R 69/04 , BFH/NV 2006, 2067, unter II.1.c). Vorausgesetzt wurde insoweit jedoch, dass das Kind einen Ausbildungsplatz hat und ausbildungswillig ist (BFH-Urteile in BFHE 203, 106, BStBl II 2003, 848, unter II.1.c, sowie in BFH/NV 2006, 2067, unter II.1.c). Wurde das Ausbildungsverhältnis beendet, indem das Kind z.B. von der Schule abgemeldet wurde oder der Ausbildungsvertrag einvernehmlich aufgehoben oder einseitig gekündigt wurde, fehlt es schon am formalen Fortbestehen eines Ausbildungsverhältnisses. Die tatsächliche Durchführung von Ausbildungsmaßnahmen ist nicht mehr wegen der Erkrankung oder der Mutterschutzfristen, sondern wegen des Wegfalls des Ausbildungsverhältnisses ausgeschlossen. Dementsprechend kommt eine Berücksichtigung nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG nicht mehr in Betracht, soweit eine Ausbildung infolge einer Erkrankung nicht nur unterbrochen, sondern abgebrochen wurde.
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b) Danach scheidet im Streitfall eine Berücksichtigung der A als in Ausbildung befindliches Kind ab April 2017 aus, da sie nach den Feststellungen des FG zum 23.03.2017 von der Schule abgegangen ist, die Schulausbildung somit vorzeitig abgebrochen und deshalb auch keine weiteren Ausbildungsmaßnahmen mehr durchgeführt hat.
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3. Die vom FG festgestellten Tatsachen reichen auch nicht aus, um beurteilen zu können, ob A nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG zu berücksichtigen ist.
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a) Die Berücksichtigung als Kind, das eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann ( § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG ), setzt voraus, dass der Beginn der Ausbildung nicht an anderen Umständen als dem Mangel eines Ausbildungsplatzes scheitert ( Senatsurteile vom 07.04.2011 ‒ III R 24/08 , BFHE 233, 44, BStBl II 2012, 210, Rz 27; vom 13.06.2013 ‒ III R 58/12 , BFHE 242, 118, BStBl II 2014, 834, Rz 14, und vom 12.11.2020 ‒ III R 49/18 , BFHE 271, 229, Rz 12). Dabei ist zwar grundsätzlich jeder Ausbildungswunsch des Kindes zu berücksichtigen; seine Verwirklichung darf jedoch nicht an den persönlichen Verhältnissen des Kindes scheitern ( BFH-Urteil vom 15.07.2003 ‒ VIII R 71/99 , BFH/NV 2004, 473, unter II.b aa). Das Kind muss die Ausbildungsstelle im Falle des Erfolgs seiner Bemühungen antreten können ( BFH-Urteil vom 15.07.2003 ‒ VIII R 79/99 , BFHE 203, 94, BStBl II 2003, 843, unter II.2.a; Senatsurteile vom 27.09.2012 ‒ III R 70/11 , BFHE 239, 116, BStBl II 2013, 544, Rz 26, sowie in BFHE 260, 481, BStBl II 2018, 402 [BFH 18.01.2018 - III R 16/17] , Rz 16).
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b) In der Person des Kindes liegende Gründe, welche der Aufnahme einer Berufsausbildung entgegenstehen, liegen z.B. vor, wenn ein Kind nicht die Voraussetzungen für den angestrebten Studiengang erfüllt (BFH-Urteil in BFH/NV 2004, 473 [BFH 15.07.2003 - VIII R 71/99] ) oder wenn ausländerrechtliche Gründe einer Berufsausbildung entgegenstehen (Senatsurteil in BFHE 233, 44, BStBl II 2012, 210 [BFH 07.04.2011 - III R 24/08] ). Ein Kind ist auch dann nicht zu berücksichtigen, wenn es eine Ausbildung wegen Übergewichts nicht antreten könnte ( BFH-Beschluss vom 08.11.1999 ‒ VI B 322/98 , BFH/NV 2000, 432). Dagegen ist es für den Bezug von Kindergeld ausnahmsweise unschädlich, wenn das Kind die Suche nach einem Ausbildungsplatz während der Schutzfristen nach dem MuSchG unterbricht (Senatsurteil in BFHE 242, 118, BStBl II 2014, 834 [BFH 13.06.2013 - III R 58/12] ).
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c) Ist ein Kind aus Krankheitsgründen gehindert, sich um einen Ausbildungsplatz zu bewerben oder diesen im Falle der erfolgreichen Bewerbung zum nächstmöglichen Ausbildungsbeginn anzutreten, kommt eine Berücksichtigung nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG nur unter eingeschränkten Voraussetzungen in Betracht.
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aa) Zunächst muss es sich regelmäßig um eine vorübergehende Krankheit handeln. Dieses Erfordernis ergibt sich aus der Notwendigkeit, die von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG erfassten Fälle von den unter § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG fallenden Fällen abzugrenzen. Letztere Bestimmung erfordert zum einen eine körperliche, geistige oder seelische Behinderung, die nach der maßgeblichen Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch eine mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate dauernde Beeinträchtigung voraussetzt (Senatsurteil in BFHE 271, 229, Rz 14). Zweck dieses Kriteriums ist es, vorübergehende Gesundheitsstörungen aus dem Behinderungsbegriff auszuschließen und damit nur Beeinträchtigungen eines bestimmten Schweregrades zu erfassen ( Senatsurteil vom 27.11.2019 ‒ III R 44/17 , BFHE 267, 337, BStBl II 2020, 558, Rz 26). Zum anderen werden behinderte Kinder nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG nur dann berücksichtigt, wenn sie außerstande sind, sich selbst zu unterhalten, was eine Prüfung des Bedarfs des Kindes und der diesem zur Verfügung stehenden Mittel erfordert. Insoweit lässt sich der gesetzgeberische Wille erkennen, dass bei einer nicht nur vorübergehenden Erkrankung des Kindes eine typische Unterhaltssituation, die zur steuerlichen Berücksichtigung des Kindes führt, nicht allein aufgrund der Erkrankung angenommen werden darf, sondern darüber hinaus die Feststellung eines konkreten Unterhaltsbedarfs erforderlich ist. Diese Wertung des Gesetzgebers würde aber umgangen, wenn längerfristig erkrankte Kinder auch nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG erfasst werden könnten, ohne dass eine solche Bedarfsprüfung stattfindet. Gerade bei längerfristig erkrankten Kindern ist es nicht ausgeschlossen, dass Sozialleistungen in Anspruch genommen werden, die einen Unterhaltsbedarf ausschließen könnten.
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Werden die Bemühungen um einen Ausbildungsplatz oder die Aufnahme einer Ausbildung daher durch eine Krankheit verhindert, darf die im Rahmen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG berücksichtigungsfähige gesundheitliche Beeinträchtigung regelmäßig mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht länger als sechs Monate andauern. Dabei ist —um den Gleichlauf mit der Feststellung einer Behinderung zu gewährleisten— nicht die (rückblickend) seit Beginn der Erkrankung oder gar seit ihrer erstmaligen ärztlichen Feststellung tatsächlich abgelaufene Zeit, sondern die ihrer Art nach zu erwartende Dauer der von ihr ausgehenden Funktionsbeeinträchtigung maßgebend ( BFH-Urteil vom 18.06.2015 ‒ VI R 31/14 , BFHE 251, 147, BStBl II 2016, 40, Rz 22; Senatsurteil in BFHE 267, 337, BStBl II 2020, 558 [BFH 27.11.2019 - III R 44/17] , Rz 26). Zur Beurteilung dieser Frage ist (ggf.) eine Prognose zur (weiteren) Entwicklung der Funktionsbeeinträchtigung zu stellen ( Senatsurteil vom 19.01.2017 ‒ III R 44/14 , BFH/NV 2017, 735, Rz 18, m.w.N.).
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bb) Des Weiteren ist erforderlich, dass die Ausbildungswilligkeit des Kindes für den entsprechenden Anspruchszeitraum nachgewiesen wird.
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(1) Nach ständiger Rechtsprechung setzt der Berücksichtigungstatbestand des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG bei einem gesunden Kind voraus, dass sich dieses ernsthaft um einen Ausbildungsplatz bemüht ( Senatsurteil vom 22.09.2011 ‒ III R 35/08 , BFH/NV 2012, 232, Rz 11, m.w.N.). Das Bemühen um einen Ausbildungsplatz ist glaubhaft zu machen. Pauschale Angaben, das Kind sei im fraglichen Zeitraum ausbildungsbereit gewesen, es habe sich ständig um einen Ausbildungsplatz bemüht oder sei stets bei der Agentur für Arbeit als ausbildungssuchend gemeldet gewesen, reichen nicht aus. Um einer missbräuchlichen Inanspruchnahme des Kindergeldes entgegenzuwirken, muss sich die Ausbildungsbereitschaft des Kindes durch belegbare Bemühungen um einen Ausbildungsplatz objektiviert haben (Senatsurteil in BFH/NV 2012, 232, Rz 12, m.w.N.). Die Nachweise für die Ausbildungswilligkeit des Kindes und für sein Bemühen, einen Ausbildungsplatz zu finden, hat der Kindergeldberechtigte beizubringen; über 18 Jahre alte Kinder haben mitzuwirken ( § 68 Abs. 1 EStG ). Es liegt auch im Einflussbereich des Kindergeldberechtigten, Vorsorge für die Nachweise der Ausbildungswilligkeit des Kindes zu treffen (Senatsurteil in BFH/NV 2012, 232, Rz 13, m.w.N.).
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Obwohl das Kindergeld monatlich entsteht und deshalb die Anspruchsvoraussetzungen —wie das Bemühen um einen Ausbildungsplatz— in jedem Monat gegeben sein müssen, braucht nicht zwingend für jeden Monat ein erneuter Nachweis vorgelegt zu werden, der das Bemühen um einen Ausbildungsplatz dokumentiert. Es ist daher nicht erforderlich, dass sich das Kind jeden Monat erneut um eine Ausbildungsstelle bewirbt, solange über die bisherigen Bewerbungen noch nicht entschieden ist; allerdings ist spätestens nach Ablauf von drei Monaten eine Parallelbewerbung erforderlich, wenn das Kind innerhalb dieses Zeitraums keine Absage erhalten hat (Senatsurteil in BFH/NV 2012, 232 [BFH 22.09.2011 - III R 35/08] , Rz 16, m.w.N.).
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(2) Die Ausbildungswilligkeit eines wegen vorübergehender Erkrankung an Bemühungen um einen Ausbildungsplatz oder an der Aufnahme einer Ausbildung gehinderten Kindes ist ebenfalls für die Monate, für die der Kindergeldanspruch geltend gemacht wird, zu belegen. Als Nachweis kommt etwa die von der Verwaltung geforderte schriftliche Erklärung, sich unmittelbar nach Wegfall der gesundheitlichen Hinderungsgründe um eine Berufsausbildung zu bemühen, sie zu beginnen oder fortzusetzen in Betracht (A 17.2 Abs. 1 Satz 4 der Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz 2020 vom 27.08.2020, BStBl I 2020, 703). Allerdings lässt der Untersuchungsgrundsatz ( § 88 Abs. 1 und 2 der Abgabenordnung , § 76 Abs. 1 und 4 FGO ) keine Beschränkung auf dieses Beweismittel zu. Denkbar sind daher auch andere Nachweise, etwa dergestalt, dass das Kind während der Erkrankung mit der früheren Ausbildungseinrichtung in Kontakt getreten ist und sich konkret über die (Wieder‒)Aufnahme der Ausbildung nach dem voraussichtlichen Ende der Krankheit informiert hat. Ebenso ist denkbar, dass das Kind sich an eine neue Ausbildungseinrichtung oder die Ausbildungsvermittlung der Agentur für Arbeit mit dem Ziel gewandt hat, eine Ausbildung zwar noch nicht zum nächstmöglichen Ausbildungsbeginn —dann wäre es schon unabhängig von der Erkrankung nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG zu berücksichtigen, wenn es die angebotene Stelle dann antreten könnte—, aber doch jedenfalls nach dem Ende der Erkrankung aufzunehmen.
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Regelmäßig nicht ausreichen wird es dagegen, wenn der Kindergeldberechtigte die Familienkasse zunächst unter Verstoß gegen seine Mitwirkungspflicht nicht über den krankheitsbedingten Abbruch einer Ausbildung oder der Bemühungen um eine Ausbildungsstelle informiert, der Familienkasse damit die Möglichkeit der zeitnahen Anforderung eines Nachweises der Ausbildungswilligkeit nimmt und die Ausbildungswilligkeit des volljährigen Kindes erst im Nachhinein rückwirkend pauschal behauptet. Denn in einem solchen Fall kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Kind während der Erkrankung seinen Ausbildungswillen aufgegeben und sich z.B. für die Aufnahme einer regulären Erwerbstätigkeit oder eines Freiwilligendienstes entschieden hat. In den letztgenannten Fällen wäre die Wartezeit bis zur Aufnahme der Erwerbstätigkeit oder des Freiwilligendienstes im Gegensatz zur Wartezeit bis zur Aufnahme der Ausbildung nicht von den in § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG aufgezählten Berücksichtigungstatbeständen erfasst.
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d) Im Streitfall hat das FG keine genaueren Feststellungen dazu getroffen, welcher Art die Erkrankung ist. Auch fehlen nähere Feststellungen dazu, ob die nach der Art der Krankheit zu erwartende Dauer der von ihr ausgehenden Funktionsbeeinträchtigung mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht länger als sechs Monate andauern würde. Schließlich lassen die tatsächlichen Feststellungen zur Frage der Ausbildungswilligkeit jedenfalls keine Beurteilung dieses Erfordernisses für den gesamten Streitzeitraum von April bis September 2017 zu. Denn das FG hat zwar festgestellt, dass A am 10.04.2017 durch eine E‒Mail gegenüber der von ihr bis März 2017 besuchten Schule ihre weitere Ausbildungswilligkeit dokumentiert hat. Feststellungen dazu, wann der Entschluss zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit erfolgte, was spätestens mit Abschluss des Arbeitsvertrages für die dann (wohl) ab September 2017 aufgenommene Arbeit der Fall gewesen sein dürfte, fehlen dagegen.
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4. Da das FG weder eine Behinderung noch eine behinderungsbedingte Unfähigkeit zum Selbstunterhalt festgestellt hat, vermag der Senat auch nicht zu entscheiden, ob A nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG berücksichtigt werden kann.
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5. Die Streitsache ist nicht spruchreif und geht an das FG zurück, das zu prüfen haben wird, ob A nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c oder Nr. 3 EStG zu berücksichtigen ist.
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6. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO .