08.03.2022 · IWW-Abrufnummer 227925
Finanzgericht Nürnberg: Urteil vom 10.08.2021 – 1 K 528/20
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Nürnberg
In dem Rechtsstreit
Prozessbevollmächtigte:
gegen
Finanzamt
- Beklagter -
den Richter am Finanzgericht und
den Richter am Finanzgericht sowie
den ehrenamtlichen Richter und
den ehrenamtlichen Richter
Tenor:
2
Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
3
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
4
Das Urteil ist wegen der zu erstattenden Aufwendungen der Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Aufwendungen der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
5
Die Revision wird zugelassen.
Streitig ist, ob eine Rücklage nach § 5 Abs. 7 Einkommensteuergesetz (EStG) für einen Gewinn aus einer übernommenen Pensionsverpflichtung gebildet werden kann.
Die Klägerin wurde zum 19.12.2014 gegründet und hat Vermögensverwaltung zum Unternehmensgegenstand. Alle Anteile werden vom Alleingesellschafter R gehalten.
R wechselte von der (A-GmbH) zur Klägerin als neuem Arbeitgeber. Mit Vertrag vom 19.12.2014 und Wirkung zum 31.12.2014 übernahm die Klägerin die durch die A-GmbH dem R erteilte Versorgungszusage. Als Gegenleistung wurden Vermögenswerte (Lebensversicherung Nr. xxx bei der B-Lebensversicherung sowie Forderungen gegenüber R) in Gesamthöhe von 512.052 € übernommen. Hierdurch entstand bei der Klägerin ein sog. Erwerbsfolgegewinn von 77.881 €. Auf die Berechnung in der Einspruchsentscheidung wird Bezug genommen. Die Klägerin bildete hierfür eine Rücklage nach § 5 Abs. 7 EStG und löste diese im Streitjahr und in den Folgejahren ratierlich auf.
Die Veranlagung für das Streitjahr erfolgte unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Im Rahmen einer Außenprüfung für die Jahre 2014 bis 2016 stellte der Fachprüfer für versicherungsmathematische Fragen fest, dass die Rücklagenbildung unzulässig sei und erhöhte den Gewinn 2014 um die verbliebene Rücklage von 72.689 €.
Das Finanzamt folgte den Feststellungen des Fachprüfers und erließ am 23.08.2019 entsprechende Änderungsbescheide. Der fristgerechte Einspruch blieb ohne Erfolg.
Gegen die Einspruchsentscheidung vom 07.04.2020 hat die Klägerin Klage erhoben und vorgetragen, dass eine Rücklagenbildung zulässig sei.
Der Gesetzgeber habe 2013 die steuerbilanzielle Behandlung der angeschafften Verpflichtungen neu geregelt, nachdem der Bundesfinanzhof (BFH) den Grundsatz entwickelt hatte, dass die Beschränkungen des § 6a EStG nicht greifen würden, sondern die Anschaffungskosten bzw. der höhere Teilwert maßgeblich sei.
Bereits aus dem Wortlaut des § 5 Abs. 7 EStG ergebe sich die Gewinnneutralität. Der Anschaffungsvorgang sei zunächst gewinnneutral. Erst mit der Bilanzierung in der Schlussbilanz des Übertragungsjahres könne ein Gewinn oder Verlust entstehen, da nach § 5 Abs. 7 Satz 1 EStG die Passivierung mit dem Rechnungszins von 6% zu erfolgen habe. § 5 Abs. 7 Satz 4 EStG übernehme nur R 6a Absatz 13 Einkommensteuerrichtlinien (EStR) und beschreibe das Teilwertsplittingverfahren, welches bei der Gewinnermittlung nach Satz 1 Anwendung finde. Dieser Satz sei rein klarstellend für die Bewertung, enthalte jedoch keinen eigenen Tatbestand der Gewinnverwirklichung.
Dieses Ergebnis folge auch aus der Auslegung der Norm.
Es sei ein Anliegen des § 5 Abs. 7 EStG den Gewinn nach Satz 1 durch eine aufzulösende Rücklage abzufedern. Der Gesetzgeber habe die Portabilität der Versorgungszusagen im Auge gehabt. § 4f EStG sei insoweit inkongruent ausgestaltet. Es käme zu einem widersinnigen Ergebnis, wenn durch die sofortige Versteuerung ein Teil des Versorgungskapitals weggesteuert würde.
Die Auslegung dürfe jedenfalls dann nicht am Wortlaut der Norm stehen bleiben, wenn das Ergebnis unerträglich wäre. Dies gelte umso mehr, als der zur Anwendung kommende Rechnungszins von 6% sich mittlerweile sehr weit von der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung entfernt habe.
Aus der veröffentlichten Auffassung der Finanzverwaltung, sowohl im BMF-Schreiben vom 30.11.2017 als auch in der Verfügung der Oberfinanzdirektion Magdeburg zu Schuldbeitritt und Verpflichtungsübernahme, sei eine Rücklagenbildung vorzunehmen.
In der vom Finanzamt angeführten Literatur (Höfer, Schulenburg) werde das Rechtsthema nicht ausreichend vertieft dargestellt. Andere Vertreter in der Literatur (Pradl, Weber-Grellet) würden sich dagegen intensiver damit auseinandersetzen und zu überzeugenden Ergebnissen, die der Rechtsauffassung der Klägerin entspreche, gelangen.
Bisher habe es keine finanzgerichtliche Rechtsprechung zu diesem Thema gegeben, was darauf schließen lasse, dass es sich um eine regionale Sicht des Bayerischen Landesamts für Steuern handle. In anderen Bundesländern habe der Prozessbevollmächtigte keine derartigen Ansichten angetroffen. Bei einem Fall in Brandenburg habe der Fachprüfer sogar ausdrücklich die Rücklagenbildung festgestellt.
Die Klägerin hat beantragt, den Körperschaftsteuerbescheid und den Gewerbesteuermessbescheid 2014 vom 23.08.2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidung dahingehend zu ändern, dass die Rücklage nach § 5 Abs. 7 Satz 4 EStG zum 31.12.2014 mit 72.689 € gewinnmindernd berücksichtigt wird. Im Fall des Unterliegens beantragt sie die Zulassung der Revision oder hilfsweise die Aussetzung des Verfahrens.
Das Finanzamt hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Im Fall des Unterliegens beantragt es die Zulassung der Revision.
Der Folgearbeitgeber habe die Pensionsverpflichtung nach § 5 Abs. 7 Satz 4 EStG anzusetzen. Hierbei könne insoweit ein Übernahmefolgegewinn entstehen, als die übernommenen Vermögenswerte den bis zum Ende des Wirtschaftsjahres der Übernahme fortentwickelten steuerlichen Anwartschaftsbarwert überstiegen. Dieser Übernahmefolgegewinn dürfe nicht durch Rücklagenbildung auf künftige Jahre verteilt werden, da Satz 5 nicht auf Satz 4 verweise. § 5 Abs. 7 Satz 1 EStG sei bei Pensionsübernahmen nicht einschlägig.
Satz 5 enthalte eine Sonderregelung für die Bewertung der übernommenen Pensionsverpflichtung nach dem Teilwertsplittingverfahren, da ansonsten der neue Arbeitgeber theoretisch bei der Rückstellungsberechnung von Neuem beginnen müsste und er die übernommenen Vermögenswerte als Betriebseinnahmen zu erfassen hätte. Bereits mit diesem Wertansatz werde die Verbindlichkeit höher bewertet, als dies beim bisherigen Arbeitgeber zulässig wäre.
Dieses Ergebnis entspreche spiegelbildlich der sofortigen Realisierung des Verlustes beim Übertragenden nach § 4f Abs. 1 Satz 3 EStG. Die drei Fallgruppen des § 4f EStG mit sofortiger Verlustrealisierung fänden ihre Rechtfertigung darin, dass bei Betriebsbeendigung eine ratierliche Auflösung sich verbiete, der Aufwand für kleinere Unternehmen unverhältnismäßig wäre und bei Pensionsübertragungen bereits ein Pendant in § 5 Abs. 7 EStG vorhanden sei.
Die Finanzverwaltung habe sich hier auch nicht anders positioniert, da die genannten Fundstellen des BMF-Schreibens vom 30.11.2017 und der Oberfinanzdirektion Magdeburg vom 02.06.2014 nicht den Fall des Arbeitgeberwechsels beträfen. Außerdem habe der Prozessbevollmächtigte die dortigen Äußerungen aus dem Kontext gerissen. Die hier vertretene Rechtsansicht sei bundesweit abgestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Akte des Finanzgerichts und die Behördenakten Bezug genommen.
Die Klage ist begründet.
1. Nach § 5 Abs. 7 Satz 4 EStG sind übernommene Verpflichtungen, die beim ursprünglich Verpflichteten Ansatzverboten, -beschränkungen oder Bewertungsvorbehalten unterlegen haben, zu den auf die Übernahme folgenden Abschlussstichtagen bei dem Übernehmer und dessen Rechtsnachfolger so zu bilanzieren, wie sie beim ursprünglich Verpflichteten ohne Übernahme zu bilanzieren wären. Dies gilt in Fällen des Schuldbeitritts oder der Erfüllungsübernahme mit vollständiger oder teilweiser Schuldfreistellung für die sich aus diesem Rechtsgeschäft ergebenden Verpflichtungen sinngemäß. Satz 1 ist für den Erwerb eines Mitunternehmeranteils entsprechend anzuwenden. Wird eine Pensionsverpflichtung unter gleichzeitiger Übernahme von Vermögenswerten gegenüber einem Arbeitnehmer übernommen, der bisher in einem anderen Unternehmen tätig war, ist Satz 1 mit der Maßgabe anzuwenden, dass bei der Ermittlung des Teilwertes der Verpflichtung der Jahresbetrag nach § 6a Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 so zu bemessen ist, dass zu Beginn des Wirtschaftsjahres der Übernahme der Barwert der Jahresbeträge zusammen mit den übernommenen Vermögenswerten gleich dem Barwert der künftigen Pensionsleistungen ist; dabei darf sich kein negativer Jahresbetrag ergeben.
Gemäß § 5 Abs. 7 Satz 5 EStG kann für einen Gewinn, der sich aus der Anwendung der Sätze 1 bis 3 ergibt, jeweils in Höhe von vierzehn Fünfzehntel eine gewinnmindernde Rücklage gebildet werden, die in den folgenden 14 Wirtschaftsjahren jeweils mit mindestens einem Vierzehntel gewinnerhöhend aufzulösen ist (Auflösungszeitraum).
2. Die Auslegung der Norm ergibt, dass auch im Streitfall eine Rücklage nach § 5 Abs. 7 EStG gebildet werden kann.
Maßgebend für die Auslegung der Vorschrift ist der in ihr zum Ausdruck kommende Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Gesetzeswortlaut und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den diese hineingestellt ist. Im Rahmen des möglichen Wortsinns hat die Auslegung den Bedeutungszusammenhang des Gesetzes, die systematische Stellung der Norm sowie den Gesetzeszweck zu beachten. Ergänzend kommt der Entstehungsgeschichte der Vorschrift für deren Auslegung Bedeutung zu. Bei mehreren (nach dem Wortsinn) möglichen Auslegungen ist diejenige maßgebend, die dem im Wortlaut des Gesetzes und in seinem Sinnzusammenhang ausgedrückten Gesetzeszweck entspricht (BFH, Urteil vom 18. April 2012 - X R 57/09 -, BFHE 237, 311, BStBl II 2012, 770, Rn. 18).
a) Der Wortlaut des § 5 Abs. 7 EStG spricht deutlicher, als das beklagte Finanzamt meint, für eine Rücklagenbildung auch bei Pensionsübernahme.
Vordergründig ist eine Rücklagenbildung nach Satz 5 nur bei Anwendung der Sätze 1 bis 3 zulässig. Satz 4 enthält aber eine zusätzliche Regelung zur Höhe des Wertansatzes bei Übernahme einer Pensionsverpflichtung. Daraus kann jedoch nicht gefolgert werden, dass eine Rücklagenbildung bei Pensionsübernahme ausgeschlossen ist, denn die eigentliche Gewinnrealisierung vollzieht sich immer im Satz 1.
Satz 2 und Satz 3 normieren eine entsprechende Anwendung des Satzes 1, da Schuldbeitritt und Übernahme eines Mitunternehmeranteils eben keine direkte Übernahme einer Verbindlichkeit sind. Satz 4 verweist ebenfalls auf Satz 1 und zwar mit dem Zusatz, dass dieser mit einer besonderen "Maßgabe" anzuwenden ist. Dabei handelt es sich bereits um eine Verpflichtungsübernahme, wie sie in Satz 1 als Tatbestand vorausgesetzt wird. Die "Maßgabe" betrifft vielmehr nur die Höhe des anzusetzenden Bilanzwertes. Ohne diese Ergänzung wäre in Satz 1 zweifelhaft, welche Berechnungsparameter des bisherigen Arbeitgebers beim Übernehmer anzusetzen wären, schließlich ist der Parameter "Betriebseintritt" bei beiden unterschiedlich. Das Teilwertsplittingverfahren bietet hier eine angemessene Lösung, die, wie das Finanzamt zutreffend ausführt, bereits eine Besserstellung bewirkt.
b) Der Gesetzeszweck spricht nach Ansicht des Senats ebenfalls für eine Rücklagenbildung auch bei Pensionsübernahmen.
Mit dem Gesetz zur Anpassung des Investmentsteuergesetzes und anderer Gesetze an das AIFM-Umsetzungsgesetz (AIFM-Steuer-Anpassungsgesetz-AIFM-StAnpG) wollte der Gesetzgeber mit § 4f und § 5 Abs. 7 EStG Gestaltungsmöglichkeiten ausschließen, die sich durch die Rechtsprechung des BFH (Urteile I R 102/08 und I R 72/10) eröffnet hatten. Insbesondere verbundene Unternehmen könnten den Anreiz verspüren, Verbindlichkeiten mit Passivierungsbeschränkungen zu übernehmen und mit den Anschaffungskosten zu bilanzieren, was zur "Aufdeckung stiller Lasten" führen würde (BR-Drs. 740/13, Seite 75). Mit der Neuregelung hat der Übernehmer nun die Bewertungsvorbehalte des Vorgängers zu beachten. Um aber letztendlich zu den zutreffenden Bilanzansätzen zu kommen, wird die Aufwandsrealisierung zeitlich haushaltsverträglich gestreckt.
Letztendlich sollen Versorgungszusagen auch in ihrer Portabilität zwischen Unternehmen nicht behindert werden, um diese Art der Altersversorgung attraktiv zu gestalten. Würde die Übernahme einer Pension zur einem spürbaren Übernahmegewinn führen, könnte der neue Arbeitgeber veranlasst werden, diese Verpflichtung beim alten Arbeitgeber zu belassen. Dies gilt umso mehr, als bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften die Steuerprogression greifen würde. Mit der ratierlichen Auflösung wird dies auch für den Steuerpflichtigen verkraftbar.
c) Für diese Auslegung spricht die Systematik des Gesetzes.
Der Gesetzgeber will mit § 4f EStG Gestaltungsmöglichkeiten verhindern. Dementsprechend ist der Abgabeverlust nur gestreckt geltend zu machen. Davon hat der Gesetzgeber drei Ausnahmegruppen zugelassen. Die auf den Seiten 75 und 76 der BR-Drs. aufgeführten drei Fallgruppen, in denen bei § 4f EStG keine Aufwandsverteilung, sondern ein Sofortabzug vorgesehen sind, dürften als Fördermaßnahmen zu verstehen sein. Ein Pendant für diese drei Fallgruppen findet sich in § 5 Abs. 7 EStG jeweils nicht. Daraus könnte geschlossen werden, dass eine Rücklagenbildung in § 5 Abs. 7 EStG immer möglich sein soll. Wenn bereits der Grundfall des § 4f EStG einer Rücklagenbildung nach § 5 Abs. 7 EStG nicht entgegensteht, wäre nicht nachvollziehbar, warum dies in der einzigen Gruppe der Pensionsübertragung anders sein sollte. Damit würde der Fördereffekt aus § 4f EStG beeinträchtigt.
Insofern kann dem Finanzamt nicht gefolgt werden, wenn aus dem Sofortabzug bei § 4f EStG auf eine Sofortversteuerung bei § 5 Abs. 7 EStG zu schließen sei.
d) Aus der Gesetzesbegründung lassen sich keine Rückschlüsse auf eine von mehreren Auslegungsmöglichkeiten hinsichtlich der Rücklagenbildung ziehen. In der BR-Drs. 740/13, Seite 77 wird lediglich ausgeführt, dass der Text aus der Einkommensteuerrichtlinie zur Berechnung klarstellend übernommen wird. Dieser betraf jedoch nur den Ansatz der Verbindlichkeit der Höhe nach und nicht die Rücklagenbildung.
e) Rechtsprechung zu dieser Problematik ist - soweit ersichtlich - nicht ergangen.
f) Die Finanzverwaltung hat sich offiziell ebenfalls noch nicht positioniert. Veröffentlichungen betreffen nicht genau die Konstellation des Streitfalls.
g) In der Literatur wird die Rücklagenbildung bei Pensionsübernahme nur teilweise vertieft behandelt und die Autoren kommen dabei zu unterschiedlichen Ergebnissen (Schulenburg FR 2018, 1030 ff; Höfer BetrAV 2014, 134f; Pradl NWB 2019, Rn. 2033 ff; Briese DStR 2019, 943 ff; Schmidt/Weber-Grellet EStG § 5 Rn. 504; Tiedchen in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 303. Update 04/2021, 304. Lieferung 06.2021, § 5 EStG, Rn. 2462; Schiffers/Strahl/Fuhrmann/Veit in: Korn, Einkommensteuergesetz, 1. Aufl. 2000, 129. Lieferung, § 5, Rn. 660).
3. Die Körperschaftsteuer 2014 beträgt daher:
GdE lt. EE
abzgl. Rücklage lt. FG -72.689 €
GdE lt. FG €
Verlustrücktrag aus 2015 €
zvE lt. FG 0 €
KSt 15% 0 €
Der Gewerbesteuermessbetrag errechnet sich wie folgt:
Gewinn aus Gewerbebetrieb lt. EE
abzgl. Rücklage lt. FG -72.689 €
Gewinn aus Gewerbebetrieb lt. FG €
Gewerbeertrag lt. FG €
Gewerbesteuermessebetrag 3,5% 192 €
5. Die Kosten des Verfahren hat das beklagte Finanzamt zu tragen, da es in der Sache unterlegen ist (§ 135 Abs. 1 FGO). Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO für notwendig zu erklären, da sie der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung diente. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 1 und 3, 155 Satz 1 FGO i.V.m. §§ 708, 711 ZPO.
Urteil vom 10.08.2021
In dem Rechtsstreit
GmbH.
- Klägerin -Prozessbevollmächtigte:
gegen
Finanzamt
- Beklagter -
wegen Körperschaftsteuer 2014 und Gewerbesteuermessbetrag 2014
hat der 1. Senat des Finanzgerichts Nürnberg durch
den Vizepräsidenten des Finanzgerichts,den Richter am Finanzgericht und
den Richter am Finanzgericht sowie
den ehrenamtlichen Richter und
den ehrenamtlichen Richter
aufgrund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 10.08.2021 für Recht erkannt:
Tenor:
1
Unter Abänderung des Körperschaftsteuerbescheids und des Gewerbesteuermessbescheids 2014 jeweils vom 23.08.2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 07.04.2020 wird die Körperschaftsteuer 2014 auf 0 € und der Gewerbesteuermessbetrag 2014 auf 192 € festgesetzt.2
Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
3
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
4
Das Urteil ist wegen der zu erstattenden Aufwendungen der Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Aufwendungen der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
5
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wurde zum 19.12.2014 gegründet und hat Vermögensverwaltung zum Unternehmensgegenstand. Alle Anteile werden vom Alleingesellschafter R gehalten.
R wechselte von der (A-GmbH) zur Klägerin als neuem Arbeitgeber. Mit Vertrag vom 19.12.2014 und Wirkung zum 31.12.2014 übernahm die Klägerin die durch die A-GmbH dem R erteilte Versorgungszusage. Als Gegenleistung wurden Vermögenswerte (Lebensversicherung Nr. xxx bei der B-Lebensversicherung sowie Forderungen gegenüber R) in Gesamthöhe von 512.052 € übernommen. Hierdurch entstand bei der Klägerin ein sog. Erwerbsfolgegewinn von 77.881 €. Auf die Berechnung in der Einspruchsentscheidung wird Bezug genommen. Die Klägerin bildete hierfür eine Rücklage nach § 5 Abs. 7 EStG und löste diese im Streitjahr und in den Folgejahren ratierlich auf.
Die Veranlagung für das Streitjahr erfolgte unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Im Rahmen einer Außenprüfung für die Jahre 2014 bis 2016 stellte der Fachprüfer für versicherungsmathematische Fragen fest, dass die Rücklagenbildung unzulässig sei und erhöhte den Gewinn 2014 um die verbliebene Rücklage von 72.689 €.
Das Finanzamt folgte den Feststellungen des Fachprüfers und erließ am 23.08.2019 entsprechende Änderungsbescheide. Der fristgerechte Einspruch blieb ohne Erfolg.
Gegen die Einspruchsentscheidung vom 07.04.2020 hat die Klägerin Klage erhoben und vorgetragen, dass eine Rücklagenbildung zulässig sei.
Der Gesetzgeber habe 2013 die steuerbilanzielle Behandlung der angeschafften Verpflichtungen neu geregelt, nachdem der Bundesfinanzhof (BFH) den Grundsatz entwickelt hatte, dass die Beschränkungen des § 6a EStG nicht greifen würden, sondern die Anschaffungskosten bzw. der höhere Teilwert maßgeblich sei.
Bereits aus dem Wortlaut des § 5 Abs. 7 EStG ergebe sich die Gewinnneutralität. Der Anschaffungsvorgang sei zunächst gewinnneutral. Erst mit der Bilanzierung in der Schlussbilanz des Übertragungsjahres könne ein Gewinn oder Verlust entstehen, da nach § 5 Abs. 7 Satz 1 EStG die Passivierung mit dem Rechnungszins von 6% zu erfolgen habe. § 5 Abs. 7 Satz 4 EStG übernehme nur R 6a Absatz 13 Einkommensteuerrichtlinien (EStR) und beschreibe das Teilwertsplittingverfahren, welches bei der Gewinnermittlung nach Satz 1 Anwendung finde. Dieser Satz sei rein klarstellend für die Bewertung, enthalte jedoch keinen eigenen Tatbestand der Gewinnverwirklichung.
Dieses Ergebnis folge auch aus der Auslegung der Norm.
Es sei ein Anliegen des § 5 Abs. 7 EStG den Gewinn nach Satz 1 durch eine aufzulösende Rücklage abzufedern. Der Gesetzgeber habe die Portabilität der Versorgungszusagen im Auge gehabt. § 4f EStG sei insoweit inkongruent ausgestaltet. Es käme zu einem widersinnigen Ergebnis, wenn durch die sofortige Versteuerung ein Teil des Versorgungskapitals weggesteuert würde.
Die Auslegung dürfe jedenfalls dann nicht am Wortlaut der Norm stehen bleiben, wenn das Ergebnis unerträglich wäre. Dies gelte umso mehr, als der zur Anwendung kommende Rechnungszins von 6% sich mittlerweile sehr weit von der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung entfernt habe.
Aus der veröffentlichten Auffassung der Finanzverwaltung, sowohl im BMF-Schreiben vom 30.11.2017 als auch in der Verfügung der Oberfinanzdirektion Magdeburg zu Schuldbeitritt und Verpflichtungsübernahme, sei eine Rücklagenbildung vorzunehmen.
In der vom Finanzamt angeführten Literatur (Höfer, Schulenburg) werde das Rechtsthema nicht ausreichend vertieft dargestellt. Andere Vertreter in der Literatur (Pradl, Weber-Grellet) würden sich dagegen intensiver damit auseinandersetzen und zu überzeugenden Ergebnissen, die der Rechtsauffassung der Klägerin entspreche, gelangen.
Bisher habe es keine finanzgerichtliche Rechtsprechung zu diesem Thema gegeben, was darauf schließen lasse, dass es sich um eine regionale Sicht des Bayerischen Landesamts für Steuern handle. In anderen Bundesländern habe der Prozessbevollmächtigte keine derartigen Ansichten angetroffen. Bei einem Fall in Brandenburg habe der Fachprüfer sogar ausdrücklich die Rücklagenbildung festgestellt.
Die Klägerin hat beantragt, den Körperschaftsteuerbescheid und den Gewerbesteuermessbescheid 2014 vom 23.08.2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidung dahingehend zu ändern, dass die Rücklage nach § 5 Abs. 7 Satz 4 EStG zum 31.12.2014 mit 72.689 € gewinnmindernd berücksichtigt wird. Im Fall des Unterliegens beantragt sie die Zulassung der Revision oder hilfsweise die Aussetzung des Verfahrens.
Das Finanzamt hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Im Fall des Unterliegens beantragt es die Zulassung der Revision.
Der Folgearbeitgeber habe die Pensionsverpflichtung nach § 5 Abs. 7 Satz 4 EStG anzusetzen. Hierbei könne insoweit ein Übernahmefolgegewinn entstehen, als die übernommenen Vermögenswerte den bis zum Ende des Wirtschaftsjahres der Übernahme fortentwickelten steuerlichen Anwartschaftsbarwert überstiegen. Dieser Übernahmefolgegewinn dürfe nicht durch Rücklagenbildung auf künftige Jahre verteilt werden, da Satz 5 nicht auf Satz 4 verweise. § 5 Abs. 7 Satz 1 EStG sei bei Pensionsübernahmen nicht einschlägig.
Satz 5 enthalte eine Sonderregelung für die Bewertung der übernommenen Pensionsverpflichtung nach dem Teilwertsplittingverfahren, da ansonsten der neue Arbeitgeber theoretisch bei der Rückstellungsberechnung von Neuem beginnen müsste und er die übernommenen Vermögenswerte als Betriebseinnahmen zu erfassen hätte. Bereits mit diesem Wertansatz werde die Verbindlichkeit höher bewertet, als dies beim bisherigen Arbeitgeber zulässig wäre.
Dieses Ergebnis entspreche spiegelbildlich der sofortigen Realisierung des Verlustes beim Übertragenden nach § 4f Abs. 1 Satz 3 EStG. Die drei Fallgruppen des § 4f EStG mit sofortiger Verlustrealisierung fänden ihre Rechtfertigung darin, dass bei Betriebsbeendigung eine ratierliche Auflösung sich verbiete, der Aufwand für kleinere Unternehmen unverhältnismäßig wäre und bei Pensionsübertragungen bereits ein Pendant in § 5 Abs. 7 EStG vorhanden sei.
Die Finanzverwaltung habe sich hier auch nicht anders positioniert, da die genannten Fundstellen des BMF-Schreibens vom 30.11.2017 und der Oberfinanzdirektion Magdeburg vom 02.06.2014 nicht den Fall des Arbeitgeberwechsels beträfen. Außerdem habe der Prozessbevollmächtigte die dortigen Äußerungen aus dem Kontext gerissen. Die hier vertretene Rechtsansicht sei bundesweit abgestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Akte des Finanzgerichts und die Behördenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
1. Nach § 5 Abs. 7 Satz 4 EStG sind übernommene Verpflichtungen, die beim ursprünglich Verpflichteten Ansatzverboten, -beschränkungen oder Bewertungsvorbehalten unterlegen haben, zu den auf die Übernahme folgenden Abschlussstichtagen bei dem Übernehmer und dessen Rechtsnachfolger so zu bilanzieren, wie sie beim ursprünglich Verpflichteten ohne Übernahme zu bilanzieren wären. Dies gilt in Fällen des Schuldbeitritts oder der Erfüllungsübernahme mit vollständiger oder teilweiser Schuldfreistellung für die sich aus diesem Rechtsgeschäft ergebenden Verpflichtungen sinngemäß. Satz 1 ist für den Erwerb eines Mitunternehmeranteils entsprechend anzuwenden. Wird eine Pensionsverpflichtung unter gleichzeitiger Übernahme von Vermögenswerten gegenüber einem Arbeitnehmer übernommen, der bisher in einem anderen Unternehmen tätig war, ist Satz 1 mit der Maßgabe anzuwenden, dass bei der Ermittlung des Teilwertes der Verpflichtung der Jahresbetrag nach § 6a Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 so zu bemessen ist, dass zu Beginn des Wirtschaftsjahres der Übernahme der Barwert der Jahresbeträge zusammen mit den übernommenen Vermögenswerten gleich dem Barwert der künftigen Pensionsleistungen ist; dabei darf sich kein negativer Jahresbetrag ergeben.
Gemäß § 5 Abs. 7 Satz 5 EStG kann für einen Gewinn, der sich aus der Anwendung der Sätze 1 bis 3 ergibt, jeweils in Höhe von vierzehn Fünfzehntel eine gewinnmindernde Rücklage gebildet werden, die in den folgenden 14 Wirtschaftsjahren jeweils mit mindestens einem Vierzehntel gewinnerhöhend aufzulösen ist (Auflösungszeitraum).
2. Die Auslegung der Norm ergibt, dass auch im Streitfall eine Rücklage nach § 5 Abs. 7 EStG gebildet werden kann.
Maßgebend für die Auslegung der Vorschrift ist der in ihr zum Ausdruck kommende Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Gesetzeswortlaut und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den diese hineingestellt ist. Im Rahmen des möglichen Wortsinns hat die Auslegung den Bedeutungszusammenhang des Gesetzes, die systematische Stellung der Norm sowie den Gesetzeszweck zu beachten. Ergänzend kommt der Entstehungsgeschichte der Vorschrift für deren Auslegung Bedeutung zu. Bei mehreren (nach dem Wortsinn) möglichen Auslegungen ist diejenige maßgebend, die dem im Wortlaut des Gesetzes und in seinem Sinnzusammenhang ausgedrückten Gesetzeszweck entspricht (BFH, Urteil vom 18. April 2012 - X R 57/09 -, BFHE 237, 311, BStBl II 2012, 770, Rn. 18).
a) Der Wortlaut des § 5 Abs. 7 EStG spricht deutlicher, als das beklagte Finanzamt meint, für eine Rücklagenbildung auch bei Pensionsübernahme.
Vordergründig ist eine Rücklagenbildung nach Satz 5 nur bei Anwendung der Sätze 1 bis 3 zulässig. Satz 4 enthält aber eine zusätzliche Regelung zur Höhe des Wertansatzes bei Übernahme einer Pensionsverpflichtung. Daraus kann jedoch nicht gefolgert werden, dass eine Rücklagenbildung bei Pensionsübernahme ausgeschlossen ist, denn die eigentliche Gewinnrealisierung vollzieht sich immer im Satz 1.
Satz 2 und Satz 3 normieren eine entsprechende Anwendung des Satzes 1, da Schuldbeitritt und Übernahme eines Mitunternehmeranteils eben keine direkte Übernahme einer Verbindlichkeit sind. Satz 4 verweist ebenfalls auf Satz 1 und zwar mit dem Zusatz, dass dieser mit einer besonderen "Maßgabe" anzuwenden ist. Dabei handelt es sich bereits um eine Verpflichtungsübernahme, wie sie in Satz 1 als Tatbestand vorausgesetzt wird. Die "Maßgabe" betrifft vielmehr nur die Höhe des anzusetzenden Bilanzwertes. Ohne diese Ergänzung wäre in Satz 1 zweifelhaft, welche Berechnungsparameter des bisherigen Arbeitgebers beim Übernehmer anzusetzen wären, schließlich ist der Parameter "Betriebseintritt" bei beiden unterschiedlich. Das Teilwertsplittingverfahren bietet hier eine angemessene Lösung, die, wie das Finanzamt zutreffend ausführt, bereits eine Besserstellung bewirkt.
b) Der Gesetzeszweck spricht nach Ansicht des Senats ebenfalls für eine Rücklagenbildung auch bei Pensionsübernahmen.
Mit dem Gesetz zur Anpassung des Investmentsteuergesetzes und anderer Gesetze an das AIFM-Umsetzungsgesetz (AIFM-Steuer-Anpassungsgesetz-AIFM-StAnpG) wollte der Gesetzgeber mit § 4f und § 5 Abs. 7 EStG Gestaltungsmöglichkeiten ausschließen, die sich durch die Rechtsprechung des BFH (Urteile I R 102/08 und I R 72/10) eröffnet hatten. Insbesondere verbundene Unternehmen könnten den Anreiz verspüren, Verbindlichkeiten mit Passivierungsbeschränkungen zu übernehmen und mit den Anschaffungskosten zu bilanzieren, was zur "Aufdeckung stiller Lasten" führen würde (BR-Drs. 740/13, Seite 75). Mit der Neuregelung hat der Übernehmer nun die Bewertungsvorbehalte des Vorgängers zu beachten. Um aber letztendlich zu den zutreffenden Bilanzansätzen zu kommen, wird die Aufwandsrealisierung zeitlich haushaltsverträglich gestreckt.
Letztendlich sollen Versorgungszusagen auch in ihrer Portabilität zwischen Unternehmen nicht behindert werden, um diese Art der Altersversorgung attraktiv zu gestalten. Würde die Übernahme einer Pension zur einem spürbaren Übernahmegewinn führen, könnte der neue Arbeitgeber veranlasst werden, diese Verpflichtung beim alten Arbeitgeber zu belassen. Dies gilt umso mehr, als bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften die Steuerprogression greifen würde. Mit der ratierlichen Auflösung wird dies auch für den Steuerpflichtigen verkraftbar.
c) Für diese Auslegung spricht die Systematik des Gesetzes.
Der Gesetzgeber will mit § 4f EStG Gestaltungsmöglichkeiten verhindern. Dementsprechend ist der Abgabeverlust nur gestreckt geltend zu machen. Davon hat der Gesetzgeber drei Ausnahmegruppen zugelassen. Die auf den Seiten 75 und 76 der BR-Drs. aufgeführten drei Fallgruppen, in denen bei § 4f EStG keine Aufwandsverteilung, sondern ein Sofortabzug vorgesehen sind, dürften als Fördermaßnahmen zu verstehen sein. Ein Pendant für diese drei Fallgruppen findet sich in § 5 Abs. 7 EStG jeweils nicht. Daraus könnte geschlossen werden, dass eine Rücklagenbildung in § 5 Abs. 7 EStG immer möglich sein soll. Wenn bereits der Grundfall des § 4f EStG einer Rücklagenbildung nach § 5 Abs. 7 EStG nicht entgegensteht, wäre nicht nachvollziehbar, warum dies in der einzigen Gruppe der Pensionsübertragung anders sein sollte. Damit würde der Fördereffekt aus § 4f EStG beeinträchtigt.
Insofern kann dem Finanzamt nicht gefolgt werden, wenn aus dem Sofortabzug bei § 4f EStG auf eine Sofortversteuerung bei § 5 Abs. 7 EStG zu schließen sei.
d) Aus der Gesetzesbegründung lassen sich keine Rückschlüsse auf eine von mehreren Auslegungsmöglichkeiten hinsichtlich der Rücklagenbildung ziehen. In der BR-Drs. 740/13, Seite 77 wird lediglich ausgeführt, dass der Text aus der Einkommensteuerrichtlinie zur Berechnung klarstellend übernommen wird. Dieser betraf jedoch nur den Ansatz der Verbindlichkeit der Höhe nach und nicht die Rücklagenbildung.
e) Rechtsprechung zu dieser Problematik ist - soweit ersichtlich - nicht ergangen.
f) Die Finanzverwaltung hat sich offiziell ebenfalls noch nicht positioniert. Veröffentlichungen betreffen nicht genau die Konstellation des Streitfalls.
g) In der Literatur wird die Rücklagenbildung bei Pensionsübernahme nur teilweise vertieft behandelt und die Autoren kommen dabei zu unterschiedlichen Ergebnissen (Schulenburg FR 2018, 1030 ff; Höfer BetrAV 2014, 134f; Pradl NWB 2019, Rn. 2033 ff; Briese DStR 2019, 943 ff; Schmidt/Weber-Grellet EStG § 5 Rn. 504; Tiedchen in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 303. Update 04/2021, 304. Lieferung 06.2021, § 5 EStG, Rn. 2462; Schiffers/Strahl/Fuhrmann/Veit in: Korn, Einkommensteuergesetz, 1. Aufl. 2000, 129. Lieferung, § 5, Rn. 660).
3. Die Körperschaftsteuer 2014 beträgt daher:
GdE lt. EE
abzgl. Rücklage lt. FG -72.689 €
GdE lt. FG €
Verlustrücktrag aus 2015 €
zvE lt. FG 0 €
KSt 15% 0 €
Dem Verlustrücktrag liegt die aktuell maßgebliche Veranlagung für 2015 zugrunde. Eine etwaige Anpassung an die Entscheidung des Senats und damit eine Änderung des Verlustrücktrags ist erst nach Abschluss des Revisionsverfahrens angezeigt.
Der Gewerbesteuermessbetrag errechnet sich wie folgt:
Gewinn aus Gewerbebetrieb lt. EE
abzgl. Rücklage lt. FG -72.689 €
Gewinn aus Gewerbebetrieb lt. FG €
Gewerbeertrag lt. FG €
Gewerbesteuermessebetrag 3,5% 192 €
4. Die Revision wird nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) zugelassen, da zu dieser Rechtsfrage keine höchstrichterliche Rechtsprechung vorliegt.
5. Die Kosten des Verfahren hat das beklagte Finanzamt zu tragen, da es in der Sache unterlegen ist (§ 135 Abs. 1 FGO). Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO für notwendig zu erklären, da sie der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung diente. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 1 und 3, 155 Satz 1 FGO i.V.m. §§ 708, 711 ZPO.
RechtsgebietEStGVorschriften§ 5 Abs. 7 S. 5 EStG