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25.08.2006 · IWW-Abrufnummer 062504

Landgericht Gießen: Urteil vom 29.05.2006 – 2 KLs 502 Js 23635/05

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Landgericht Gießen

Aktenzeichen 2 Kls 502 Js 23635/05

Beschluss

In der Strafsache XXX

wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln

I. Auf die als erneuter Freigabeantrag umzudeutende Beschwerde vom 07.04.2006 wird die Freigabe der bei der Gerichtskasse Gießen hinterlegten Kaution in Höhe von 30.000,- ? an die Antragstellerin XXX geordnet.

II. Die notwendigen Auslagen der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren hat die Staatskasse zu ersetzen.

Gründe

I.

Gegenstand der Entscheidung ist ein Antrag der Mutter des Angeschuldigten, die in dessen Namen eingezahlte Haftkaution an sie auszukehren.

Der Angeschuldigte wurde am 14.01.2006 durch Haftbefehl des Amtsgerichts Friedberg wegen des Verdachts von Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz in Haft genommen (BI. 140 f. d. A.). Am 06.02.2a06 beantragte die Staatsanwaltschaft, den Haftbefehl außer Vollzug zu setzen, und zwar gegen Sicherheitsleistung von 30.000,- ?. Als Hinterleger sollte ausschließlich die Person des Angeschuldigten selbst akzeptiert werden (BI. 189 f. d. A). Dem entsprach das Amtsgericht Friedberg durch Beschluss vom 07.02.2006 (BI. 205 f. d. A).

Nach Einlassung des Angeschuldigten verfügte dieser jedoch über kein nennenswertes Vermögen. Auch seine Eltern leben in wirtschaftlich schwierigen Verhältnissen; gegen den Vater XXX - Ehemann der Antragstellerin - wurde vor dem Amtsgericht Friedberg ein Privatinsolvenzverfahren eröffnet (Az. 60 IN 163/01). Gleichwohl will dieser 4.000,- ? der Insolvenzmasse vorenthalten und für die Kaution zur Verfügung gestellt haben; weitere 26.000,- ? sollen nach Aussage der Antragstellerin und der Einlassung des Angeschuldigten von weiteren Verwandten und Freunden aufgebracht worden sein (vgl. die Aufstellung BI. 661 d. A).

Der Gesamtbetrag von 30.000,- ? wurde noch am 07.02.2006 vom Vater des Angeschuldigten in dessen Namen bei der Gerichtskasse eingezahlt (BI. 207, 656 d. A.). Am 15.02.2006 beantragte die Staatsanwaltschaft dann u. a., den hinterlegten Betrag gemäß § 111c III StPO in Vollziehung eines noch zu erlassenden dinglichen Arrests zu pfänden (BI. 218 f. d. A). Zur Begründung wurde u. a. ausgeführt, dass der Angeschuldigte sonst über keinerlei nennenswertes Vermögen verfüge. Dinglicher Arrest und Pfändung wurden vom Amtsgericht Friedberg durch Beschluss vom 01.03.2006 antragsgemäß ausgesprochen (BI. 237 f. d. A).

Nach dem unwiderlegten Vorbringen des Angeschuldigten war dessen Vater zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt bei dem zuständigen Staatsanwalt erschienen und hatte diesem offenbart, dass die hinterlegte Sicherheit nicht aus dem. Vermögen des Angeschuldigten stamme, sondern von seinen Eltern aufgebracht worden war (Schriftsatz vom 28.03.2006, BI. 656 d. A; Stellungnahme der Staatsanwaltschaft vom 15.05.2006,'BI. 649 d. A). Dies sei "im Rahmen der Kautionszahlung" geschehen, also möglicherweise noch am 07.02.2006. Die Angaben über die Herkunft des Geldes werden bestätigt durch die Mutter des Angeschuldigten, die am 29.03.2006 hierüber richterlich vernommen wurde (BI. 603 ff. d. A).

Durch Beschluss vom 08.03.2006 setzte das Amtsgericht Friedberg den Haftbefehl wieder in Vollzug, da sich der dringende Verdacht einer erneuten BtM-Straftat des Angeschuldigten ergeben hatte (BI. 258 ff. d. A). Am 20.03.2006 beantragte der Verteidiger die Freigabe der Kaution an die Mutter des Angeschuldigten, an die der Auszahlungsanspruch am 21.02.2006 abgetreten worden sei (BI. 586 d. A). Dieses Datum hat die Zeugin XXX in ihrer richterlichen Vernehmung ausdrücklich wiederholt, wobei es sich auch um den 20.02.2006 gehandelt haben könne. An dem betreffenden Tag habe der Verteidiger des Angeschuldigten angerufen und den Text einer Abtretungserklärung durchgegeben; der Vater des Angeschuldigten habe diesen Text dann am Computer aufgesetzt (BI. 604 d. A). Ein entsprechendes Telephonat hat Herr Rechtsanwalt XXX schriftsätzlich bestätigt (BI. 657 d. A).

Die beantragte Freigabe lehnte das Amtsgericht Friedberg durch Beschluss vom 04.04.2006 ab und führte zur Begründung aus, dass wegen des Verbots der Fremdhinterlegung ein Abtretungsverbot bezüglich des Kautionsauszahlungsanspruches gemäß § 399 BGB bestanden habe (BI. 613 ff. d. A.). Eine Kautionsleistung durch Dritte hätte nicht den erforderlichen Druck auf den Angeschuldigten bewirkt, sich dem Verfahren zu stellen. Eine verdeckte Abtretung verstoße daher gegen den Außervollzugssetzungsbeschluss und sei aus diesem Grunde nichtig.

Im übrigen sei die Abtretung offensichtlich rückdatiert, da sie erst zwei Wochen nach Wiederinvollzugsetzen des Haftbefehl dem Amtsgericht vorgelegt worden sei. Auch aus diesem Grunde gehe die Pfändung des Kautionsrückzahlungsanspruches vor. Darüber hinaus bestünden erhebliche Zweifel daran, ob die Kaution tatsächlich von Dritten aufgewendet worden sei und nicht etwa doch aus Drogengeschäften des Angeschuldigten herrühre.

Der hiergegen gerichteten Beschwerde vom 07.04.2006 (BI. 627 d. A.) half das Amtsgericht Friedberg in seinem weiteren Beschluss vom 20.04.2006 nicht ab und legte die Sache dem Landgericht Gießen zur Entscheidung vor (BI. 634 d. A.). Am 27.04.2006 wurde die Anklageschrift gegen den Angeschuldigten fertiggestellt und das Verfahren insgesamt an das Landgericht Gießen abgegeben.

II.

1. Die Beschwerde der Antragstellerin ist in einen - zulässigen und begründeten erneuten Antrag auf Kautionsfreigabe gemäß § 123 StPO umzudeuten. Geht nämlich mit der Anklageerhebung die Zuständigkeit für das Verfahren insgesamt auf die Große Strafkammer des Landgerichts über, solange über die Beschwerde gegen eine Anordnung des Haftrichters nicht entschieden ist, so hat die Strafkammer in eigener Zuständigkeit über die ursprünglich begehrte Anordnung zu entscheiden; eine Entscheidung des Beschwerdegerichts ergeht nicht mehr (vgl. Meyer-Goßner, § 126 StPO, Rn. 7).

2. Der Antrag auf Freigabe der Kaution an die Antragstellerin XXX ist auch begründet.

a) Die Abtretung des Auskehrungsanspruches des Angeschuldigten an die Antragstellerin erweist sich nicht als unwirksam. Weder § 116a StPO noch die auf dieser Vorschrift beruhende Eigenmittelanordnung im Außervollzugsetzungsbeschluss enthalten ein ausdrückliches Abtretungsverbot. Dieses lässt sich in dem vorliegenden Falle auch nicht durch Auslegung ableiten.

aa) Die angefochtene Entscheidung stützt sich im wesentlichen auf ein Urteil des Oberlandesgerichts München vom 05.08.1997 (NJW-RR 1998, 1372). Dessen Argumentation beruht zunächst darauf, dass der Haftrichter nach den §§ 116, § 116a StPO ein Wahlrecht hat, ob er eine Kautionsleistung durch Dritte ausschließt oder zulässt. Schließt er sie aus, so würde diese Anordnung nach Auffassung des Oberlandesgerichts unterlaufen, wenn die Kaution nur dem Namen nach durch den Beschuldigten gestellt würde, tatsächlich aber von Dritten stamme und diese durch alsbaldige Abtretung des Auskehrungsanspruchs auch abgesichert werde. Wirtschaftlich stünde der Beschuldigte dann nämlich genauso, als wenn das Gericht eine Kautionsleistung durch Dritte zugelassen hätte. Diese offensichtliche Umgehung des § 116a StPO könne nicht zulässig sein.

bb) Das Oberlandesgericht München folgert hieraus allerdings zu Unrecht, dass wegen einer derartigen Umgehung ein Abtretungsverbot nach § 399 BGB bestehe. In der Entscheidung vom 05.08.1997 fehlt es denn auch einer nachvollziehbaren Subsumtion unter die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Norm.

§ 399 BGB hat zwei Tatbestandsvarianten. Erstens ist die Abtretung einer Forderung unwirksam, die durch die Abtretung ihren Charakter wesentlich verändern würde.
Das ist bei einem Anspruch auf Geldzahlung grundsätzlich undenkbar. Die zweite Variante hätte zur Voraussetzung, dass die Abtretung durch Vereinbarung mit dem Schuldner ausgeschlossen wurde. Das ist offensichtlich ebenso unsinnig, da ein Abtretungsverbot nur aus dem Außervollzugssetzungsbeschluss folgen könnte und dieser nicht Resultat einer "Vereinbarung" zwischen zwei Parteien ist.

cc) Ein Abtretungsverbot ergibt sich auch unter keinem anderen denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt.

a) Ein gerichtliches Veräußerungsverbot im Sinne des § 136 BGB kann dem . Außervollzugsetzungsbeschluss nicht entnommen werden. Zwar würde der Begriff der "Veräußerung" nach allgemeiner Auffassungen Verfügungen aller Art einschließen, also grundsätzlich auch Abtretungen. Allerdings ist § 136 BGB vorliegend bereits deshalb unanwendbar, da diese Norm ausweislich ihrer Entstehungsgeschichte schließlich gerichtlich oder behördliche Anordnungen zum Schutze einzelner umfasst (unstr., vgl. Staudinger/Kohler[2003],§:.136 8GB, Rn. 1).

ß) Vielmehr wird für gerichtliche Verfügungsverbote, die dem Schutz der Allgemeinheit dienen, eine analoge Anwendung von § 134 BGB bejaht, da sie sich im Ergebnis wie ein gesetzliches Verfügungsverbot auswirken (Staudinger/Kohler, a. a. 0.). Jedoch betrifft § 134 BGB in der unmittelbaren wie in entsprechender Anwendung nur das Verbot einer Handlung, die der Betreffende vornehmen kann, . aber nicht vornehmen darf. Nicht erfasst sind dagegen Ausschlüsse der Übertragbarkeit eines Rechts - wie insbesondere Abtretungsverbote - da diese auf die Beschränkung eines rechtlichen Verfügen-Könnens abzielen (Palandt-Heinrichs, § 134 BGB, Rn. 5). Bereits daher scheidet die Anwendung von § 134 BGB analog in dem vorliegenden Falle von vornherein aus.

y) Zu erwägen bleibt damit nur mehr ein auf § 116a StPO selbst beruhendes Abtretungsverbot für diejenigen, Fälle, in denen eine Zession des Auskehrungsanspruches an Dritte einer den Gesetzeszweck gefährdenden Umgehung des Gebotes einer Zahlung aus Eigenmitteln gleichkäme. Denn innerhalb der Grenzen ihres Wortlauts ist eine Norm bzw. Anordnung grundsätzlich so
auszulegen, dass ihrem Sinn und Zweck größtmögliche Geltung verschafft wird. .Das bedeutet, dass solche Handlungen zur Umgehung eines Verbots gleichfalls als vom Verbot erfasst gelten, die eine Verwirklichung des Normzwecks vereiteln würden.

aa) Zutreffend hat das Oberlandesgericht München hierzu ausgeführt, dass eine Abtretung prinzipiell geeignet ist, ein Drittzahlungsverbotgegenstandslos zu machen. Denn die gesteigerte Wirkung einer Eigenzahlung als Fluchthindernis entfällt, wenn der Beschuldigte auch dann, wenn er sich dem Verfahren stellt, die Kaution nicht wiedererhalten wird. So verhält es sich, wenn er die Sicherheit tatsächlich aus eigenen Mitteln erbracht hat, den Auskehrungsanspruch später jedoch - etwa zur Tilgung einer eigenen Verbindlichkeit ~ an einen Dritten abtritt. Das Interesse des Beschuldigten, die Kaution nicht verfallen zulassen, würde sich damit auf sein Interesse an einer auch materiellen Befriedigung des Zessionars beschränken. Dass dieses regelmäßig geringer sein wird als sein vormaliges Interesse an einer Rückzahlung des Betrages an ihn selbst, liegt auf der Hand.

ßß) Der vorliegende Fall ist jedoch gänzlich anders gelagert. Denn die Kaution wurde - entgegen dem ausdrücklichen Gebot des Außervollzugsetzungsbeschlusses - überhaupt nicht. aus dem Vermögen des Angeschuldigten geleistet. Von Anfang hatten der Angeschuldigte und seine Angehörigen darauf hingewiesen, dass er als im wesentlichen einkommensloser Student einen Betrag von 30.000,- ? nicht aus eigenen Mitteln aufbringen könne. Die Herkunft der gleichwohl entrichteten Kaution war der Staatsanwaltschaft nach dem unwiderlegten Vorbringen im Schriftsatz vom 28.03.2006 sogar ausdrücklich offenbart worden. Hiernach habe es sich durchweg um Gelder gehandelt; die Verwandte und Freunde des Angeschuldigten darlehensweise zur Verfügung gestellt hätten, um eine Haftentlassung zu ermöglichen.

(1) Die Kammer hat dabei keinen durchgreifenden Zweifel, dass die fraglichen Beträge tatsächlich von diesen - auf BI. 661 d.A. näher bezeichneten - Personen herrühren. Denn die Antragstellerin hat diesen Umstand in ihrer richterlichen Vernehmung ausdrücklich bestätigt. Dass die von ihrem Ehemann zur Verfügung gestellte Summe trotz laufenden Privatinsolvenzverfahrens verfolgt wäre, macht die Aussage der Antragstellerin nicht per se unglaubwürdig. Sie hat angegeben, der Betrag sei von ihr und ihrem Mann "zuhause zusammengekratzt" worden; dass insofern ein Verstoß gegen insolvenzrechtliche Pflichten eingeräumt wird, erhöht die Glaubwürdigkeit dieser Angabe eher, anstatt sie zu mindern.

(2) Demnach hätte der Betrag als Sicherheit nicht akzeptiert werden dürfen, sondern als ungeeignete Kaution zurückgewiesen werden müssen. Denn der bloße Umstand, dass die Summe im Namen des Angeschuldigten eingezahlt wurde, genügte nicht, die 30.000,- ? tatsächlich als seinem Vermögen zugehörig zu betrachten. Nach wie vor handelte es sich faktisch um Fremdmittel, die Dritte für den Angeschuldigten aufgewendet hatten. Zwar hätte er die Sicherheit - die später erfolgte Pfändung ausgeblendet - selbst ausgezahlt bekommen, wenn er sich dem Verfahren gestellt hätte und der Haftbefehl aufgehoben worden wäre. Da keinerlei Anhaltspunkte dafür sprechen, die Geldgeber hätten ihm den Betrag schenkweise zur Verfügung gestellt, wäre er jedoch sogleich zu dessen Rückzahlung an seine Angehörigen und Bekannten verpflichtet gewesen.

Das Interesse des Angeschuldigten am Unterlassen einer Flucht reduzierte sich damit von Beginn an darauf, den Darlehensgebern deren Kapital zu erhalten. Hätte er sich dem Verfahren entzogen, so hätte die einzige nachhaltige Folge führ ihn darin bestanden, den eigenen Freunden und Verwandten 30.000,- ? zu schulden; genau dies sollte nach Einschätzung des Amtsgerichtes vorliegend aber nicht ausreichen, um Fluchtanreizen entgegenzuwirken.

(3) Die Abtretung des Auskehrungsanspruches an eine der Darlehensgeberinnen konnte somit keine Umgehung des Eigenmittelgebotes darstellen, da dieses von Anfang an missachtet worden war. Vielmehr erweist sich die Zession als neutral. Lässt man die auf Grund der späteren Pfändung entstandenen Besonderheiten außer acht, so bewirkt die Abtretung im Falle ihrer Wirksamkeit lediglich die Abkürzung des Zahlungsweges: Der Sicherungsbetrag wäre unmittelbar an eine der Darlehensgeberinnen auszuzahlen statt ,- zunächst - dem Angeschuldigten zuzufallen. Das macht die Kaution nicht besser oder schlechter, als sie ohnehin schon war; denn sie erfüllte - wie oben ausgeführt - zu keinem Zeitpunkt die tatbestandlichen Voraussetzungen des Außervollzugsetzungsbeschlusses.

yy) Auch unter Berücksichtigung der im Rahmen der §§ 111 b ff. StPO erfolgten Pfändung des Auskehrungsanspruches ergibt sich kein anderes. Das Gebot einer Kautionszahlung aus Eigenmitteln hat nicht den Zweck, Geldbeträge für einen späteren Verfall. oder die Einziehung zu sichern. Vielmehr dient es ausschließlich dazu, ein zusätzliches Fluchthemmnis zu errichten. Davon kann regelmäßig nicht mehr die Rede sein, sobald die hi!1terlegte Summe gemäß § 111c StPO gepfändet wird.
Denn ab diesem Zeitpunkt erlischt regelmäßig jedes Interesse des Angeschuldigten, sich dem Verfahren zu stellen. Flieht er, so verfällt die Kaution dem Staat; stellt er sich dem Verfahren und wird verurteilt, so ist der Kautionsbetrag regelmäßig durch Urteil für verfallen zu erklären. Die wirtschaftlichen Auswirkungen sind in beiden Fällen dieselben. Vorliegend hätte eine Abtretung vor der Pfändung daher im Gegenteil eine sogar: sicherungserhaltende Wirkung, da sie zumindest sicherstellen würde, dass im Falle des Freiwerdens der Kaution der Betrag an die Mutter des Angeschuldigten zurückfließen würde, statt mit hoher Wahrscheinlichkeit zugunsten der Staatskasse abgeschöpft werden.

b) Die Abtretung des Auskehrungsanspruches ist auch nicht wegen einer zuvor erfolgten Pfändung gegenstandslos.

aa) Dies folgt indes nicht daraus, dass die Pfändung eines Kautionsrückzahlungsanspruches von vornherein unwirksam wäre. Zwar würde eine Pfändung die Sicherheit als solche weitgehend entwerten [vgl. o.lit. a) cc) y) yy)), so dass der Haftbefehl grundsätzlich wieder in Vollzug gesetzt werden müsste. Dies macht eine gleichwohl erfolgte Anordnung nach § 111 c StPO jedoch nicht unverhältnismäßig. Denn im Ergebnis würde der Angeschuldigte nicht schlechter gestellt als jemand, dessen Vermögen vor Außervollzugsetzung eines Haftbefehl gepfändet wurde und der darum einen Kautionsbetrag nicht (mehr) aufwenden kann.

bb) Die Pfändung ist vielmehr deshalb unwirksam, weil sie zeitlich nach der Abtretung des Auskehrungsanspruches erfolgte und damit ins Leere ging.

Nach der Einlassung des Angeschuldigten erfolgte die Zession durch schriftliche Erklärung vom 21.02.2006; sie sei auf Grund dringenden anwaltlichen Rats und gemäß einer am selben Tage telephonisch durchgegebenen Formulierungshilfe des Verteidigers geschehen. Die auch zu diesem Punkt als Zeugin vernommene Antragstellerin bestätigt dieses Vorbringen in vollem Umfange. Schließlich hat der Verteidiger des Angeschuldigten in seinem Schriftsatz vom 28.03.2006 ebenfalls ausdrücklich erklärt, am 20. oder 21.02.2006 zu einer Abtretung geraten und einen geeigneten Zessionstext fernmündlich übermittelt zu haben.

Nach alledem hat die Kammer keine durchgreifenden Zweifel daran, dass der Angeschuldigte am 20. oder 21.02.2006 die Abtretung gegenüber seiner Mutter zumindest mündlich zum Ausdruck gebracht hat. Dass die diesbezügliche Urkunde erst mehrere Wochen nach der Pfändung dem Gericht vorgelegt wurde, mag bis zum 08.03.2006 damit zusammengehangen haben, dass Auswirkungen auf die Außervollzugsetzung des Haftbefehls befürchtet worden sein könnten. Die sich hiernach noch anschließende Verzögerung von zwölf Tagen erscheint verhältnismäßig geringfügig. Im übrigen durfte. die Antragstellerin ohne weiteres davon ausgehen, dass der Verteidiger des Angeschuldigten von sich aus die erforderlichen Schritte gegenüber der Gerichtskasse vornehmen durfte, wie es in der zweiten Monatshälfte dann ja auch geschehen ist.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 111 StPO. Zwar hat die Beschwerde nicht als solche, sondern - wegen der zwischenzeitlich erfolgten Anklageerhebung - nur als erneuerter Antrag auf Kautionsfreigabe Erfolg; da aber Auslagen für ein Rechtsmittel bereits durch das Einreichen einer im damaligen Zeitpunkt statthaften Beschwerdeschrift entstanden sind, bleibt der Anwendungsbereich des § 473 StPO gleichwohl eröffnet.

RechtsgebieteBGB, StPOVorschriften§ 399 BGB, § 111b ff. StPO, § 111c Abs. 3 StPO, § 116a StPO

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