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16.11.2023 · IWW-Abrufnummer 238327

Landesarbeitsgericht Sachsen: Beschluss vom 10.10.2023 – 2 TaBVGa 2/23


Tenor:

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1. gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts L vom 04.08.2023, Az. 3 BVGa 3/23, wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Der Antragsteller (Beteiligter zu 1., Betriebsrat) begehrt im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens von der Arbeitgeberin (Beteiligte zu 2.) die Bereitstellung von insgesamt 10 Simultandolmetschern verschiedener Sprachen für - aufgrund des Schichtbetriebes geplante - zwei Teilbetriebsversammlungen, hilfsweise die Übernahme der Kosten hierfür.

Bei dem Antragsteller handelt es sich um den im Betrieb der Beteiligten zu 2. am Standort in L gebildeten Betriebsrat. Bei dem Betrieb handelt es sich um ein Logistikzentrum mit derzeit ca. 1.220 Arbeitnehmern. Davon sind 582 deutsche Staatsangehörige, für die übrigen ca. 640 Arbeitnehmer ist Deutsch nicht die Muttersprache. Insgesamt sind im Betrieb in L derzeit 57 verschiedene Nationalitäten mit über 50 verschiedenen Muttersprachen vertreten. Auf die tabellarische Auflistung aller Nationalitäten im Antragserwiderungsschriftsatz vom 11.07.2023, dort Seite 2 (Bl. 60 d.A.) wird Bezug genommen.

Die Anweisungen im Betrieb ergehen im Wesentlichen auf Deutsch. Die Arbeitnehmer helfen sich nötigenfalls bei der Kenntnisnahme wechselseitig. Die Beteiligte zu 2) nutzt bei Aushängen und Informationen jedenfalls gelegentlich weitere Sprachen, um die Arbeitnehmer hinreichend zu informieren (z.B. zum Arbeitsschutz auch in Polnisch, zu Krankmeldungen in Arabisch, Aushang mit Antworten auf FAQs in Englisch, Deutsch und Arabisch). Das Bewerbungs-und Auswahlverfahren für Einstellungen erfolgt auf Deutsch. Grundkenntnisse der deutschen Sprache sind dafür ausreichend.

Von den Arbeitnehmern, die nicht über hinreichende Deutschkenntnisse verfügen, werden am häufigsten die folgenden Sprachen im Betrieb genutzt:

- Englisch (ca. 55 Arbeitnehmer),

- Persisch (ca. 83 Arbeitnehmer),

- Arabisch (ca. 274 Arbeitnehmer),

- Polnisch (ca. 47 Arbeitnehmer),

- Tigrinisch (ca. 43 Arbeitnehmer).

Die bisher durchgeführten Betriebsversammlungen fanden ohne Dolmetscher statt.

Für eine im März 2023 geplante Betriebsversammlung hatte die Beteiligte zu 2. Kostenangebote sowohl für die technische Ausstattung als auch für Dolmetscher der hier geltend gemachten Sprachen eingeholt. Für Persisch wurden dabei 2 Anbieter angefragt, die ein Angebot aber jeweils nicht abgegeben haben. Für Tigrinisch wurden deutschlandweit 2 Anbieter (Frankfurt am Main und Freising) ermittelt, Angebote wurden von dort nicht eingeholt. Nach Mitteilung der Anbieter, welche auf die Anfrage geantwortet haben, werden für die angefragte Dauer mindestens 4 Personen je Sprache für die Simultanübersetzung benötigt. Die Gesamtkosten fürdie geforderten Übersetzungen schätzt die Beteiligte zu 2. danach auf mindestens 31.000,00 Euro. Wegen der Einzelheiten wird auf die Tabelle im Antragserwiderungsschriftsatz vom 11.07.2023, dort Seite 7 und 8 (Bl. 66 d.A.) Bezug genommen.

Für den 18.10.2023 ist eine weitere Betriebsversammlung (in zwei Teilen) geplant. In einer Sitzung am 9. Mai 2023 beschloss der Betriebsrat einstimmig, bei diesen Teilbetriebsversammlungen jeweils Simultanübersetzungen in die o.g. fünf Sprachen anzubieten. Die Beteiligte zu 2. lehnte die Kostenübernahme hierfür vorgerichtlich ab. Für die Betriebsversammlung stehen gegenwärtig keine Themen an, die für die Mitarbeitenden von elementarer Bedeutung wären, wie z.B. Umstrukturierungen, Betriebsänderungen, Personalabbau o.ä.

Der Betriebsrat selbst hat Mitglieder, die Arabisch, Persisch und Englisch sprechen können.

Der Antragsteller hat erstinstanzlich behauptet,

viele der Arbeitnehmer seien nicht in der Lage, der auf Deutsch stattfindenden Betriebsversammlung zu folgen und an den Diskussionen teilzunehmen. Da andere Kollegen die Informationen übersetzt haben, sei es zu erheblicher Unruhe und Verzögerungen gekommen. Viele Arbeitnehmer seien nach der Betriebsversammlung an den Antragsteller herangetreten mit dem Hinweis, dass sie dem Inhalt der Versammlung nicht haben folgen können. Die Auswahl der zu übersetzenden Sprachen führe dazu, dass dies für nahezu alle Mitarbeitenden möglich werde.

Der Antragsteller hat erstinstanzlich beantragt,

1.Die Beteiligte zu 2) wird verpflichtet, dem Beteiligten zu 1) für die am 18. Oktober 2023 stattfindenden zwei TeilbetriebsversammlungenSimultandolmetscher für die Übersetzung vom und ins Deutsche aus den und in die Sprachen Arabisch, Persisch, Polnisch, Tigrinisch und Englisch zur Verfügung zu stellen.

2.Die Beteiligte zu 2) wird verpflichtet, dem Beteiligten zu 1) für die am 18. Oktober 2023 stattfindenden zwei Teilbetriebsversammlungen die erforderliche technische Ausrüstung (Sprechkabinen, Mikrophone, Übertragungstechnik, Headsets) für die Simultanübersetzung in und aus den Sprachen gemäß dem Antrag zu 1) zur Verfügung zu stellen.

Die Beteiligte zu 2. hat erstinstanzlich beantragt,

die Anträge abzuweisen.

Die Beteiligte zu 2. hat erstinstanzlich geltend gemacht, das Abstellen auf die Staatsangehörigkeit sei als Kriterium für die Notwendigkeit der Hinzuziehung von Dolmetschern für die beantragten Sprachen nicht geeignet. Die Staatsangehörigkeit sage nichts über die jeweilige Sprachkompetenz aus. Die Bereitstellung von Dolmetschern nur für die geforderten Sprachen benachteilige diejenigen Mitarbeitenden, für deren Sprache kein Dolmetscher vorgesehen sei.

Hierin liege eine Ungleichbehandlung. Das Sprechen und Verstehen fördere die Integration der ausländischen Mitarbeitenden. Simultanübersetzungen seien zur Erledigung der gesetzlichen Aufgaben des Betriebsrates im Rahmen einer "normalen" (Teil-)Betriebsversammlung unter keinen Umständen erforderlich. Die Bereitstellung der geforderten Dolmetscher verursache unverhältnismäßige Kosten.

Eine Abwägung unter Berücksichtigung insbesondere der finanziellen Interessen der Beteiligten zu 2. sei nicht erfolgt. Vielmehr habe der Betriebsrat bei seiner Entscheidung ausschließlich seine eigenen Interessen und noch nicht einmal dieInteressen aller Mitarbeitenden berücksichtigt. Im Übrigen fehle es auch an einem Verfügungsgrund, weil das Problem bereits seit mehr als 10 Jahren bekannt sei und in einem Hauptsacheverfahren habe geklärt werden können.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit Beschluss vom 04.08.2023 insgesamt zurückgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt, der Antragsteller habe nicht dargelegt und glaubhaft gemacht, dass die gewünschte Simultanübersetzung erforderlich sei. Es sei z. B. nicht erkennbar, warum die Übersetzung einzelner Fragen durch die der betroffenen Sprache mächtigen Betriebsratsmitglieder nicht ausreichend sein solle. Der Hinweis darauf, es habe im Zusammenhang mit Übersetzungen durch Kollegen in der Vergangenheit Unruhe und Verzögerungen gegeben, sei zu allgemein. Soweit der Antragsteller vortrage, zahlreiche Kollegen hätten mitgeteilt, dass sie der Versammlung nicht haben folgen können bzw. seien aufgrund fehlender Sprachkenntnisse von vorneherein ferngeblieben, fehle es an der erforderlichen Angabe, um wie viele Mitarbeiter es sich hier tatsächlich handele. Die Einschätzung des Betriebsratsvorsitzenden, wonach wesentliche Informationen aus den Betriebsversammlungen bei zahlreichen Kollegen mangels Sprachkenntnissen nicht angekommen seien, werde nicht durch Tatsachen unterlegt. Der Antragsschrift lasse sich auch nicht entnehmen, wie viele Arbeitnehmer tatsächlich nicht in der Lage seien, der Betriebsversammlung zu folgen, der Verweis auf die Vielzahl unterschiedlicher Nationalitäten genüge hier nicht. Eine anzunehmende Erleichterung der Durchführung der Betriebsversammlung reiche angesichts der Kostenbelastung der Beteiligten zu 2. nicht aus.

Dieser Beschluss wurde dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers am 21.08.2023 zugestellt. Mit beim Sächsischen Landesarbeitsgericht am 05.09.2023 eingegangenem Schriftsatz hat der Antragsteller hiergegen Beschwerde eingelegt und diese zugleich begründet.

Der Antragsteller rügt,

das Arbeitsgericht habe verkannt, dass eine Teilnahme an einer Betriebsversammlung nicht nur körperliche Anwesenheit meine, sondern die Beteiligung am Austausch. Diese sei ohne die Dolmetscher nicht möglich. Die Kosten seien daher für die Sicherstellung der Kommunikation im Sinne des § 40 Abs. 2 BetrVG erforderlich. Die Interessen der Beteiligten zu 2. seien hinreichend berücksichtigt. Das Arbeitsgericht habe hier unberücksichtigt gelassen, dass dem Betriebsrat hinsichtlich der Notwendigkeit der Kosten ein Beurteilungsspielraum zukomme. Der Betriebsrat habe das Recht, selbst zu prüfen und zu entscheiden, ob ein Sachmittel der Erledigung der gesetzlichen Aufgaben diene. Im Rahmen dieser Beurteilung könne er auf seine umfassenden Erfahrungen bei den vergangenen Betriebsversammlungen sowie die ihm bekannten betrieblichen Verhältnisse zurückgreifen und sich auch auf die Aussagen der Arbeitnehmer stützen. Er nicht gehalten, Umfragen durchzuführen und Statistiken zu erstellen, um für sich einen grundsätzlichen Bedarf zu begründen. Soweit das Arbeitsgericht weitere Nachweise und Prüfungen dafür verlange, dass die Betriebsversammlungen ohne eine paralleleÜbersetzung nicht ordnungsgemäß durchgeführt werden können, übergehe es diesen Beurteilungsspielraum. Aus § 2 Abs. 5 der Wahlordnung ergebe sich, dassdie Übersetzung durch Dolmetscher dem Betriebsverfassungsrecht nicht fremd sei.

Auch dort komme es auf die Einschätzung des Wahlvorstandes an. Im Zweifelsfall müsse dieser von unzureichenden Sprachkenntnissen ausgehen. Nicht ausreichend sei insoweit, dass die Arbeitnehmer über die für die tägliche Arbeit erforderlichen Deutschkenntnisse verfügen, wenn hierfür nur geringe Kenntnisse nötig seien.

Soweit das Arbeitsgericht darauf verwiesen habe, dass die im Betrieb verwendete Sprache Deutsch sei, treffe dies gemäß § 184 Satz 1 GVG auch auf die Gerichtssprache zu. Gleichwohl sehe § 185 GVG verpflichtend die Hinzuziehung von Dolmetschern vor, wenn beteiligte Personen der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig seien.

Nach Hinweis der Kammer im Termin der mündlichen Anhörung hat der Antragsteller seine Anträge ergänzt und beantragt zuletzt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts L vom 4. August 2023 (Az.: 3 BVGa 3/23) abzuändern und die Beteiligte zu 2) im Wege der einstweiligen Verfügung zu verpflichten,

1. dem Beteiligten zu 1) für die am 18. Oktober 2023 stattfindenden zwei Teilbetriebsversammlungen Simultandolmetscher für die Übersetzung vom und ins Deutsche aus den und in die Sprachen Arabisch, Persisch, Polnisch, Tigrinisch und Englisch zur Verfügung zu stellen und

2. dem Beteiligten zu 1) für die am 18. Oktober 2023 stattfindenden zwei Teilbetriebsversammlungen die erforderliche technische Ausrüstung (Sprechkabinen, Mikrofone, Übertragungstechnik, Headsets) für die Simultanübersetzung in und aus den Sprachen gemäß dem Antrag zu 1) zur Verfügung zu stellen.

Hilfsweise für den Fall, dass dem Hauptantrag nicht stattgegeben werde,

die Beteiligte zu 2) zu verpflichten, dem Beteiligten zu 1) die Kosten zu erstatten, die dadurch entstehen, dass der Beteiligte zu 1) für die am 18.10.2023 stattfindenden zwei Teilbetriebsversammlungen jeweils

a) zwei Simultandolmetscher für die Übersetzung Deutsch/Englisch,

b) zwei Simultandolmetscher für die Übersetzung Deutsch/Polnisch,

c) zwei Simultandolmetscher für die Übersetzung Deutsch/Arabisch, in der Hochsprache

d) zwei Simultandolmetscher für die Übersetzung Deutsch/Persisch und

e) zwei Simultandolmetscher für die Übersetzung Deutschen/Tigrinisch beauftragt.

Die Beteiligte zu 2. beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss unter Wiederholung und Vertiefung des erstinstanzlichen Vortrags.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Anhörung am 10.10.2023 Bezug genommen.

II.

Die nach § 87 Abs. 1 ArbGG statthafte Beschwerde ist i.S.d. § 87 Abs. 2, § 89 Abs. 1 und 2 Satz 1 ArbGG iVm. § 64 Abs. 6 S. 1, § 66 Abs. 1 S. 1 und 2 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet.

Ob ihr ein ausreichender Beschluss des Betriebsrates zugrunde liegt, kann offenbleiben. Die Zulässigkeit eines Rechtsmittels kann dahinstehen, wenn es (auch) in der Sache zurückzuweisen ist (für die Revision BAG, Urteil vom 13.02.2013, Az. 7 AZR 284/11, juris). So liegt die Sache hier.

Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet, denn für alle zur Entscheidung angefallenen Anträge ist ein Verfügungsanspruch nicht gegeben. Dem Hauptantrag zu 1. kann schon deswegen nicht stattgeben werden, weil eine Verpflichtung zur Bereitstellung entsprechender Dolmetscher u.U. auf eine Unmöglichkeit gerichtet ist.

Hierauf wurde im Termin der mündlichen Anhörung vor dem Hintergrund des unstreitigen Vortrags der Beteiligten zu 2. zur fehlenden Verfügbarkeit entsprechender Dolmetscher hingewiesen. Der daraufhin erweiternd gestellte Hilfsantrag fällt zur Entscheidung an, ist aber ebenso wie der Hauptantrag zu 2. unbegründet. Der Antragsteller hat die Erforderlichkeit der Übersetzung nicht hinreichend dargelegt. Darauf hat das Arbeitsgericht zu Recht bereits hingewiesen. Jedenfalls ist die im vorliegenden Einzelfall geforderte Kostenübernahme unverhältnismäßig und daher von der Beteiligten zu 2. nicht geschuldet.

1.

Der Hauptantrag zu 1. ist ausgehend davon, dass immer die Gefahr besteht, entsprechende Dolmetscher für den Termin 18.10.2023 nicht zu finden (hier insbesondere nicht für Persisch und Tigrinisch), darauf gerichtet, die Beteiligte zu 2. zu einer Handlung zu verpflichten, der sie aus Gründen, die nicht in ihrer Sphäre liegen, u.U. nicht nachkommen kann. Zu einer unmöglichen Handlung kann niemand verpflichtet werden, § 275 Abs. 1 BGB.

2.

Für die mit dem Hauptantrag zu 2. geltend gemachte Bereitstellung der Technik kann ein Verfügungsanspruch nicht isoliert von der Bereitstellung von Dolmetschern oder jedenfalls der Kostenübernahme für diese bestehen, weil die Technik ohne Dolmetscher sinnlos ist. Ein entsprechender Verfügungsanspruch steht dem Betriebsrat nicht zur Seite.

2.1.

Noch zutreffend macht der Antragsteller geltend, dass gemäß § 40 Abs. 1 BetrVG der Arbeitgeber die Kosten der Tätigkeit des Betriebsrates zu tragen hat und dies gemäß § 40 Abs. 2 BetrVG für sachliche Mittel, Informations-und Kommunikationstechnik in "erforderlichem Umfang" gilt.

Ebenfalls zugestimmt werden kann seiner Auffassung, wonach Dolmetscherkosten und die damit verbundenen Sachmittelkosten grundsätzlich dieser Erstattungspflicht unterliegen können.

Aus dem Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit (§ 2 Abs. 1 BetrVG) folgt aber, dass der Arbeitgeber nur die für eine sachgerechte Interessenwahrnehmung erforderlichen Kosten zu übernehmen hat (stRspr, z.B. BAG 16.01.2008, - 7 ABR 71/06 NZA 2008, 546 [BAG 16.01.2008 - 7 ABR 71/06] ; AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 92, beck-online). Die Prüfung, ob die kostenauslösende Maßnahme erforderlich ist, obliegt dem Betriebsrat, darf aber nicht allein an seinem subjektiven Bedürfnis ausrichtet sein. Vielmehr hat der Betriebsrat die Interessen der Belegschaft an einer sachgerechten Ausübung des Betriebsratsamtes und berechtigte Interessen des Arbeitgebers, auch soweit sie auf eine Begrenzung der Kostentragungspflicht gerichtet sind, gegeneinander abzuwägen (stRspr, vgl. BAG, Beschluss vom 03.09.2003, AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 79). Zusätzlich muss im konkreten Einzelfall die Kostentragungspflicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen, d.h. die Kosten müssen zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben vertretbar sein (Richardi BetrVG/Thüsing, BetrVG § 40 Rn. 7; vgl. zur Differenzierung zwischen Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit den Beschluss des BAG vom 25.05.2005, 7 ABR 45/04, AP BetrVG 1972 § 24 Nr. 13).

Die Entscheidung des Betriebsrats unterliegt nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Es ist lediglich zu prüfen, ob die Maßnahme aufgrund der konkreten betrieblichen Situation der Erledigung einer gesetzlichen Aufgabe des Betriebsrats dient und ob der Betriebsrat nicht nur die Interessen der Belegschaft berücksichtigt hat, sondern auch die berechtigten Interessen des Arbeitgebers. Dient die Maßnahme der Erledigung der Aufgaben des Betriebsrats und hat dieser bei der Interessenabwägung nicht den Rahmen seines Beurteilungsspielraums überschritten, darf das Gericht nicht die Entscheidung des Betriebsrats durch eine eigene ersetzen (stRspr. jedenfalls im Zusammenhang mit Sachmitteln, vgl. z.B. BAG, Beschluss vom 11.11.1998, 7 ABR 57/97, AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 64; Beschluss vom 09.12.2009, 7 ABR 46/08, AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 97).

In der Literatur wird - jedenfalls überwiegend - vertreten, dass in Betrieben mit zahlreichen ausländischen Mitarbeitern auch die Kosten für die Hinzuziehung eines Dolmetschers (z.B. in der Betriebsversammlung oder der Sprechstunde des BR) bzw. die Übersetzung von Verlautbarungen des Betriebsrates (z.B. des Tätigkeitsberichtes nach § 43 oder von erforderlichen Rundschreiben) erforderliche Kosten sein können (vgl. Fitting/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier/Schelz, 31. Aufl. 2022, BetrVG § 40 Rn. 19 auch zu den Nachweisen). Die Kommentare beziehen sich dabei in erster Linie auf den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 30. Januar 1981 (16 TaBV 21/80 -, juris; DB 81, 1093). Dieser ist nur mit den Leitsätzen veröffentlich, hier einschlägig ist der erste Leitsatz, welcher wie folgt lautet:

"1. Der Betriebsrat mag es unter Berücksichtigung der jeweiligen betrieblichenSituation für angemessen halten können, für eine mündliche Übersetzung seines Tätigkeitsberichtes an ausländische Mitarbeiter anläßlich einer Betriebsversammlung (BetrVG § 43) Vorsorge zu treffen, und zwar auf Kosten des Arbeitgebers (BetrVG § 40). Erstattungsfähig sind jedoch nicht - jedenfalls nicht im Kleinbetrieb - die Kosten für die schriftliche Übersetzung eines solchen Berichts und die vorab an die ausländischen Mitarbeiter verteilten Fotokopien dieses Tätigkeitsberichtes in der jeweiligen Landessprache."

Die zweite im Zusammenhang mit der Kostentragungspflicht für die Beiziehung von Dolmetschern in der Literatur herangezogene Entscheidung des Arbeitsgerichts Stuttgart (Urteil vom 27. Februar 1986 - 17 Ca 317/85 -, juris) lautet im Leitsatz wie folgt:

"1. Ein hoher Anteil von ausländischen Arbeitnehmern ist ein sachlicher Grund dafür, daß der Betriebsrat zur Betriebsversammlung Dolmetscher hinzuzieht. Alle Arbeitnehmer haben einen Arbeitsentgeltanspruch während der Dolmetscherzeit."

In der Anmerkung zu dieser Entscheidung meint der Autor (Jens Herbst), dass sich aus § 80 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG, § 75 Abs. 1 BetrVG, Art 2 und 7 des Ilo-Übereinkommens Nr. 97 sowie Art. 18 und 19 der Europäischen Sozialcharta eindeutig ergebe, dass die Hinzuziehung eines Dolmetschers für jede im Betrieb vertretene Sprachgruppe notwendig sei, solange nicht der Arbeitgeber nachweisen könne, dass jeder ausländische Arbeitnehmer dem Verlauf der Betriebsversammlung ohne Sprachprobleme folgen könne (juris Literaturnachweis zu Herbst, AiB 1986, 168-168).

Differenzierter äußern sich Diller/Powietzka in ihrem Aufsatz "Englisch im Betrieb und Betriebsverfassung" (DB 2000, 718, 720). Das Verständigungsrisiko könne nicht dem Betriebsrat auferlegt werden, da er auf die Zusammensetzung der Belegschaft keinen Einfluss habe, ggfls. sei ein Dolmetscher auf Kosten des Arbeitgebers hinzuzuziehen. Dafür spreche bereits § 80 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG, wonach der Betriebsrat die Eingliederung ausländischer Arbeitnehmer im Betrieb und das Verständnis zwischen ihnen und den deutschen Arbeitnehmern zu fördern habe.

Jedoch greife auch hinsichtlich dieser Dolmetschertätigkeit der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ein. Deren Beurteilung werde immer von den Umständen des Einzelfalls, also den besonderen Gegebenheiten des Betriebs, abhängen.

2.2.

Ausgehend von diesen Grundsätzen kann anhand des Vortrags des Antragstellers nicht festgestellt werden, dass die Beiziehung von Simultandolmetschern im obenstehenden Sinn erforderlich ist. Hierauf hat bereits das Arbeitsgericht seine Entscheidung gestützt, die Beschwerdebegründung lässt keine andere Beurteilung zu.

2.2.1.

Zwar macht der Antragsteller zutreffend geltend, dass der ihm zustehende Beurteilungsspielraum in der Subsumtion des Arbeitsgerichts im angefochtenenBeschluss nicht mehr erwähnt wird. Er verkennt aber, dass die Überprüfung, ob sich der Betriebsrat innerhalb des Beurteilungsspielraums gehalten hat, erfordert, dass Tatsachen vorgetragen (und glaubhaft gemacht) werden, welche diese Beurteilung ermöglichen. Nicht ausreichend ist dagegen, lediglich das Ergebnis der Entscheidung mitzuteilen und zu behaupten, diese halte sich innerhalb des Rahmens. Es ist dem Antragsteller zwar zuzugeben, dass eine genaue Erhebung darüber, welche Mitarbeiter in welchen Sprachen über für eine Betriebsversammlung ausreichende Kenntnisse verfügen, nicht gefordert werden kann. Eine zulässige (vgl. Fitting, a.a.O., § 42 Rn. 13) und einfache Fragebogenaktion hierzu war aber möglich und hätte losgelöst von den Nationalitäten zur Aufklärung beitragen können, inwieweit und für welche Sprachen eine Übersetzung überhaupt erforderlich ist bzw. von den Mitarbeitenden für erforderlich gehalten wird. Der Betriebsratsvorsitzende hat außerdem in der mündlichen Anhörung zweiter Instanz angegeben, der Betriebsrat habe für sich ermittelt, dass z. B. die aus dem Kosovo oder Serbien stammenden Mitarbeiter überwiegend ausreichend Englisch sprechen. Eine Kollegin aus Slowenien spreche perfekt Deutsch. Diese Beispiele zeigen zum einen, dass die Erforderlichkeit von Dolmetschern nicht danach beurteilt werden kann, welcher Nationalität die Mitarbeiter sind oder was ihre Muttersprache ist. Es scheint mehr als unwahrscheinlich, dass beispielsweise von den angegebenen 274 arabischstämmigen Mitarbeitern keiner über ausreichende Deutschkenntnisse verfügt. Die Beispiele zeigen im weiteren, dass tiefergehender Vortrag aufgrund der aus dem Arbeitsalltag stammenden Kenntnisse durchaus möglich gewesen wäre.

Auch der Vortrag, es sei durch Übersetzungen in der Vergangenheit zu "erheblicher Unruhe und Verzögerungen" gekommen, ist in der vom Arbeitsgericht angenommenen Weise viel zu pauschal, um einer Bewertung zugänglich zu sein. Soweit Mitarbeiter im Nachgang mitgeteilt haben sollen, ihnen seien aufgrund der Sprachprobleme Inhalte nicht verständlich geworden, fehlen jegliche Angaben zur Häufigkeit, um welche Mitarbeiter, jedenfalls welcher Sprache, es sich gehandelt haben soll etc. Weiterer Vortrag ist auch in zweiter Instanz nicht erfolgt.

2.2.2.

Entgegen der obenstehenden Ansicht des Autors der Anmerkung zum Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 27. Februar 1986 liegt die Darlegungs- und Beweislast hier nicht beim Arbeitgeber. Es ist kein Grund erkennbar, von der nach der Rosenbergschen Formel üblichen Verteilung dahin, dass derjenige, der den Anspruch stellt, die für ihn günstigen Tatsachen darlegen muss, abzuweichen. Ein solcher folgt auch nicht aus Artikel 18 (Recht auf Ausübung einer Erwerbstätigkeit im Hoheitsgebiet der anderen Vertragsparteien) oder Artikel 19 (Recht der Wanderarbeitnehmer und ihrer Familien auf Schutz und Beistand) der europäischen Sozialcharta, wie sie zum Zeitpunkt der Anmerkung galt (in Kraft vom 26.02.1965 bis 30.06.1999). Eine Beeinträchtigung der Arbeitstätigkeit ist nicht erkennbar, wie sich schon daran zeigt, dass in der Vergangenheit zahlreiche Betriebsversammlungen ohne Dolmetscher durchgeführt wurden. Der Arbeitgeber kann die Erwägungen, die der Betriebsrat hinsichtlich der Erforderlichkeit angestellt hat, auch gar nicht kennen. Würde man der Ansicht folgen, wäre außerdem der dem Betriebsrat eingeräumte Beurteilungsspielraum auf "Null" reduziert, Dolmetscher bei Sprachschwierigkeiten immer erforderlich. Die geäußerte, aus dem Jahr 1986 stammende, strikte Auffassung dürfte zudem mit der heutigen Arbeitswirklichkeit nicht mehr ganz im Einklang stehen.

Letzteres dürfte auch auf die Entscheidung des Arbeitsgerichts Stuttgart selbst sowie für diejenige des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf aus dem Jahr 1981 gelten. Letztere hat zudem die Frage, ob Dolmetscherkosten für eine Betriebsversammlung für erforderlich gehalten werden dürfen, ausweislich des oben zitierten Leitsatzes gar nicht beantwortet.

2.2.3.

Die Kammer vermag sich auch der Ansicht von Brandt/Stoll in der Anmerkung zum Beschluss des Arbeitsgerichts L vom 19.01.2023 (8 BV 56/22) in zweifacher Hinsicht nicht anzuschließen (Brandt/Stoll, jurisPR-ArbR 35/2023):

Zum einen wird dort auf § 80 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG verwiesen, welcher die Integration ausländischer Arbeitnehmer im Betrieb und die Förderung des Verständnisses zwischen ihnen und den deutschen Arbeitnehmern zur Betriebsratsaufgabe macht. Die Argumentation, wonach Verständnis ein "Verstehen" erfordere, ist zwar auf den ersten Blick verlockend. Sie übersieht aber, dass "Integration" Zugehörigkeit bedeutet, die mit einer Anpassung an die Umgebung einhergeht. Die Enzyklopädie Brockhaus, 19. Aufl., Band 10, definiert den Begriff der "Integration" allgemein mit "Herstellung einer Einheit, Einbeziehung, Eingliederung in ein größeres Ganzes". Integration bedeutet dagegen nicht, dass sich das größere Ganze dem einzelnen Arbeitnehmer anpasst. Das Bereitstellen von Dolmetschern fördert die Integration im Sinne der Wortbedeutung nicht, weil sich - kontraproduktiv - die Umgebung anpasst. Damit wird der Anreiz, die Sprache der neuen Umgebung möglichst schnell zu lernen, zumindest verringert. Integration fordert vielmehr, dass es den nicht Deutsch sprechenden einzelnen Arbeitnehmern ermöglicht wird, ausreichend Deutsch zu lernen, um sich in die betriebliche Umgebung einzugliedern.

Zum anderen gehen die Verfasser der Anmerkung davon aus, dem Gericht stehenicht zu, eine Übersetzung nur bei besonders wichtigen Themen für erforderlich zu halten. Welche Themen zulässig seien und diskutiert werden können, habe der Gesetzgeber in § 45 BetrVG bestimmt. Im Rahmen dieser Vorschrift bestimme der Betriebsrat die Tagesordnung, wobei auch die Belegschaft Themen setzen und Vorschläge unterbreiten kann (§§ 44 Abs. 3 Satz 1, 45 Satz 2 BetrVG). Das Gesetz kenne keine Abstufung zwischen wichtigen und unwichtigen Themen (Brandt/Stoll, a.a.O., Anm. 5). Die inhaltliche Gestaltung der Betriebsversammlung obliege im Rahmen der durch § 45 BetrVG gezogenen Grenzen allein dem Betriebsrat (LArbG Mainz, Beschl. v. 23.03.2010 - 3 TaBV 48/09, zu II. 3. b) bb)). Arbeitnehmer haben einen Anspruch, an allen Diskussionspunkten der Betriebsversammlung teilzunehmen. Verstehen und sprechen sie dafür nicht ausreichend gut Deutsch, so sei folglich die gesamte Betriebsversammlung zu übersetzen. Diese Auffassung entspricht im Ergebnis der oben bereits begründet abgelehnten strikten Auffassung von Herbst in der Anmerkung zum Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart. Wie ebenfalls oben bereits dargestellt, hat der Betriebsrat im Rahmen der Erforderlichkeitsprüfung die Interessen der Belegschaft an einer sachgerechten Ausübung des Betriebsratsamtes und berechtigte Interessen des Arbeitgebers, auch soweit sie auf eine Begrenzung der Kostentragungspflicht gerichtet sind, gegeneinander abzuwägen. Diese Pflicht zur Abwägung kann nicht vollständig entfallen, weil einzelne Mitarbeiter der Betriebsversammlung sonst nur unzureichend folgen können. Man denke sich dies - neben der erforderlichen Simultanübersetzung von hier jedenfalls 5 Sprachen, bei Berücksichtigung aller des Deutschen nicht ausreichend Kundigen wohl noch deutlich mehr - weiter mit Blick auf Hörgeschädigte und Sehbehinderte. Natürlich ist das alles sehr wünschenswert. Berücksichtigt man, dass unter Umständen gemäß § 43 Abs. 1 BetrVG einmal im Kalendervierteljahr verpflichtend eine Betriebsversammlung abzuhalten ist, kann der Betriebsrat die hierdurch verursachten Kosten aber nicht ohne Abwägung in jedem Einzelfall für erforderlich halten (vgl. dazu den Beschluss des BAG vom 16.10.1986, 6 ABR 4/84, juris, das BAG führt dort im Leitsatz 2 ausdrücklich aus, dass es nicht möglich ist, die Erforderlichkeit zukünftiger kostenauslösender Maßnahmen feststellen zu lassen, weil der Betriebsrat die Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit jedes Mal von neuem vom Standpunkt eines objektiven Dritten aus zu prüfen habe).

Ist eine Abwägung danach immer erforderlich, ist in diese auch die Bedeutung der Betriebsversammlung einzubeziehen. Es geht also nicht - wie aber von den o.g. Autoren fälschlich angenommen - darum, dem Betriebsrat die Inhalte der Versammlung vorzugeben. Sondern es geht um das Gewicht, das auf Seiten des Betriebsrats für die Beiziehung von Dolmetschern streitet. Auch wenn das Gesetz keine wichtigen und weniger wichtigen Themen kennt, kennt sie doch das Leben. Eine Übersetzung scheint beispielsweise erforderlicher, wenn in der Versammlung auch Beschlüsse gefasst werden sollen. Die vom Arbeitsgericht L im o.g. Beschluss gewählte und in der Anmerkung kritisierte Aufzählung ist als nur beispielhaft zu verstehen. Der von den Autoren in diesem Zusammenhang angeführte Integrationsbericht kann mit heutiger Technik ohne weiteres in Textform so zur Verfügung gestellt werden, dass entweder - kontraproduktiv - bereits eine Übersetzung vorliegt oder - für die Integration viel besser - die Arbeitnehmer Gelegenheit erhalten, den Text selbst, ggfls. mit Hilfe, zu übersetzen. Dabei können sogleich auch auftretende inhaltliche Fragen für die Betriebsversammlung so vorbereitet werden, dass sie dort dann gestellt und beantwortet werden können. Damit würden die Beteiligten auch der Regelung in § 75 Abs. 2 Satz 2 BetrVG gerecht, wonach ihnen gemeinschaftlich obliegt, die Selbständigkeit und Eigeninitiative der Arbeitnehmer zu fördern.

3.

Selbst wenn man die Erforderlichkeit der Heranziehung von Simultandolmetschern für die hier in Rede stehende Betriebsversammlung zu Gunsten des Antragstellers bejaht, sind die damit verbundenen Kosten von der Beteiligten zu 2. nicht zu erstatten, denn sie sind unverhältnismäßig. Das Interesse des Betriebsrates am Erlass der beantragten einstweiligen Verfügung überwiegt daher nicht das Interesse der Beteiligten zu 2. an der Zurückweisung der Anträge, was letztere selbständig trägt.

3.1.

Wie oben ausgeführt, ist die Verhältnismäßigkeit unabhängig von der Erforderlichkeit zu prüfen. Im Zusammenhang mit der Kostenerstattung von Schulungskosten hat das Bundesarbeitsgericht ausgeführt, dass dieser Grundsatz den Betriebsrat verpflichtet zu prüfen, ob die Schulungskosten unter Berücksichtigung des Inhalts und des Umfangs des vermittelten Wissens mit der Größe und Leistungsfähigkeitdes Betriebs zu vereinbaren sind. Überschreitet der Kostenaufwand einer Schulung den Rahmen des nach den Verhältnissen Zumutbaren, ist der Arbeitgeber nur in diesem Rahmen zur Erstattung entstandener Kosten verpflichtet (Fitting, a.a.O., BetrVG § 40 Rn. 72).

Übertragen auf die Erstattungspflicht für Kosten der Heranziehung von Simultandolmetschern zu einer Betriebsversammlung hat der Betriebsrat zu prüfen, ob diese unter Berücksichtigung des Inhalts und Umfangs der Betriebsversammlung mit der Größe und Leistungsfähigkeit des Betriebs zu vereinbaren sind. Auch an dieser Stelle spielt die Bedeutung der beabsichtigten Informationen und Diskussionen also eine Rolle. Daneben sind andere mögliche und kostengünstigereWege der Information bzw. Übersetzung zu berücksichtigen. Das mag dazu führen, dass die Betriebsversammlung aufwändiger vorbereitet werden muss und u. U. auchlänger dauert. Die dadurch verursachten Kosten sind ebenfalls in die Überlegungen einzubeziehen.

3.2.

Der Beteiligte zu 1. hat im Rahmen des vorliegenden Verfahrens im einstweiligen Rechtsschutz zur Leistungsfähigkeit des Betriebes nicht konkret vorgetragen. Es wird der Sache nach geltend gemacht, dass es sich um einen großen - damit wohl leistungsstarken - Betrieb handelt. Auf Nachfrage der Kammer im Anhörungstermin zur Tagesordnung hat der Betriebsratsvorsitzende erklärt, der Tätigkeitsbericht des Betriebsrates, der Rechenschaftsbericht des Arbeitgebers, das betriebliche Eingliederungsmanagement und Diskriminierung seien als Themen vorgesehen. Außerdem sei geplant, dass die Gewerkschaft ver.di jemanden zur Betriebsversammlung entsende. Dazu, dass hier Informationen gegeben werden sollen, die zur Vorbereitung der Betriebsversammlung nicht im Voraus übersetzt werden könnten oder dazu, dass eine Diskussion mit erheblicher Beteiligung der Mitarbeiter zu erwarten sei, hat der Beteiligte zu 1. nicht vorgetragen. Die Beschränkung des Antrags auf die 5 im Betrieb am häufigsten vorkommenden Sprachen sei erfolgt, um der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen.

Diese Beschränkung ist nicht geeignet, die Verhältnismäßigkeit herzustellen. Selbst wenn man zugunsten des Beteiligten zu 1. hier unterstellt, dass die Beteiligte zu 2. entsprechend leistungsstark ist, wäre angesichts der unwidersprochen angegebenen Kosten von ca. 31.000,00 Euro für die hier in Rede stehende Betriebsversammlung erforderlich, dass sich aus der mitgeteilten Tagesordnung ein entsprechend gewichtiger Informations- oder Teilhabebedarf für die Beschäftigten ergibt, der nicht oder jedenfalls nicht in großen Teilen anderweitig gedeckt werden kann. Das ist nicht gegeben.

Anders als bei den Schulungskosten kann die Verhältnismäßigkeit auch nicht dadurch hergestellt werden, dass die Kostenerstattungspflicht nur für fünf oder weniger Sprachen bejaht wird. Der gegenteiligen Auffassung, wie sie ebenfalls von Brandt/Stoll in der o.g. Anmerkung vertreten wird, schließt sich die Kammer nicht an. § 75 Abs. 1 BetrVG gebietet die Gleichbehandlung aller im Betrieb tätigen Personen, eine Benachteiligung aus Gründen der Nationalität hat zu unterbleiben. Weshalb eine sachgerechte Differenzierung darin liegen sollte, ausgerechnet die im Betrieb vorhandenen Minderheiten von der Übersetzung auszunehmen, ist nicht erkennbar. Soweit sich diese Auffassung auf die Rechtsprechung (ArbG Frankfurt, Beschluss vom 12. November 2002 - 4 BV 166/02, juris, nachgehend bestätigt durch BAG, Beschluss vom 13. Oktober 2004 - 7 ABR 5/04, BAGE 112, 160-166, juris) zu § 2 Abs. 5 WahlO stützt, ist zu berücksichtigen, dass dort eine ausdrückliche Regelung des Gesetzgebers zur Unterrichtung in geeigneter Weise vorliegt - wie hier nicht.

Nach hier vertretener Auffassung wäre der Arbeitgeber bei im Einzelfall bejahter Erforderlichkeit der Simultanübersetzung grundsätzlich verpflichtet, diese allen Mitarbeitern zur Verfügung zu stellen. Ist das - wie hier - unzumutbar, gebietet die Gleichbehandlung, die Betriebsversammlung insgesamt nur auf Deutsch zu halten.

Vom Vorbringen des Antragstellers, mit der Übersetzung in die hier beantragten 5 Sprachen würden "nahezu alle" Mitarbeiter erreicht, ist die Kammer nicht überzeugt. Auch in diesem Zusammenhang verweist der Beteiligte zu 1. lediglich darauf, dass dies seiner Einschätzung entspreche. Auf welcher Tatsachengrundlage diese Einschätzung beruht, ist nicht vorgetragen und konnte durch Anhörung des Betriebsratsvorsitzenden auch nicht weiter aufgeklärt werden.

III.

Einer Kostenentscheidung bedurfte es nicht, da für das vorliegende Verfahren nach § 2 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) in Verbindung mit § 2a Abs. 1 Nr. 1 ArbGG Kosten nicht erhoben werden.

Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben, da im Beschlussverfahren über den Erlass einer einstweiligen Verfügung die Rechtsbeschwerde nicht stattfindet, § 92 Absatz 1 Satz 3 ArbGG.

Vorschriften§ 40 Abs. 2 BetrVG, § 184 Satz 1 GVG, § 185 GVG, § 87 Abs. 1 ArbGG, § 87 Abs. 2, § 89 Abs. 1, 2 Satz 1 ArbGG, § 64 Abs. 6 S. 1, § 66 Abs. 1 S. 1 und 2 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO, § 275 Abs. 1 BGB, § 40 Abs. 1 BetrVG, § 2 Abs. 1 BetrVG, BetrVG § 43, BetrVG § 40, § 80 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG, § 75 Abs. 1 BetrVG, Art. 18, 19 der Europäischen Sozialcharta, § 45 BetrVG, §§ 44 Abs. 3 Satz 1, 45 Satz 2 BetrVG, § 43 Abs. 1 BetrVG, § 75 Abs. 2 Satz 2 BetrVG, § 2 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG), § 2a Abs. 1 Nr. 1 ArbGG, § 92 Absatz 1 Satz 3 ArbGG

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