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13.04.2007 · IWW-Abrufnummer 070121

Finanzgericht des Saarlandes: Urteil vom 06.12.2006 – 1 K 165/03

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


1 K 165/03

Finanzgericht des Saarlandes

Urteil

Im Namen des Volkes

In dem Rechtsstreit XXX

wegen Einkommensteuer 1992 bis 1997; Vermögensteuer 1. Januar 1993 und 1. Januar 1995

hat der 1. Senat des Finanzgerichts des Saarlandes in E unter Mitwirkung XXX auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 6. Dezember 2006 für Recht erkannt:

1. Unter Änderung der Einkommensteuerbescheide 1994 bis 1997, alle vom 27. Juni 2002 und in Form der Einspruchsentscheidung vom 19. Mai 2003, wird die Steuer unter Verminderung der Einnahmen aus Kapitalvermögen neu festgesetzt (1994 um 40.000 DM, 1995 um 98.000 DM, 1996 um 30.000 DM und 1997 um 8.960 DM, s. I 3 c der Entscheidungsgründe). Dem Beklagten wird aufgegeben die Steuer insofern neu zu berechnen. Im übrigen wird die Klage als unbegründet abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern und dem Beklagten zu je ½ auferlegt. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, sofern nicht die Kläger zuvor Sicherheit leisten.

3. Die Revision wird zugelassen.

Rechtsmittelbelehrung XXX

Tatbestand

Die Kläger werden als Eheleute beim Beklagten zusammen zur Ein-kommensteuer und (bis 1996) zur Vermögensteuer veranlagt. Der Kläger, der früher als Diplom-Ingenieur und Markscheider tätig war, ist Rentner, die Klägerin ist Hausfrau. Die Kläger ließen sich bei der Vermögensanlage seit jeher von Herrn C ? künftig: C ?, Gesellschafter-Geschäftsführer der C & D GmbH, E, den sie seit Ende der 60iger Jahre persönlich kennen, beraten. Der anhängige Rechtsstreit wird um Einkünfte aus Kapitalvermögen geführt, die auf Vereinbarungen der Kläger mit C beruhen.

Anfang 1992 trat C an die Kläger mit dem Angebot heran, ?hochverzinsliche Kapitalanlagen? (Bl. 194) zu tätigen. Das Anlagekapital sollte möglichst mit 12% p.a. verzinst und zudem ein ?Bonus? von weiteren 12% gezahlt werden (Bl. 184 f., 187). Unter dem Datum vom 10. Juni 1992 haben die Kläger mit C zwei Verträge über die Anlage von 160.000 DM und 90.000 DM geschlossen (Bl. 33 ff.; 184 ff.).

Die als ?Vereinbarung? bezeichneten Verträge zwischen den Klägern (?Auftraggeber?) und C (?Herr C?), auf die wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen wird, enthielten folgende Passagen:
Tz. 1.2: .....wünscht der Auftraggeber, dass sein Kapital ? entweder mit dem Kapital anderer Anleger oder allein ? durch C angelegt wird.
1.3: C wird die Anlagemittel auf einem Sonderkonto entgegennehmen ... und die aus Erträgen bzw. Kapitalrückzahlungen ... zufließenden Gelder ent-sprechend dem Anspruch des Auftraggebers an diesen auszahlen.

Tz. 2.2.: Das Kapital wird C für 5 Jahre zur Verfügung gestellt....
2.3: Dem Auftraggeber ist bekannt, dass seine Anlage ... gepoolt wird ... Er verzichtet deshalb bereits jetzt unwiderruflich auf eine vorzeitige Rückzahlung des Anlagebetrages.

Tz. 3.1: Die in Anlage 1 zu diesem Vertrag beschriebene Anlageform beschreibt nur eine von mehreren möglichen Anlageformen...
(1) Das Anlagekapital muss abgesichert sein.
(2) Es muss eine Verzinsung erreichbar sein, die mit der in Anlage 1 vergleichbar ist.
3.2: C wird sämtliche auf dem Sonderkonto eingehenden Gelder unverzüglich an die berechtigten Stellen auszahlen ......
3.3: Da C den Initiatoren der Kapitalanlage absolute Vertraulichkeit zugesichert hat, wird er dem Auftraggeber weder den Namen des Anlagepartners, noch die eingeschaltete Bank oder sonstige Institutionen mitteilen.

Tz: 4.2: Die Verantwortung von C erstreckt sich nicht auf den Anlageerfolg. Deshalb übernimmt C keinerlei Haftung dafür, dass die gemäß seinem Auftrag abgeschlossenen Kapitalanlageverträge die erwarteten Zins- und Bonusbeträge erbringen und dass die Kapitalrückzahlung an das Sonderkonto ordnungsgemäß erfolgt.

Tz. 5 (in einem der Verträge gestrichen)
Für seine Tätigkeit erhält C eine Vergütung, die ausschließlich vom Ertrag der Anlage abhängig ist. Sie beträgt 5% des dem Auftraggeber zustehenden Anlagebetrages. Einen Anspruch auf Ersatz weiterer Kosten hat C nicht.

Tz: 6.1: Der vorliegende Vertrag wird auf unbestimmte Zeit geschlossen. Er kann nach Ablauf des unter 2.2. genannten Zeitraumes ? von jeder Partei mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

Die Anlage zu den Verträgen trug die Überschrift: ?Anlage 1 zur Vereinbarung über eine Kapitalanlage zwischen Herrn A, Frau A und Herrn C?. Den Verträgen war die ?Berechnung einer hochverzinslichen Kapitalanlage für Herrn und Frau A? beigefügt (Bl. 194).

Als Verwaltungsgesellschaft war die ?F G und H Establishment?, I, J künftig: FG ? tätig. Die FG residierte in I unter der Geschäftsadresse K-Straße XX (?Haus L?) und wird von Herrn M vertreten. Diese Adresse und der Name des Herrn M sind dem Senat aus anderen Verfahren im Zusammenhang mit ?Briefkastengesellschaften? in J bekannt.

C hat den Klägern über die Bewegungen ihres Sonderkontos durch die FG ?offizielle? Abrechnungen (mit Firmenkopf der FG) und ?inoffizielle? Abrechnungen (ohne Firmenkopf der FG - ?nur zu ihrer persönlichen Information?) erteilt (Bl. 239 ff., 248; Fahnd.A Bl. 157 ff., 163). Auszahlungen nahm er auf zwei Konten vor, die die Kläger bei der N O in P ? künftig: NO ? mit den Kontonummern XXXXXX-XX und XXXXXX-XX-X errichtet hatten (Fahnd.A Bl. 104 ff., 115 ff.). Über die Konten waren neben den Klägern die Kinder der Kläger - Q und R A ? verfügungsbefugt (Bl. 203). C war befugt von NO Auskünfte über den jeweiligen Stand der Konten und über die Kontenbewegungen einzuholen (Bl. 201, 251).

C hatte von 1992 bis 1999 mit 44 weiteren Anlegerparteien ? darunter C selbst - vergleichbare Verträge geschlossen und dadurch ein Anlagekapital i.H.v. insgesamt 6.798.520 DM (davon bis Ende 1994 5.037.000 DM) erhalten (Beihefter ?Steuergeheimnis?).

Nachdem die Kläger die Verträge mit C gekündigt hatten (1998 bzw. 2000), hat C ihnen mit Schreiben vom 7. Februar 2001 mitgeteilt, dass Insolvenzantrag gestellt sei und im Rahmen des Insolvenzverfahrens ein Schuldenbereinigungsplan erarbeitet werde (Fahnd.A Bl. 94 ff.). Das am 24. September 2001 eröffnete Insolvenzverfahren des C (Az. beim AG E: XX IN XXX/XX; Bl. 485 StrafA) und das Strafverfahren gegen C, in dem gegen ihn vor dem Amtsgericht E Anklage erhoben worden ist (Az. XX Ls XX Js XXX/XX), schweben derzeit noch.

In ihren Einkommensteuererklärungen 1992 - 1997 erklärten die Kläger aus den vorgenannten Vorgängen als Einnahmen aus Kapitalvermögen nur die Beträge, die ihnen von C auf das Konto bei der NO Nr. XXXXXX-XX überwiesen worden waren (s. Anlagen I und II zum Fahndungsbericht vom 18. Februar 2002). In ihren Vermögensteuererklärungen erklärten die Kläger Kapitalvermögen aus Anlagen in der S:
auf den 1. Januar 1993: 136.000 DM
auf den 1. Januar 1995: 146.000 DM

Bei der Durchführung der Einkommen- und Vermögensteuerveranlagungen folgte der Beklagte den Erklärungsangaben.

Im Jahre 2000 wurden bei C und den Klägern Steuerfahndungsprüfungen mit Durchsuchungen der Geschäftsräume und Wohnungen von C, der Wohnung der Kläger und der Geschäftsräume verschiedener Banken durchgeführt. Diesen Ermittlungen zu Folge haben die Kläger in der Zeit vom 17. Juli 1992 bis 1. April 1994 aus Eigenmitteln ihres Vermögens 230.000 DM an C in Ausführung der Verträge vom 10. Juni 1992 überwiesen. Die Erträge wurden gegenüber den Klägern (zumeist vierteljährlich) auf dem von C geführten Sonderkonto ?inoffiziell? (ohne Firmenkopf der FG) und ?offiziell? (mit Firmenkopf der FG) abgerechnet (Bl. 157 ff. FahndA; Bl. 216, 225) und ? bis zum 12. September 1994 ? ausnahmslos auf die Konten der Kläger bei der NO überwiesen. Ein Teil dieser Beträge wurde von dort an C zur Auffüllung der vertraglich geschuldeten Anlagebeträge bzw. zur Wiederanlage überwiesen:

NO-Konto Betrag Datum
Nr. 582988-42 10.000 DM 20. Januar 1994
Nr. 582988-42-1 20.000 DM 16. Februar 1993
20.000 DM 25. Juni 1993
30.000 DM 20. Januar 1994

Ab September 1994 sind in zunehmender Zahl auf dem Sonderkonto als Ertrag ausgewiesene Beträge nicht mehr auf die Konten bei der NO überwiesen, sondern - unter Verrechnung mit den Erträgen - auf dem Sonderkonto als zusätzliches Anlagekapital der Kläger gutgeschrieben worden (?Reinvestition?; bis Ende 1997: 176.960 DM, s. Anlage I des Fahndungsberichts). Die Verrechnungen erfolgten jeweils nach Rücksprache des C mit den Klägern und auf deren Anweisung (Bl. 171-176, 231). Insgesamt, d.h. einschließlich der reinvestierten Beträge, hat der Fahnder 1992 - 1997 an nachzuversteuernden Erträgen aus Kapitalvermögen 372.149,95 DM ermittelt. Hiervon sind 195.189,95 DM auf die Konten der Kläger bei der NO überwiesen worden. Mit diesen Beträgen haben die Kläger anderweitige Kapitalanlagen erworben bzw. private Ausgaben bestritten. Nach den Feststellungen des Fahnders betrugen die zusätzlich anzusetzenden Kapitalstände aus den vorgenannten Anlagen am
1. Januar 1993: 230.000 DM und am
1. Januar 1995: 330.000 DM

Nach den Ermittlungen der Fahnder war C mindestens bis Ende 1997 in der Lage, Auszahlungen an die Anleger vorzunehmen. C hat an die Kläger am 6. Juni 1997 letztmalig Überweisungen auf die Konten bei der NO und am 22. Dezember 1997 eine Kapitalrückzahlung i.H.v. 10.000 DM per Scheck getätigt (Bl. 162).

Unter Zugrundelegung der Prüfungsfeststellungen änderte der Beklagte am 27. Juni 2002 die Einkommensteuerbescheide 1992 - 1997 sowie die Vermögensteuerbescheide auf den 1. Januar 1993 und 1995 gem. § 173 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO. Dagegen haben die Kläger am 2. Juli 2002 Einspruch eingelegt, den der Beklagte mit Entscheidung vom 19. Mai 2003 bezüglich der Einkommensteuerbescheide als un-begründet und bezüglich der Vermögensteuerbescheide unter Neufestsetzung der Steuer teilweise als unbegründet zurückgewiesen hat.

Am 10. Juni 2003 erhoben die Kläger Klage. Sie beantragen,
die Einkommensteuerbescheide 1992 bis 1997 sowie die Vermögensteuerbescheide auf den 1. Januar 1993 und 1995, alle vom 27. Juni 2002 und in Form der Einspruchsentscheidung vom 19. Mai 2003, ersatzlos aufzuheben.

C habe sich verpflichtet, das Geld treuhänderisch für die Kläger anzulegen. Die Verzinsung, die Kapitalrückzahlung (Ziff. 4.2) und das Schicksal der Kapitalanlage (Ziff. 3.3) seien ungewiss gewesen (Bl. 18 f., 33 ff.). Die 230.000 DM der Kläger habe C wie folgt investiert (Bl. 19 f., 41 ff.):

Ø Versicherungspolicen der Versicherungsgesellschaft T in U: Das Investment sei 1992 aufgelöst worden. Die Rückkaufswerte hätten nach der kurzen Laufzeit bei ca. 80 % gelegen.
Ø Anlagepartner V: Die Anlage sei am 9. Dezember 1992 mit 1,4 Millionen USD erfolgt. Erträge seien nicht erwirtschaftet worden. Im März 1993 habe C 1,1 Millionen zurück erhalten. Ca. 0,9 Millionen DM seien veruntreut worden.
Ø Anlagepartner W: Am 26. September 1993 seien 500.000 USD angelegt worden. Der Betrag sei am 31. August 1993 aufgrund der Intervention des C mit 501.751,55 USD zurückgezahlt worden.
Ø Anlagepartner Y/Treuhänder Rechtsanwalt und Notar Z: Am 5. August 1994 hätten 1.037.625,42 USD angelegt werden sollen. Das Anwaltsbüro in AA, das als Treuhänder eingeschaltet worden sei, habe das Kapital jedoch veruntreut. Versuche, von der BB, AA (Anwaltskammer, die gleichzeitig bei Fehlverhalten von Anwälten wie eine Haftpflichtversicherung eintritt), Ersatz der veruntreuten Gelder zu erhalten, seien erfolglos geblieben.

C habe die Kläger nicht von diesen Missgeschicken informiert. Vielmehr hätten die Kläger auf ihren Konten bei der NO von 1992 bis 1997 Zahlungen i.H.v. insgesamt 195.191,24 DM erhalten (Bl. 21, 45 ff.). Die Überweisungen seien zum Teil von C, zum Teil von einer "CC-Bank in DD", "EE Establis", ?FF" bzw. ?GG" gekommen. Ein Verwendungszweck sei in keinem Fall angegeben worden. C habe von den überwiesenen Beträgen 116.180 DM aufgrund einer ihm erteilten Bankvollmacht von den Konten der Kläger nach kurzer Zeit wieder abgezogen.

Die Leistung des C habe nicht in der Zahlung von Geld, sondern in der Anlage des ihm treuhänderisch überlassenen Geldes bestanden (Ziff. 2.4; treuhänderische Geschäftsbesorgung gem. § 675 BGB). Die von C erworbenen Kapitalforderungen seien den Klägern als Treugebern gem. § 39 AO anteilig zuzurechnen. Die Anlagen hätten jedoch nur Verluste erbracht (Bl. 23 f.). Es gebe Gesichtspunkte, wonach C

lediglich als Vertreter der Kläger habe tätig werden sollen (Bl. 300 ff.).

§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG sei nicht anwendbar, weil weder die Rückzahlung noch die Verzinsung des überlassenen Geldes sichergestellt gewesen sei (s. Ziff. 4.2 der Verträge). Die Kläger hätten - nachdem die Anlagen keinen Ertrag erbracht hätten und nachdem das Geld verloren gewesen sei - keine Möglichkeit gehabt, von C die Rückzahlung des Geldes und die Zahlung der in Aussicht gestellten Erträge zu verlangen. Eine Kapitalforderung, bei der die Rückzahlung sowie das Nutzungsentgelt unsicher seien, sei nicht steuerpflichtig.

Es seien auch keine Einkünfte aus einer stillen Beteiligung gem. § 20 Abs. 1 Ziff. 4 EStG erzielt worden. In Ziff. 3.1 der Verträge sei die Investition in eine Anlage vorgesehen gewesen, bei der
Ø das Anlagekapital habe abgesichert sein müssen und
Ø eine Verzinsung habe erreichbar sein müssen, die mit der in Anlage 1 vergleichbar gewesen sei.

Eine derartige Anlage sei kein Handelsgewerbe i.S.d. § 1 HGB a.F. Es seien auch keine Gesellschaften begründet worden, auch wenn in einem der Verträge eine Vergütung vereinbart gewesen sei, die sich am Ertrag der Anlage orientiert habe. Die Kläger hätten in erster Linie eine sichere Kapitalanlage und erst in zweiter Linie eine Verzinsung von bis zu 12% p.a. erstrebt. C habe an der Sicherheit der Kapitalanlage kein Interesse gehabt, da er von einem eventuellen Verlust frei-gestellt gewesen sei (Bl. 25).

Die auf den Konten bei der NO gutgeschriebenen Beträge seien nicht i.S.d. § 11 EStG zugeflossen, denn es habe sich nicht um Erträge gehandelt. Das Geld sei vielmehr veruntreut worden. Bei den Überweisungen sei keine Leistungsbestimmung getroffen worden. Es bleibe somit bei der gesetzlichen Tilgungsreihenfolge des § 366 BGB, so dass C mit den Zahlungen eine teilweise Kapitalrückzahlung bewirkt habe (Bl. 26).

Die Kläger hätten von C nachträglich Abrechnungen über ihre Geldanlage erhalten. In den Abrechnungen sei die Umbuchung eines Teils der Erträge bzw. Boni auf Kapital ausgewiesen worden. Die Abrechnung sei unrichtig gewesen, da tatsächlich keine Erträge erwirtschaftet worden seien.

Die Zusendung und Entgegennahme der Abrechnungen sei keine Schuldumschaffung (Novation) gewesen. Auch sei zu fragen, welcher Art die Forderung gewesen sei, die durch die angebliche Schuldumschaffung getilgt worden sei. Nach den Erklärungen des C habe es sich teilweise um steuerfreie Erträge gehandelt. Für eine Schuldumschaffung wäre eine entsprechende Einigung der Parteien erforderlich gewesen. Die Kläger hätten C gegenüber keine entsprechende Erklärung abgegeben. (Bl. 27 f.).

Den Abrechnungen könne nicht entnommen werden, dass die gutgeschriebenen Beträge den Klägern zur Verwendung zur Verfügung stehen sollten. Die Erträge und Boni seien vielmehr im wesentlichen dem Kapital zugeschlagen worden, das nach den Verträgen frühestens nach Ablauf von fünf Jahren zur Verfügung gestanden habe und dessen Rückzahlung nicht sichergestellt gewesen sei (Bl. 28, 305 ff.). Zudem habe der Beklagte die Zuflüsse gem. § 11 EStG teilweise un-richtig erfasst (s. Anlage I zum Fahndungsbericht und Bl. 29 f., 308):
Ø 1992: 8.593,50 DM und 5.366,50 DM.
Ø 1993: 3.863,89 DM und 24.636,11 DM.
Ø 1994: 4.148 DM und 29.952 DM.
Ø 1995 : 4.050,40 DM und 37.349,60 DM.

Auf die Hauptforderungen der Kläger seien zum 1. Januar 1993 36% und zum 1. Januar 1995 100% verloren gewesen (Bl. 29).

Der Beklagte beantragt (Bl. 126),
die Klage als unbegründet abzuweisen.

Unter Bezugnahme auf seine Einspruchsentscheidung im übrigen trägt er vor, er gehe von dem selben Sachverhalt wie die Kläger aus, er werte diesen allerdings anders. Für die Behauptung, die an die Kläger erfolgten Zahlungen seien Kapitalrückzahlungen gewesen, ge-be es keine Anhaltspunkte. Dagegen sprächen vielmehr der Sinn und die Handhabung der Verträge. Die steuerliche Erfassung der Erträge sei nicht davon abhängig, dass der Überweisende sie als steuerpflichtig bezeichne (Bl. 126 f.).

In der Schlussbesprechung vom 1. Februar 2002 habe der Vertreter der Kläger angeboten, die tatsächlich überwiesenen Beträge i.H.v. 195.189,95 DM als Einnahmen aus Kapitalvermögen in Ansatz zu bringen. Nach der Rechtsprechung des BFH sei ein Zufluss erfolgt, wenn eine Gutschrift in den Büchern des Verpflichteten dokumentiert sei. Der Zugang der Abrechnungen sei unmaßgeblich. Die Einnahmen aus Kapitalvermögen seien daher in dem Veranlagungszeitraum anzusetzen, in dem sie nach den Abrechnungen wirtschaftlich entstanden seien (Bl. 130).

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Akten des Beklagten, die aus dem Strafverfahren gegen C vor dem Amtsgericht E beigezogenen Akten und das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.


Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig und teilweise auch begründet. Sie ist begründet, soweit die Kapitalentgelte den Klägern ? ohne Auszahlung auf die Konten bei der NO ? auf dem von C geführten Sonderkonto bei der FG lediglich gutgeschrieben und mit neuerlichen Kapitalanlagen verrechnet worden sind (insgesamt: 176.960 DM). Dagegen hat der Beklagte zu Recht die Beträge als weitere Einnahmen aus Kapitalvermögen der Kläger ? und zwar in den zutreffenden Veranlagungszeiträumen - versteuert, soweit diese einem der Konten der Kläger bei der NO gutgeschrieben worden sind (insgesamt 143.981,45 DM der streitigen Beträge). Auch der Ansatz der streitigen Beträge zu Zwecken der Vermögensteuer zum 1. Januar 1993 und 1. Januar 1995 ist nicht zu beanstanden.

I. Einkommensteuer 1992 bis 1997

1. Grundlagen der Einkunftserzielung
a. Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG bezieht, wer einem Anderen Kapitalvermögen gegen Entgelt zur Nutzung überlässt. Kapitalforderungen sind alle auf einen Geldbetrag gerichteten Forderungen des Privatvermögens, gleichviel auf welchem Rechtsgrund sie beruhen. Anzusetzen sind alle Entgelte, die für eine Kapitalüberlassung im weitesten Sinne zugeflossen sind (ständige Rechtsprechung des BFH, s. z.B. Urteil vom 26. Juni 1996 VIII R 67/95, BFH/NV 1997, 175 m.w.N.). Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören auch besondere Entgelte oder Vorteile, die neben den vorgenannten Einnahmen oder an deren Stelle gewährt werden (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG).

Bei der Entscheidung, ob einer und welcher der Tatbestände der Einkunftsarten des Einkommensteuergesetzes ? u.a. auch des § 20 EStG - erfüllt ist, ist nicht der innere Wille der beteiligten Personen maßgebend, sondern wie sich das jeweilige Rechtsgeschäft aus der Sicht des Steuerpflichtigen bei objektiver Betrachtungsweise darstellen musste. Das bedeutet, dass es vorliegend auf den nach außen erkennbar gewordenen Willen der Kläger und des C beim Abschluss der Verträge vom 10. Juni 1992 ankommt. Die für die Auslegung von empfangsbedürftigen Willenserklärungen maßgeblichen Grundsätze der §§ 133, 157 BGB sind entsprechend anwendbar (BFH vom 14. Dezember 2004 VIII R 5/02, BStBl. II 2005, 739 m.w.N.). Geheime Vorbehalte des Vertragspartners sind unbeachtlich (§ 116 BGB; s. FG Schleswig-Holstein vom 27. Mai 2003 5 K 20215/99, EFG 2003, 1162). Der Umstand, dass sich der Anlagepartner nicht an die Abmachungen hält (und beispielsweise mit dem ihm anvertrauten Kapital statt einer seriösen Anlage den Aufbau eines ?Schneeballsystems? betreibt), macht den Vertrag nicht nach § 138 BGB nichtig, sondern verpflichtet den untreuen Vertragspartner lediglich zur Schadensersatzleistung (s. für den Fall eines ?Schneeballsystems?: BGH vom 21. März 2005 II ZR 310/03, DStR 2005, 1824, 1826). Die Voraussetzungen der Einkunftserzielung sind unter Zugrundelegung der Erkenntnisse zu prüfen, die das Gericht zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnen hat (§ 96 Abs. 1 FGO).

b. Im Falle der häufig in Gestalt von Anlageberatern oder Anlagevermittlern auftretenden Anlagebetrüger sind die mit den Anlegern abgeschlossenen Verträge von einer gewissen Bedeutung für die steuerliche Einordnung der Vorgänge. Haben die Anleger dem Anlagebetrüger selbst das Kapital entgeltlich überlassen, so ist bereits hierdurch der Einkunftstatbestand des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG erfüllt. Es spielt dann keine Rolle, was der Anlagebetrüger mit dem Kapital unternimmt. Auch wenn er es beispielsweise zum Aufbau eines ?Schneeballsystems? verwendet und dem Anleger aus dem Kapital anderer getäuschter Anleger (oder gar aus dem eigenen Kapital des Anlegers) ?Scheinrenditen? zahlt, spielt dies für die Frage der Erfüllung des Einkunftstatbestandes keine Rolle (BFH vom 14. Dezember 2004 VIII R 81/03, BStBl. II 2005, 746). Die Beträge fließen dem Anleger in der mit dem Anlagepartner vereinbarten Qualifikation zu. Zivilrechtlich kann der Anleger diese Beträge, die in Erfüllung des Vertrages gezahlt werden, behalten und braucht keine Herausgabeansprüche nach §§ 812 ff. BGB zu fürchten. Fraglich kann in solchen Fällen lediglich sein, ob und inwieweit ein Zufluss i.S.d. § 11 EStG erfolgt ist (s. dazu Nr. 2).

Ist der Vertrag mit dem Anlagepartner dahin zu verstehen, dass dieser nur als Treuhänder oder ansonsten Beauftragter des Anlegers tätig werden soll, so ist bezüglich der Erfüllung des Einkunftstatbestandes auf die Geschäfte abzustellen, die der Anlagepartner tatsächlich für den Anleger tätigt. Bestehen die Aktivitäten des Partners beispielsweise ausschließlich im Aufbau eines ?Schneeballsystems? oder in mehr oder weniger gescheiterten Kapitalanlagen, so wird hierdurch nicht der Einkunftstatbestand des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG erfüllt. Es ist allerdings zu beachten, dass der Anleger ? je nach den im Vertrag ins Auge gefassten Aktivitäten (BFH vom 14. Dezember 2004 VIII R 5/02, BStBl. II 2005, 739; vom 14. Dezember 2004 VIII R 81/03, BStBl. II 2005, 746) ? beabsichtigt hat, Einkünfte aus Kapitalvermögen zu erzielen. Da der Anleger von seiner Seite her alles zur Einkunftserzielung Erforderliche getan hat, hat er mit der (wirtschaftlich fehlgeschlagenen) Einkunftserzielung in steuerlich relevanter Weise begonnen. Zahlungsvorgänge, die durch die begonnene (wenn auch fehlgeschlagene) Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen veranlasst sind, sind (wie dies bei den anderen Einkunftsarten auch der Fall ist) einkommensteuerlich als Einnahmen oder Ausgaben der ins Auge gefassten Einkünfte von Bedeutung. Die Gelder, die dem Anleger ? durch die begonnene Einkunftserzielung veranlasst ? z.B. als ?Scheinrenditen? zufließen, führen zu entsprechenden einkommensteuerbaren Einnahmen. Diese Einnahmen darf der Anleger im übrigen zivilrechtlich (zumindest nach § 814 BGB) auch behalten (s. dazu BGH vom 29. November 1990 IX ZR 29/90, NJW 1991, 560 unter II 1 der Gründe). Der durch einen unseriösen Anlagepartner getäuschte Anleger kann nicht anders behandelt werden als ein Anleger, der im redlichen Geschäftsverkehr zwar Zinsen für seine Anlage erhalten, sein Kapital letztlich aber aufgrund ungünstiger wirtschaftlicher Entwicklungen verloren hat.

Wieder andere Auswirkungen ergeben sich aus der Annahme einer Gesellschaft zwischen Anleger und Anlagepartner (zur typischen/atypischen stillen Gesellschaft: BFH vom 22. Juli 1997 VIII R 57/95, BStBl. II 1997, 755).

2. Grundlagen des Einnahmenzuflusses
a. Einnahmen (§ 8 Abs. 1 EStG ) sind i.S.d. § 11 Abs. 1 EStG zugeflossen, sobald der Steuerpflichtige über sie wirtschaftlich verfügen kann. Geldbeträge fließen dem Steuerpflichtigen i.d.R. dadurch zu, dass sie ihm bar ausgezahlt oder seinem Konto bei einem Kreditinstitut gutgeschrieben werden. Auch die Gutschrift in den Büchern des Verpflichteten kann einen Zufluss bewirken, wenn in der Gutschrift nicht nur das buchmäßige Festhalten einer Schuldverpflichtung zu sehen ist, sondern darüber hinaus zum Ausdruck gebracht wird, dass der Betrag dem Berechtigten von nun an zur Verwendung zur Verfügung steht. Allerdings muß der Gläubiger in einem solchen Falle in der Lage sein, den Leistungserfolg ohne weiteres Zutun des im übrigen leistungsbereiten und leistungsfähigen Schuldners herbeizuführen (BFH 11. Mai 1999 VIII R 70/95, BFH/NV 2000, 18 m.w.N. auf die ständige Rechtsprechung). Die vorgenannte wirtschaftliche Verfügungsbefugnis steht dem Gläubiger zu, wenn er über den ihm gutgeschriebenen Betrag frei disponieren kann, indem er ihn abholt, abruft oder beispielsweise auch beim Schuldner wieder neu anlegt (Novation).

Als Zahlungsunfähigkeit des Schuldners ist das auf dem Mangel an Zahlungsmitteln beruhende dauernde Unvermögen zu verstehen, seine sofort zu erfüllenden Geldschulden noch im wesentlichen zu berichtigen. Hierbei kommt es nach der Rechtsprechung des BFH nicht auf die Gesamtheit der fälligen Beträge an, sondern lediglich auf die Summen, mit deren Auszahlung bei verständiger und objektiver Beurteilung der Sachlage zu rechnen gewesen ist. Für die Annahme einer durch den Zufluss beim Gläubiger erfolgten Vermögensmehrung ist es unerheblich, woher die Geldmittel stammen, mit denen der Schuldner seine Verbindlichkeiten begleicht, es sei denn, die Beträge stehen dem Gläubiger ohnehin nach § 39 AO oder ansonsten bereits selbst zu (BFH vom 10. Juli 2001 VIII R 35/00, BStBl. II 2001, 646, 648 ff. m.w.N. auf seine ständige Rechtsprechung).

Zudem setzt der Zufluss von Einnahmen voraus, dass beim Steuerpflichtigen eine Vermögensmehrung, d.h. eine objektive Bereicherung eintritt (BFH vom 10. Juli 2001 a.a.O. S. 650 m.w.N.).

b. Der Senat sieht sich ? wie das FG Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 10. Februar 2004 2 K 1550/03, EFG 2004, 1211 - außer Stande, der vorgenannten Rechtsprechung des BFH in allen Punkten zu folgen.

Der Zufluss von Geldern in den Verfügungsbereich des Gläubigers ist etwas grundsätzlich Anderes als die Gutschrift in den Büchern des Schuldners. Während der Gläubiger durch die Zahlung befriedigt wird, erhält er durch die Gutschrift lediglich eine in den Büchern des Schuldners dokumentierte Forderung. Die Schuldnergutschrift kann deshalb den Zufluss nur ersetzen, wenn diese dort dokumentierte Forderung ein so hohes Maß an Verfügungssicherheit aufweist, dass es nur einer inhaltsleeren Formalie entspräche, zunächst den Zufluss auf dem Konto des Gläubigers mit einem entsprechenden Rückfluss zu fordern.

Auf Grund dieser Ausgangsüberlegung hat die ursprüngliche Rechtsprechung des BFH die steuerliche Gleichsetzung von Zufluss und Gutschrift konsequenterweise von einer Reihe einschränkender Prämissen abhängig gemacht hat (freie Dispositionsbefugnis des Gläubigers, Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit des Schuldners, objektive Vermögensvermehrung beim Gläubiger). Die neuere Rechtsprechung des BFH hat diese Merkmale im Zuge seiner Entscheidungen zu den ?Ambros-Fällen? (Urteil vom 10. Juli 2001 VIII R 35/00, BStBl. II 2001, 646 m.w.N.) für den Anlagebetrug in einer ? wie der Senat meint ? zu weitgehenden Art und Weise aufgeweicht. Es werden nicht mehr die vier vorgenannten Merkmale, sondern im Ergebnis nur noch die Liquidität des Anlagepartners geprüft. Liegt diese vor, sind ? so die Rechtsprechung des BFH - auch die vier Merkmale erfüllt.

Dies erscheint dem Senat bereits deshalb nicht als sachangemessen, weil die Liquiditätslage des Schuldners allenfalls ein Merkmal (und in Fällen der hier interessierenden Art noch nicht einmal ein besonders aussagekräftiges) von mehreren Merkmalen zur Feststellung der vor-genannten Voraussetzungen eines Zuflusses ist. Das Vorliegen der komplexen Zuflussvoraussetzungen ist an Hand aller relevanter Umstände des Einzelfalles zu prüfen, und zwar unter Verwertung der Erkenntnisse, die dem Gericht zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung zur Verfügung stehen.

c. Bei der Liquiditätsprüfung erscheint es dem Senat zunächst nicht sachgerecht, in Fällen des unredlich handelnden Anlagepartners darauf abzustellen, dass die Forderung des jeweiligen, einzelnen Anlegers zum Gutschriftszeitpunkt voraussichtlich erfüllt worden wäre. Denn dies ist nicht nur dem einzelnen Steuerpflichtigen gegenüber, sondern gegenüber allen, u.U. zahlreichen Vertragspartnern des un-seriösen Anlagepartners, die derartige Gutschriften erhalten haben, zu prüfen. Die Liquidität des unseriösen Anlagepartners wird allen Anlegern (jeweils einzeln) von der Finanzverwaltung ggf. nach Abschluss eines Musterverfahrens entgegengehalten. Deshalb wäre es ? wenn man schon die ausschließliche Liquiditätsbetrachtung für richtig halten wollte ? konsequent, auf alle zu einem bestimmten Zeitpunkt fälligen (aber nur gutgeschriebenen) Forderungen der betroffenen Anleger abzustellen. Schon bei einer solchen Betrachtung dürfte das Ergebnis der Prüfung von Leistungswille und Leistungsfähigkeit des Anlagepartners in aller Regel anders ausfallen als bei der vom BFH durchgeführten ?Einzelliquiditätsbetrachtung?.

d. Zudem und vor allem ist aber die Liquidität ? wie gesagt - nur ein Aspekt der Prüfung der Leistungsfähigkeit des Schuldners. Der liquide, aber überschuldete Schuldner bietet keine Gewähr für den Zufluss der gutgeschriebenen Erträge, so dass nicht ohne weiteres von dessen Leistungsfähigkeit ausgegangen werden kann. Es tritt in solchen Fällen auch keine objektive Vermögensmehrung beim Gläubiger ein. Die Sicherheit von Gutschriften in den Geschäftsbüchern ? soll sie der Sicherheit des Geldzuflusses im Verfügungsbereich des Schuldners gleichkommen - kann deshalb nicht oder nicht allein an Hand der Liquidität bestimmt werden. Gerade die Fälle des Anlagebetruges haben vielmehr gezeigt, dass sich derartige Unternehmungen - so auch im Entscheidungsfall - zwar überraschend lange im Wirtschaftsleben behaupten können, ohne ihre Liquidität zu verlieren, weil (neue oder bisherige) Anleger immer wieder ihren verführerischen Versprechungen auf den Leim gehen und die Liquidität des Betrügers durch Neu- oder Wiederanlagen sicher stellen. Wird dann aber (häufig durch ein mehr oder weniger zufälliges Ereignis) das unredliche Gebaren des Anlagepartners erkannt, so bricht die Unternehmung von einem Tag auf den anderen wirtschaftlich zusammen, ohne nennenswertes Vermögen zu hinterlassen und ohne die gutgeschriebenen Beträge auch nur annähernd bedienen zu können. Die anschließenden Insolvenz-, Straf- und Klageverfahren verhelfen den Anlegern nicht oder nicht in nennenswertem Umfang zu ihren Rechten.

Der Verbleib eines nicht unerheblichen Anteils des Kapitals kann in solchen Fällen häufig nicht geklärt werden. Dies hängt u.a. damit zusammen, dass der unredliche Anlagepartner von vornherein erhebliche Teile des ihm anvertrauten Kapitals für seine unseriösen Eigenzwecke abzweigt. Dies ist naturgemäß der Sinn seines unredlichen Verhaltens. Der unredliche Anlagepartner ist deshalb in aller Regel auch nicht bereit, das Kapital, über das er möglicherweise an ?sicherem Orte? noch verfügt, an die Anleger herauszugeben, wenn eine gewisse ?Schmerzgrenze? überschritten und seine ?eiserne Reserve? angegriffen wird. Ihm fehlt es insofern auch an dem erforderlichen Leistungswillen.


Schon von dieser Ausgangssituation her gesehen verbietet sich nach Auffassung des Senats von vornherein jeglicher Vergleich mit Banken und ähnlichen nach den ordnungsgemäßen Regeln des Kreditgewerbes arbeitenden Instituten, deren Illiquidität ? würden alle Anleger zeitgleich ihre Einlagen zurückfordern ? nicht auf den wirtschaftlichen Schwierigkeiten einer Überschuldung, sondern auf der Längerfristigkeit der eigenen Refinanzierungsanlagen beruht. Von einer Leistungswillig- und Leistungsfähigkeit des unseriösen Anlagepartners kann demgegenüber bereits lange vor Eintritt der Illiquidität (und der unmittelbar darauf folgenden Insolvenz) keine Rede mehr sein. Ent-sprechendes gilt für das Merkmal einer objektiven Vermögensvermehrung beim Steuerpflichtigen durch die Gutschrift.

d. Das Merkmal der Liquidität, dem in Fällen des redlichen Geschäftsverkehrs eine gewichtige Rolle zukommen mag, ist deshalb in Fällen eines unredlichen (und zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung in aller Regel in Insolvenz befindlichen) Anlagepartners durch eben diese dem Gericht bekannten Sachverhaltsumstände in einem hohem Maße in Frage gestellt. Deshalb kann in solchen Fällen nur dann und insoweit vom Leistungswillen und von der Leistungsfähigkeit des Schuldners (und damit von einem Zufluss durch Gutschrift) ausgegangen werden, wenn in der Folgezeit auch tatsächlich entsprechende Zahlungen erfolgt sind. Die spätere Zahlung bestätigt den Leistungswillen zum früheren Gutschriftszeitpunkt.

e. Das Finanzamt trägt für den steueranspruchsbegründenden Umstand des Zuflusses die Beweislast. Ist ein Zufluss dem Grunde nach zwar erfolgt, sind aber exakte Ermittlungen über dessen Höhe nicht in zumutbarer Weise durchführbar, so kann der Umfang des Zuflusses nach Wahrscheinlichkeitsgrundsätzen durch Schätzung ermittelt werden (§ 162 AO).

f. Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor oder nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zugeflossen sind, gelten als in diesem Kalenderjahr bezogen (§ 11 Abs. 1 S. 2 EStG). Eine ? kurze Zeit? in diesem Sinne umfasst einen Zeitraum von höchstens 10 Tagen (BFH vom 6. November 2002 X B 30/02, BFH/NV 2003, 169 m.w.N.).

3. Anwendung auf den Streitfall
Bei Anwendung der vorgenannten Grundsätze liegen hinsichtlich der streitigen Zahlungen, die die Kläger von C (und anderen Anlagepartnern) auf ihre Konten bei der NO erhalten haben, Einnahmen aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG vor, die ihnen auch zugeflossen sind. Soweit nur Gutschriften auf dem Sonderkonto der FG unter Verrechnung mit neuerlichen Anlagen erfolgt sind, ist ein Zufluss zu verneinen.

a. Entgeltliche Kapitalüberlassung an C aufgrund der Verträge vom 10. Juni 1992

Die Kläger haben ihr Kapital gegen ein entsprechendes Entgelt an C überlassen.

Die Verträge sind zweifelsfrei auf die Erzielung von Einnahmen aus der Anlage von Kapital gerichtet (s. z.B. Tz. 1.1: ?Der Auftraggeber beabsichtigt, eine Kapitalanlage zu tätigen ...?). Sie lassen zwar nicht ohne weiteres erkennen, ob die Kapitalüberlassung gegenüber C oder ? unter Einschaltung des C als Treuhänder oder ansonsten Beauftragten - gegenüber Dritten vorgenommen werden sollte. Auch wenn in Tz. 2.4 (dort an der einzigen Stelle) von ?dieser Treuhandvereinbarung? die Rede ist, sind die Verträge neutral als ?Vereinbarung? überschrieben und die Kläger werden als ?Auftraggeber? und C als ?Herr C? bezeichnet. Die Anlage trägt die Überschrift ?Anlage 1 zur Vereinbarung über eine Kapitalanlage zwischen Herrn A, Frau A und Herrn C?.

Maßgebend für die Einordnung des Vertragsverhältnisses ist ? zivil-rechtlich wie steuerrechtlich - letztlich nicht dessen äußere Bezeichnung, sondern sein materieller Regelungsgehalt, der auf der Grundlage des Gesamtzusammenhangs der Abreden zu beurteilen ist. Ein Treuhandverhältnis zeichnet sich in erster Linie durch die umfassende Herrschaftsmacht bzw. Dispositionsbefugnis des Treugebers über das Treugut aus. Wesentliche Kriterien eines Treuhandverhältnisses sind deshalb die umfassende Weisungsgebundenheit des Treuhänders und dessen Verpflichtung, das Treugut jederzeit auf Anforderung zurück-zuübertragen (Tipke/Kruse, § 39 AO Rdn. 33 mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen). Dem Treugeber stehen weitreichende Informations-, Kontroll- und Abrechnungsbefugnisse gegenüber dem Treuhänder zu (§§ 675, 666 BGB). Diese Wesensmerkmale weisen die Verträge vom 10. Juni 1992 nicht auf.

Das Kapital wurde C für mindestens 5 Jahre zur Verfügung gestellt und war erst danach mit einer 3-Monats-Frist kündbar gewesen (Ziff. 2.2.; 6.1 der Verträge). C sollte bei der Anlage des Kapitals nach außen hin im eigenen Namen handeln. Dies folgt zweifelsfrei aus Tz. 1.1 der Verträge und dem jeweils als Anlage 1 beigefügten Vertragsmuster, das C als im eigenen Namen handelnden Anleger vorsieht. Es entspricht zudem dem Umstand, dass C über ?gepooltes? Kapital einer größeren Anzahl von Vertragspartnern verfügt hat, sowie der tatsächlichen Handhabung durch C (s. STA Bd. I Bl. 104 ff. zur ?Anlage V?, Bl. 115 ff. zur ?Anlage W? und Bl. 122 ff. zur ?Anlage Y/Z?).

Die Art der Anlagegeschäfte war C lediglich beispielhaft in Anlage 1 der Verträge vorgegeben. Ziff. 3.1 der Verträge ist weitgehend unbestimmt (Absicherung, Zinssatz), zumal das Kapitalanlagebeispiel in der Anlage 1 der Verträge die Absicherung durch den Anlagepartner (nicht durch C) vorsah. C war hinsichtlich der durchzuführenden Geschäfte nicht den Weisungen der Kläger unterworfen. Die Verträge ließen offen, welche konkreten Geschäfte C mit welchen Partnern und unter Eingehung welcher (durch den Partner abgesicherter) Risiken durchführen sollte. Auskunftsrechte der Kläger bezüglich der Kapitalanlagen waren ausdrücklich ausgeschlossen (Ziff. 3.3). C war damit im Ergebnis eine umfassende Dispositionsfreiheit über die Kapitalanlage eingeräumt. Im übrigen waren Einzelweisungen dadurch, dass die Anlagen aus einem Anlegerpool heraus erfolgen sollten, der Sache nach nicht möglich. Aus dieser Situation heraus erklärt sich auch Ziff. 2.3 der Vereinbarungen. Regelungen über gemeinschaftliche Weisungen aller Anleger gegenüber C waren nicht vorgesehen. Die Abrechnungen, die C den Klägern über deren Sonderkonto bei der FG erteilt hat, waren von daher gesehen für diese auch nicht überprüfbar. C hatte an die Kläger nicht alle Erträge aus den Kapitalanlagen abzuführen, sondern nur ?entsprechend dem Anspruch des Auftraggebers? (Ziff. 1.3), d.h. also bis allenfalls 24 % p.a. des Anlagekapitals. Welche Ansprüche dies waren, erfuhr der Anleger erst durch die ? für ihn unkontrollierbaren ? ?inoffiziellen? Abrechnungen des C. Höhere Er-träge konnte C für sich behalten. Auch die Verzinsung von 24% schuldete C nur, wenn er selbst entsprechende Anlagen tätigen konnte (was für den Anleger nach Vertragslage nicht überprüfbar war).

Solche Vereinbarungen sind mit dem Wesen der Treuhand oder einer sonstigen Geschäftsbesorgung unvereinbar. Anhaltspunkte dafür, dass die Kläger sich am Unternehmen des C beteiligen oder ansonsten mit diesem zusammen unternehmerisch tätig sein wollten, sind weder vorgetragen noch ansonsten ersichtlich. Es ging den Beteiligten vielmehr darum, dass die Kläger (und anderen Anleger) dem C für einen mittelfristigen Zeitraum Kapital zur möglichst günstigen Anlage überlassen haben. Für Einzelheiten wollten, sollten und konnten sie sich nicht interessieren. Die hohen angestrebten Erträge gingen mit dem Risiko des Kapitalverlustes einher (Tz. 4.2 der Verträge). Dies alles spricht für das Verständnis der Verträge vom 10. Juni 1992 als einer entgeltlichen Kapitalüberlassung der Kläger an C.

Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass einkommensteuerfreie Anlagen getätigt werden sollten. Da die Kläger ? wie dargelegt ? ihr Kapital an C überlassen hatten und ihnen keine Informationsmöglichkeit über das Anlageverhalten des C zustand, war von einer einkommensteuerbaren Kapitalanlage auszugehen. Dementsprechend haben die Kläger auch einen Teil der ihnen überwiesenen Kapitalerträge der Einkommensteuer unterworfen. Dass sie dies bezüglich der hier streitigen Beträge nicht getan haben, war nach Überzeugung des Senats nicht auf den guten Glauben der Kläger an die Einkommensteuerfreiheit der Anlagen, für den es keine substantiierte Grundlage gab, zurückzuführen. Die Kläger haben diese Beträge vielmehr bewusst und gewollt der Steuerpflicht entziehen wollen. Dies folgt bereits daraus, dass sie sich auf die gegebene Anlagenkonstruktion (Verwalter in J, Konten in der S, ?offizielle? und ?inoffizielle? Mitteilungen, ein Konto für erklärte und ein Konto für nicht erklärte Einnahmen) eingelassen und bis heute keine plausible Erklärung für eine eventuelle Steuerfreiheit gegeben haben.

b. Ertragseingänge auf den Konten der Kläger bei der NO i.H.v. 195.189,95 DM (davon erklärt: 51.208 DM)
Aus den Kapitalüberlassungen an C und andere Partner sind den Klägern zweifelsfrei Erträge zugeflossen. Die Steuerfahndung hat i.H.v. 195.189,95 DM Beträge ermittelt, die auf die Konten in der S der Kläger bei der NO von C oder dritter Seite als Kapitalerträge ausgezahlt worden waren (s. Anlage I des Prüfungsberichts). Von diesen Konten sind zweifelsfrei Neuanlagen bei C, Drittanlagen (z.B. ?Neuemission XX HH?; ?Neuemission X HH?, FahndA Bl. 108) oder Abhebungen zu sonstigen Zwecken getätigt worden (z.B. FahndA Bl. 117, 118). Nach der Aufstellung, die C als Anlage zu seinem Schreiben vom 15. Januar 1997 gefertigt hat, haben die Kläger von Juli 1992 bis Mai 1996 206.460 DM ?entnommen? (FahndA Bl. 5).

Die Zahlungseingänge seitens C waren auf den Konten bei der NO als ?VERGUETUNG C ALL? bezeichnet (s. z.B. FahndA Bl. 115). Da eine Kapitalrückzahlung erst nach Ablauf der Mindestdauer von 5 Jahren und einer Kündigung der Kläger in Betracht kam, handelte es sich bei diesen Beträgen aus der Sicht der Vertragsbeteiligten zweifelsfrei um Kapitalerträge, nicht um Kapitalrückzahlungen. In den Abrechnungen über das Sonderkonto hat C stets streng zwischen dem angelegten Kapital und dessen Erträgen unterschieden. Der Leistungsinhalt der Zahlungen war insofern unter Zugrundelegung der Verträge eindeutig bestimmt i.S.d. § 366 Abs. 1 BGB. In der Tat haben die Kläger einen Teil dieser Gelder (nämlich soweit diese auf dem Konto XXXXXX-XX eingegangen sind) ordnungsgemäß als Einnahmen aus Kapitalvermögen erklärt. Einer Anwendung der Auslegungsregel des § 366 Abs. 2 BGB bedurfte es nicht.

Über die Konten bei der NO waren nach den Ermittlungen der Steuerfahndung (Bl. 177-179, 181 f., 201 ff.) ausschließlich die Kläger und von ihnen bestimmte Familienangehörige, nicht dagegen C, verfügungsbefugt. C war bezüglich dieser Konten lediglich zu bestimmten Anfragen berechtigt. Insofern stellt sich auch nicht die Frage der Erzielung von ?Scheinrenditen?. Selbst wenn die Zahlungen des C an die Kläger aus dem Kapital anderer Anleger oder aus dem der Kläger selbst getätigt worden sein sollten, würde dies steuerlich keine Rolle spielen (BFH 14. Dezember 2004 VIII R 81/03, BStBl. II 2005, 746). Maßgeblich bleibt stets, dass die Kläger C Kapital zur Verfügung gestellt und hierfür von C ein Entgelt erhalten haben.

An diesem Ergebnis würde sich im übrigen nichts ändern, wenn man C ? wie die Kläger meinen ? als ihren Treuhänder oder ansonsten Beauftragten ansehen wollte. Denn zweifelsfrei haben die Kläger alles von ihrer Seite aus Erforderliche getan, um Einkünfte aus Kapitalvermögen zu erzielen. Ihre Einkunftserzielung hat ? wenn sie auch im wesentlichen fehlgeschlagen sein mag ? begonnen. Sie müssen sich deshalb alle einkunftsrelevanten Einnahmen zurechnen lassen. Auch wenn man aus heutiger Sicht der Dinge weiß, dass die Zahlungen im wesentlichen nicht auf Erträgen aus Kapitalvermögen, sondern auf Zahlungen aus der Substanz des Anlagekapitals beruht haben mögen, so ist für die steuerliche Qualifikation die zivilrechtliche Einordnung zum Zahlungszeitpunkt maßgeblich. Auch unter Zugrundelegung des heutigen Wissenstandes haben die Kläger von C damals aber zwei-felsfrei Ertragszahlungen und keine Kapitalrückzahlungen erhalten.

Entsprechendes gilt für die Zahlungen, die auf den Konten der Kläger bei der NO von dritter Seite eingegangen sind und bei denen es sich ? soweit von der Steuerfahndung als Erträge erfasst ? augenscheinlich um Entgelte aus Kapitalanlagen gehandelt hat.

c. Ertragseingänge auf dem ?inoffiziellen? Sonderkonto der Kläger bei C i.H.v. 176.960 DM und deren Verrechnung mit neuen Kapitalanlagen bei C
Ein Teil der Erträge ist (zunehmend ab September 1994) zur Neuanlage bei C verwendet worden. Nach Anlage I zum Fahndungsbericht handelt es sich um insgesamt 176.960 DM (12. September 1994 bis 1. Mai 1996: 1994 - 40.000 DM, 1995 - 98.000 DM, 1996 - 30.000 DM, 1997 - 8.960 DM). Im Unterschied zu den übrigen Erträgen haben insofern keine Überweisungen auf die Konten der NO stattgefunden. Die Kläger haben vielmehr diesen Teil der Erträge auf dem Sonderkonto des C ?stehengelassen? und ohne vorherige Auszahlung ?reinvestiert? (s. z.B. Bl. 166 ff. FahndA). Die Beträge waren nach ihrer zeitnahen Abrechnung und Gutschrift auf dem Sonderkonto fällig und standen zur Auszahlung auf das Konto bei der NO bereit (Ziff. 3.2, 4.2). Nach den Feststellungen der Steuerfahndung ist jede dieser Neuanlagen nach (telefonischer) Anfrage des C und unter anschließender schriftlicher Bestätigung durch C erfolgt (Bl. 171-176, 237, 251).

C ist während der Streitjahre zwar liquide gewesen. Erst im Dezember 2000 hat er Insolvenzantrag gestellt und erst im Anschluss daran hat sich ? aus Sicht der Kläger - herausgestellt, dass das Kapital, das die Kläger (und anderen Anleger) eingesetzt hatten, weitgehend verloren war. Gleichwohl war C nach Überzeugung des Senats bereits zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt bezüglich der gegenüber den Anlegern bloß verrechneten Erträge weder zahlungsfähig noch zahlungswillig. Insofern ist durch die Gutschrift in den Büchern der FG auch nicht ohne Weiteres eine objektive Vermögensmehrung eingetreten. Von Anfang an konnte C bezüglich der hier streitigen Anlagen keine Überschüsse erzielen. Der Senat stützt sich auf folgende Aspekte:
Ø C hat ein von vornherein unseriöses Anlagesystem entwickelt, indem er die Kapitalanlagen und die Verwaltung der Anlegergelder durch in J ansässige Briefkastengesellschaften (FG, EE Establishment, s. Bl. 429 ff. StrafA) vorgenommen und damit einer unmittelbaren Überprüfung durch inländische Behörden entzogen hat. Zudem hat er die Anleger veranlasst, wegen der ihnen überwiesenen Erträge Konten in der S einzurichten und nur einen Teil davon der inländischen Steuern zu unterwerfen (?offizielle? und ?inoffizielle? Abrechnungen).
Ø C hat die Anleger über seine fehlgeschlagenen Kapitalanlagen nicht informiert, sondern bei diesen durch die regelmäßige Überweisung bzw. Gutschrift von hohen Erträgen den Eindruck erweckt, die Anlagen würden einen plangemäßen Verlauf nehmen.
Ø C hat seine Kapitalanlagen nicht ? wie den Anlegern vertraglich zugesichert ? durch eine Bankbürgschaft ordnungsgemäß abgesichert bzw. absichern lassen.
Ø C hat von Anfang an ? soweit bekannt - nur einen Teil des ein-gesammelten Kapitals angelegt. Es sind lediglich drei Anlagen des C (?V?, ?W?, ?Y/Z?), über die C berichtet hat, getätigt worden. Diese Anlagen sind ganz oder teilweise fehlgeschlagen. Die Ertragszahlungen an die Anleger erfolgten von Anfang an aus der Substanz des eingesammelten Anlagekapitals. Wegen Einzelheiten wird auf den Auswertungsbericht vom 13. April 2005, die Anklageschrift vom 24. Mai 2005 und die Zusammenstellung auf der folgenden ?Einschubseite 29? Bezug genommen.

- Einschubseite 29 XXX

Nach Abwicklung der Anlagen ?V? und ?W? im August 1993 standen ihm unter Berücksichtigung der bis dahin realisierten Verluste und Ertragsauszahlungen an die Anleger rund 2.300.000 DM zur Verfügung, die ? dem Vortrag des C zufolge - erst im August 1994 wieder i.H.v. 1.648.786 DM für die Anlage ?Y/Z? verwendet worden ist. Was mit den Geldern in der Zwischenzeit geschehen ist, ist heute nicht mehr feststellbar.
Ø Die anwachsenden wirtschaftlichen Probleme zeigen sich auch in dem Abweichen des C von den bisherigen Verfahrensabläufen:
o Seit September 1994 werden in zunehmendem Maße ausgewiesene Erträge an die Kläger (und anderen Anleger) nicht mehr ausgezahlt, sondern ? nach telefonischer Rücksprache und deren schriftlicher Bestätigung ? dem angelegten Kapital gutgeschrieben (s. Anlage I des Fahndungsberichts, Spalte ?Reinvestiert?)
o C schließt bezüglich dieser erheblichen Beträge ? im Gegensatz zur bisherigen Praxis - keine schriftlichen Verträge mehr ab, sondern stockt die bisherigen Beträge formlos auf.

d. Der Zeitpunkt des Zuflusses der Einnahmen
Bei Anwendung der unter Nr. 2 c genannten Maßstäbe sind den Klägern die unter Nr. 3 b genannten, jeweils mit Wertstellung zum Jahresende des Vorjahres gutgeschriebenen bei der FG und Anfang des Folgejahres auf die Konten bei der NO überwiesenen Erträge bereits zum Zeitpunkt ihrer Gutschrift in den Büchern der FG (also zum 31. Dezember des Jahres) zugeflossen. Bezüglich dieser, an die Kläger tatsächlich ausgezahlten Beträge ist davon auszugehen, dass C bereits zum Gutschriftszeitpunkt leistungsfähig und leistungswillig gewesen ist. Maßgeblich ist nicht, wann die Kläger von der Gutschrift erfahren haben, sondern zu welchem Zeitpunkt die Gutschrift erfolgt ist (Wertstellung jeweils auf den 31. Dezember des Vorjahres).

II. Vermögensteuer auf den 1. Januar 1993 und 1995

Die Kläger sind der Aufforderung des Berichterstatters nicht nachkommen, ihre Behauptung, auf das Anlagekapital seien zum 1. Januar 1993 36% und zum 1. Januar 1995 100% verloren gewesen, unter Beweis zu stellen. Zum 1. Januar 1995 standen C noch über eine Million DM an liquiden Anlegergeldern zur Verfügung. Dass die in der zweiten Jahreshälfte 1994 getätigte Anlage ?Y / Z? zum Verlust des dort eingesetzten Kapitals führen würde, war zum 1. Januar 1995 in keiner Weise absehbar. C war zu diesem Zeitpunkt noch nicht gezwungen gewesen, Eigenkapital zur Befriedigung der Anlegeransprüche einzusetzen.

III. Der Klage war nach alledem im dargelegten Umfang statt-zugeben. Im Übrigen war sie als unbegründet abzuweisen.

Die Kosten des Verfahrens werden gemäß § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO den Klägern und dem Beklagten zu je 1/2 auferlegt. Die verfahrens-einheitliche Quote war unter Berücksichtigung der Tatsachen zu errechnen, dass einerseits von den streitigen Einnahmen i.H.v 320.941 DM 176.960 DM (also ca. 55%) als nicht zugeflossen anzusehen waren. Bezüglich der Vermögensteuer waren die Kläger jedoch in vollem Umfang unterlegen.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Verpflichtung des Beklagten zur Neuberechnung der Steuer beruht auf § 100 Abs. 2 Satz 2 und 3 FGO.

Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen, da wegen der Abweichung des Senats von der ?Zuflussrechtsprechung? des BFH (s. I 2) die Einheitlichkeit der Rechtsprechung gefährdet ist.

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