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16.08.2007 · IWW-Abrufnummer 072597

Oberfinanzdirektion Koblenz: Verfügung vom 09.05.2007 – S 7170 A - St 44 2


Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 14, 16 UStG: Sachverständigentätigkeit eines Arztes
OFD Koblenz 9.5.07, S 7170 A - St 44 2 (die vorherige Verfügung vom 13.2.07, S 7170 A - St 44 2 wird aufgehoben).


Das BMF hat mit Schreiben vom 8.11.2001 - IV D 1 - S 7170 - 201/01 - zu der oben genannten Problematik erneut Stellung genommen. Das BMF-Schreiben wird im Bundessteuerblatt I veröffentlicht und tritt an die Stelle des BMF-Schreibens vom 13.2.2001 - IV D 1 - S 7170 - 4/01 -. Soweit die Regelungen zur Steuerpflicht ärztlicher Leistungen über die des v.g. Schreibens vom 13.2.2001 hinausgehen, ist es nicht zu beanstanden, wenn der leistende Unternehmer diese erst auf Umsätze anwendet, die nach dem 31.12.2001 erbracht werden. Die im Bezug genannte Vfg. vom 12.3.2001 ist damit überholt. Ergänzend zu den Regelungen im vorbezeichneten BMF-Schreiben weist die OFD auf Folgendes hin:

1. Die für die gesetzliche Rentenversicherung erstellten ärztlichen Gutachten sind nur dann steuerfrei, wenn die medizinische Betreuung im Vordergrund steht und Anlass des ärztlichen Tätigwerdens ist.
Gutachterliche Tätigkeiten zur Feststellung der persönlichen Voraussetzungen für eine medizinische Rehabilitation sind daher weiterhin nach § 4 Nr. 14 UStG umsatzsteuerfrei, da hier die medizinische Betreuung im Vordergrund steht. Da die medizinische Betreuung beim Auftrag an den Arzt im Vordergrund steht, ändert sich an dieser umsatzsteuerlichen Beurteilung auch nichts, wenn der beauftragte Arzt zu dem Ergebnis gelangt, dass der Patient nicht rehabilitierbar ist, sondern eine dauernde Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit gegeben ist.
Gutachterliche Feststellungen zum voraussichtlichen Erfolg von Rehabilitationsleistungen im Rahmen eines Rentenverfahrens sind demgegenüber nicht mehr nach § 4 Nr. 14 UStG umsatzsteuerfrei, da hier ein Rentenantrag Anlass für das ärztliche Tätigwerden ist und nicht die medizinische Betreuung. Der Aspekt „Rehabilitation vor Rente” führt nicht dazu, dass die medizinische Betreuung in den Vordergrund tritt, da es insoweit in erster Linie darum geht, Rentenleistungen nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt erbringen zu müssen (vgl. § 9 Abs. 1 SGB VI).

2. Die im Rahmen der Pflegeversicherung zu erstellenden Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit können nur dann nach § 4 Nr. 14 UStG umsatzsteuerfrei sein, wenn die medizinische Betreuung im Vordergrund steht und Anlass des ärztlichen Tätigwerdens ist.
Bei gutachterlichen Tätigkeiten zur Feststellung der Voraussetzungen von Pflegebedürftigkeit oder zur Feststellung, welche Stufe der Pflegebedürftigkeit vorliegt (vgl. § 18 Abs. 1 SGB XI), stehen Fragen nach Art und Umfang der erforderlichen Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung (vgl. § 14 SBG XI) im Vordergrund. Die nach § 18 Abs. 1 Satz 2 SGB XI im Rahmen dieser Prüfung ggf. auch zu treffenden Feststellungen zu Fragen der Behandlungspflege treten dahinter zurück. Pflegegutachten sind daher regelmäßig nicht nach § 4 Nr. 14 UStG umsatzsteuerfrei.
Gleichwohl können die Pflege-Gutachten nach § 4 Nr. 15a UStG umsatzsteuerfrei sein, wenn die hierfür erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind, also auf Gesetz beruhende Leistungen der Medizinischen Dienste der Krankenversicherung und des Medizinischen Dienstes der Spitzenverbände der Krankenkassen untereinander und für die gesetzlichen Träger der Sozialversicherung und deren Verbände vorliegen.
Die im Rahmen der Aufgabenwahrnehmung nach § 275 SGB V vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung an externe Gutachter in Auftrag gegebenen Gutachten zu medizinischen Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen, zur Hilfsmittelversorgung und zur häuslichen Krankenpflege sind notwendiger Bestandteil der Heilbehandlung, weil sie Ablauf und Inhalt der diagnostischen oder therapeutischen Maßnahme festlegen bzw. vorschlagen, die im Einzelfall medizinisch erforderlich ist. Derartige Leistungen sind weiterhin umsatzsteuerfrei.
Die von den Medizinischen Diensten der Krankenversicherung an externe Gutachter vergebenen Aufträge zur Begutachtung ärztlicher Behandlungen, zahnärztlicher Behandlungen und zur Verordnung von Arzneimitteln dienen der Prüfung einer vom Arzt/Zahnarzt angeordneten oder verordneten Leistung. Insoweit steht kein therapeutisches Ziel im Vordergrund, so dass die Leistung umsatzsteuerpflichtig ist.

3. Gutachten im vertragszahnärztlichen Bereich sind nur dann steuerfrei, wenn die medizinische Betreuung im Vordergrund steht. Für die Frage der Umsatzsteuerpflicht ist es unerheblich, ob die ärztliche Leistung im Kontext des SGB V und SGB XI erbracht wird bzw. zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung gehört, da aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht allein die konkrete ärztliche Tätigkeit beurteilt werden muss.
Bei bestimmten Vertragsgutachten steht regelmäßig nicht die medizinische Betreuung von Personen im Vordergrund, sondern die Frage, ob die Kosten der vorgesehenen Therapie von den gesetzlichen Krankenkassen zu tragen sind. Gleiches gilt bei ärztlichen Leistungen zur Verfolgung von Schadenersatzansprüchen. Derartige Leistungen sind ebenfalls umsatzsteuerpflichtig.
Im Zusammenhang mit der kieferorthopädischen Behandlung und der Versorgung mit Zahnersatz (zahnprothetische Leistung) erhalten die Medizinischen Dienste der Krankenversicherung Begutachtungsaufträge zur Prüfung der Notwendigkeit und Angemessenheit einer vom Zahnarzt vorgeschlagenen Leistung. Bei derartigen Gutachten steht regelmäßig nicht medizinische Betreuung von Personen im Vordergrund, sondern die Frage, ob die Kosten der vorgesehenen Therapie von den gesetzlichen Krankenkassen zu tragen sind. Derartige Gutachten sind daher umsatzsteuerpflichtig.

4. Bei Gutachten nach § 12 Abs. 1 der Psychotherapie-Vereinbarung steht ebenfalls nicht die medizinische Betreuung von Personen im Vordergrund, sondern die Frage, ob die Kosten für diese Therapie von den gesetzlichen Krankenkassen zu tragen sind. Derartige Gutachten sind daher umsatzsteuerpflichtig.

5. Untersuchungsleistungen zur Erstellung eines umsatzsteuerpflichtigen Gutachtens teilen als Nebenleistung das Schicksal der Hauptleistung und sind gleichfalls umsatzsteuerpflichtig.

6. Bescheinigungen gem. Ziff 70 GOÄ sind dann umsatzsteuerfrei, wenn sie als Nebenleistung zu einer umsatzsteuerfreien Untersuchungsleistung erbracht werden. Dies ist bei Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen regelmäßig der Fall.

7. Die Entschädigung des sachverständigen Zeugen, der Zeuge im Sinne des § 2 des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZSEG) ist, ist echter Schadenersatz (Abschn. 3 Abs. 8 UStR). Die Entschädigung von Sachverständigen im Sinne des § 3 ZSEG ist steuerbar und steuerpflichtig, weil die Leistung nicht der Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin dient.

8. Bei den Leistungen der Betriebsärzte muss zunächst geprüft werden, ob es sich um im Betrieb angestellte Ärzte handelt, die Betriebsangehörige behandeln und insoweit nicht umsatzsteuerbare Leistungen erbringen. Dagegen sind Berufstauglichkeitsuntersuchungen durch Betriebsärzte umsatzsteuerpflichtig. Hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Beurteilung auf nach dem Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) und anderen Schutzvorschriften erbrachten medizinische Leistungen wird auf das BMF-Schreiben vom 4.5.2007 - IV A 5 - S 7100/07/0011/IV A 6 - S 7170/07/0003 verwiesen.

9. Bei Vorsorgeuntersuchungen, bei denen Krankheiten möglichst frühzeitig festgestellt und mit größtmöglicher Aussicht auf Erfolg behandelt werden sollen, wie z. B. Krebsfrüherkennung oder Glaukomfrüherkennung, steht regelmäßig die medizinische Betreuung des Patienten im Vordergrund; sie sind umsatzsteuerfrei. Dagegen sind Tauglichkeitsuntersuchungen umsatzsteuerpflichtig.

10. Gutachten, die im Rahmen von Strafverfahren erstattet werden sind ebenfalls umsatzsteuerpflichtig, weil die medizinische Betreuung eines Patienten im Vordergrund steht.

11. Bei der körperlichen Untersuchung von Personen im Polizeigewahrsam zur Überprüfung der Verwahrfähigkeit in der Zelle (alternativ erforderliche Krankhauseinweisung) steht die medizinische Betreuung der Person im Vordergrund; diese Leistung ist somit umsatzsteuerfrei.

12. Auf die Möglichkeit der Anwendung der Kleinunternehmerregelung des § 19 Abs. 1 S. 1 UStG für die nunmehr steuerpflichtigen Umsätze aus der Sachverständigentätigkeit der Ärzte wird hingewiesen.

Anlage

Rechtsgebiet(e):Umsatzsteuer Vorschriften:§ 4 Nr. 14 und 16 UStG

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