03.01.2008 · IWW-Abrufnummer 080002
Europäischer Gerichtshof: Urteil vom 27.09.2007 – C-409/04
„Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie – Art. 28a Abs. 3 Unterabs. 1 und Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 – Innergemeinschaftlicher Erwerb – Innergemeinschaftliche Lieferung – Befreiung – Gegenstände, die in einen anderen Mitgliedstaat versandt oder befördert werden – Beweise – Nationale Maßnahmen zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung“
In der Rechtssache C‑409/04
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom High Court of Justice (England & Wales), Queen’s Bench Division (Administrative Court) (Vereinigtes Königreich), mit Entscheidung vom 6. Mai 2004, beim Gerichtshof eingegangen am 24. September 2004, in dem Verfahren
The Queen auf Antrag der
Teleos plc,
Unique Distribution Ltd,
Synectiv Ltd,
New Communications Ltd,
Quest Trading Company Ltd,
Phones International Ltd,
AGM Associates Ltd,
DVD Components Ltd,
Fonecomp Ltd,
Bulk GSM Ltd,
Libratech Ltd,
Rapid Marketing Services Ltd,
Earthshine Ltd,
Stardex (UK) Ltd
gegen
Commissioners of Customs & Excise
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas sowie der Richter A. Borg Barthet, J. Malenovský, U. Lõhmus (Berichterstatter) und A. Ó Caoimh,
Generalanwältin: J. Kokott,
Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 15. Juni 2006,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
– der Teleos plc, der Unique Distribution Ltd, der Synectiv Ltd, der New Communications Ltd, der Quest Trading Company Ltd, der Phones International Ltd, der AGM Associates Ltd, der DVD Components Ltd, der Fonecomp Ltd, der Bulk GSM Ltd, der Libratech Ltd, der Rapid Marketing Services Ltd, der Earthshine Ltd und der Stardex (UK) Ltd, vertreten durch N. Pleming, M. Conlon und E. Sharpston, QC, P. Hamilton, P. Moser und A. Young, Barristers, sowie durch D. Waelbroeck, avocat,
– der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch C. Jackson als Bevollmächtigte im Beistand von R. Anderson und R. Haynes, Barristers,
– der griechischen Regierung, vertreten durch V. Kyriazopoulos, I. Bakopoulos, K. Georgiadis und M. Tassopoulou als Bevollmächtigte,
– der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues und C. Jurgensen-Mercier als Bevollmächtigte,
– Irlands, vertreten durch D. O’Hagan als Bevollmächtigten im Beistand von E. Fitzsimons, SC, und B. Conway, BL,
– der italienischen Regierung, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten im Beistand von G. De Bellis, avvocato dello Stato,
– der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Fernandes und C. Lança als Bevollmächtigte,
– der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Lyal und A. Weimar als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 11. Januar 2007
folgendes
Urteil
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 28a Abs. 3 Unterabs. 1 und 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1) in der durch die Richtlinie 2000/65/EG des Rates vom 17. Oktober 2000 (ABl. L 269, S. 44) geänderten Fassung (im Folgenden: Sechste Richtlinie).
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Teleos plc, der Unique Distribution Ltd, der Synectiv Ltd, der New Communications Ltd, der Quest Trading Company Ltd, der Phones International Ltd, der AGM Associates Ltd, der DVD Components Ltd, der Fonecomp Ltd, der Bulk GSM Ltd, der Libratech Ltd, der Rapid Marketing Services Ltd, der Earthshine Ltd und der Stardex (UK) Ltd (im Folgenden: Teleos u. a.) auf der einen Seite und der im Vereinigten Königreich für die Erhebung der Mehrwertsteuer zuständigen Behörde, den Commissioners of Customs & Excise (im Folgenden: Commissioners), auf der anderen Seite über die Befreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen von der Mehrwertsteuer.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
Nach Art. 2 der Sechsten Richtlinie unterliegen der Mehrwertsteuer Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt, sowie die Einfuhr von Gegenständen.
Die Sechste Richtlinie enthält einen Abschnitt XVIa, „Übergangsregelung für die Besteuerung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten“, der durch die Richtlinie 91/680/EWG des Rates vom 16. Dezember 1991 zur Ergänzung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems und zur Änderung der Richtlinie 77/388 im Hinblick auf die Beseitigung der Steuergrenzen (ABl. L 376, S. 1) eingefügt wurde und die Art. 28a bis 28n umfasst.
Art. 28a der Sechsten Richtlinie bestimmt:
„(1) Der Mehrwertsteuer unterliegen auch
a) der innergemeinschaftliche Erwerb von Gegenständen, der gegen Entgelt im Inland durch einen Steuerpflichtigen, der als solcher handelt, oder aber durch eine nichtsteuerpflichtige juristische Person bewirkt wird, wenn der Verkäufer ein Steuerpflichtiger ist und als solcher handelt und für ihn die Steuerbefreiung gemäß Artikel 24 nicht gilt und er nicht unter Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a Satz 2 oder Artikel 28b Teil B Absatz 1 fällt.