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26.09.2008 · IWW-Abrufnummer 082998

Landgericht Göttingen: Beschluss vom 08.07.2008 – 2 S 4/08

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Landgericht Gottingen
08 07 2008
Geschafts-Nr. 2 S 4/08
18 C 11/07 Amtsgericht Göttingen

Hinweis- und Streitwertbeschluss

In dem Rechtsstreit XXX

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Michael Zach, Vol ksgartenstraße 222 a, 41065 Mönchengladbach,

hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts Göttingen am 08.07.2008 durch XXX beschlossen:

Die Kammer beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil keine Aussicht auf Erfolg besteht.

Den Parteien wird aufgegeben, binnen drei Wochen ab Zugang dieses Beschlusses zu der beabsichtigten Zurückweisung Stellung zu nehmen. Die Parteien soll binnen dieser Frist auch zur Klagerweiterung in zweiter Instanz Stellung nehmen.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 4.488,65 € festgesetzt.

Gründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten bietet in der Sache keine Aussicht auf Erfolg. Zur Begründung nimmt die Kammer auf die Begründung des erstinstanzlichen Urteils vom 19.3.2008 Bezug. Die Ausführungen des Amtsgerichtes sind in der Begründung wie im Ergebnis zutreffend. Insbesondere sind auch die einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen für eine Kostenerstattungspflicht der Beklagten zutreffend dargelegt. Lediglich im Hinblick auf die Ausführungen der Beklagten in der Berufungsbegründung ist folgendes auszuführen:

1. Zutreffend hat das Amtsgericht aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen eine medizinische Notwendigkeit für die durchgeführte Behandlung bejaht. Die Kammer geht ebenso davon aus, daß eine Behandlung nicht nur dann medizinisch notwendig ist, wenn die Eignung der Behandlung feststeht, sondern auch dann, wenn der Erfolg nicht sicher vorhersehbar ist, aber medizinische Erkenntnisse es im Zeitpunkt der Behandlung vertretbar erscheinen lassen, die Behandlung als notwendig anzusehen. Ob dies der Fall ist, kann ein Gericht nur unter Berücksichtigung des Einzelfalls mit Hilfe eines Sachverständigen entscheiden, wobei ein höherer Grad an Erfolgswahrscheinlichkeit zu fordern ist, je weniger vital lebensbedrohend die Erkrankung ist ( vgl. dazu im einzelnen nur Urteil BGH vom 21.9.2005 in NJW 2005, S. 3783 if, Aktenzeichen IV ZR 113/04 mit weiteren Nachweisen ). Dem hat das Amtsgericht Rechnung getragen. Es hat insbesondere ein Sachverständigengutachten zu dieser Frage eingeholt. Der Sachverständige Dr. Schröder hat ausweislich der Urteilsgründe ( und auch des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 29.2.2008 ) im Ergebnis bejaht, dass die Behandlung geeignet war, die bestehende Fehlsichtigkeit ( hier Kurzsichtigkeit ) der Ehefrau des Klägers zu heilen. Dem ist die Beklagte in der Berufungsbegründung auch nicht mehr entgegengetreten.

Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang eine Vielzahl von Entscheidungen anführt, aus denen sich die Nichterstattungsfähigkeit der Behandlungsmethode ergeben soll, berücksichtigt sie offensichtlich nicht, dass die Frage der medizinischen Notwendigkeit, wie dargelegt, immer eine Frage des Einzelfalls und insbesondere auch der konkreten Erkrankung ist.

2. Es handelt sich deshalb auch, weil die Ehefrau des Klägers an Kurzsichtigkeit erkrankt ist und die Behandlung geeignet ist, diese Erkrankung zu beheben, entgegen der Ansicht der Beklagten nicht lediglich um eine rein kosmetische Behandlung.

3. Soweit die Beklagte geltend macht, es handele sich bei der angewandten Methode um eine gegenüber Brille und Kontaktbrille nachrangige Behandlungsmethode, weil sie in Einzelfällen zu schweren Schädigungen des Sehvermögens führen könne, vermag dies an der Entscheidung nichts zu ändern:

Zum einen kommt es, worauf das Amtsgericht zutreffend abgestellt hat, nach den Vertragsbedingungen des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages auf eine Vor- oder Nachrangigkeit einer Behandlungsmethode nicht an. Versicherungsschutz besteht gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 der dem Vertrag zugrundeliegenden AVB für jede medizinisch notwendige Heilbehandlung. Eine Einschränkung findet sich insoweit nur in § 4 Abs. 6 AVB, wonach der Versicherer lediglich für Behandlungsmethoden zu leisten hat, die von der Schulmedizin überwiegend anerkannt sind; diese Voraussetzung erfüllt die Lasik-Chirugie seit vielen Jahren, wie auch der Sachverständige Dr. Schröder in der mündlichen Verhandlung 29.2.2008 ausgeführt hat. Eine weitere Einschränkung in etwa dahingehend, dass die Beklagte bei mehreren zur Verfügung stehenden Behandlungsmethoden nur die Kosten der kostengünstigeren und/oder gefahrloseren Behandlung zu ersetzen hat, lässt sich den zwischen den Parteien geltenden AVB nicht entnehmen.

Zum anderen lässt die Beklagte bei diesen Überlegungen Unberücksichtigt, dass der Sachverständige ausweislich der Urteilsgründe die Komplikationsrate dieser Behandlung als gering, im schriftlichen Gutachten sogar als sehr selten bezeichnet hat. Er hat zudem ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass diese Behandlungsmethode die bei dem Tragen von Brille oder Kontaktlinse bestehende Bildverkleinerung von etwa 8 % und zudem die bei der Ehefrau des Klägers als Folge der Kontaktlinsenunverträglichkeit bestehende Pannusbildung beseitigen könne.

4. Soweit die Beklagte schließlich geltend macht, dass die Behandlungsmethode unter dem Gesichtspunkt der Adäquanz unvertretbar sei, ist zunächst zu berücksichtigen, dass es sich gerade nicht um im Ergebnis völlig identische Behandlungsmethoden handelt ( siehe zuvor )‘ so dass es schon an einer Vergleichbarkeit der Behandlungsmethoden fehlt. Im Übrigen macht die Beklagte damit letztlich geltend, es sei dem Kläger gemäß § 242 BGB nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Versicherungsgemeinschaft versagt, so hohe Kosten geltend zu machen. Dieser Einwand muss jedoch auf besondere Einzelfälle beschränkt werden. Denn grundsätzlich ist nach der Systematik der - auch hier geltenden - AVB das Risiko des Versicherers vor Kosten für überflüssige oder nicht aussichtsreiche Behandlungen vorwiegend dadurch begrenzt, dass der Versicherungsfall als medizinisch notwendige Heilbehandlung beschrieben ist ( BGH a.a.O. ). Besondere Umstände, die hier ausnahmsweise auch die Anwendung des § 242 BGB erforderlich erscheinen lassen, sind im Ergebnis nicht zu erkennen. Denn bei der Anwendung des § 242 BGB ist eine umfassende Abwägung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen ( BGH a.a.O. ). Dabei sind auch die oben dargestellten Vorteile der Behandlung mit zu berücksichtigen. Danach ist ein besonderer Einzelfall, der hier eine Anwendung von Treu und Glauben erforderlich macht, nicht zu erkennen.

Die Sache hat auch im Übrigen keine grundsätzliche Bedeutung, weil die Definitionen der maßgeblichen Begriffe durch die obergerichtliche Rechtssprechung hinreichend geklärt sind und es sich letztlich um eine Abwägung des Einzelfalles handelt.

Auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert aus diesen Gründen keine Entscheidung der Kammer.

Im Falle der Zurückweisung der Berufung verliert die Klagerweiterung in zweiter Instanz Ihre Wirkung (vgl. dazu nur KG in NJW 2006, 3505 f.).

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