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26.03.2002 · IWW-Abrufnummer 020379

Landgericht Koblenz: Urteil vom 22.02.2002 – 2 T 66/02

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Az: 2 T 66/02
22 M 3654/01
(AG Koblenz)

Landgericht Koblenz

Beschluss

In der Zwangsvollstreckungssache XXX
gegen XXX

hier: Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Zwangsvollstreckung

hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht XXX als Einzelrichter auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin vom 25. Januar 2002 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Koblenz vom 22.1.2002 am 22.2.2002 beschlossen:

1. Unter teilweiser Aufhebung des angefochtenen Beschlusses wird der Gläubigerin für das vorliegende Zwangsvollstreckungsverfahren Rechtsanwältin XXX, als Rechtsanwältin im Rahmen der durch den angefochtenen Beschluss des Amtsgerichts Koblenz bewilligten Prozesskostenhilfe beigeordnet.
2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:
Die Gläubigerin plant die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner aus einem vor dem Landgericht Koblenz, 1. Zivilkammer, am 28. August 2001 geschlossenen gerichtlichen Vergleich. Unter dem 20. November 2001 hat sie dieserhalb beim Amtsgericht Koblenz beantragt, ihr ?auch für die Zwangsvollstreckung zur Wahrnehmung ihrer Rechte Prozesskostenhilfe unter Beiordnung? der Prozessbevollmächtigten 1. Instanz zu gewähren.

Auf diesen nicht spezifizierten Antrag hin hat der Rechtspfleger des Vollstreckungsgerichts beim Amtsgericht Koblenz unter dem 22. Januar 2002 der Beschwerdeführerin für die vorbereitende Vollstreckungsmaßnahme der Titelzustellung im Sinne § 750 ZPO und die Zwangsvollstreckung (Pfändungsauftrag an GV, Mobiliarvollstreckung einschließlich Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nach §§ 807, 883 ZPO) i.S. § 119 Abs. 2 ZPO Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsbestimmung bewilligt. Die Beiordnung eines Rechtsanwalts hat der Rechtspfleger abgelehnt, ?weil die Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht erforderlich erscheint?. Eine weitere Begründung enthält der Beschluss für die Ablehnung der Beiordnung nicht. Es ist insbesondere nicht ausgeführt, warum eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht erforderlich erscheine.

Gegen diesen Beschluss hat die Gläubigerin, vertreten durch ihre Verfahrensbevollmächtigte, mit Schriftsatz vom 25. Januar 2002, der beim Amtsgericht Koblenz am 28. Januar 2002 eingegangen ist, sofortige Beschwerde eingelegt und sie im Wesentlichen damit begründet, dass die Beiordnung eines Rechtsanwaltes erforderlich sei, weil die Gläubigerin selbst persönlich nicht in der Lage sei, die Maßnahme der Zwangsvollstreckung zu besorgen.

Der Rechtspfleger des Vollstreckungsgerichts hat unter dem 25. Januar 2002 der sofortigen Beschwerde der Gläubigerin nicht abgeholfen und die Akten der Kammer zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung wurde Bezug genommen auf einen Beschluss des Landgerichts Trier vom 30. November 2001 und auf einen solchen des Landgerichts Bielefeld vom 6. November 1984. Eine weitere Begründung enthält auch die Nichtabhilfeentscheidung nicht. Insbesondere setzt sie sich nicht mit der Begründung der Beschwerde auseinander.

Die zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

Zu Unrecht hat der Rechtspfleger beim Amtsgericht Koblenz die Beiordnung der Verfahrensbevollmächtigten der Gläubigerin im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Diese Entscheidung ist schon deshalb aufzuheben, weil sie insoweit eine Begründung nicht enthält. Die Kammer konnte jedoch in der Sache entscheiden.

Gemäß § 121 Abs. 2 Satz 1 ZPO wird einer Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn eine Vertretung durch Anwälte zwar nicht vorgeschrieben ist, jedoch die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist.

Bisher ist der Schuldner im vorliegenden Zwangsvollstreckungsverfahren nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten. Deshalb kommt es hier darauf an, ob die Beiordnung eines Rechtsanwalts auf Seiten der Gläubiger erforderlich ist. Die Erforderlichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwaltes im Verfahren der Zwangsvollstreckung beurteilt sich teils nach objektiven, teils nach subjektiven Merkmalen, wobei keine allgemeinen Aussagen getroffen werden und stets auf den Einzelfall abgestellt wird. Gefordert wird das Bestehen einer sachlichen und persönlichen Bedürfnisses nach anwaltlicher Unterstützung (Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken, FamRZ 1986, 287). Maßgebend sind Umfang, Schwierigkeit und Bedeutung der Sache (KG,FamRZ 1995, 629) sowie die Fähigkeit des Antragstellers, sich mündlich oder schriftlich auszudrücken (OLG München, FamRZ 1999, 792; 1355).

Was das Verfahren der Zwangsvollstreckung insgesamt betrifft, hat sich in der Rechtsprechung eine recht umfangreiche Kasuistik herausgebildet. Teils unter Abwägung der oben angeführten allgemeinen Kriterien wurde die Erforderlichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwaltes zum Beispiel bejaht für die Vollstreckung aus Unterhaltstiteln (Landgericht Arnsberg, FamRZ 2000, 1226; Landgericht Siegen, Rpfleger 1988, 41). Für die Vollstreckung in Bankkonten (Landgericht Aachen, JurBüro 1999, 664; Landgericht Heidelberg, Anwaltsblatt 1986, 211) und für die Taschenpfändung (Landgericht Zweibrücken, JurBüro 1997, 665). Dem gegenüber wird die Beiordnung regelmäßig nicht für erforderlich erachtet, für die Antrag auf Erlass eines ?normalen? Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses (Landgericht Bayreuth, JurBüro 1993, 546), für den ?normalen? Antrag auf Abnahme der eidesstattlichen Versicherung (Landgericht Düsseldorf, JurBüro 1993, 361 und für die Mobiliarvollstreckung einschließlich des Antrages auf Abnahme der eidesstattlichen Versicherung ? sogenannter Kombiauftrag ? Landgericht Bayreuth GVZ 1999, 138; Landgericht Kleve JurBüro 2001, 156; Landgericht Trier, Beschluss vom 30. November 2001 ? 5 T 137/01 ? a.A. Landgericht Koblenz, Beschlüsse vom 11. April 2001 ? 2 T 232/01 und vom 19. November 2001 ? 2 T 761/01 -).

Nach der Auffassung der Kammer ist mit Rücksicht auf die Vielzahl denkbarer Vollstreckungshandlungen sowie die tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten bei der Durchsetzung des Vollstreckungsanspruchs, auch z.B. im Hinblick auf eine fachgerechte Auswertung des Vermögensverzeichnisses, regelmäßig die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich. Das hat zur Folge, dass grundsätzlich im Verfahren der Zwangsvollstreckung ein Rechtsanwalt beizuordnen ist. Das gilt insbesondere auch für die ? vom Amtsgericht hier vorgenommene ? Pauschalbewilligung nach § 119 Abs. 2 ZPO.

Jedwede Vollstreckungsmaßnahme kann heute zu Tage ohne das Risiko von Nachteilen, von einem Laien nicht optimal ausgewertet und durchgeführt werden. Ein Laie ist nicht in der Lage, seine Rechte in der Zwangsvollstreckung bestmöglich wahrzunehmen. So dient beispielsweise die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung der Vorbereitung der weiteren Zwangsvollstreckung. Nach Einsichtnahme in das Vermögensverzeichnis ist über das weitere Vorgehen in der Zwangsvollstreckung zu entscheiden. Dabei steht dem Gläubiger nach ständiger Rechtsprechung ein Fragerecht zu, das er mündlich oder durch schriftliche Fragen, über den amtlichen Vordruck hinaus, wahrnehmen kann. Dabei ist er stets auf fachkundige Beratungen angewiesen. Das beginnt mit der Sammlung von Informationen über den Schuldner und mit der Wahl der konkreten Vollstreckungsart, hier ist ein hohes Maß an Flexibilität gefragt. Gerade in einer Zeit, wo die Pfändungsfreigrenzen dramatisch angehoben wurden, muss sich der Gläubiger vermehr Gedanken darüber machen, wie er seinen Titel sinnvoll und erfolgreich vollstrecken kann.

Auch bei der Mobiliarvollstreckung ist nicht so, dass diese grundsätzlich sehr einfach ist. Es ist nämlich stets an die besonderen Arten der Sachpfändung, z.B. die Austauschpfändung, die vorläufige Austauschpfändung, die Vorwegpfändung oder auch die Taschenpfändung etc. zu denken. Ist einmal ein Gegenstand gepfändet, dann sind auch die besonderen Arten der Verwertung zu bedenken. Mit diesem Problem kann der Gläubiger und auch nicht der Schuldner an die rechtsantragstellende Amtsgerichte verwiesen werden. Diese können insoweit eine überzeugende Rechtsberatung nicht leisten.

Die Gläubigerin hat in der Beschwerdeinstanz ausgeführt, dass sie zunächst eine Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen versuchen wird und auch die Pfändung in Forderung und andere Vermögensrechte des Schuldners betreiben will. Angaben über die persönliche und finanzielle Lage des Schuldners sind nicht bekannt. Sie sind deshalb nur über den Weg der Abnahme der eidesstattlichen Versicherung zu erhalten.

Die Probleme der Zwangsvollstreckung sind demnach insgesamt in allen Belangen auch hier so diffizil und schwierig, dass sie nicht der Gläubigerin als Laien überlassen werden können, sondern die Beratung durch einen Rechtsanwalt erforderlich macht.

Nur in ganz einfach gelagerten Fällen und bei tatsächlicher Gewandtheit des Antrages erscheint eine Beiordnung nicht erforderlich. Dafür gibt es hier jedoch keinerlei Anzeichen.

Die Entscheidung der Kammer ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 ZPO).

RechtsgebieteZwangsvollstreckung, ProzesskostenhilfeVorschriften§§ 118 ff., 121 ZPO

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