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08.01.2009 · IWW-Abrufnummer 084044

Amtsgericht Aachen: Urteil vom 06.07.2007 – 11 C 125/07

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Amtsgericht Aachen

11 C 125/07

Urteil

Tenor:

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des gegen sie zur Vollstreckung kommenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Ta t b e s t an d

Der Beklagte ist Eigentümer und Halter eines Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen ##OQO-##-. Dieses Fahrzeug ist bei der Klägerin haftpflichtversichert.
Mit diesem Fahrzeug verursachte die Ehefrau des Beklagten am 30.10.2005 unter erheblichen Alkoholeinfluss einen Verkehrsunfall, bei dem Sachschaden in Höhe von über 10.000,00 EUR entstanden sein soll.

Die Klägerin regulierte die an mehreren Fremdfahrzeugen entstandenen Schaden und nahm zunächst bei der Ehefrau des Beklagten als mitversicherten Fahrer Regress gemäß § 2 b AKB / § 6 VVG in Höhe von 5.000,00 EUR. Es besteht zwischen der Klägerin und der Ehefrau des Beklagten insoweit eine Ratenzahlungsvereinbarung über diesen Betrag.

Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin nunmehr Regressansprüche gegen den Beklagten als ihren Versicherungsnehmer geltend. Dieser saß an dem Unfalltag als Beifahrer im versicherten Fahrzeug, das von seiner Ehefrau gesteuert wurde.
Die Klägerin begründet ihren zweiten Regressanspruch gegen den Beklagten damit, dass der Beklagte als Halter des Fahrzeuges und ihr Versicherungsnehmer zugelassen habe, dass seine Ehefrau in erkennbarer angetrunkenen Zustand das Fahrzeug steuerte.

Die Parteien streiten darum, ob die Klägerin berechtigt ist, den auf 5.000,00 EUR begrenzten Regress nunmehr zum zweiten Mal geltend zu machen.

Die Klägerin ist der Auffassung, es handele sich um zwei verschiedene Obliegenheitsverletzungen, die nach der herrschenden Rechtsprechung auch getrennt und doppelt regressiert werden könnten.

Sie beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 5.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 22.02.2006,

10,00 EUR Mahnkosten und vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 250,15 EUR zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Er bestreitet zunächst, schuldhaft zugelassen zu haben, dass seine Ehefrau das Fahrzeug unter Alkoholeinfluss steuert. Er bestreitet, die Alkoholisierung seiner Ehefrau bemerkt zu haben.

Darüber hinaus bestreitet er die von der Klägerin behaupteten Zahlungen an die Geschädigten des Unfallereignisses.

Zur Rechtslage ist der Beklagte der Auffassung, dass der Rückgriff von der Klägerin wegen ,ein- und desselben Sachverhaltes nicht zwei Mal geltend gemacht werden könne.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze und den von ihnen zu den Akten gereichten Unterlagen ergänzend Bezug genommen. Hinsichtlich der näheren Einzelheiten des Unfallgeschehens wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten 50 Ds 211/06 Amtsgericht Aachen ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nicht begründet.

Dem Versicherungsvertrag des Beklagten mit der Klägerin lagen die Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB) zugrunde.
Diese sehen einen Haftungsausschluss des Versicherers im Falle einer vereinbarten und zulässigen Obliegenheitsverletzung vor.

Dabei regelt § 2 b AKB die Einschränkung des Versicherungsschutzes im Falle der Verletzung einer Obliegenheit vor Eintritt des Versicherungsfalles. Gemäß § 2 b Ziffer 1 e AKB wird der Versicherer in der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn der Fahrer in Folge Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen. Grundlage für diese Klausel der AKB ist die Bestimmung des § 5 Abs. 1 Ziffer 5 KfzPflVV. Dort heißt es: "Als Obliegenheiten vor Eintritt des Versicherungsfalles können nur vereinbart werden die Verpflichtung ... das Fahrzeug nicht zu führen oder führen zu lassen, wenn der Fahrer infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel dazu nicht sicher in der Lage ist."

Zugleich bestimmt § 5 Abs. 3 KfzPflVV, dass bei der Verletzung einer derartigen Obliegenheit die Leistungsfreiheit des Versicherers gegenüber dem Versicherungsnehmer und den mitversicherten Personen auf den Betrag von höchstens je 5.000,00 EUR beschränkt ist.

Darüber hinaus regelt § 7 AKB die Obliegenheiten des Versicherungsnehmers bzw der mitversicherten Personen im Versicherungsfall, d. h. also, wenn der Versicherungsfall eingetreten ist. Gemäß § 7 I 2 AKB ist der Versicherungsnehmer verpflichtet, alles zu tun, was zur Aufklärung des Tatbestandes und zur Minderung des Schadens dienlich sein kann. Wird eine solche Obliegen vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt, so bestimmt § 7 V Ziffer 1 AKB, dass der Versicherer dem Versicherungsnehmer gegenüber von der Verpflichtung zur Leistung frei wird, sofern die Verletzung Einfluss auf die Feststellung des Versicherungsfalles und auf die Feststellung oder den Umfang, der dem Versicherer obliegenden Leistung hatte.
Bezüglich der Begrenzung der Leistungsfreiheit (§ 7 V Ziffer 2 AKB) gilt hier § 6 KfzPflVV, wonach je nach Schwere der Obliegenheitsverletzung die Leistungsfreiheit auf einen Betrag von 2.500,00 bzw. 5.000,00 EUR begrenzt ist.

Die zitierten Bestimmungen zeigen, dass der Versicherer im Versicherungsfalle dann Rückgriff bei dem Versicherungsnehmer nehmen kann, wenn dieser den Versicherungsfall durch grob fahrlässige Verletzung einer Obliegenheit herbeigeführt hat, aber auch dann, wenn im Anschluss an den Versicherungsfall die Aufklärung seines Hergangs und/oder mit ihm die Ermittlung des Umfangs der Haftung des Versicherers erschwert oder vereitelt wird. Schon die Trennung, die die §§ 5 und 6 KfzPflVV vornehmen, zeigt, dass zwei völlig verschiedene Tatbestände mit zwei sich daraus ergebenden Rechtsfolgen geregelt werden. Dementsprechend ist, wenn Obliegenheitsverletzungen "vor" und "im" Versicherungsfalle gegeben sind, eine zweifache Inanspruchnahme des Versicherungsnehmers nicht ausgeschlossen (so auch BGH, Urteil vom 14.09.2005, Aktenzeichen: IV ZR 216/04; OLG Schleswig, Urteil vom 30.10.2002, Aktenzeichen: 9 U 150/01, abgedruckt in VersR 2003, Seite 637 ff. mit zahlreichen weiterem Nachweisen; anders: OLG Nürnberg, Urteil vom 27.07.2000, Aktenzeichen: 8 U , abgedruckt in VersR 2001, Seite 231 ff.).

Diese Absicht rechtfertigt sich dadurch, dass der Versicherer mit beiden Klauseln unterschiedliche Interessen wahren will. Die Regelung in § 2 b Abs. 1 AKB soll schon den Eintritt des Versicherungsfalles verhindern, in dem sie besonders gefahrenträchtige Verhaltensweisen sanktioniert und das versicherte Risiko dadurch begrenzt (BGH a.a.O.). Bei § 7 I Ziffer 2 AKB steht hingegen das Aufklärungsinteresse des Versicherers im Vordergrund, der gesicherte Feststellungen zum Versicherungsfall treffen möchte und bestrebt ist, den Schaden und damit seine Einstandspflicht möglichst gering zu halten (BGH a.a.O.).

Ein solcher Fall, wie er in den drei vorzitierten Urteilen entschieden worden ist, liegt aber hier nicht vor. Beide Verhaltensweisen, die des Beklagten als Versicherungsnehmers und seiner Ehefrau als mitversicherter Person sind Obliegenheitsverletzungen, die vor dem Eintritt des Versicherungsfalles gelegen sind und damit der Sanktion des § 2 b Ziffer 1 e AKB unterliegen. Es liegt also hier nicht der Fall der Obliegenheitsverletzungen mit zwei Schutzrichtungen vor, sonden eine Kumulation von zwei Obliegenheitsverletzungen mit gleicher Schutzrichtung. Das Interesse des Versicherers geht Im Falle des § 2 b Ziffer 1 e AKB dahin, dass vor Eintritt eines Versicherungsfalles nicht bereits eine Gefahrerhöhung dadurch eintritt, dass das Kraftfahrzeug von einem Fahrer gelenkt wird, der infolge des Genusses alkoholischer oder anderer berauschender Getränke nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen, weil sich hierdurch die Wahrscheinlichkeit eines Versicherungsfalles zweifellos erhöht. Die Möglichkeit des Gefahreneintritts wird aber nicht dadurch erhöht, verstärkt oder verändert, dass neben dem Tatbestand des Fahrens unter Alkoholeinfluss der Beklagte als Versicherungsnehmer gegen diese Trunkenheitsfahrt nichts unternommen hat.

Es handelt sich also um eine Obliegenheitsverletzung im Sinne von § 2 b Ziffer 1 e AKB mit gleicher Schutzfunktion für den Versicherer, an der lediglich zwei versicherte Personen beteiligt waren. Dies rechtfertigt nach Auffassung des Gerichts nicht, § 2 b Ziffer 2 AKB, § 5 Abs. 3 KfzPflVV zweifach anzuwenden und damit den maximalen Betrag der Leistungsfreiheit doppelt zu berechnen.

Unstreitig ist, dass die Ehefrau des Beklagten als mitversicherte Person bereits gemäß § 2 b AKB in Anspruch genommen worden ist und ihre Verpflichtung zur Zahlung anerkannt hat. Daneben ist für eine weitere Inanspruchnahme des Beklagten als Versicherungsnehmers aus der gleichen Vorschrift kein Raum.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 Abs. 1,708 Nr. 11 und 711 ZPO.

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