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11.03.2009 · IWW-Abrufnummer 090911

Amtsgericht Brandenburg: Beschluss vom 28.11.2008 – 31 AR 10/08

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


31 AR 10/08
28.11.2008
(15 B 5049/04)

Amtsgericht Brandenburg an der Havel

Beschluss

In Sachen XXX

hat das Amtsgericht Brandenburg an der Havel durch XXX am 28.11.2008

b e s c h l o s s e n :

1. Der Erinnerung des Antragstellers/Erinnerungsführers vom 20.10.2008 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Brandenburg an der Havel vom 16.10.2008 wird nicht abgeholfen.

2. Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei. Der Antragsteller/Erinnerungsführer hat die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe:

Gemäß § 11 Abs. 2 Rechtspflegergesetz - RPflG - findet hier unter Beachtung von § 691 Abs. 3 Satz 2 ZPO die Erinnerung gegen den Zurückweisungsbeschluss der zuständigen Rechtspflegerin vom 16.10.2008 statt, da hier gegen die Entscheidung nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften ein anderweitiges Rechtsmittel nicht gegeben ist. Eine Beschwerde gemäß § 691 Abs. 3 Satz 1 ZPO ist hier insofern nämlich nicht statthaft, da hier der Antrag durch den Rechtspfleger nicht mit der Begründung zurück gewiesen wurde, dass die Form dem Gericht für seine maschinelle Bearbeitung nicht geeignet erscheint. Zwar kann der Rechtspfleger der befristeten Erinnerung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 RPflG abhelfen, hilft er jedoch der Erinnerung - wie hier - nicht ab, entscheidet über diese befristete Erinnerung der zuständige Richter endgültig. Aus diesem Grunde ist die hiesige Entscheidung des Rechtspflegers gemäß § 691 Abs. 3 Satz 2 ZPO unanfechtbar und nur noch mit der befristeten Erinnerung gemäß § 11 RPflG überprüfbar. Der § 11 RPflG stellt insofern eine verfassungsrechtlich gebotene Spezialregelung dar, weil die Rechtschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erfordert, dass jeder, der sich durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt fühlt, eine richterliche Überprüfung herbeiführen kann. Aus Art. 19 Abs. 4 GG folgt daher auch hier zwingend, dass gegenüber jeder Entscheidung des Rechtspflegers eine Möglichkeit der rechtlichen Überprüfung durch den zuständigen Richter gegeben sein muss.

Wenn ein Mahnantrag - wie der hiesige vom 20.12.2004, welcher am 30.12.2004 beim Amtsgericht Brandenburg an der Havel einging - einen Mangel im Sinne des § 691 Abs. 1 ZPO aufweist, ist dem Antragsteller vor der Zurückweisung seines Antrags auf Erlass eines Mahnbescheides durch das Gericht das rechtliche Gehör - in der Regel mittels Zwischenverfügung des Rechtspflegers bzw. des Urkundsbeamten - zu gewähren. Der Rechtspfleger bzw. der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle kann - wie im vorliegenden Fall unstreitig geschehen - dem Antragsteller insofern u. a. auch durch eine Zwischenverfügung in Form einer „Rückbriefnachricht“ die Gelegenheit einräumen, einen Mangel, der eine Zurückweisung des Antrags zur Folge hätte, noch zu beheben. Zu den Mängeln, die die Unzulässigkeit des Mahnantrags begründen und die im Prüfungsverfahren behoben werden können, gehören gemäß § 691 Abs. 1 Nr. 1 ZPO in Verb. mit § 690 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nämlich auch die vollständige Bezeichnung der Partei, d. h. insbesondere auch den ausgeschriebenen Vornamen, den Nachnamen und die genaue Postanschrift des Antragsgegners, wobei z. B. die Angabe eines Postfachs als Zustellanschrift nicht genügt. Treffen im Übrigen Nachnamen, Vorname und Anschrift auf mehrere Personen in gleicher Weise zu, sind unterscheidende Zusätze - wie z. B. Junior oder Senior bzw. das Geburtsdatum - geboten. Insofern musste auch hier der Antragsteller/Erinnerungsführer bei seinem Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids vom 20.12.2004 die korrekte Anschrift des Antragsgegners benennen. Da der Mahnbescheid nämlich von Amts wegen zugestellt wird, ist auch die ladungsfähige Anschrift des Antragsgegners durch den Antragsteller ordnungsgemäß in seinem Antrag mit anzugeben (BGH, NJW 2004, Seiten 2453 f. = Rpfleger 2004, Seiten 571 f. = MDR 2004, Seite 1310 = FamRZ 2004, Seite 1486).

Zwar hatte der Antragsteller/Erinnerungsführer hier insofern zunächst eine Anschrift des Antragsgegners im Antragsformular angegeben, jedoch stellte sich dann - d. h. nach dem Versuch der Zustellung des Mahnbescheids - hier heraus, dass unter dieser Anschrift der Antragsgegner nicht ansässig ist und somit eine Zustellung des Mahnbescheids an ihn auch unter dieser Anschrift nicht erfolgen konnte. Mangels ordnungsgemäßer Zustellung des Mahnbescheides an den Antragsgegner ist dieser Mahnbescheid somit völlig wirkungslos geblieben (OLG Dresden, Rpfleger 2001, Seite 437 = OLG-NL 2002, Seiten 165 f. = OLG-Report 2001, Seiten 373 f.). In einem solchen Fall kann einem Antragsteller - wenn er also nicht die ordnungsgemäße Anschrift des Antragsgegners angegeben hat - grundsätzlich dann durch eine Zwischenverfügung des Rechtspflegers bzw. des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle die Möglichkeit eröffnet werden, diesen Mangel noch zu beheben (BGH, NJW 2004, Seiten 2453 f. = Rpfleger 2004, Seiten 571 f. = MDR 2004, Seite 1310 = FamRZ 2004, Seite 1486; OLG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 07.12.2006, Az.: 2 W 69/06, in: „juris“). Das Mahnverfahren hatte sich hier nämlich noch nicht ohne Weiteres dadurch „erledigt“, dass sich die Unzustellbarkeit des Mahnbescheids nachträglich herausstellte (OLG Dresden, Rpfleger 2001, Seite 437 = OLG-Report 2001, Seiten 373 f. = OLG-NL 2002, Seiten 165 f.).

Aus diesem Grunde ist dem Antragsteller/Erinnerungsführer hier auch unstreitig zur Behebung dieses Mangels eine Rückbriefnachricht vom 01.02.2005 durch die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle der Mahnabteilung des Amtsgerichts Brandenburg an der Havel übersandt worden. Ob dem Antragsteller zugleich auch mit der Rückbriefnachricht vom 01.02.2005 eine Frist zur Behebung dieses Mangels durch die Geschäftsstelle der Mahnabteilung des Amtsgerichts Brandenburg an der Havel gesetzt wurde (in der Regel 4 bis 6 Woche), ist jedoch jetzt nicht mehr aufklärbar, da die Mahnakte zwischenzeitlich gemäß § 7 der Brandenburgischen Aktenordnung nach Ablauf der 2-jährigen Aufbewahrungsfrist für Mahnsachen vernichtet wurde.

Insoweit hätte aber, wenn ein Mangel der nicht ordnungsgemäßen Anschrift des Antragsgegners trotz der Beanstandung durch die Geschäftsstelle der Mahnabteilung des Amtsgerichts Brandenburg an der Havel nicht (innerhalb der durch das Gericht gesetzten Frist) behoben wurde, der Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids dann gemäß § 691 Abs. 1 Satz 1 ZPO durch den zuständigen Rechtspfleger des Amtsgerichts Brandenburg an der Havel mittels Beschluss zurückgewiesen werden müsse (BGH, NJW 2004, Seiten 2453 f. = Rpfleger 2004, Seiten 571 f. = MDR 2004, Seite 1310 = FamRZ 2004, Seite 1486; OLG Dresden, Rpfleger 2001, Seite 437 = OLG-Report 2001, Seiten 373 f. = OLG-NL 2002, Seiten 165 f.), da eine Überführung des Mahnverfahrens in ein zivilrechtliches Klageverfahren hier insoweit dann auch nicht möglich war. Durch die hier jetzt (aufgrund der zwischenzeitlichen Aktenvernichtung) nicht mehr Nachweisbare Zustellung eines Zurückweisungsbeschlusses des Rechtspflegers an den Antragsteller im Jahre 2005 ist die Erinnerungsfrist des § 11 RPflG ggf. auch nicht mehr nachweisbar in Gang gesetzt worden (OLG Hamm, JurBüro 1992, Seiten 394 f.). Sollte durch die Zustellung des Mahnbescheids eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder gehemmt werden, so erhält der § 691 Abs. 2 ZPO dem Antragsteller diese Wirkungen aber dann immer noch, wenn er innerhalb eines Monats seit der Zustellung des Zurückweisungsbeschlusses des Rechtspflegers eine entsprechende Klage bei dem zuständigen Gericht einreicht und diese dann auch „demnächst“ zugestellt wird (BGH, NJW 2004, Seiten 2453 f. = Rpfleger 2004, Seiten 571 f. = MDR 2004, Seite 1310 = FamRZ 2004, Seite 1486; OLG Köln, MDR 2004, Seiten 1376 f. = OLG-Report 2004, Seiten 289 f. = JMBl. NW 2005, Seite 8; OLG Dresden, Rpfleger 2001, Seite 437 = OLG-Report 2001, Seiten 373 f. = OLG-NL 2002, Seiten 165 f.). Insofern hätte auch hier nach Ablauf einer (in der Regel vier- bis sechswöchigen) Frist nach Übersendung der Rückbriefnachricht an den Antragsteller/Erinnerungsführer durch Beschluss der zuständigen Rechtspflegerin gemäß § 691 ZPO der Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides mittels Beschluss zurück zurückgewiesen werden müssen. Ob ein derartiger Zurückweisungsbeschluss der zuständigen Rechtspflegerin hier - spätestens vor der Verfügung des Weglegens der Akten des Mahnverfahrens - durch die zuständige Rechtspflegerin des Amtsgerichts Brandenburg an der Havel erging, ist hier jedoch jetzt nicht mehr feststellbar, da die Mahnverfahrensakte zwischenzeitlich gem. § 7 der Brandenburgischen Aktenordnung weggelegt und hiernach vernichtet wurde. Zeitlich danach erfolgte zwar dann durch die nunmehr zuständige Rechtspflegerin am 16.10.2008 (ggf. erneut) ein Zurückweisungsbeschluss, nachdem der Antragsteller erneut mit Antrag vom 09.10.2008 die Fortführung des Mahnverfahrens beantragte. Dessen ungeachtet ist insoweit aber die befristete Erinnerung des Antragstellers vom 20.10.2008 gegen diesen Zurückweisungsbeschluss der nunmehr zuständigen Rechtspflegerin vom 16.10.2008 auch verwirkt, selbst wenn der Antragsteller jetzt die vollständige Anschrift des Antragsgegners benannt hat.

Das Rechtsschutzbedürfnis kann aber entfallen, wenn die verspätete Geltendmachung eines Anspruchs gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstößt. Dies ist dann anzunehmen, wenn der Berechtigte sich verspätet auf sein Recht beruft und unter Verhältnissen untätig bleibt, unter denen vernünftigerweise etwas zur Wahrung des Rechts unternommen zu werden pflegt (BVerfG, BVerfGE Band 32, Seiten 305 ff. = BVerfG, NJW 1972, Seite 675; BVerfG, NJW 2003, Seiten 1514 f.; BVerfG, NJW 2005, Seiten 1855 ff.; Reichsgericht, RGZ Band 158, Seiten 100 ff. ; BGH, NJW-RR 1989, Seite 768 = MDR 1989, Seiten 737 f.). Das öffentliche Interesse an der Wahrung des Rechtsfriedens kann in derartigen Fällen verlangen, die Anrufung des Gerichts nach langer Zeit untätigen Zuwartens als unzulässig anzusehen (BVerfG, BVerfGE Band 32, Seiten 305 ff. = BVerfG, NJW 1972, Seite 675; BVerfG, NJW 2003, Seiten 1514 f.; BVerfG, NJW 2005, Seiten 1855 ff.; Reichsgericht, RGZ Band 158, Seiten 100 ff.; BGH, NJW-RR 1989, Seite 768 = MDR 1989, Seiten 737 f.; BGH, Beschluss vom 22.09.1988, Az.: III ZB 21/88, in: BGH-DAT Zivil; BGH, NJW 1982, Seite 1999; BGH, NJW 1965, Seiten 1532 f. = BGHZ Band 43, Seiten 289 ff.; BGH, NJW 1963, Seiten 154 ff = MDR 1963, Seite 40 = LM Nr. 2 zu § 339 ZPO; BGH, BGHZ Band 25, Seiten 47 ff.; OLG Celle, DNotZ 1956, Seiten 429 ff.; BayObLG, BayObLGZ 1960, Seiten 110 ff.; BayObLG, NJW 1968, Seite 363; OLG Frankfurt/Main, MDR 1977, Seite 586 = Rpfleger 1976, Seite 213; OLG Hamm, FamRZ 1980, Seite 193; OLG Celle, GRUR 1980, Seiten 945 f.; OLG Frankfurt/Main, FamRZ 1980, Seiten 826 ff. = OLGZ 1980, Seiten 425 ff.; KG Berlin, GRUR 1985, Seite 237; OLG Koblenz, MDR 1987, Seite 867 = wistra 1987, Seiten 357 f.; OLG Düsseldorf, FamRZ 1988, Seite 198; KG Berlin, Rpfleger 1988, Seiten 261 ff. = JurBüro 1988, Seiten 1212 ff.; OLG Saarbrücken, NJW-RR 1989, Seiten 1512 ff.; OLG Nürnberg, NJW-RR 2001, Seite 573 = MDR 2000, Seiten 902 f. = OLG-Report 2000, Seiten 359 f.; LG Aachen, JurBüro 1984, Seiten 458 f.). Auch ein an sich unbefristeter Antrag kann somit deshalb nicht nach Belieben hinausgezogen oder verspätet gestellt werden, ohne unzulässig zu werden (BVerfG, BVerfGE Band 4, Seiten 31 ff.; BVerfG, BVerfGE Band 32, Seiten 305 ff. = BVerfG, NJW 1972, Seite 675; BVerfG, NJW 2003, Seiten 1514 f.; BVerfG, NJW 2005, Seiten 1855 ff.). Bei dem hier vorliegenden Zeitablauf zwischen Übersendung der Zwischenverfügung in Form der Rückbriefnachricht vom 01.02.2005 - welche der Antragsteller/Erinnerungsführer unstreitig erhalten hat - und dem Eingang der Erinnerung am 20.10.2008 kommt nämlich nach allgemeinen Grundsätzen eine Verwirkung des unbefristeten Rechtsbehelfs in Betracht (BVerfG, BVerfGE Band 32, Seiten 305 ff. = BVerfG, NJW 1972, Seite 675; BVerfG, NJW 2003, Seiten 1514 f.; BVerfG, NJW 2005, Seiten 1855 ff.; Reichsgericht, RGZ Band 158, Seiten 100 ff.; BGH, NJW-RR 1989, Seite 768 = MDR 1989, Seiten 737 f.; BGH, Beschluss vom 22.09.1988, Az.: III ZB 21/88, in: BGH-DAT Zivil; BGH, NJW 1982, Seite 1999; BGH, NJW 1965, Seiten 1532 f. = BGHZ Band 43, Seiten 289 ff.; BGH, NJW 1963, Seiten 154 ff = MDR 1963, Seite 40 = LM Nr. 2 zu § 339 ZPO; BGH, BGHZ Band 25, Seiten 47 ff.; OLG Celle, DNotZ 1956, Seiten 429 ff.; BayObLG, BayObLGZ 1960, Seiten 110 ff.; BayObLG, NJW 1968, Seite 363; OLG Frankfurt/Main, MDR 1977, Seite 586 = Rpfleger 1976, Seite 213; OLG Hamm, FamRZ 1980, Seite 193; OLG Celle, GRUR 1980, Seiten 945 f.; OLG Frankfurt/Main, FamRZ 1980, Seiten 826 ff. = OLGZ 1980, Seiten 425 ff.; KG Berlin, GRUR 1985, Seite 237; OLG Koblenz, MDR 1987, Seite 867 = wistra 1987, Seiten 357 f.; OLG Düsseldorf, FamRZ 1988, Seite 198; KG Berlin, Rpfleger 1988, Seiten 261 ff. = JurBüro 1988, Seiten 1212 ff.; OLG Saarbrücken, NJW-RR 1989, Seiten 1512 ff.; OLG Nürnberg, NJW-RR 2001, Seite 573 = MDR 2000, Seiten 902 f. = OLG-Report 2000, Seiten 359 f.; LG Aachen, JurBüro 1984, Seiten 458 f.), da eine Partei gegen den auch im Prozessrecht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben verstößt, wenn sie nicht alsbald, noch in einem gewissen zeitlichen Zusammenhang mit einer ergangenen gerichtlichen Entscheidung, tätig wird, sondern durch ihr Zuwarten den Eindruck erweckt, sie nehme diese Entscheidung hin. Dies ist hier der Fall, nachdem der Antragsteller die Erinnerung erst über 3 Jahre 8 Monate nach Zugang der Rückbriefnachricht des Gerichts eingelegt hat.

Zwar setzt die Verwirkung neben einem langen Zuwarten des Schuldners auch Verhältnisse voraus, unter denen vernünftigerweise etwas zur Wahrung des Rechts unternommen zu werden pflegt. Bezüglich des Rechts, Erinnerung zu erheben, ist insoweit aber wohl spätestens dann Verwirkung anzunehmen, wenn der Gläubiger sich auf das Ausbleiben des Mahnbescheids einstellen durfte und wenn zudem sein Vertrauen schutzwürdig ist oder aber bereits das Mahnverfahren nicht mehr innerhalb der in dem § 7 Abs. 3 Buchst. e) der Anweisungen für die Verwaltung des Schriftguts bei den Geschäftsstellen der Gerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit und der Staatsanwaltschaften des Landes Brandenburg - Brandenburgische Aktenordnung (BbgAktO) - genante 6-Monatsfrist durch die Parteien betrieben wurde und wenn zudem die vom Gesetzgeber vorgeschrieben Aufbewahrungsfrist von 2 Jahren (hier in den „Bestimmungen über die Aufbewahrungsfristen für das Schriftgut der ordentlichen Gerichtsbarkeit, der Staatsanwaltschaften und der Justizvollzugsbehörden“ - Aufbewahrungsbestimmungen (AufbewBest) des Landes Brandenburg -) auch abgelaufen ist, da der Gesetzgeber offensichtlich davon ausging, dass die Prozessparteien spätestens ab diesem Zeitpunkt - d. h. nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist von 2 Jahren - ebenfalls gegen die auch im Prozessrecht geltenden Grundsätze von Treu und Glauben verstoßen. Vorliegend fehlte jedenfalls die letzte Voraussetzung nicht, da die Mahnakte 6 Monate nach Nichtbetreiben des Verfahrens weggelegt und dann nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist von 2 Jahren auch vernichtet wurde.

Der BGH hat insofern bereits in den Beschlüssen vom 25. März 1965 (NJW 1965, Seiten 1532 f. = MDR 1965, Seiten 564 f. = JZ 1965, Seite 362 = BGHZ, Band 43, Seiten 289 ff.) und vom 23.02.1989 (NJW-RR 1989, Seite 768 = MDR 1989, Seiten 737 f. = AgrarR 1989, Seiten 298 f.) die Möglichkeit einer Verwirkung auch für befristete Rechtsmittel bejaht und ausgeführt, das sog. "Umstandsmoment" könne gegeben sein, wenn die Beteiligten den durch die angefochtene Entscheidung geschaffenen Zustand infolge Ausbleibens eines Rechtsmittels als endgültig angesehen haben und ansehen durften. Bei der Frage, ob in der Einlegung einer Erinnerung eine unzulässige Rechtsausübung liegt, kommt es zunächst maßgeblich auf das Verhalten des beschwerten Beteiligten an. Der Antragsteller war durch die Auflage/Zwischenverfügung des Gerichts in Form der Rückbriefnachricht „beschwert“. Auch wenn dieses Schreiben nicht dem Antrags-Gegner bekannt geworden ist, macht es doch deutlich, dass die Beteiligten, insbesondere der Antragsteller, den durch die Rückbriefnachricht des Gerichts geschaffenen Zustand als endgültig angesehen haben und auch ansehen durften. Es ist deshalb mit Treu und Glauben unvereinbar, wenn der Antragsteller nunmehr 3 Jahre und 8 Monate danach mit einer Erinnerung diese Auflage des Gerichts anfechtet, obwohl er in Kenntnis der Rückbriefnachricht vom 01.02.2005 einen Zeitraum von mehreren Jahren hat verstreichen lassen (BGH, NJW-RR 1989, Seite 768 = MDR 1989, Seiten 737 f. = AgrarR 1989, Seiten 298 f.). Eine Erinnerung stellt somit dann eine unzulässige Rechtsausübung dar, wenn der durch eine gerichtliche Entscheidung vermeintlich beschwerte Erinnerungsführer über einen Zeitraum, welcher über die Aufbewahrungsfrist von 2 Jahren liegt (hier: 3 Jahre und 8 Monate), untätig bleibt (LG Aachen, JurBüro 1984, Seiten 458 f.). Es stellt nämlich einen Verwirkungstatbestand dar, wenn der Berechtigte unter Verhältnissen untätig bleibt, unter denen vernünftigerweise etwas zur Wahrung des Rechts unternommen zu werden pflegt (BVerfG, BVerfGE Band 32, Seiten 305 ff. = BVerfG, NJW 1972, Seite 675; BVerfG, NJW 2003, Seiten 1514 f.; BVerfG, NJW 2005, Seiten 1855 ff.; Reichsgericht, RGZ Band 158, Seiten 100 ff.; BGH, NJW-RR 1989, Seite 768 = MDR 1989, Seiten 737 f.; BGH, Beschluss vom 22.09.1988, Az.: III ZB 21/88, in: BGH-DAT Zivil; BGH, NJW 1982, Seite 1999; BGH, NJW 1965, Seiten 1532 f. = BGHZ Band 43, Seiten 289 ff.; BGH, NJW 1963, Seiten 154 ff = MDR 1963, Seite 40 = LM Nr. 2 zu § 339 ZPO; BGH, BGHZ Band 25, Seiten 47 ff.; OLG Celle, GRUR 1980, Seiten 945 f.).

Der Anspruch des Antragstellers ist somit hier verwirkt und dementsprechend auch unzulässig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 11 Abs. 4 RPflG und § 91 ZPO.

RechtsgebietMahnverfahrenVorschriften§§ 688 ZPO ff.

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