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08.04.2009 · IWW-Abrufnummer 091183

Oberlandesgericht München: Urteil vom 11.03.2008 – 5 U 3897/07

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN

Aktenzeichen: 5 U 3897/07
4 0 15375/05 LG München I

Verkündet am 11. März 2008

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit XXX

wegen Forderung

erlässt der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch XXX aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 12.02.2008

folgendes

ENDURTEIL:

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts München I vom 19.04.2007 aufgehoben.

II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zur Masse 603.017,81 € zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 25.09.2002 zu zahlen.

III. Im Übrigen werden die Klage und die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

IV. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt die Beklagte.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

VI. Die Revision wird nicht zugelassen.

VII. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 603.017,81 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Kläger ist Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der ... GmbH (künftig: Schuldnerin). Das Insolvenzverfahren wurde am 28.03.2002 auf Antrag der Schuldnerin vom 30.01.2002, eingegangen bei Gericht am 05.02.2002, wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung eröffnet.

Die Beklagte war der Schuldnerin seit 1995/1996 mit einem Betriebsmittelkredit bis zu einer Kreditlinie von 2 Mio. DM zur Verfügung gestanden. Zur Absicherung hatte der Minderheitengesellschafter der Schuldnerin eine persönliche Bürgschaft übernommen. Im Sommer 2001 forderte die Beklagte, gestützt auf Nr. 13 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen von der Schuldnerin eine Nachbesicherung für die Fortführung des Betriebsmittelkredits mit einer um 1 Mio. DM gekürzten Kreditlinie. Die Vermögensverhältnisse des Bürgen XXX hatten sich erheblich verschlechtert. Es zeichneten sich Verluste im Millionenbereich aus dessen unternehmerischer Tätigkeit als Einzelunternehmer ab, wie die Beklagte aufgrund ihrer geschäftlichen Verbindung auch mit dem Bürgen und dessen Unternehmen wusste.

Daraufhin verpfändete die Schuldnerin der Beklagten mit schriftlichem Vertrag vom 24.10.2001 (Anlage B 1) ihre Forderungen gegen die XXX in Höhe von 1.016.695,21 €, über die zu diesem Zeitpunkt ein Rechtsstreit anhängig war.

Die Verpfändung zeigte die Beklagte im Auftrag der Schuldnerin der. ... mit Schreiben vom 29.10.2001 an (Anlage B 2). Sie bezeichnete hierin die Verpfänderin richtig als xxx gab aber als deren Anschrift unzutreffend ... an. Die Drittschuldnerin erwiderte am 08.11.2001 (Anlage B 3), ihr sei die ... mit einer solchen Adresse nicht bekannt. Unter dem 14.11.2001 teilte die Beklagte erneut die Verpfändung, nunmehr jedoch mit dem zutreffenden Sitz der Schuldnerin in ... mit (Anlage B 4). Die Drittschuldnerin bestätigte den Eingang der Verpfändungsanzeige am 19.11.2001 (Anlage B 4). Nach Einigung mit der Schuldnerin zahlte die ... GmbH i.L. den Vergleichsbetrag von 603.017,81 € mit Zustimmung des Klägers in der Interimsvereinbarung vom 09.08.2002 (Anlage K 3) an die Beklagte aus.

Der Kläger fordert von der Beklagten diesen Betrag nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.09.2002 heraus. Er hält die Verpfändung für unwirksam, zudem ficht er die Verpfändung nach §§ 131, 133, 134 InsO an. Die Schuldnerin sei bereits Ende 2000, spätestens aber zum Zeitpunkt der Verpfändung zahlungsunfähig gewesen. Der Beklagten seien die geschäftliche Verflechtung der Schuldnerin mit der Unternehmensgruppe .... und die Auswirkungen der dortigen finanziellen Krise auf die Schuldnerin bekannt gewesen. Sie habe die kritische Situation der Schuldnerin und die Gläubigerbenachteiligungsabsicht der Schuldnerin zum Zeitpunkt der Verpfändung erkannt.

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 19.04.2007 abgewiesen.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Rückzahlungsverlangen weiter.

Ergänzend wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil, die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze und die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 12.02.2008 Bezug genommen.

II.

Die Berufung erweist sich in der Sache als begründet. Dem Kläger steht ein Rückgewähranspruch aus §§ 131 Abs. 1 Nr. 2,143 Abs. 1 InsO zu.

1. Dem Kläger war gemäß §§ 233, 236 ZPO Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist zu gewähren, da er an der rechtzeitigen Einlegung und Begründung des Rechtsmittels ohne Verschulden verhindert war und die Rechtsmitteleinlegung nebst Begründung rechtzeitig nachgeholt hat.

Der Kläger hat zwar die Berufungsfrist versäumt, aber innerhalb dieser Frist Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren beantragt. Der die Prozesskostenhilfe ablehnende Beschluss des Senats vom 15.11.2007 war ihm am 22.11.2007 zugestellt worden. Am 04.12.2007, mithin innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist (§ 234 Abs. 1 S. 1 und S. 2 ZPO; BGH, Beschluss vom 19.07.2007, Az.: IX ZB 86/07, BRAK-Mitt 2007,201), beantragte der Kläger Wiedereinsetzung, legte Berufung ein und begründete diese.

Der Wiedereinsetzung steht nicht entgegen, dass der Kläger vernünftigerweise mit einer Ablehnung der beantragten Prozesskostenhilfe mangels Bedürftigkeit habe rechnen müssen (BGH, Urteil vom 20.07.1994, III ZR 107/84, FamRZ 1984, 1216; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 06.08.2007, 6 UF 136/06, MDR 2008, 228). Zwar beruht die Versagung von Prozesskostenhilfe gemäß Beschluss vom 15.11.2007 auf der Erwägung, dass eine Kostenaufbringung durch die Großgläubiger des Insolvenzverfahrens zumutbar sei. Unter Berücksichtigung der Ausführungen des Klägers in der Gegenvorstellung zu diesem Beschluss und angesichts der erfolgten Prozesskostenhilfegewährung in erster Instanz war jedoch die Erwartung, dem Prozesskostenhilfegesuch werde stattgegeben werden, begründet, die Versäumung der Rechtsmittelfrist sowie der Begründungsfrist daher unverschuldet.

2. Ohne Erfolg greift die Berufung und das landgerichtliche Urteil allerdings an, als darin ein bereicherungsrechtlicher Anspruch aus § 816 Abs. 2 BGB abgelehnt wurde. Die Beklagte hat ein Pfandrecht an den verfahrensgegenständlichen Forderungen der Schuldnerin gegen die Drittschuldnerin ... GmbH i.L. gemäß §§ 1274 Abs. 1, 1280 BGB erworben.

Aus dem Verpfändungsvertrag (Anlage B 1), der Anzeige vom 29.10.2001 (Anlage B 2), dem Antwortschreiben der Drittschuldnerin (Anlage B 3) und der erneuten Anzeige der Verpfändung vom 14.11.2001 nebst Empfangsbestätigung der Drittschuldnerin vom 19.11.2001 (Anlage B 4) ergibt sich zur Überzeugung des Senats die Verpfändung der Forderungen gegen die Drittschuldnerin durch die Beklagte und deren Anzeige durch die Beklagte im Auftrag der Schuldnerin (Seite 3 des Verpfändungsvertrages) jedenfalls mit dem der Drittschuldnerin am 19.11.2001 vorliegenden Schreiben vom 14.11.2001.

Damit ist ein Pfandrecht zugunsten der Beklagten an den Forderungen der Schuldnerin gegen die XXX wirksam entstanden (vgl. BGH, Urteil vom 11.12.1997, IX ZR 341/95, BGHZ 137, 267/283 f.).

3. Diese Verpfändung erweist sich jedoch als inkongruente Deckung gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO anfechtbar.

3.1. Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg auf ihren Nachbesicherungsanspruch aus Nr. 13 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen berufen.

Hat ein Schuldner die Sicherung der Forderung zugesagt, so stellt eine dem Gläubiger später gewährte Sicherheit eine inkongruente Deckung dar, wenn die Abrede Sb unbestimmt war, dass sie keinen klagbaren Anspruch auf Übertragung des konkreten Sicherungsgutes gab (BGH, Urteil vom 03.04.1968, VIII ZR 23/66, MDR 1968, 664, noch zur KO). Auch wenn eine Bank nach ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen ihren Kunden gegenüber unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf die Bestellung oder Verstärkung bankmäßiger Sicherheiten hat, so stellt doch eine vom Gemeinschuldner nachträglich bestellte Sicherheit eine inkongruente Deckung dar (BGH, Urteil vom 02.07.1969, VIII ZR 96/67, NJW 1969, 1718, ebenfalls zur KO). Nur ausreichend konkrete Vereinbarungen, die dem Gläubiger einen Anspruch auf bestimmte oder gegenständlich bestimmbare Sicherheiten gibt, sind geeignet, insolvenzrechtIiche Kongruenz herzustellen. Absprachen, die es dem Ermessen der Beteiligten überlassen, welche konkrete Sicherheit bestellt wird, rechtfertigen die Besserstellung einzelner Gläubiger unter Durchbrechung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht (BGH, Urteil vom 07.03.2002, IX ZR 223/01, ZIP 2002,812; Urteil vom 11.12.1997, IX ZR 341/95, BGHZ 137, 267/283 f.).

Zudem ist keine Gegenleistung der Beklagten für die nachträgliche Sicherheitenbestellung vorgetragen oder ersichtlich (vgl. BGH, Urteil vom 05.02.1998, IX ZR 43/97, ZIP 1998, 513).

3.2 Die auf § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO gestützte Anfechtung führt zum Erfolg. Die anfechtbare Handlung ist innerhalb der kritischen Zeit, nämlich im 3. Monat vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden und die Schuldnerin ist zu dieser Zeit zahlungsunfähig gewesen.

3.2.1 Der Senat folgt dem Landgericht darin nicht, dass die unter dem 29.10.2001 ausgefertigte Verpfändungsanzeige geeignet gewesen sei, die Rechtswirkungen der Verpfändung zum Entstehen zu bringen. Sowohl in dem Anschreiben an die Drittschuldnerin als auch in der Verpfändungsurkunde selbst ist die Schuldnerin zwar mit der richtigen Firma, aber mit unzutreffender Sitzbezeichnung benannt. Zwar wäre die Angabe des Sitzes nicht zwingend erforderlich gewesen, solange die Schuldnerin allein durch die Firmenbezeichnung sicher identifiziert werden kann. Die dennoch zur Identifizierung des Verpfänders zusätzlich zur Firma aufgenommene Sitzangabe machte die Bezeichnung der Schuldnerin jedoch widersprüchlich und zweifelhaft. Selbst wenn ein Unternehmen mit gleicher Firma unter der in der Verpfändung angegebenen Adresse nicht existiert, die Drittschuldnerin auch sogleich die richtige Schuldnerin als Verpfänderin vermutet hat, zeigt doch das Antwortschreiben auf, dass zur Ausräumung von Unsicherheiten eine Nachfrage für geboten gehalten und Klärung für erforderlich gehalten wurde.

Im Hinblick auf die Bedeutung der Verpfändung kann auch nicht ohne weiteres mit dem Landgericht argumentiert werden, dieser Klärungsbedarf sei nur vorgeschoben gewesen. Für die Drittschuldnerin lag zwar der Schluss auf die Identität der Verpfänderin schon angesichts der Bezeichnung der abgetretenen Ansprüche, insbesondere der Forderung auf Verlustausgleich aus Übernahmevertrag, nahe. Schon zur Vorbeugung etwaiger späterer Einwendungen der Schuldnerin bestand bei der Drittschuldnerin dennoch ein berechtigtes Interesse an einer zweifelsfreien Bezeichnung des ihr angezeigten Rechtsgeschäfts, was neben der Bezeichnung der verpfändeten Forderung auch die klare Bezeichnung des Gläubigers dieser Forderung, also des Verpfänders voraussetzt, denn die Verpfändungsanzeige ist mehr als nur eine Übermittlung des Verpfändungsvertrages zur Kenntnisnahme. Aus der Anzeige muss vielmehr hervorgehen, dass der Verpfänder die Verpfändung, über welche er informiert, gegen sich gelten lassen will. Die unklare und in sich widersprüchliche Bezeichnung des Verpfänders genügt dem selbst dann nicht, wenn die Unklarheit erst durch Zusätze entstanden ist, welche entbehrlich gewesen wären und ihr Fehlen keine Nachteile nach sich gezogen hätte.

Anderes mag gelten, wenn trotz unrichtiger oder ungenauer Bezeichnung für die Beteiligten einschließlich des Drittschuldners die Person des Verpfänders zweifelsfrei fest steht. Dass dem vorliegend nicht so war, ergibt sich aus dem Antwortschreiben der Drittschuldnerin vom 08.11.2001.

Die erstmals taugliche Verpfändungsanzeige erfolgte daher mit dem unter dem 14.11.2001 ausgefertigten Schreiben der Beklagten, dessen Erhalt die Drittschuldnerin am 19.11.2001 bestätigt hat, mithin im 3-Monatszeitraum des § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO.

3.2.2 Selbst wenn man die unter dem 29.10.2001 gefertigte Verpfändungsanzeige für tauglich und der Vorschrift des § 1280 BGB genügend halten würde, hätte der Kläger dargetan, dass die Verpfändung Rechtswirksamkeit erst im Zeitraum nach dem 04.11.2001, also in dem gemäß § 139 Abs. 1 Satz 1 InsO mit dem 05.11.2001 beginnenden 3-Monats-Zeitraum, erlangt hat.

Maßgeblich ist nach § 140 Abs. 11nsO der Zeitpunkt des Zugangs der Anzeige bei der Drittschuldnerin. Die Verpfändungsanzeige nach § 1280 BGB stellt ein~ nicht abdingbare Wirksamkeitsvoraussetzung für die Entstehung des Pfandrechts dar (BGHZ 137, 267/278). Auf diesen letzten Teilakt des Rechtsentstehungstatbestandes ist daher abzustellen.

Die Beklagte, die den Nachweis für die Rechtsentstehung durch - vom Kläger bestrittenen - Zugang der Anzeigen mit den Anlagen B 2 bis B 4 führt, belegt mit diesen Unterlagen einen Rechtserwerb erst zu einem Zeitpunkt innerhalb des kritischen Zeitraums. Das Antwortschreiben der Drittschuldnerin vom 08.11.2001 (Anlage B 3) beweist zwar den Eingang der Verpfändungsanzeige vom 29.10.2001. Damit steht ein Zugang bei der Drittschuldnerin aber nur zum 08.11.2001 fest, nicht aber früher.

3.2.3 Dafür, dass die Beklagte ihr Recht bereits zu einem früheren Zeitpunkt erworben hat, der vor dem aus der vorgelegten Anlage hervorgehenden Zeitpunkt und außerhalb der kritischen Zeit liegt, hat die Beklagte den ihr entgegen ihrer Ansicht obliegenden Beweis nicht geführt.

Nachdem der Kläger unter Bezugnahme auf die Antwort der DFA i.L. vom 08.11.2001 eine in den 3-Monats-Zeitraum des § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO fallende Rechtshandlung vorgetragen und damit seiner Darlegungs- und Beweislast genügt hat (Münchener Kommentar InsO/Kirchhof, 2. Aufl., Rn. 54 zu § 140), war es an der Beklagten, einen vor dem 05.11.2001 liegenden Zeitpunkt vorzutragen und damit einen für sie günstigen Zeitpunkt nachzuweisen (BGH, Urteil vom 05.02.1998, IX ZR 43/97, VIZ 1998, 338/339). Die Beklagte übersieht hierbei, dass ihr Pfandrecht nicht schon mit der Verpfändung vom 24.10.2001, sondern nach § 1280 BGB überhaupt erst mit der Anzeige hiervon zur Entstehung gekommen ist (BGHZ 137, 267/278). Darüber hinaus hatte es die Beklagte selbst in der Hand, als insoweit von der Schuldnerin Beauftragte den Zeitpunkt des Zugangs der Anzeige bei der Drittschuldnerin festhalten zu lassen, sei es durch Zustellung, durch Überbringung mit Boten oder auch durch Einschreiben mit Rückschein. Es ist daher anerkannt, dass für Tatsache und Zeitpunkt des Zugangs einer Erklärung de~ Absender die Beweislast trägt (BGHZ 70, 232/234; Zöller/Greger, ZPO 26. Aufl., Rn. 19 vor § 284). Denn wenn der Zugang einer Anzeige wie hier Wirksamkeitserfordernis ist, wäre es widersprüchlich, ihre Absendung zum Nachteil des Empfängers auch dann Rechtswirkungen entfalten zu lassen, wenn die Frage des Zugangs offen bleibt (so ausdrücklich für die Mängelanzeige BGH, Urteil vom 13.05.1987, VIII ZR 136/86, BGHZ 101, 49/54).

Angesichts dieser Voraussetzungen kann der Beklagten der Vortrag, ihre Mitarbeiterin ... habe noch am 29.10.2001 die Verpfändungsanzeige in den Postauslauf gebracht, nicht weiterhelfen.

3.3 Zum 08.11.2001 war die Schuldnerin auch zahlungsunfähig.

Zahlungsunfähigkeit liegt nach § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO vor, wenn der Schuldner zur Erfüllung der fälligen Zahlungspflichten nicht in der Lage ist. Dies ist nach der Rechtsprechung der Fall, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, sich innerhalb von 3 Wochen die zur Begleichung der fälligen Forderungen benötigten finanziellen Mittel zu beschaffen, denn bei dieser Sachlage handelt es sich nicht mehr um eine rechtlich unerhebliche Zahlungsstockung (BGH, Urteil vom 24.05.2005, IX ZR 123/04, WM 2005, 1468). Der Aufstellung einer Liquiditätsbilanz zur Feststellung des Ausmaßes der bei der Schuldnerin vorgelegenen Liquiditätslücke, bezogen auf den Stichtag der angefochtenen Rechtshandlung, bedurfte es vorliegend nicht, da anderweitig festgestellt werden kann, dass die Schuldnerin einen wesentlichen Teil ihrer fälligen Verbindlichkeiten dauerhaft nicht bezahlen konnte. Eine Prognose ist daher vorliegend nicht erforderlich. Vielmehr kann im Anfechtungsprozess rückblickend die Zahlungsunfähigkeit festgestellt werden.

Haben im fraglichen Zeitpunkt - wie vorliegend - fällige Verbindlichkeiten bestanden, die bis zur Verfahrenseröffnung nicht mehr beglichen worden sind, ist regelmäßig von der Zahlungsunfähigkeit zu diesem fraglichen Zeitpunkt auszugehen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn aufgrund konkreter Umstände, die sich nachträglich geändert haben, damals angenommen werden konnte, der Schuldner werde rechtzeitig in der Lage sein, die Verbindlichkeiten zu erfüllen (BGH, Urteil vom 12.10.2006, IX ZR 228/03, ZIP 2006, 2222). Für solche besonderen Umstände ist vorliegend nichts vorgetragen und nichts ersichtlich. Dass die zum Zeitpunkt der Verpfändung bereits fälligen Forderungen, welche nach der mit der Anlage K 7 belegten Darlegung des Klägers in Höhe von 86.379,34 € bestanden haben und auch bis zur Insolvenzeröffnung nicht mehr beglichen werden konnten, nicht nur wegen einer rechtlich unerheblichen Zahlungsstockung, sondern infolge bereits damals vorliegender Zahlungsunfähigkeit, welche für den Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung gleichfalls festgestellt worden ist, nicht mehr bedient worden sind, kann daher rückblickend positiv festgestellt werden.

3.4 Dass sich die Verpfändung vorliegend gläubigerbenachteiligend, § 129 Abs. 2 InsO, ausgewirkt hat, liegt auf der Hand (vgl. BGH, Urteil vom 12.11.1992, IX ZR 237/91, WM 1993,264; BGH, Urteil vom 07.02.2002, IX ZR 115/99, ZIP 2002, 489) und bedarf keiner näheren Darlegung.

4. Darauf, dass die vom Kläger vorgetragenen Tatsachen auch ausreichend sind, um eine Insolvenzanfechtung nach § 133 InsO zu begründen, kommt es daher nicht mehr an. Die hierzu angebotenen Zeugen waren nicht zu hören.

5. Der Rückgewähranspruch ist gemäß der Vereinbarung Anlage K 3 von der Beklagten ab dem Tag des Geldeingangs bei ihr am 25.09.2002 mit dem gesetzlichen Zinssatz zu verzinsen, mithin gemäß § 288 Abs. 1 BGB mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszins. Der höhere gesetzliche Zinssatz des § 288 Abs. 2 BGB kommt nicht zur Anwendung, da der Rückgewähranspruch keine Entgeltforderung im Sinne dieser Vorschrift ist. Wegen der zuviel geforderte Zinsen waren die Klage und die Berufung daher abzuweisen.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision, § 543 Abs. 2 ZPO, liegen nicht vor.

Der Streitwert entspricht der Höhe des bezifferten Klageantrags.

RechtsgebietSicherheitenVorschriften§§ 131, 133, 134 InsO

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