05.06.2002 · IWW-Abrufnummer 020638
Oberlandesgericht Stuttgart: Urteil vom 17.01.2002 – 2 U 147/01
1. Die sogenannte Vertreterklausel in einer ärztlichen Wahlleistungsvereinbarung (Chefarztbehandlung) ist jedenfalls dann gemäß § 10 Nr. 4 AGBG unwirksam, wenn sie auch Fälle einer vorhersehbaren Verhinderung des Chefarztes einschließt.
2.
Nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG unwirksam ist auch eine Klausel, wonach eine Vereinbarung über wahlärztliche Leistungen sich auf "alle an der Behandlung des Patienten beteiligten Ärzte des Krankenhauses" erstreckt.
Oberlandesgericht Stuttgart
- 2. Zivilsenat -
im Namen des Volkes
Urteil
Geschäftsnummer:
2 U 147/01
Verkündet am: 17. Januar 2002
In Sachen
hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart auf die mündliche Verhandlung vom 14. Dezember 2001 unter Mitwirkung
des Vorsitzenden Richters am OLG Dr. Lütje,
des Richters am OLG Prof. Dr. Fezer sowie
des Richters am OLG Oechsner
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Der Beklagten wird untersagt, die nachfolgenden oder inhaltsgleiche Klauseln in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Zusammenhang mit Vereinbarungen mit einem Patienten über die Durchführung einer Operation durch den Chefarzt (Wahlleistungsvereinbarung) zu verwenden oder sich auf diese Klausel zu berufen, ausgenommen Verträge mit einem Unternehmer i.S.v. § 14 BGB, mit einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder mit einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen:
a) "Eine Vereinbarung über wahlärztliche Leistungen erstreckt sich auf alle an der Behandlung des Patienten beteiligten Ärzte des Krankenhauses;"
b) "Im Verhinderungsfall übernimmt die Aufgaben des leitenden Arztes sein Stellvertreter."
2. Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu 500.000,- DM (ersatzweise Ordnungshaft bis 6 Wochen) oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht, wobei die Ordnungshaft an dem Geschäftsführer der Beklagten zu vollziehen ist.
3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung aus diesem Urteil gegen Sicherheitsleistung in H öhe von 100 000 DM abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Streitwert Berufungsverfahren und Beschwer der Bekl.: 75,000 DM
Tatbestand:
Die klagende Verbraucherzentrale ist eine qualifizierte Einrichtung nach § 22 a AGBG. Die Beklagte betreibt ein Krankenhaus in Stuttgart. Sie bietet ihren Patienten auf Wunsch eine Unterbringung in Ein- oder Zweibettzimmern mit "Wahlleistungen Chefarzt" an. Zum Zwecke des Abschlusses einer Vereinbarung über die genannten Wahlleistungen legt die Beklagte dem Patienten ein Vertragsformular "Wahlleistungsvereinbarung" vor. Dort sind die gewünschten und jeweils "gesondert berechenbaren Wahlleistungen" beschrieben. Die Auswahl trifft der Patient, indem er ein Kreuzchen in eines oder mehrere der vor dem Text gedruckten Kästchen setzt (Anl. K3 = Bl. 10 d. A.).
Der - erfolgreiche - Klagantrag 1 b richtete sich gegen folgende Formulierungen unter "Hinweise" in Anl. K 3 ("Vertragsformular über Wahlleistungsvereinbarungen"):
"Im Verhinderungsfall übernimmt die Aufgabe des leitenden Arztes sein Stellvertreter."
Das Landgericht hat diesen Hinweis, wie auch die übrigen angegriffenen Teile der "Hinweise" als Allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.d. AGBG gewertet. Unwirksam sei aber nur der mit Klagantrag Ziff. 1 b) bekämpfte Hinweis. Denn nach der (im vorliegenden Verbandsklageverfahren) maßgeblichen, kundenfeindlichsten Auslegung erfasse diese Vertreterklausel auch vorhersehbare Verhinderungen des Chefarztes. Sie lasse zudem auch dessen Vertretung durch einen anderen (Fach-) Arzt als den ständigen Vertreter des leitenden Arztes zu. Ein so weitgehender Vorbehalt sei von keinem berechtigten Interesse der Beklagten gedeckt und dem Patienten als Vertragspartner nicht zumutbar (§ 10 Nr. 4 AGBG).
Aufgrund dieser - keineswegs völlig fernliegenden Auslegungsmöglichkeit - verstoße die angegriffene Klausel gleichzeitig gegen § 9 AGBG. § 613 BGB verpflichte den Chefarzt, vereinbarte Wahlleistungen eigenverantwortlich zu erbringen; dies gelte zwar nicht für sämtliche ärztliche Verrichtungen, wohl aber für wesentliche ärztliche Leistungen. Gegen diesen wesentlichen Grundgedanken des § 613 BGB verstoße aber die hier zu überprüfende Klausel. Nicht verboten hat das Landgericht der Beklagten dagegen die mit Klagantrag Ziff. 1 a bekämpfte Klausel aus der "Wahlleistungsvereinbarung" (Anl. K 3):
"Eine Vereinbarung über wahlärztliche Leistungen erstreckt sich auf alle an der Behandlung des Patienten beteiligten Ärzte des Krankenhauses"
sowie die im dazu gestellten Hilfsantrag wiedergegebene Formulierung. Begründung: Wegen völliger Übereinstimmung mit § 22 Abs. 3 BPflVO hätten die dort wiedergegebenen Klauseln keine "konstitutive" Wirkungen und seien deshalb nach § 8 AGBG einer Inhaltskontrolle entzogen.
Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung einlegen lassen.
Gegen die Beurteilung der "Vertretungsklausel" als unwirksam richtet sich die (selbständige) Anschlussberufung der Beklagten.
In ihrer Begründung wendet sie sich gegen die vom Landgericht ihrer Ansicht nach zu weitreichende Auslegung dieser Klausel; tatsächlich sei - bei objektiver Auslegung unter Berücksichtigung des Willens verständiger und redlicher Vertragspartner - unter "Verhinderungsfall" im Gegensatz zu "Abwesenheit" nur der nicht vorhersehbare Vertretungsfall zu verstehen (belegt durch ein Zitat aus MedR 2000, 107, 111 f.).
"Sein Stellvertreter" könne vor dem Hintergrund der den Hinweisen angefügten Liste nur dahin verstanden werden, dass damit der ebenfalls namentlich benannte und unter der Spalte "Der ständige Vertreter" aufgeführte Arzt gemeint sei. In dieser Auslegung verstoße die Klausel aber weder als unzulässiger Änderungsvorbehalt gegen § 10 Nr. 4 AGBGB noch gegen die vom Landgericht skizzierten wesentlichen Grundgedanken des § 613 BGB.
Die vom Landgericht auf S. 9 der Entscheidungsgründe zitierten Entscheidungen OLG Hamm, OLG Düsseldorf, LG Fulda seien deshalb nicht einschlägig, weil sie sich aufweiterreichende Vertretungsklauseln bezogen hätten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil der 20. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 03.07.2001 abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Klägerin beantragt demgegenüber,
die Berufung der Beklagten als unbegründet zurückzuweisen.
Sie hält die vom Landgericht vorgenommene Auslegung des Begriffs "Vertretungsfall" für richtig. Dies bestätige das eigene Verhalten der Beklagten im Ausgangsfall (Abschluss der Wahlleistungsvereinbarung mit der Zeugin W trotz mehrwöchigen Urlaubs des zuständigen Chefarztes). Bestätigt werde die vom Landgericht vorgenommene weitreichende Auslegung der Vertretungsklausel durch einschlägige Parallelentscheidungen anderer Land- und Amtsgerichte (Schriftsatz Klägervertreter vom 28.11.2001 mit beigefügten Urteilskopien). Gegenstand der Berufung der Klägerin ist demgegenüber die Abweisung des erstinstanzlichen Klagantrags Ziff. 1 a (den noch in erster Instanz gestellten Hilfsantrag verfolgt sie dagegen nicht mehr weiter). Zur Begründung trägt sie vor:
Entgegen der Auffassung des Landgerichts dürfe der nur § 22 Abs. 3 BPflVO nachgestellte einschränkende Zusatz
"soweit diese zu gesonderten Berechnungen ihrer Leistungen im Rahmen der vollstationären und teilstationären Behandlung ... berechtigt sind..."
nicht in die hier angegriffene Klausel hineingelesen werden. Damit sei der Raum für die vom Landgericht - unter Hinweis auf § 8 AGBG abgelehnte - Inhaltskontrolle frei.
Diese falle zu Lasten der Beklagten aus. Der vorangegangene Satz ("bei der Inanspruchnahme ...") könnte bei kundenfeindlichster Auslegung eben nicht i.S. der zitierten Einschränkung in § 22 Abs. 3 BPflVO, sondern umgekehrt nur so verstanden werden, dass der Patient nichts einschränken dürfe. Darin liege eine Verkehrung des Wahlleistungsprinzips (und damit auch die Verknüpfung zum Klagantrag Ziff. 1 b). Denn der Patient müsse die Behandlung durch jeden (auch den von ihm nicht gewählten und nicht liquidationsberechtigten) Arzt als Wahlleistung honorieren.
Die Klägerin beantragt insgesamt
wie hier erkannt.
Die Beklagte beantragt demgegenüber,
die Berufung der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen.
Dazu verteidigt sie das Urteil des Landgerichts, soweit es für sie günstig ausgefallen ist und überhaupt in die Berufung gelangt ist, als richtig.
Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze und die dazu vorgelegten Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die (selbständige) Anschlussberufung der Beklagten ist nicht begründet.
1.)
Nach der Auslegung des Landgerichts umfasst die "Vertreterklausel" auch Fälle einer vorhersehbaren Verhinderung des Chefarztes wie z. B. dessen Abwesenheit aufgrund eines lange vor dem festgesetzten Operationstermin geplanten Urlaubs. In dieser Auslegung enthält die Klausel aber einen unwirksamen Änderungsvorbehalt nach § 10 Nr. 4 AGBG. Denn danach ist die formularmäßige Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, nur wirksam, wenn diese Änderung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den Kunden zumutbar ist. Diese - vom Verwender darzulegende - Wirksamkeitsvoraussetzung ist im Hinblick auf 1 k des Anhangs zur EG RL 93/13 (sogar) nur erfüllt, wenn für die Änderung ein triftiger Grund besteht (Palandt/Heinrichs, 60. A., § 10 AGBG, Rn. 23). Ein solch triftiger Grund fehlt aber in den Fällen, in denen die Verhinderung für den Verwender vorhersehbar ist. Denn dem Interesse des Patienten, vereinbarungsgemäß - gegen ein gesondertes Honorar - vom Chefarzt behandelt zu werden, steht hier kein beachtliches Gegeninteresse des Verwenders gegenüber, die Behandlung durch einen Vertreter durchführen zu lassen, welcher diese Behandlung auch ohne Wahlleistungsvereinbarung durchführen müsste. Solch weitreichende Vertreterklauseln sind damit für den Patienten unzumutbar und deshalb gem. § 10 Nr. 4 AGBG unwirksam (OLG Hamm, NJW 1995, 794; OLG Düsseldorf, NJW 1995, 2541; Kuhla, NJW 2000, 841, 844 f.). Auf der Grundlage der vom Landgericht vorgenommenen Auslegung enthält die "Vertreterklausel" deshalb einen unwirksamen Änderungsvorbehalt (§ 10 Nr. 4 AGBG). Auch die Beklagte stellt nicht in Frage, dass die genannte Klausel im Falle der vom Landgericht vorgenommenen Auslegung diese rechtliche Wertung erfahren muss.
b)
Vergeblich wendet sich die Beklagte jedoch gegen den vom Landgericht unter dem Gesichtspunkt der kundenfeindlichsten Auslegung weit gezogenen Anwendungsbereich dieser Klausel.
(a)
Dass der Begriff "Verhinderungsfall" lediglich den nicht vorhersehbaren Vertretungsfall umfasst, widerspricht schon dem allgemeinen Sprachverständnis. "Verhindern" heißt nämlich nur, bewirken, dass etwas nicht geschehen kann/von jemandem nicht getan/ausgeführt werden kann (Duden, Das Große Wörterbuch der deutschen Sprache, 6. Aufl.). Auch der amtsdeutsche (Duden) "Verhinderungsfall" verlangt keine Unvorhersehbarkeit. Vielmehr reicht es, dass jemand seinen Dienstpflichten (als Beamter etc.) nicht nachkommen kann.
Bestätigt wird dieses Sprachverständnis durch die gleichlautende Interpretation, welche der Begriff der Verhinderung in den vom Klägervertreter als Anl. zum Schriftsatz vom 28.11.2001 vorgelegten Entscheidungen erfahren hat, nämlich des LG Hamburg vom 02.02.2001 - K 16 - dort S. 5 und des AG Hamburg vom 02.03.2000 (K 17 - dort S. 9 - letzter Abschnitt: Danach gehören auch Fälle "einer vorhersehbaren Verhinderung" unter den dort vom Verwender ebenfalls gebrauchten Begriff "Verhinderungsfall").
Recht hat die Beklagte zwar darin, dass die schon in den Entscheidungsgründen des LGU zitierten Urteile OLG Hamm, NJW 590, 794 sowie OLG Düsseldorf, NJW 1995, 2541 sich jeweils auf Vertretungsklauseln bezogen, die ausdrücklich für den Fall einer Verhinderung durch "Ortsabwesenheit", "Urlaub" etc. gelten sollten, wobei im Fall des OLG Hamm dem sogar noch ausdrücklich "unvorhersehbare Umstände" gegenübergestellt waren. Doch bestätigt auch der dort vorgefundene Sprachgebrauch, dass es eben nicht nur unvorhersehbare Verhinderungsfälle, sondern auch das Gegenteil davon gibt (der Leitsatz zum Urteil des OLG Hamm enthält sogar ausdrücklich den Begriff der "vorhersehbaren Verhinderung").
Fallen aber nach allgemeinem Sprachgebrauch auch vorhersehbare "Verhinderungsfälle", wie eben Urlaub unter die hier zu beurteilende Verhinderungsklausel, so kann dies nicht als übertriebene Spitzfindigkeit des Landgerichts gewertet werden. Vielmehr ist eine solche Auslegung im Rahmen der gebotenen, eben kundenfeindlichsten Auslegung, zu berücksichtigen. Denn nur völlig fernliegende Auslegungsmöglichkeiten schließen ein Klauselverbot im Verbandsprozess aus (BGH NJW 1993, 1135; 94, 1799).
Auch dem in der Begründung der Anschlussberufung enthaltenen Zitat aus dem Aufsatz von Biermann u. a. in MedR 2000, 110 ff lässt sich kein überzeugendes Gegenargument entnehmen. Zwar soll nach dem dort vorgestellten "Muster einer Wahlleistungsvereinbarung" folgende Formulierung zulässig sein:
"Die wahlärztlichen Leistungen erbringen die zu ihrer gesonderten Berechnung berechtigten Ärzte des Krankenhauses oder ihre im beiliegenden Verzeichnis ... benannten ständigen Vertreter persönlich und im Falle ihrer Verhinderung die damit im Einzelfall beauftragten Ärzte."
Eine argumentative Auseinandersetzung mit dem hier diskutierten Begriff "Verhinderungsfall" findet sich in den vorstehenden Passagen dieses Aufsatzes aber nicht. Vielmehr ist immer nur die Rede von "Abwesenheit des Wahlarztes". Die Wertung fällt zwar auf den ersten Blick zugunsten der Beklagten aus, wenn man sich dem Urteil des OLG Karlsruhe (NJW 1987, 1489) anschließt. Danach bezieht sich die Klausel "Im Verhinderungsfall übernimmt die Aufgaben des leitenden Arztes dessen allgemeiner Stellvertreter" nur auf die Fälle, in denen der Chefarzt durch ein plötzliches und unvorhersehbares Ereignis verhindert ist und die Operation nicht mehr verschoben werden kann. Doch mag diese Wertung für den dort entschiedenen Honorarklage-Prozess (noch) zutreffend sein. Für die hier zu beurteilende Verbandsklage ist sie es aber nicht mehr.
(b)
Zustimmung verdient auch die vom Landgericht als denkbar angesehene (kundenfeindlichste) Auslegung der Worte "sein Stellvertreter" (auch wenn es - nach der oben vorgenommenen Definition des "Verhinderungsfalles" - darauf im Grunde gar nicht mehr ankommt, weil die beanstandete Klausel schon aus anderen Gründen unwirksam ist).
Der Wortsinn lässt es jedenfalls zu, darunter auch den vom Chefarzt mit der Operation betrauten ad-hoc-Vertreter zu fassen. Eine solch weitgehende Interpretation ist auch nicht völlig fernliegend. Der Doppelpunkt am Ende der Klausel stellt jedenfalls nicht ausreichend klar, dass "sein Steilvertreter" auf die namentlich in K 3 (unten) genannten ständigen Vertreter der leitenden Ärzte verweist. Der unterschiedliche Sprachgebrauch ("sein Stellvertreter" einerseits "Der ständige Vertreter" andererseits) spricht sogar gegen eine solche Gleichsetzung.
In dieser Auslegung enthält die hier zu beurteilende Vertreterklausel aber zugleich eine unangemessene Benachteiligung i. S. von § 9 AGBG (Kuhla, NJW 2000, 845).
II.
Die Berufung der Klägerin ist dagegen begründet.
1.
Richtig ist zwar der Ausgangspunkt des Landgerichts: Soweit eine lediglich deklaratorische, d. h. wörtlich oder inhaltlich mit einer Rechtsvorschrift übereinstimmende Klausel vorliegt, ist sie grundsätzlich nicht kontrollfähig (Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, 4. Aufl., § 823 u. 824; Senat, VersR 99, 832, 833).
2.
Tatsächlich beschränkt die mit Klage-/Berufungsantrag Ziff. 1 a angegriffene Klausel sich aber nicht darauf, das wiederzugeben, was ohnehin Inhalt des § 22 Abs. 3 BPflVO ist.
a)
Durch die Bestimmung § 22 Abs. 3 Satz 1 BPflVO wird die Vereinbarung wahlärztlicher Leistungen auf sämtliche an der Behandlung des Patienten beteiligten liquidationsberechtigten Ärzte des Krankenhauses ausgedehnt (Uleer/Miebach/Patt, Abrechnung von Arzt- und Krankenhausleistungen, 2. Aufl., - 2000 - § 22 Anm. 3.1 - sog. Wahlarztkette).
Dass diese Wahlarztkette nicht alle Ärzte des Krankenhauses umfasst, sondern nur solche, die liquidationsberechtigt sind, ergibt sich aus dem am Ende der genannten Bestimmung enthaltenen Zusatz
"soweit diese zur gesonderten Berechnung ihrer Leistungen im Rahmen der vollstationären und teilstationären Behandlung ... berechtigt sind."
Diesen (einschränkenden) Zusatz findet man in der angegriffenen Klausel weder wörtlich noch sinngemäß. Sie weicht also - in diesem wichtigen Punkt - von der zitierten Verordnung ab und ist deshalb nicht von der Inhaltskontrolle wegen § 8 AGBG ausgenommen.
b)
Auch lässt sich - entgegen der Auffassung des Landgerichts - die angegriffene Klausel einschließlich des vorangestellten Satzes nicht als ohne weiteres (kundenfeindlichste Auslegung!) sinngemäße Zusammenfassung des § 22 Abs. 3 BPflVO ansehen.
Dieser vorangestellte Satz lautet vielmehr wie folgt:
"Bei der Inanspruchnahme der Wahlleistung "ärztliche Leistungen" kann die Wahl nicht auf einzelne liquidationsberechtigte Ärzte des Krankenhauses beschränkt werden (§ 22 Abs. 3 BPflV)."
Beschränkt wird nach diesem Wortlaut also gerade ein Recht des Patienten, nämlich "ärztliche Leistungen" nur von bestimmten (liquidationsberechtigten) Ärzten seines Vertrauens erbringen zu lassen. Auch die Stellung dieses Satzes (vor der angegriffenen Klausel) spricht für die hier vorgenommene Wertung als Beschränkung eines Rechts des Patienten (nämlich in seiner Freiheit zur Wahl seines ärztlichen Vertragspartners).
Das ist etwas ganz anderes als der Sinn des in § 22 Abs. 3 Satz 1 enthaltenen Soweit-Satzes (Zwar Wahlarztkette, aber beschränkt auf die liquidationsberechtigten Ärzte).
c)
Die angegriffene Klausel ist damit isoliert zu überprüfen. Einer solchen isolierten Prüfung hält sie nicht Stand; sie ist vielmehr unwirksam (§ 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG). Denn für sich genommen besagt die Klausel, dass eine Vereinbarung über wahlärztliche Leistungen sich auf "Alle an der Behandlung des Patienten beteiligten Ärzte des Krankenhauses" erstreckt, also weit über die von ihm hinzunehmende Wahlarztkette hinausgeht. Damit schuldet der Patient die Vergütung für Wahlleistungen ohne Rücksicht darauf, ob er vom leitenden Arzt (sog. Chefarzt) dessen Stellvertreter oder eben einem beliebigen sonstigen Krankenhausarzt behandelt wird. Beurteilt man aber schon den Fall der Behandlung durch einen Stellvertreter des vom Patienten gewünschten Chefarztes als erhebliche Äquivalenzstörung und Abweichung vom ursprünglich verfolgten Vertragsziel (Graf v. Westphalen, Krankenhausaufnahmevertrag, Rn. 26; OLG Hamm NJW 1995, 794) so gilt dasselbe - erst recht - für die hier aufgezeigte Fallkonstellation. Dass die Beklagte in solchen Fällen nicht den behandelnden Oberarzt, sondern den Chefarzt das Honorar für angefallene Wahlleistungen liquidieren lässt (Berufungserwiderung S. 6 unter 3.), macht die Sache nicht besser.
III.
Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91, 708 Nr. 10, 711 ZPO, 12 Abs. 1 GKG i.V. mit 3 ZPO sowie 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO.