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22.09.2009 · IWW-Abrufnummer 093152

Finanzgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 17.09.2007 – 2 K 297/02

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


FINANZGERICHT BADEN-WÜRTTEMBERG

Im Namen des Volkes

Urteil

Az.: 2 K 297/02

In dem Finanzrechtsstreit XXX

wegen Umsatzsteuer 1999

hat der 2. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg - aufgrund der mündlichen Verhandlung - in der Sitzung vom 17. September 2003 durch XXX

für R e c h t erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Rechtsmittelbelehrung XXX

Tatbestand

Streitig ist die Berichtigung des Vorsteuerabzugs wegen nicht ausgeführter Leistung (§ 17 Abs. 2 Nr. 2 Umsatzsteuergesetz - UStG -).

Die Klägerin meldete im Jahr 1999 bei der Gemeinde B ein Handelsgewerbe an. Mit Vertrag vom 8. Januar 1999 bestellte sie bei der Werft GmbH eine Segelyacht zum Preis von 348.000 DM einschließlich 16 v.H. Umsatzsteuer. Von dem Entgelt waren 50.000 DM bei Vertragsabschluss, 90.000 DM (1. Rate) bis 20. Januar 1999 (Baubeginn), 122.000 DM (2. Rate) bis 1. April 1999 (Rohbaufertig-Aufbaubeginn), 67.000 DM (3. Rate) bis 15. Mai 1999 (ca. 6 Wochen vor Fertigstellung) sowie 19.000 DM bei Übergabe (1. August 1999) zu zahlen. Bestandteil des Vertrags wurden die "Allgemeinen Geschäftsbedingungen". In deren Punkt 4 ist in Absatz 3 folgende Regelung enthalten:

Nach Ablauf der Lieferfrist kann der Käufer den Verkäufer schriftlich auffordern, binnen einer Frist von 30 Tagen zu liefern. Wird auch dieser Termin überschritten, ist der Käufer berechtigt, vom Kaufvertrag zurückzutreten.

Am 13. Januar 1999 zahlte die Klägerin 50.000 DM an. Wegen verzögertem Baubeginn leistete sie erst am 3. Mai 1999 eine weitere Zahlung i.H.v. 90.000 DM. Trotz Drängens der Klägerin wurden dieser keine wesentlichen Baumaßnahmen nachgewiesen. Nachdem das Schiff am 1. August 1999 nicht fertiggestellt worden war, setzte die Klägerin mit Schreiben vom 3. August 1999 eine Frist zur Fertigstellung von 30 Tagen. Diese Nachfrist wurde ebenso wenig eingehalten wie der von der Werft zur Abwendung der Vertragsauflösung zugesagte neue Herstellungsablauf.

Mit Schreiben vom 20. Oktober 1999 erklärte der Bevollmächtigte der Klägerin daraufhin den Rücktritt vom Vertrag und forderte Rückzahlung der geleisteten Anzahlung i.H.v. 140.000 DM. Auf den Widerspruch der Werft gemäß § 174 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 27. Oktober 1999 erneut den Rücktritt vom Vertrag und wies die gemäß § 174 BGB gegen die Wirksamkeit des Gestaltungsrechts erhobenen Einwendungen substantiiert zurück. Die Werft wies auch in der Folgezeit keine Herstellungsarbeiten nach.

Im August 2001 erhob die Klägerin schließlich Klage gegen die Werft sowie deren Mitarbeiter auf gesamtschuldnerische Zahlung von 140.000 DM. Im November 2001 wurde über das Vermögen der Werft GmbH die vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet. Da die Klage gegen die Werft GmbH nicht zugestellt werden konnte, nahm die Klägerin diese in der mündlichen Verhandlung am 12. Juli 2002 zurück. Die Klage auf Schadensersatz gegen den Angestellten der Werft wurde durch Urteil des Landgerichts abgewiesen.

In der Umsatzsteuererklärung 1999 machte die Klägerin ebenso wie in den zuvor abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldungen ihre mit den An- bzw. Ratenzahlungen in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend. Nach Prüfung des Sachverhalts kam das beklagte Finanzamt (FA) zu dem Ergebnis, dass der Vorsteuerabzug nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG zu berichtigen sei und setzte die Umsatzsteuer 1999 gegenüber der Klägerin im erstmaligen Bescheid vom 12. Juni 2002 sowie im Änderungsbescheid vom 25. Juli 2002 entsprechend höher fest.

Den gegen den erstmaligen Bescheid am 5. Juli 2002 eingelegten Einspruch wies das FA durch Entscheidung vom 14. August 2002 als unbegründet zurück.

Zur Begründung der am 5. September 2002 erhobenen Klage lässt die Klägerin im Wesentlichen folgendes vortragen: Sie habe die am 1. April 1999 fällige Rate nicht bezahlt, da sie aufgrund verschiedener Ungereimtheiten Zweifel an der Rechtschaffenheit der Werft bekommen habe. Nach erfolglosen Bemühungen habe sie versucht, den Vertrag zu beenden. Die Werft sei ihrer Kündigung jedoch entgegengetreten. Gleichwohl habe sie gegen die Werft beim Landgericht Klage erhoben. Im Jahr 2002 habe die Werft Insolvenz beantragt. Der Insolvenzverwalter habe auf dem Werftgelände Bootsrümpfe festgestellt, von denen einer ihr gehören könnte. Die Klärung dieser Frage sei noch nicht abgeschlossen. Es sei deshalb nicht beweisbar, dass die Werft aufgrund der Anzahlung keine Gegenleistung erbracht habe. Damit sei die Vertragskündigung schwebend unwirksam. Die Voraussetzungen einer Vorsteuerberichtigung nach § 17 Abs. 2 Satz 2 UStG lägen nicht vor. Eine Berichtigung sei erst dann vorzunehmen, wenn die Aufhebung des Vertrags feststehe. Der Kaufvertrag sei im Jahr 1999 nicht aufgehoben worden. Allein die einseitige Kündigung habe den Vertrag entgegen der Auffassung des FA nicht beendet. Die Werft habe in der Annahme weiter gearbeitet, dass die Leistung abgenommen werden müsse. Dies werde auch aus dem Ansinnen der Werft ersichtlich, den Fertigstellungstermin zu verschieben und die Leistung weiter zu erbringen. Ein Leistungsaustausch sei bereits dadurch ausgeführt worden, dass die Anzahlungen zur Herstellung des Rumpfes verwendet worden seien. Damit seien Teilleistungen erbracht worden. Ihr bleibe nun allein übrig, die bereits erbrachte Leistung (Rumpf und Baupläne) herauszufordern. Die Regelungen zu Bauwerkverträgen seien hier analog anzuwenden, da es sich um den identischen Vertragstyp mit geleisteten Anzahlungen handle. Bei Werklieferungen, die vom Auftragnehmer nicht vollendet worden seien, sei die Leistung mit Einstellung der Arbeiten erbracht. Nach den USt-Richtlinien (Abschn. 178 Satz 2 Nr. 1 Satz 6 ff.) entstehe hier ein neuer Leistungsgegenstand. Dies werde durch das Vorhandensein der vom Insolvenzverwalter festgestellten (Rümpfe bestätigt. Der Vorsteuerabzug sei daher aus der Teilleistung zu gewähren. Im übrigen sehe das Gesetz eine Endbelastung mit Umsatzsteuer nur beim Endverbraucher vor. Hier würde das unternehmerische Erstellen des Katamarans mit Umsatzsteuer endbelastet. Durch den begehrten Vorsteuerabzug entstehe dem Fiskus kein Schaden, da die Umsatzsteuer von der Werft angemeldet worden sei. Die bis zum Rücktritt vom Vertrag erbrachten Leistungen berechtigten zum Vorsteuerabzug und verpflichteten zur Abführung der Umsatzsteuer.

Die Klägerin beantragt,

den USt-Bescheid vom 25. Juli 2002 zu ändern und die USt 1999 auf ./.24.702,30 DM festzusetzen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es werde daran festgehalten, dass der Rücktritt von dem Vertrag wirksam geworden sei und somit die Voraussetzungen für eine Vorsteuerberichtigung im Jahr 1999 vorgelegen hätten. Nach wirksamem Rücktritt könne die Lieferung nicht mehr in Erfüllung des am 8. Januar 1999 abgeschlossenen Werkvertrags ausgeführt werden. Die Wirksamkeit der Rücktrittserklärung vom 27. Oktober 1999 sei im Gegensatz zu derjenigen vom 20. Oktober 1999 von der Gegenseite nie bestritten worden. Der Rücktritt sei auch nicht schwebend unwirksam, weil möglicherweise vom Insolvenzverwalter bezeichnete Rümpfe mit dem von der Antragstellerin abgeschlossenen Werkvertrag im Zusammenhang stünden. Es könne dahinstehen, ob bei einer Lieferung von Schiffsrümpfen und Plänen Teilleistungen vorlägen, da die Klägerin bis zum wirksamen Rücktritt vom Vertrag nicht habe verfügen können. Eine spätere Verschaffung der Verfügungsmacht könne nicht mehr in Erfüllung des Werksvertrages erfolgen.

Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vom 17. September 2003 eine Niederschrift über die öffentliche Sitzung des Landgerichts vom 12. Juli 2002 in ihrem Zivilrechtsstreit gegen die Werft GmbH sowie deren Angestellten vorgelegt, auf deren Inhalt Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig; sie ist indessen sachlich nicht begründet.

Das FA hat in dem angefochtenen Umsatzsteuerbescheid die in den Anzahlungen ausgewiesene USt zu Recht nicht als Vorsteuer berücksichtigt. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG hat ein Unternehmer, an den ein steuerpflichtiger Umsatz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UStG ausgeführt worden ist, den dafür in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug zu berichtigen, wenn sich die Bemessungsgrundlage für diesen Umsatz geändert hat. Die Berichtigung ist für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage eingetreten ist (§ 17 Abs. 1 Satz 3 UStG). Dasselbe gilt sinngemäß, wenn für die vereinbarte Lieferung oder sonstige Leistung ein Entgelt entrichtet wird, die Lieferung oder sonstige Leistung jedoch nicht ausgeführt worden ist (§ 17 Abs.2 Nr. 2 UStG). Diese Voraussetzung ist hier gegeben. Vorliegend handelt es sich um einen Fall des § 17 UStG, da der streitige Vorsteuerabzug bereits in einer Umsatzsteuervoranmeldung von der Klägerin (Leistungsempfänger) vorgenommen wurde. Da die Vorschrift von einer nachträglichen Änderung spricht, reicht eine Berücksichtigung in einer Voranmeldung aus (vgl. Fischer in Plückebaum/Malitzky, UStG, 10. Auflage 2000, § 17 Randziffer 67). Denn § 17 UStG verpflichtet bereits zur Vorsteuerberichtigung vor Abgabe der (Jahres-) Umsatzsteuererklärung, wenn sich im Laufe des Kalenderjahres von einem Voranmeldungszeitraum zu einem späteren Voranmeldungszeitraum Änderungen der Bemessungsgrundlage ergeben haben (§ 18 Abs. 1 Satz 2 UStG).

Die Klägerin hat Anzahlungen auf die herzustellende und an sie zu liefernde Segelyacht geleistet. Die vereinbarte Leistung - Lieferung des bestellten Katamarans - wurde aber wegen des Rücktritts vom Vertrag im Oktober 1999 nicht erbracht. Insoweit war der Tatbestand des § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG erfüllt. Hiervon ging das FA rechtsfehlerfrei aus.

Die von der Klägerin hiergegen erhobenen Einwendungen greifen nicht durch. Der Auffassung, ein wirksamer Rücktritt vom Vertrag liege nicht vor, kann nicht gefolgt werden. Diese Rechtsauffassung steht im Übrigen auch im Widerspruch zum Verhalten der Klägerin. Die Voraussetzung für das im Vertrag vereinbarte Rücktrittsrecht lagen vor. Die Klägerin hat dieses Recht auch wirksam ausgeübt. Nach Ablauf der Lieferfrist am 1. August 1999 konnte sie die Werft - wie geschehen - auffordern, binnen 30 Tagen zu liefern. Da dieser Termin nicht eingehalten wurde, war die Klägerin berechtigt, vom Vertrag zurückzutreten. Dieses Rücktrittsrecht wurde von dem Bevollmächtigten namens der Klägerin jedenfalls mit Schreiben vom 27. Oktober 1999 wirksam ausgeübt. Die Werft hat gegen diese Rücktrittserklärung auch keine Einwendungen mehr erhoben. Aus § 174 BGB kann nur ein Recht hergeleitet werden, wenn die durch den Vertreter abgegebene Rücktrittserklärung unverzüglich zurückgewiesen wird. Der Rücktritt vom Vertrag ist eine rechtsgestaltende Erklärung des Berechtigten gegenüber dem anderen Teil (§ 349 BGB). Die Rücktrittserklärung ist bedingungsfeindlich und unwiderruflich. Ist sie wirksam abgegeben worden, so kann nur ein neuer Vertragsabschluss die Leistungspflichten wieder begründen (Janßen in Münchener Kommentar zum BGB, Vor § 346 Randziffer 16, § 349 Randziffern 1, 1 a). Der Rücktritt zielt darauf ab, zugunsten des Rücktrittsberechtigten den Zustand wieder herzustellen, wie er vor Abschluss des Vertrags bestanden hat. Zu diesem Zweck hebt er die im Vertrag begründeten primären Leistungspflichten auf, soweit sie noch nicht erfüllt oder auf andere Weise erloschen waren. Zugleich begründet er die Pflicht zur Rückgewähr der empfangenen Leistungen, und zwar für beide Teile (§ 346 BGB). Der Vertrag wird folglich in ein Abwicklungsverhältnis umgewandelt. Demgemäss hat die Klägerin gegen die Werft Klage auf Rückgewähr der von ihr geleisteten Anzahlungen erhoben. Dieses Verhalten wäre unverständlich, wenn die Klägerin von einem Fortbestehen des Werkvertrags ausgegangen wäre. Ob sich die Werft nach (wirksamem) Rücktritt der Antragstellerin vom Vertrag noch weiter um eine Herstellung des Boots bemüht hat, kann dahinstehen. Denn dies ist für die vorliegende Rechtsfrage unerheblich. Tatsache ist, dass selbst nach dem Vorbringen der Klägerin das Boot (Liefergegenstand) bis heute nicht geliefert worden ist. Denn der Klägerin ist die Verfügungsmacht über das von ihr bestellte Boot nicht verschafft worden (§ 3 Abs. 6 UStG). Dass die Werft - wie die Klägerin meint - ein teilfertiges Werk geliefert habe und für dieses eine Vergütung in Form der Anzahlungen geleistet worden sei, trifft nach dem Vorstehenden jedenfalls im Streitjahr 1999 nicht zu. Mithin stand im Jahr 1999 fest, dass das Boot nicht geliefert wird. Damit war der Tatbestand des § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG in diesem Besteuerungszeitraum erfüllt. Denn im Fall des § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG ist der Vorsteuerabzug in dem Veranlagungszeitraum zu berichtigen, in weIchem die vereinbarte Lieferung oder sonstige Leistung und damit der Rechtsgrund für die geleistete Anzahlung entfällt. Auf den Zeitpunkt, in welchem die Rechnung über die vereinbarte Lieferung berichtigt wird, kommt es hingegen nicht an (§ 17 Abs. 1 Satz 3 UStG). Das FA hat seinen Vorsteuerberichtigungsanspruch aus § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG sonach zu Recht in dem angefochtenen Umsatzsteuerbescheid 1999 gegenüber der Klägerin geltend gemacht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO erfüllt ist.

RechtsgebietUStG

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