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08.12.2009 · IWW-Abrufnummer 093930

Landgericht Mannheim: Urteil vom 09.06.2009 – 2 O 200/08

1. Im schriftlichen Vorverfahren liegt ein sofortiges Anerkenntnis nach § 93 ZPO nur dann vor, wenn es innerhalb einer ursprünglich gesetzten Frist zur Klageerwiderung erklärt wird, vorausgesetzt dass innerhalb dieser Frist eine inhaltliche Stellungnahme zur Klage erwartet werden konnte.



2. Ist im schriftlichen Vorverfahren gem. § 331 Abs. 3 ZPO ein Versäumnisurteil ergangen, so ist - ungeachtet der Vorschrift des § 342 ZPO - ein sofortiges Anerkenntnis des Beklagten nach § 93 ZPO jedenfalls dann nicht mehr möglich, wenn diesem eine angemessene Klageerwiderungsfrist gesetzt wurde und diese verstrichen ist.


LG Mannheim Urteil vom 9.6.2009
2 O 200/08
Tenor
1. Die Kostenentscheidung des Versäumnisurteils vom 09.10.2008 wird aufrechterhalten.
2. Die Beklagte trägt die weiteren Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Vollstreckung aus der Kostenentscheidung des Versäumnisurteils vom 09.10.2008 (Ziffer III.) darf nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages fortgesetzt werden.
Tatbestand
Die Klägerin hat gegen die Beklagte wegen Verletzung des Europäischen Patents Nr. 0 402 973 Klage auf Unterlassung, Rechnungslegung und Vernichtung erhoben und die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten begehrt, die ihren Sitz in Hong Kong (VR China) hat. Die Parteien streiten lediglich noch über die Kosten des Rechtsstreits.
Mit Verfügung vom 28.08.2008 wurde das schriftlichen Vorverfahren gemäß § 276 ZPO angeordnet und die Beklagte aufgefordert, sofern sie sich gegen die Klage verteidigen wolle, binnen einer Notfrist von 2 Wochen ihre Verteidigungsbereitschaft anzuzeigen. Zugleich wurde die Beklagte aufgefordert, binnen einer Frist von weiteren 6 Wochen auf die Klage zu erwidern. Die Klage und die gerichtliche Verfügung wurden der Beklagten am 01.09.2008 auf der Messe IFA 2008 in Berlin zugestellt. Die Beklagte ist antragsgemäß durch Versäumnisurteil gem. § 331 Abs. 3 ZPO vom 09.10.2008 verurteilt worden, welches am 28.10.2008 auf der Geschäftsstelle eingegangen ist. Die Einspruchsfrist ist nach § 340 Abs. 2 ZPO im Versäumnisurteil auf 3 Wochen festgesetzt worden.
Wegen der Einzelheiten des der Klage zu Grunde liegenden Sachverhalts und der Klageanträge wird auf das nach § 313b Abs. 3 ZPO begründete Versäumnisurteil (ABl. 23) Bezug genommen. Das Versäumnisurteil wurde der Beklagten am 17.02.2009 in Hong Kong zugestellt (ABl. 57), nachdem die Klägerin eine beglaubigte Übersetzung desselben bei Gericht eingereicht hatte.
Mit einem als Telefax am 10.03.2009 eingegangenen Schriftsatz zeigte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten die Vertretung an und legte Einspruch gegen das Versäumnisurteil vom 09.10.2008 ein. Dabei erklärte er, der Einspruch beschränke sich auf die Kostenentscheidung. In der Sache erkannte die Beklagte zugleich die geltend gemachten Ansprüche an.
Die Klägerin ist der Auffassung, § 93 ZPO könne schon deswegen nicht mehr zur Anwendung kommen, weil die Beklagte nicht durch Anerkenntnisurteil, sondern durch Versäumnisurteil verurteilt worden ist und dessen Sachentscheidung habe rechtskräftig werden lassen. Im übrigen liege kein sofortiges Anerkenntnis vor, nachdem bereits ein begründetes Versäumnisurteil ergangen sei.
Die Klägerin b e a n t r a g t ,
1. das Versäumnisurteil des LG Mannheim vom 09.10.2008 aufrechtzuerhalten;
2. der Beklagten auch die weiteren Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.
Die Beklagte b e a n t r a g t ,
das Versäumnisurteil im Kostenpunkt aufzuheben und die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 93 ZPO der Klägerin aufzuerlegen.
Sie meint, der Erlass des Versäumnisurteils stehe einem sofortigen Anerkenntnis innerhalb der Einspruchsfrist nicht entgegen. Sie beruft sich insbesondere auf § 342 ZPO.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Eine Abänderung der Kostenentscheidung war nicht veranlasst. Der auf die Kostenentscheidung beschränkte Einspruch der Klägerin ist zwar zulässig. Die Kostenentscheidung stellt sich aber auch unter Berücksichtigung der Erklärung der Beklagten, die Sachanträge würden anerkannt, als zutreffend dar.
I.
Eine isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung des Versäumnisurteils durch Einspruch ist zulässig. § 99 Abs. 1 ZPO steht nicht entgegen, da es sich beim Einspruch nicht um ein Rechtsmittel, sondern einen Rechtsbehelf ohne Devolutiveffekt handelt (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 27. A., 2009, § 99 Rn 3 m.w.N.). Über die Anfechtung der Kostenentscheidung war durch Urteil zu entscheiden, was nach § 128 Abs. 3 ZPO ohne mündliche Verhandlung möglich war.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Ohnehin wären die Kosten der Säumnis nach § 344 ZPO nicht der Klägerin, sondern der Beklagten aufzuerlegen. Aber auch die übrigen Kosten sind vorliegend von der unterlegenen Beklagten zu tragen.
Der auf die Kostenentscheidung beschränkte Einspruch eröffnet zwar auch die Möglichkeit, die Regelung des § 93 ZPO bei der zu treffenden Kostenentscheidung zu berücksichtigen. Unerheblich ist, dass die Verurteilung in der Sache nicht in einem Anerkenntnisurteil erfolgt ist und das Versäumnisurteil rechtskräftig geworden ist. Dabei kann offen bleiben, ob das von der Beklagten mit dem Kosteneinspruch erklärte „Anerkenntnis“ zu einer unmittelbaren Anwendbarkeit von § 93 ZPO führt. Jedenfalls wäre § 93 ZPO wegen dieser Erklärung der Beklagten entsprechend anwendbar (OLG Naumburg, OLGR 2004, 395; vgl. auch OLG Karlsruhe, Beschl. v. 17.02.2009 - 4 W 59/08 - zum isolierten Kostenwiderspruch gegen eine einstweilige Verfügung). Sachliche Gründe dafür, dem Beklagten die Möglichkeit einer Kostenabwälzung auf den Kläger nach dieser Vorschrift nur zu eröffnen, wenn er auch in der Sache Einspruch einlegt, zugleich aber anerkennt, sind nicht ersichtlich.
§ 93 ZPO setzt aber voraus, dass das vorprozessuale Verhalten des Beklagten keine Veranlassung zur Erhebung Klage gegeben hat und der Beklagte im Prozess sofort anerkennt. Anlass zur Klageerhebung besteht, wenn der Kläger annehmen durfte, er werde auf anderem Weg nicht zu seinem Recht kommen. Das Erfordernis des „sofortigen“ Anerkenntnisses wird im allgemeinen dahin ausgelegt, dass vom Beklagten gefordert wird, die erste sich im Prozess bietende Möglichkeit gegenüber Gericht und Prozessgegner wahrzunehmen, um das Anerkenntnis zu erklären (MünchKommZPO/ Giebel , 3. A., 2008, § 93 Rn 10).
Diese Voraussetzungen des § 93 ZPO sind vorliegend nicht gegeben. Zwar hat die Klägerin der Beklagten vor Klageerhebung keine Gelegenheit zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung gegeben, so dass es an der Veranlassung zur Klage mangeln dürfte. Es fehlt aber an der zweiten Voraussetzung, nämlich daran, dass die Beklagte den Anspruch sofort anerkannt hat.
1. Umstritten ist, ob nach dem Erlass eines Versäumnisurteils überhaupt noch Raum für ein „sofortiges“ Anerkenntnis bleibt. Nach Ansicht der Kammer erscheint schon dies zweifelhaft.
a) In Rechtsprechung und Literatur wurde bisher verbreitet zumindest nach Erlass eines Versäumnisurteils wegen Säumnis im frühem ersten Termin ein sofortiges Anerkenntnis grundsätzlich noch zugelassen. Dem lag aber meist die Rechtslage vor der Neufassung von § 307 ZPO zum 01.09.2004 durch das Justizmodernisierungsgesetz zu Grunde. Bis dahin konnte grundsätzlich das Anerkenntnis nur in der mündlichen Verhandlung erfolgen. Unter diesem Gesichtspunkt war es einhellige Meinung, dass es für § 93 ZPO als ausreichend anzusehen ist, wenn das Anerkenntnis erst im frühen ersten Termin erklärt wurde (so etwa OLG Frankfurt NJW-RR 1990, 1535; Zöller/Herget, ZPO, 24. A. , 2004, § 93 Rn 4), zumindest wenn zuvor der Klageanspruch nicht bestritten oder Klageabweisung beantragt worden war (vgl. zum Streitstand diesbezüglich: Vossler, NJW 2006, 1034 Fn 4).
Als Konsequenz hieraus wurde mitunter abgeleitet, dass wegen § 342 ZPO auch ein im frühen ersten Termin ergangenes Versäumnisurteil ein sofortiges Anerkenntnis nicht hindert, weil durch den zulässigen Einspruch der Prozess in die Lage zurückversetzt wird, in der er sich vor Eintritt der Säumnis befand (OLG Naumburg, OLGR 2004, 395; OLG Köln VersR 1992, 635; i.E. auch: Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 27. A., 2005, § 93 Rn 11; Zöller/Herget, 26. A., 2006, § 93 Rn 6, „Versäumnisurteil“; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 21. A., 1993, § 93 Rn 7, letzterer allerdings mit Einschränkungen zur fehlenden Klageveranlassung in einem solchen Fall).
Nachdem es unter der heute geltenden Fassung von § 307 ZPO auch bei Anordnung eines frühen ersten Termins keiner mündlichen Verhandlung mehr zum Erlass eines Versäumnisurteils bedarf, wird indessen überwiegend für die Anwendung von § 93 ZPO gefordert, dass der Klageanspruch innerhalb der - gegebenenfalls verlängerten - Klageerwiderungsfrist anerkannt wird, weil nun schon deren Ende den frühesten möglichen Zeitpunkt für ein wirksames Anerkenntnis markiere ( Vossler NJW 2006, 1034; MünchKommZPO/ Giebel , 3. A., 2008 § 93 ZPO Rn 10; Zöller/ Herget , ZPO, 27. A., 2009, § 93 Rn 4; in diese Richtung auch BGH NJW 2006, 2490; OLG Jena GRUR-RR 2008, 109; einschränkend OLG Zweibrücken OLGR 2008, 76). Schließt man sich dem an, so kommt im Fall des Versäumnisurteils nach einem frühen ersten Termin aber ein sofortiges Anerkenntnis ohnehin regelmäßig nicht mehr in Betracht.
b) Anders könnte sich dies nun aber im schriftlichen Vorverfahren darstellen. Wenn für die Anwendung von § 93 ZPO nach früherer Rechtslage zum Teil verlangt wurde, dass bereits innerhalb der Frist zur Anzeige der Verteidigungsbereitschaft nach 276 Abs. 1 S. 1 ZPO anerkannt wird, weil nur dann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte, so ist dies nach der Neufassung von § 307 ZPO nicht mehr sachgerecht. Vielmehr genügt es nunmehr, wenn das Anerkenntnis innerhalb der Klageerwiderungsfrist erklärt wird, sofern die Anzeige der Verteidigungsbereitschaft keinen auf Abweisung der Klage gerichteten Sachantrag enthält (BGH NJW 2006, 2490, m.w.N. zu den bis dahin vertretenen Auffassungen zum Anerkenntnis nach Ablauf der Frist gemäß § 276 Abs. 1 S. 1 ZPO; OLG Düsseldorf BauR 2008, 1941; vgl. auch BGH NJW-RR 2007, 397 Rz. 8).
Damit stellt sich die Frage, ob insbesondere im schriftlichen Vorverfahren ein bereits ergangenes Versäumnisurteil dem sofortigen Anerkenntnis in jedem Fall entgegensteht oder ein Anerkenntnis dann noch rechtzeitig erfolgt, wenn zwar bereits ein Versäumnisurteil gegen den Beklagten ergangen ist, der Beklagte aber noch innerhalb einer angemessenen Frist ab Klagezustellung anerkennt. Letzteres erscheint zweifelhaft.
Zwar leuchtet nicht ohne weiteres ein, dass schon allein der Umstand, dass der Beklagte mit dem Versäumnisurteil einen gerichtlichen Hinweis auf die Schlüssigkeit der Klage erhalten hat, der Kostenfolge nach § 93 ZPO entgegenstehen soll (so aber offenbar OLG Köln, WRP 2007, 559; MünchKommZPO/ Geibel , 3. A., 2008, § 93 Rn 36; Zöller/ Herget , 27. A., 2009, § 93 Rn 4). Soweit damit argumentiert wird, der Beklagte habe dann nicht mehr aus freien Stücken anerkannt, ist weder die Motivation des Beklagten vom Gericht tatsächlich feststellbar, noch ob er auch ohne Hinweis anerkannt hätte und der Kläger auch ohne gerichtliche Hilfe zum Erfolg gekommen wäre. Im übrigen müsste nach dieser Auffassung eine Anwendung von § 93 ZPO wohl auch bereits dann ausscheiden, wenn das Gericht bereits bei der Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens einen Hinweis zur Schlüssigkeit der Klage erteilt.
Entscheidend dürfte aber für den Ausschluss der Kostenfolge aus § 93 ZPO im Fall eines Versäumnisurteils gemäß § 331 Abs. 3 ZPO vor allem sprechen, dass der Beklagte die ihm gegebene Möglichkeit zur Prüfung der Klageforderung nicht ausgeschöpft hat. Es wäre ihm nämlich möglich gewesen, eine ausreichende Prüfungsfrist durch rechtzeitige Verteidigungsanzeige und eventuell begründete Fristverlängerungsanträge bezüglich der Klageerwiderungsfrist in Anspruch zu nehmen, ohne dass dies der Anwendung von § 93 ZPO schadet (BGH HJW 2006, 2490). Unterlässt er die Verteidigungsanzeige, können durch den Erlass eines Versäumnisurteils hingegen zusätzliche Auslagen beim Kläger anfallen. Dies zeigt insbesondere der vorliegende Fall. Die Klägerin hatte Vorschuss für die Übersetzung des im Ausland zuzustellenden Versäumnisurteils zu leisten. Sie hat letztlich die Übersetzung sogar selbst auf eigene Kosten veranlasst. Zwar handelt es sich hierbei um Kosten, die auch bei Anwendung von § 93 ZPO der Beklagten nach § 344 ZPO aufzuerlegen wären. Die Klägerin hätte aber insoweit das Insolvenzrisiko der Beklagten zu tragen. Gleiches gilt im Hinblick auf die 2 Gerichtsgebühren, die der Klägerin nur im Falle des Anerkenntnisses ohne vorheriges Versäumnisurteil wegen Ziffer 1211 KV-GKG von der Gerichtskasse zurückerstattet worden wären. Trotz der Kostentragung der Beklagten insoweit - § 344 ZPO - haftet die Klägerin der Staatskasse hier nach § 31 Abs. 2 GKG noch subsidiär. Somit spricht vieles dafür, ein „sofortiges“ Anerkenntnis nach (rechtmäßig) ergangenem Versäumnisurteil wegen der durch die Säumnis bedingten zusätzlichen kostenrechtlichen Risiken des Klägers generell auszuschließen (so im Ergebnis auch: OLG Köln a.a.O; Zöller/Herget, ZPO, 27. A., 2009, § 93 Rn 6 „Versäumnisurteil“; MünchKommZPO/Geibel, 3. A., 2008 § 93 ZPO Rn 36; a.A. wohl noch immer Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 29. A., 2008, § 93 Rn 11; einschränkend Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 67. A., 2009 Rn 24, 63, 97, 102). Im vorliegenden Fall kann dies aber offen bleiben, weil es jedenfalls aus den nachfolgenden Gründen am sofortigen Anerkenntnis fehlt.
2. Nach Auffassung der Kammer liegt ein sofortiges Anerkenntnis dann nicht vor, wenn es erst nach Ablauf einer ursprünglich gesetzten Frist zur Klageerwiderung erklärt wird, sofern innerhalb dieser Frist eine inhaltliche Stellungnahme zur Klage erwartet werden konnte. So liegt auch der hier zu entscheidende Fall. Die Beklagte hat das Anerkenntnis erst am 10.03.2009 bei Gericht eingereicht, mithin Monate nach der mit der Eingangsverfügung gesetzten Erwiderungsfrist (abgelaufen am 28.10.2008), gegen deren Angemessenheit keine Bedenken bestehen.
Die Beklagte ist der Meinung, nach Versäumung der Verteidigungsanzeige und Zurückversetzung in die Lage vor Eintritt der Säumnis gemäß § 342 ZPO, befinde sich der Prozess noch bzw. wieder in einer Lage, in der ein sofortiges Anerkenntnis noch möglich sei (so auch noch Zöller/Herget, ZPO, 26. A., 2007, § 93 Rn 4, jedoch mit Einschränkungen zur fehlenden Klageveranlassung in einem solchen Fall). Dieser Ansatz mag im Einklang mit der Argumentation der früher verbreiteten Auffassung zum Anerkenntnis nach Versäumnisurteil im frühen ersten Termin stehen (s.o.). Ihm kann aber nicht gefolgt werden. § 342 ZPO hat bei der Prüfung der Rechtzeitigkeit des Anerkenntnisses im Sinne von § 93 ZPO außer Betracht zu bleiben.
a) Die Kostenregelungen der ZPO werden vom Gedanken der Billigkeit, insbesondere dem Veranlasserprinzip beherrscht. Die unterliegende Partei hat die Vermutung gegen sich, zum Streit Anlass gegeben zu haben, weshalb ihr regelmäßig die Kosten aufzuerlegen sind. Unter den Voraussetzungen des - als Ausnahmeregelung eng auszulegenden - § 93 ZPO sind hingegen nach dem Veranlasserprinzip dem obsiegenden Kläger die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen. Diese Vorschrift dient dem Schutz des leistungswilligen Beklagten vor übereilten Klagen und der Vermeidung unnötiger Prozesse (BGH NJW 2006, 2490). Dieser Zweck ist vor allem in der ersten Voraussetzung des § 93 ZPO zum Ausdruck gekommen, dass der Beklagte keinen Anlass zur Klage gegeben hat.
Die Belastung des Klägers mit den Prozesskosten ist aber nicht in jedem Fall billig, in dem das vorprozessuale Verhalten des Beklagten keinen Klageanlass geboten hat. Der Beklagte könnte sonst bei fehlendem Anlass zur Klageerhebung (etwa mangels Abmahnung oder Leistungsaufforderung) den Prozess zunächst streitig betreiben, ohne den Verlust der Kostenfolge aus § 93 ZPO für den Fall eines späteren Anerkenntnisses fürchten zu müssen. Dem steht das Interesse des Klägers entgegen, nach Ablauf einer angemessenen Prüfungszeit und ohne vermeidbare Ausweitung des Prozesses sowie ohne unnötige weitere Kosten und Auslagen eine abschließende Äußerung des Beklagten zu erhalten.
Aus diesem Grund fordert das Gesetz über den mangelnden Klageanlass hinaus ein „sofortiges“ Anerkenntnis. Diese Voraussetzung ist im Zusammenhang mit der des fehlenden Klageanlasses zu sehen. Durch die unveranlasste Klageerhebung soll der Beklagte nicht schlechter, aber auch nicht besser stehen, als er gestanden hätte, wenn der Kläger ihm vor Klageerhebung ausreichend Zeit zur Prüfung und außergerichtlichen Unterwerfung oder Leistung gegeben hätte. Der Begriff des „sofortigen“ Anerkenntnisses muss daher und darf im Grundsatz nur so weit ausgedehnt werden, dass dem Beklagten eine angemessene Frist zur Prüfung der klägerischen Forderung auch nach unveranlasster Klageerhebung noch zur Verfügung steht. Dieser Zeitraum wird sich meist mit einer angemessen Klageerwiderungsfrist decken (vgl. zum Ganzen: Deichfuß, MDR 2004, 190; siehe auch OLG Brandenburg, Beschl. v. 18.11.2008 - 9 WF 312/08). Eine formale Betrachtung im Rahmen der Kostenentscheidung unter Bezugnahme auf die Rechtsfolgen des Einspruchs nach § 342 ZPO widerspricht diesem Normzweck. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb es dem Beklagten durch verschuldete Säumnis möglich sein sollte, seine Prüfungsfrist zu verlängern. Das vorläufig vollstreckbare Versäumnisurteil ist aus Sicht des Klägers kein hinreichender Ausgleich für das Ausbleiben einer abschließenden Erklärung des Beklagten binnen angemessener Frist.
b) Die Heranziehung von § 342 ZPO zur Begründung der Rechtzeitigkeit eines Anerkenntnisses überdehnt auch den Regelungsgehalt dieser Vorschrift. Zum einen ist schon der Gesetzessystematik zu entnehmen, dass eine uneingeschränkte Rückversetzung des Prozesses durch den Einspruch in die Lage vor der Säumnis gerade nicht stattfindet. Ein ergangenes Versäumnisurteil bleibt in Kraft. Es ist nun Gegenstand eines Einspruchstermins. Die Angriffs- und Verteidigungsmittel sind bereits in der zweiwöchigen Einspruchsfrist nach §§ 339, 340 ZPO vorzubringen. Die vor Versäumung der Verteidigungsanzeige gesetzte Klageerwiderungsfrist läuft gerade nicht wieder.
Zum anderen lässt auch der Normzweck von § 342 ZPO dessen Berücksichtigung bei der Prüfung der Rechtzeitigkeit eines Anerkenntnisses nach § 93 ZPO nicht zu. Das Versäumnisurteil führt nicht nur zum Ausschluss mit einer einzelnen Prozesshandlung, sondern zum Verlust des rechtlichen Gehörs im Prozess überhaupt, weshalb das Säumnisverfahren zunächst nur vorläufigen Charakter hat. Der Einspruch dient dementsprechend dazu, gemäß § 342 ZPO dem rechtlichen Gehör zum Durchbruch zu verhelfen, denn er versetzt den Prozess in die Lage zurück, in der er sich vor Eintritt der Säumnis befand (BVerfGE 36, 298). Somit können die wesentlichen Rechtsfolgen der Säumnis in Bezug auf die Hauptsache beseitigt werden. Grundsätzlich sollen hierdurch alle früheren Prozesshandlungen des Gerichts und der Parteien wieder Wirkung entfalten. Insbesondere auch eingetretene Verspätungen behalten die Wirkung wie vor Eintritt der Säumnis (MünchKommZPO/Prütting, 3. A., 2008, § 342 Rn 4, 6; Zöller/Herget, ZPO, 27. A., 2009, § 342 Rn 2), auch wenn im Ergebnis eine Verzögerung und damit eine Präklusion meist wegen des noch erforderlichen Einspruchstermins nun zu verneinen ist. Innerhalb der Einspruchsfrist muss sich die Partei entscheiden, ob sie von der Einspruchsmöglichkeit Gebrauch machen will. Die Einspruchsfrist dient aber nicht dazu, Erwägungen über die allgemeinen Chancen des Rechtsstreits anzustellen (BVerfG a.a.O.). Eine prozesstaktische Begünstigung der säumigen Partei im Hinblick auf eine eventuelle Präklusion ist Ergebnis, aber nicht Zweck des Säumnisverfahrens. Erst recht dient das Säumnisverfahren nicht zu einer Verlängerung des Zeitraums, der für Überlegungen zur Verfügung steht, ob anerkannt werden soll.
Die am Billigkeitsgedanken und am Veranlasserprinzip zu messenden Voraussetzzungen für die Kostentragung des Klägers nach § 93 ZPO werden daher von den in § 342 ZPO geregelten Wirkungen des Einspruchs nicht erfasst.
c) Die hier vertretene Auffassung erscheint auch nicht zuletzt deswegen vorzugswürdig, weil mit der Außerachtlassung von § 342 ZPO eine einheitliche Anwendung von § 93 ZPO im schriftlichen Vorverfahren und bei frühem ersten Termin erreicht wird (s.o. unter 1.a)).
3. Keiner weiteren Erörterung bedarf nach alledem, ob die Wirkung des § 342 ZPO vorliegend auch schon deswegen keine der Beklagten günstige Entscheidung zu begründen vermag, weil der Einspruch auf die Kostenentscheidung beschränkt wurde, so dass eine Zurückversetzung des Prozesses in der nun „anerkannten“ Hauptsache nicht erfolgt (vgl. § 342 ZPO: „soweit der Einspruch reicht“). Auch ob die Rückversetzung nach § 342 ZPO bis auf den Zeitpunkt des Ablaufs der Frist nach § 276 Abs. 1 S. 1 ZPO wirkt (so MünchKommZPO/Prütting, 3. A., 2008, § 432 Rn 5 m.w.N.) oder wegen § 331 Abs. 3 S. 1 Hs. 2 ZPO nur auf den Zeitpunkt des Eingangs des Versäumnisurteils auf der Geschäftsstelle (der vorliegend aber einen Tag nach Ablauf der Klageerwiderungsfrist lag), kann dahinstehen.
III.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

RechtsgebietVersäumnisurteilVorschriften§ 331 Abs. 3, § 342, § 93 ZPO

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