16.02.2010 · IWW-Abrufnummer 100556
Bundesgerichtshof: Urteil vom 15.01.2010 – V ZR 72/09
a)Bei der Abweisung einer Beschlussanfechtungsklage darf nicht offen gelassen werden, ob der angefochtene Beschluss die Geltendmachung einer Unterlassungsklage bloß vorbereitet oder auf der Grundlage eines solchen Anspruchs eine bestimmte Nutzung des Sondereigentums untersagt.
b)Wenn die Teilungsklärung nichts anderes bestimmt und die Wohnungseigentümer nichts anderes vereinbart haben, ist die Vermietung einer Eigentumswohnung an täglich oder wöchentlich wechselnde Feriengäste Teil der zulässigen Wohnnutzung.
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung vom 15. Januar 2010
durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und
die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Rechtsmittel des Klägers werden das Urteil der Zivilkammer 85 des Landgerichts Berlin vom 23. Januar 2009 aufgehoben und das Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg vom 25. April 2008 abgeändert.
Es wird festgestellt, dass die in der Eigentümerversammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft G. Straße 5-9 in B. vom 24. Januar 2008 zu den Tagesordnungspunkten 4 und 10 gefassten Beschlüsse:
"Zu Ziffer 4 der Tagesordnung
Die Gemeinschaft beschließt, dem Eigentümer der Wohnung Nr. 38 (G. Straße 7a, 4. o.g. rechts) zu untersagen, die Wohnung an täglich oder wöchentlich wechselnde Feriengäste zu überlassen, und bevollmächtigt die Verwaltung, unter Einschaltung eines Rechtsanwalts bei Verstoß Unterlassungsansprüche gerichtlich geltend zu machen.
Zu Ziffer 10 der Tagesordnung
Die Gemeinschaft beschließt, dem Eigentümer der Wohnung Nr. 61 (G. Straße 5b, EG links ([richtig: rechts]) zu untersagen, die Wohnung an täglich oder wöchentlich wechselnde Feriengäste zu überlassen, und bevollmächtigt die Verwaltung, unter Einschaltung eines Rechtsanwalts bei Verstoß Unterlassungsansprüche gerichtlich geltend zu machen."
nichtig sind.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft mit 92 Wohnungen in Berlin. Der Kläger vermietet seine beiden Eigentumswohnungen in der Anlage tage- oder wochenweise an Berlinbesucher, Geschäftsreisende und vergleichbare Mieter. Bei ihrer Versammlung am 24. Januar 2008 beschlossen die Wohnungseigentümer mehrheitlich, dem Kläger und den Eigentümern von sieben weiteren, ähnlich genutzten Wohnungen zu untersagen, die Wohnungen täglich oder wöchentlich wechselnden Feriengästen zu überlassen, und die Verwaltung zu bevollmächtigen, unter Einschaltung eines Rechtsanwalts bei einem Verstoß Unterlassungsansprüche geltend zu machen. Gegen diese Beschlüsse wenden sich die betroffenen Eigentümer mit mehreren Anfechtungsklagen. Gegenstand der vorliegenden Anfechtungsklage sind die Beschlüsse der Gemeinschaft zu den Tagesordnungspunkten 4 und 10 der Versammlung vom 24. Januar 2008, die die beiden Wohnungen des Klägers betreffen. Der Kläger meint, die Vermietung an täglich oder wöchentlich wechselnde Feriengäste und ähnliche Mieter halte sich im Rahmen der ordnungsgemäßen Nutzung seiner Wohnungen.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die von dem Landgericht zugelassene Revision, mit der der Kläger weiterhin die Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse erreichen möchte. Die Beklagten beantragen,
das Rechtsmittel zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I.Das Berufungsgericht hält die Klage für unbegründet. Es spreche vieles dafür, dass die angefochtenen Beschlüsse als bloße Vorbereitungsbeschlüsse anzusehen seien. Wesentliches Ziel der Mehrheit der Wohnungseigentümer sei es nämlich gewesen, die Geltendmachung etwaiger Unterlassungsansprüche der anderen Wohnungseigentümer gegen den Kläger der Gemeinschaft zu übertragen. Auch sei nach der Rechtsprechung des Kammergerichts im Zweifel davon auszugehen, dass die Wohnungseigentümer wegen ihrer fehlenden Kompetenz, Leistungspflichten der Wohnungseigentümer zu begründen, keine unmittelbaren materiellen Rechtsänderungen anstrebten, sondern die Geltendmachung von Ansprüchen nur vorbereiten wollten. Bei einem bloßen Vorbereitungsbeschluss sei der Unterlassungsanspruch nicht im Rahmen einer Anfechtungsklage gegen den Beschluss, sondern nur in dem Rechtsstreit zu prüfen, in dem der Unterlassungsanspruch durchgesetzt oder abgewehrt werden solle.
Ob die Beschlüsse als Vorbereitungsbeschlüsse zu verstehen seien, brauche nicht entschieden zu werden. Wenn man den angefochtenen Beschlüssen das Bestreben entnehme, eine materielle Regelung zu treffen, seien die Beschlüsse ebenfalls nicht zu beanstanden, weil sie der materiellen Rechtslage entsprächen. Die Wohnungen seien nämlich zu Wohnzwecken bestimmt. Die Nutzung zu Wohnzwecken sei mit der Nutzung der Räume für einen längeren Zeitraum verknüpft, wohingegen ein ständiger Wechsel der Bewohner in kürzeren Zeitabständen die Annahme einer pensions- oder hotelartigen Nutzung rechtfertige, die über eine Wohnnutzung hinausgehe. Es könne zwar nicht festgestellt werden, dass die konkrete Art der Nutzung der beiden Einheiten die anderen Wohnungseigentümer stärker beeinträchtige als die in der Teilungserklärung ausdrücklich vorgesehene Wohnnutzung. Es sei aber eine typisierende Betrachtungsweise geboten. Dabei ergebe sich, dass die Überlassung von Wohnungen an ständig wechselnde Besucher und Gäste die übrigen Miteigentümer erheblich stärker beeinträchtige als eine bloße Wohnnutzung.
II.Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
1.Das Berufungsurteil kann schon deshalb keinen Bestand haben, weil das Berufungsgericht offen gelassen hat, ob die angefochtenen Beschlüsse als bloße Vorbereitungs- oder als Untersagungsbeschlüsse auszulegen sind. Denn danach bliebe nicht nur ungeklärt, welchen Inhalt die Beschlüsse haben. Offen bliebe vor allem auch, ob nur über die Wirksamkeit der Übertragung der Ausübung etwaiger Unterlassungsansprüche der anderen Wohnungseigentümer gegen den Kläger auf die Gemeinschaft als Verband entschieden worden ist oder auch schon über den Unterlassungsanspruch selbst. Würden die Beschlüsse durch Abweisung der Beschlussanfechtungsklage bestandskräftig und ergäbe ihre Auslegung, dass sie dem Kläger die Vermietung seiner Wohnungen an täglich oder wöchentlich wechselnde Feriengäste untersagen, stünde die Unterlassungspflicht im späteren Unterlassungsklageprozess fest (vgl. Bay-ObLG WE 1995, 187; OLG Bremen WuM 1995, 58, 59 ; OLG Karlsruhe NJW-RR 1996, 1103; wohl auch Merle in Bärmann, WEG, 10. Aufl., § 23 Rdn. 197).
2.Dem Berufungsgericht kann ferner nicht in der Ansicht gefolgt werden, die angefochtenen Beschlüsse seien als so genannte bloße Vorbereitungsbeschlüsse nicht zu beanstanden.
a)Richtig ist allerdings, dass der Gemeinschaft als Verband nach § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG durch Mehrheitsbeschluss die Ausübung auch von Rechten der Wohnungseigentümer übertragen werden kann, die keinen Gemeinschaftsbezug haben und deren Ausübung dem Verband deshalb nicht schon kraft Gesetzes zusteht. Dem Berufungsgericht ist auch darin zuzustimmen, dass die Zulässigkeit eines Beschlusses, der sich in einer Übertragung der Ausübung etwaiger Ansprüche auf die Gemeinschaft erschöpft und die Geltendmachung der Ansprüche bloß vorbereitet, nicht davon abhängt, ob der erst noch geltend zu machende Anspruch tatsächlich besteht. Denn ein solcher Beschluss enthielte keine Aussage zu dem Bestehen oder Nichtbestehen des Anspruchs, sondern überließe dies dem gerichtlichen Verfahren gegen den betroffenen Wohnungseigentümer.
b)Die angefochtenen Beschlüsse sind indessen keine bloßen Vorbereitungsbeschlüsse in diesem Sinne. Sie sind im Gegenteil Beschlüsse, die dem Kläger die Vermietung seiner Wohnungen an Ferien- und ähnliche Gäste untersagen und die Gemeinschaft nur als Annex zur Verfolgung von Verstößen ermächtigen. Das ist das Ergebnis einer Auslegung, die der Senat selbst vornehmen kann (vgl. Senat, Beschl. v. 10. September 1998, V ZB 11/98, NJW 1998, 3713, 3714).
aa)Beschlüsse der Wohnungseigentümergemeinschaft sind objektiv und normativ auszulegen, ohne dass es auf die subjektiven Vorstellungen der beteiligten Wohnungseigentümer ankäme (Senat, Beschl. v. 10. September 1998, V ZB 11/98, a.a.O.; Merle in Bärmann, a.a.O., § 23 Rdn. 53). Dabei ist von dem protokollierten Wortlaut der Beschlüsse auszugehen. Danach haben die Wohnungseigentümer beschlossen, dem Kläger die Vermietung seiner Wohnungen an täglich oder wöchentlich wechselnde Feriengäste zu untersagen. Sie haben ihm mit dieser Formulierung die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen auch nicht lediglich ankündigen wollen. Dies wird aus dem zweiten Tei dieser Beschlüsse deutlich. Darin wird die Gemeinschaft ermächtigt, "bei Ver-stoß" Unterlassungsansprüche gerichtlich geltend zu machen. Zu einem Verstoß kann es aber nur kommen, wenn die in der ersten Satzhälfte ausgesprochene Untersagung als Vermietungsverbot verstanden wird, das der Kläger sofort beachten soll. Nichts anderes ergibt der Zweck der Beschlüsse. Die Mehrheit der Wohnungseigentümer wollte, wie sich auch aus den Beschlüssen zu den übrigen für die Vermietung an Feriengäste genutzten Wohnungen und dem allgemeinen Beschluss für künftige Fälle zu TOP 19 der Mitgliederversammlung vom 24. Januar 2008 ergibt, die Vermietung an Feriengäste ab sofort unterbinden.
bb)Allerdings werden Beschlüsse, die von dem einzelnen Wohnungseigentümer ein konkretes Tun oder Unterlassen verlangen, selbst bei insoweit eindeutigem Wortlaut teilweise nur als Androhung gerichtlicher Maßnahmen verstanden (KG NJW-RR 1996, 1102, 1103 ; 1997, 1033, 1034 f.; Merle in Bärmann a.a.O., § 22 Rdn. 308; a. M. BayObLG ZMR 1996, 623, 624; OLG Karlsruhe NJW-RR 1996, 1103). Begründet wird dieses Verständnis solcher Beschlüsse mit der auch von dem Berufungsgericht angestellten Überlegung, dass die Wohnungseigentümer keinen Beschluss fassen wollten, der außerhalb der Regelungskompetenz der Wohnungseigentümergemeinschaft liege und deshalb nichtig sei. Sie könnten dem einzelnen Wohnungseigentümer keine Leistungsund damit auch keine Unterlassungspflichten auferlegen, die ihm nach dem Gesetz, nach der Teilungserklärung oder nach - hier nicht festgestellten - Vereinbarungen der Wohnungseigentümer nicht obliegen oder auferlegt werden könnten (Senat, BGHZ 145, 158, 162; OLG Zweibrücken NJW 2007, 2417; Merle a.a.O.). Sie wollten sich deshalb auf die ihnen zustehenden gesetzlichen Ansprüche beschränken. Diese Überlegung liegt nahe, zwingt aber nicht dazu, ein mit einem Beschluss der Wohnungseigentümer ausgesprochenes beschränktes Vermietungsverbot entgegen dem eindeutigen Wortlaut als bloße Androhung gerichtlicher Maßnahmen zu verstehen. Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist nämlich nicht gehindert, einen Anspruch außergerichtlich auch durch Beschluss geltend zu machen (Senat, BGHZ 170, 369, 378 für den Anspruch nach § 18 WEG). Bei dem hier beschlossenen eingeschränkten Vermietungsverbot ist die Mehrheit der Wohnungseigentümer erkennbar davon ausgegangen, dass den Wohnungseigentümern ein entsprechender Unterlassungsanspruch zusteht. Diesen sollte die Gemeinschaft an sich ziehen, mit dem Verbot unmittelbar außergerichtlich geltend machen und erforderlichenfalls auch gerichtlich durchsetzen.
3.Ein solcher Anspruch steht den Wohnungseigentümern aber weder nach § 15 WEG noch nach § 1004 BGB zu. Die Beschlüsse sind deshalb mangels Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümergemeinschaft nichtig.
a)Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts. Die Wohnungseigentumsanlage besteht nach der Teilungserklärung aus 92 Eigentumswohnungen. Wohnungseigentum dient nach § 1 Abs. 2 WEG im Gegensatz zu dem auch möglichen Teileigentum Wohnzwecken. Der Kläger nutzt seine Wohnungen deshalb nur dann ordnungsgemäß, wenn er sie in dem durch die Nutzung zu Wohnzwecken bestimmten Rahmen nutzt.
b)Ob die Nutzung einer Wohnung zur Vermietung an Feriengäste und andere Mieter mit Unterkunftsbedürfnissen von kurzer Dauer in diesem Sinne eine Wohnnutzung ist, wird unterschiedlich beurteilt. Nach einer von dem Berufungsgericht geteilten Ansicht ist das nicht der Fall (KG ZMR 2007, 803, 804 f.; 2008, 406, 407; OLG Saarbrücken NZM 2006, 588, 589 ; AG Lübeck, Urt. v. 28. November 2008, 35 C 22/08, [...]). Eine solche Form der Nutzung sei keine Wohn-, sondern eine gewerbliche Nutzung. Außerdem werde die Wohnnutzung durch das auf Dauer angelegte Bewohnen durch denselben Nutzer geprägt. Davon unterscheide sich diese Nutzung in wesentlichen Punkten. Das Gebäude werde für einen nicht überschaubaren Personenkreis geöffnet. Die Anonymität nehme zu; das Sicherheitsgefühl der anderen Wohnungseigentümer verringere sich. Außerdem nähmen Feriengäste typischerweise auf die Interessen der Hausgemeinschaft und das gemeinschaftliche Eigentum weniger Rücksicht. Das Gemeinschaftseigentum werde stärker abgenutzt. Nach anderer Auffassung umfasst die Wohnnutzung auch die Vermietung einer Eigentumswohnung an Feriengäste (BayObLG MDR 1979, 232 ; BayObLGZ 1978, 305, 308; 1982, 9, 14; OLG Frankfurt/Main OLGZ 1983, 61, 62; OLG Celle NZM 2005, 184; Jennißen/Löffler, WEG, § 13 Rdn. 32; Böhm, DWE 2008, 74, 76). Nach einer dritten Auffassung gilt das jedenfalls bei Wohnungseigentumsanlagen in Feriengebieten (LG Karlsruhe NZM 2009, 943, 944 f.; vgl. auch Wenzel in Bärmann a.a.O., § 13 Rdn. 34 f. und Staudinger/Kreuzer, BGB [2005], § 13 WEG Rdn. 73, 85).
c)Der Senat folgt im Ansatz der zweiten Meinung. Wenn die Teilungserklärung nichts anderes bestimmt und die Wohnungseigentümer nichts anderes vereinbart haben, ist die Vermietung einer Eigentumswohnung an täglich oder wöchentlich wechselnde Feriengäste Teil der zulässigen Wohnnutzung. Sie ist weder eine unzulässige gewerbliche Nutzung noch eine sonstige Nutzung, die nur in Teileigentumseinheiten zulässig wäre.
aa)Wohnungseigentum kann nach § 1 Abs. 2 WEG nur an einer Wohnung begründet werden. Daraus ergibt sich nicht nur, dass das Sondereigentum zum Wohnen geeignet sein muss. Vielmehr folgt daraus auch, dass das Wohnungseigentum zum Wohnen bestimmt ist und sich seine ordnungsgemäße Nutzung nach diesem Zweck richtet (Wenzel in Bärmann, a.a.O., § 13 Rdn. 33). Zu dieser ordnungsgemäßen Nutzung gehört sicher in erster Linie die Nutzung der Wohnung als Lebensmittelpunkt. Darauf beschränkt sich der Wohnzweck entgegen der Ansicht, die die Prozessbevollmächtigte der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vertreten hat, indessen nicht. Ähnlich wie der Begriff der Wohnung in Art. 13 Abs. 1 GG (zu diesem: BVerfGE 32, 54, 69 , 75; BGH, Beschl. v. 15. Januar 1997, StB 27/96, NJW 1997, 1018, 1019) ist auch der hier in der Teilungserklärung verwendete Begriff der Wohnung in § 1 Abs. 2 WEG weit auszulegen und am Ziel der Vorschrift auszurichten. Ziel der Vorschrift ist es zwar auch, die Wohnungsnutzung von der sonstigen Nutzung abzugrenzen, für die mit § 1 Abs. 3 WEG das Teileigentum vorgesehen ist. Entscheidend ist aber, dass dem Wohnungseigentümer Eigentum zugewiesen wird, das vollen Eigentumsschutz genießt (dazu: Senat, BGHZ 116, 392, 394). Dessen Beschränkungen sind an Art. 14 GG zu messen. Nach Art. 14 GG hat der Wohnungseigentümer das mit § 13 Abs. 1 WEG auch einfachrechtlich abgesicherte Recht, mit dem Wohnungseigentum im Ausgangspunkt nach Belieben zu verfahren (BVerfGK 4, 333, 336; BVerfG, NJW 1995, 1665, 1666 für Art. 5 GG; Beschl. v. 6. Oktober 2009, 2 BvR 693/09, [...]). Das umfasst das in § 13 Abs. 1 WEG ausdrücklich bestimmte Recht, sein Wohnungseigentum zu vermieten (BVerfGE 95, 64, 83).
bb)Der Wohnungseigentümer ist auch nicht darauf beschränkt, seine Wohnung ausschließlich zu Wohnzwecken zu nutzen. Aus Art. 14 GG i.V.m. § 13 Abs. 1 WEG folgt vielmehr das Recht, die Wohnung auch zu anderen Zwecken zu nutzen. Anerkannt worden ist das etwa für die Nutzung als Ingenieur-Planungsbüro ohne Publikumsverkehr (OLG Zweibrücken ZMR 1997, 482, 483) oder als Patentanwaltskanzlei (OLG Köln ZMR 2002, 380, 381). Entscheidend ist dabei, dass eine solche anderweitige Nutzung die übrigen Wohnungseigentümer nicht über das Maß hinaus beeinträchtigt, das bei einer Nutzung des Wohnungseigentums typischerweise zu erwarten ist (BayObLG NZM 2001, 137, 138; OLG Saarbrücken, NZM 2006, 588, 589; LG Karlsruhe ZMR 2009, 943, 944). An diesem Maßstab sind deshalb auch Wohnnutzungen zu messen, die von der Wohnnutzung abweichen, die in der jeweiligen Wohnungseigentumsanlage vorherrscht. Entschieden worden ist das für das Überlassen einer Eigentumswohnung zum Dauerbewohnen durch eine asylberechtigte Familie (BayObLG NJW 1992, 917 f. ; KG NJW 1992, 3045) und für die Überlassung einer Eigentumswohnung als Unterkunft für einen laufend wechselnden Kreis von Aus- und Übersiedlern (OLG Stuttgart NJW 1992, 3046 ; BayObLG NJW 1994, 1662). Für die Vermietung einer Eigentumswohnung an laufend wechselnde Feriengäste und vergleichbare Personenkreise gilt nichts anderes.
cc)Eine solche Nutzung überschreitet das bei einer Wohnnutzung typischerweise zu erwartende Maß an Beeinträchtigungen nicht schon deshalb, weil sie als eine gewerbliche Nutzung anzusehen wäre. Eine solche Nutzung einer Ferienwohnung ist zwar steuerrechtlich als gewerbliche Tätigkeit anzusehen, wenn die Wohnung in einem Feriengebiet im Verband mit einer Vielzahl gleichartig genutzter Wohnungen einer einheitlichen Wohnanlage liegt und die Werbung für kurzfristige Vermietung an laufend wechselnde Mieter (hotelmäßiges Angebot) sowie die Verwaltung einer Feriendienstorganisation übertragen sind (BFHE 159, 199, 201 f.; BFH/NV 2009, 1114, 1115). Für die wohnungseigentumsrechtliche Einordnung einer solchen Nutzung kommt es aber weder darauf an, welcher steuerrechtlichen Einkommensart die Einkünfte aus der Vermietung einer Eigentumswohnung zuzuordnen sind, noch darauf, ob die Vermietung einer Eigentumswohnung, wie etwa bei gewerblichen Wohnungsunternehmen, Teil der unternehmerischen Tätigkeit des Eigentümers ist. Entscheidend ist nach §§ 1 Abs. 2 und 3, 13 Abs. 1 WEG allein, welche Nutzung in der Wohnung selbst stattfindet. Die Nutzung der Wohnung selbst ist bei der Vermietung einer Eigentumswohnung an laufend wechselnde Ferien- oder Gäste mit vergleichbaren Unterkunftsbedürfnissen nicht gewerblich. Auch in diesem Fall dient die Wohnung den Gästen als Unterkunft und damit Wohnzwecken.
dd)Im Unterschied zu Mietern, die eine Eigentumswohnung als Hauptoder Nebenwohnung anmieten, verbleiben Feriengäste und vergleichbare Mieter nur für kurze Zeit in der Wohnung, die dann von einem anderen Mieter genutzt wird. Der dadurch bedingte häufige Wechsel des Mieters führt als solcher nicht zu Beeinträchtigungen, die sich signifikant von denen anderer Formen der Wohnnutzung abheben.
(1)Die nur verhältnismäßig kurze Dauer des Aufenthalts solcher Gäste in der Wohnung führt allerdings regelmäßig dazu, dass eine nähere nachbarliche Beziehung mit den Dauerbewohnern der Anlage nicht entsteht. Dem Berufungsgericht ist auch einzuräumen, dass dies von den Wohnungseigentümern gerade auch kleiner Wohnanlagen mit nur wenigen Eigentumswohnungen als störend empfunden werden kann und wird. Darin unterscheidet sich diese Form der Wohnnutzung aber bei typisierender Betrachtung heute nicht mehr, jedenfalls nicht mehr signifikant von der längerfristigen Vermietung einer Wohnung.
(2)Die Vermietung an Feriengäste unterscheidet sich von einer Vermietung zum Dauerwohnen auch nicht dadurch, dass sie das Sicherheitsgefühl der übrigen Bewohner verringert. Jeder Wohnungseigentümer hat das verfassungsrechtlich gesch ützte Recht, in seinem Wohnungseigentum Gäste zu empfangen (BVerfG, Beschl. v. 6. Oktober 2009 a.a.O.), und ein solches Recht steht auch einem Mieter zu. Deshalb können sich in jeder Wohnanlage Personen aufhalten, die nicht zu den Dauerbewohnern gehören, die diese nicht kennen und die diese deshalb verunsichern können.
(3)Nichts anderes gilt im Ergebnis für das Argument, durch die Vermietung an Feriengäste werde das Gemeinschaftseigentum einer Wohnungseigentumsanlage stärker beansprucht oder gar in Mitleidenschaft gezogen werden als bei einer Nutzung durch die Eigentümer selbst oder durch Dauermieter. Auch dieses Argument kann im Einzelfall zutreffen. Es gibt Mieter, die mit einer Ferienwohnung weniger sorgsam umgehen als mit ihrer Dauerwohnung. Es gibt aber auch Dauerbewohner, die es an dem gebotenen sorgsamen Umgang mit dem Gemeinschaftseigentum oder auch mit dem Sondereigentum selbst fehlen lassen. Die entscheidende Frage ist deshalb, ob ein solches Fehlverhalten bei Feriengästen typischerweise eher erwartet werden kann, als bei Dauerbewohnern. Dafür fehlt jeder Anhaltspunkt.
(4)Allerdings kann die Nutzung von Eigentumswohnungen einer Anlage für die Vermietung an Feriengäste, was das Berufungsgericht mit Recht erwägt, den Charakter der Wohnanlage verändern. Das gilt vor allem in kleinen Anlagen oder dann, wenn diese Nutzung zunimmt und die Dauernutzung zur Ausnahme wird. Das ist ein Nachteil, der auch den Wert des Wohnungseigentums entscheidend vermindern kann. Aber auch darin liegt keine spezifische Auswirkung gerade einer Vermietung an laufend wechselnde Feriengäste. Vergleichbare Veränderungen und Nachteile können sich auch bei anderen Formen der Nutzung ergeben. Das persönliche Klima in der Gemeinschaft kann sich verändern, wenn die Eigentümer wechseln und miteinander nicht mehr auskommen. Der Charakter der Anlage kann sich verändern, wenn die Wohnungen in der Anlage (im anerkannt zulässigen Rahmen) verstärkt als Büros genutzt werden oder wenn die bisherigen Mieter ausziehen und neue Mieter mit anderer Einstellung einziehen. Solche Veränderungen lassen sich nicht einer spezifischen Nutzungsform zuordnen. Sie lassen sich wirksam nur verhindern, wenn die Wohnungseigentümer von ihnen nicht erwünschte Formen der Nutzung in der Teilungserklärung oder durch Vereinbarung ausschließen oder darin unter einen Genehmigungsvorbehalt stellen (vgl. z.B. BayObLGZ 1982, 9, 14). Von diesen Möglichkeiten haben die Wohnungseigentümer hier keinen Gebrauch gemacht.
(5)Eine Vermietung an Feriengäste kann, wie jede andere Nutzung, in einer konkreten Ausgestaltung oder, z.B. durch Überbelegung, in einem Ausmaß erfolgen, die die übrigen Wohnungseigentümer in einem nach § 14 WEG nicht hinzunehmendem Maß beeinträchtigen. Beides hätte der Kläger nach § 15 Abs. 3 WEG zu unterlassen. Solche konkreten Beeinträchtigungen hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Sie werden von der Mehrheit der übrigen Wohnungseigentümer auch nicht geltend gemacht.
d)Die angefochtenen Beschlüsse sind damit nicht nur hinsichtlich der Untersagung der Nutzung, sondern insgesamt nichtig. Die Ermächtigung der Gemeinschaft zur gerichtlichen Inanspruchnahme des Klägers setzt nach dem Inhalt des Beschlusses die Wirksamkeit der Untersagung voraus, die damit durchgesetzt werden sollte.
III.Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Hinweise:
Verkündet am: 15. Januar 2010