Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww

06.05.2010 · IWW-Abrufnummer 101384

Finanzgericht Berlin-Brandenburg: Urteil vom 20.01.2010 – 14 K 14112/08

1. Leben Ehegatten dauernd getrennt und werden sie getrennt veranlagt, kann ein Ehegatte mangels Verwandtschaft in gerader Linie die von ihm geleisteten Aufwendungen für den Unterhalt der Schwiegereltern nicht mit Erfolg als außergewöhnliche Belastungen i. S. d. § 33a EStG steuermindernd geltend machen.



2. Eine Berücksichtigungsfähigkeit der Aufwendungen kann sich auch nicht aus dem Umstand ergeben, dass die Schwiegereltern gegenüber dem anderen Ehegatten möglicherweise gesetzlich unterhaltsberechtigt sind.


FG Berlin-Brandenburg v. 20.01.2010

14 K 14112/08

Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Berücksichtigungsfähigkeit von Unterhaltszahlungen an die Schwiegermutter der Klägerin als außergewöhnliche Belastungen.

Die Klägerin lebte im Streitjahr von ihrem Ehemann dauernd getrennt. Der Beklagte veranlagte sie einzeln zur Einkommensteuer. In ihrer Einkommensteuererklärung 2005 machte die Klägerin Unterhaltsaufwendungen an ihre in der Türkei lebende Schwiegermutter in Höhe von 3.928 Euro als außergewöhnliche Belastung geltend.

Der Beklagte lehnte die Berücksichtigung im Einkommensteuerbescheid 2005 vom 07. August 2006 ab, weil die Klägerin gegenüber der unterhaltenen Person nicht gesetzlich unterhaltsverpflichtet sei.

Hiergegen wehrte sich die Klägerin fristgerecht mit Einspruch.

Mit Einspruchsentscheidung vom 22. April 2008 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Unterhaltsleistungen an Eltern eines getrennt lebenden Ehepartners seien nicht berücksichtigungsfähig.

Hiergegen wehrt sich die Klägerin mit ihrer fristgerecht erhobenen Klage, die sie wie folgt begründet: Käme es ausschließlich auf den zivilrechtlichen Unterhaltsanspruch an, so könnte eine verheiratete, aber getrennt veranlagte Person, Zuwendungen an die Schwiegereltern ebenfalls nicht steuermindernd geltend machen. Die Rechtsmeinung des Beklagten gehe daher fehl.

Im Klageverfahren hat die Klägerin ihr ursprüngliches Klagebegehren dahingehend eingeschränkt, dass anstatt 3.928 Euro lediglich 2.664 Euro Unterhaltsleistungen zum Ansatz kommen sollen.

Die Klägerin beantragt somit sinngemäß noch,

den Einkommensteuerbescheid 2005 vom 07. August 2006 und die Einspruchsentscheidung vom 22. April 2008 dahingehend zu ändern, dass zusätzlich 2.664 Euro als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33a Einkommensteuergesetz – EStG – berücksichtigt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält an seiner Einspruchsentscheidung fest.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Dem Senat hat bei der Entscheidungsfindung ein Band das Streitjahr und die Klägerin betreffende Einkommensteuerakten vorgelegen. Auf den Inhalt sowie auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten ausgetauschten Schriftsätze nimmt der Senat wegen der näheren Einzelheiten Bezug.



Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet, denn der angefochtene Einkommensteuerbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht im Sinne des § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO – in ihren Rechten. Der Senat konnte dies im Hinblick auf den übereinstimmenden Verzicht der Beteiligten gemäß § 90 Abs. 2 FGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

Die Klägerin kann die Aufwendungen für den Unterhalt ihrer Schwiegermutter nicht mit Erfolg als außergewöhnliche Belastungen im Sinne des § 33a EStG steuermindernd geltend machen.

Nach § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG können nur Aufwendungen für den Unterhalt einer gegenüber dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten gesetzlich unterhaltsberechtigten Person auf Antrag bis zu einem bestimmten Betrag (im Streitjahr bis zu 7.680 Euro jährlich) vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden.

Gesetzlich gegenüber der Klägerin zum Unterhalt berechtigt war ihre Schwiegermutter nicht, da gemäß § 1601 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB – nur Verwandte in gerader Linie grundsätzlich verpflichtet sind, einander Unterhalt zu gewähren. In gerader Linie sind Personen verwandt, die voneinander abstammen, § 1589 Satz 1 BGB. Die Schwiegermutter ist mit der Klägerin nicht in gerader Linie verwandt, da die Klägerin nicht von ihr „abstammt”, d. h. nicht von ihr geboren wurde.

Eine Berücksichtigungsfähigkeit der Aufwendungen kann sich auch nicht aus dem Umstand ergeben, dass die Schwiegermutter gegenüber dem Ehemann der Klägerin nach oben genannten Grundsätzen – möglicherweise – gesetzlich unterhaltsberechtigt war.

Der Wortlaut des § 33a Abs. 1 Satz EStG scheint dies zwar auf den ersten Blick zu ermöglichen, da er ungenau ist und nicht zwischen Ehegatten mit oder ohne Splittingberechtigung differenziert. Im Hinblick auf den Wortlaut der Vorschrift wird daher zum Teil eine Berücksichtigungsfähigkeit von Unterhaltsleistungen an die Schwiegereltern trotz fehlender Splittingberechtigung der Ehegatten im Rahmen des § 33a EStG bejaht (siehe Heger in Blümich, § 33a EStG, Rz. 124). Der Gesamtzusammenhang der Vorschrift zeigt jedoch, dass nur Ehegatten mit Splittingberechtigung gemeint sein können.

In § 33a EStG auch die dem Ehegatten gegenüber Unterhaltsberechtigten zu berücksichtigen entspricht der Systematik der Ehegattenveranlagung in §§ 26 ff. EStG. Kann der Splittingtarif wegen dauernden Getrenntlebens gemäß § 26 EStG nicht mehr angewendet werden, sind die Ehegatten nicht mehr als Einheit zu behandeln. Dies hat unter anderem zur Folge, dass der Steuerpflichtige zwar einerseits Unterhaltsleistungen an seinen Ehegatten unter bestimmten Voraussetzungen nach § 33a EStG abziehen kann (siehe dazu Loschelder in Schmidt, EStG, 28. Auflage 2009, § 33a Rz. 7). Konsequent ist es dann aber auch, dass er im Falle dauernden Getrenntlebens keinen Abzugsbetrag für Unterhaltsleistungen an Personen erhält, die nur gegenüber dem dauernd getrennt lebenden Ehegatten unterhaltsberechtigt sind (zutreffend Loschelder in Schmidt, EStG, 28. Auflage 2009, § 33a Rz. 21).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war zuzulassen, denn der Rechtsstreit hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Die für die Beurteilung des Streitfalles maßgebende Rechtsfrage berührt das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Fortentwicklung und Handhabung des Rechts. Sie ist in der Literatur umstritten und höchstrichterlich bislang nicht geklärt.

RechtsgebieteEStG, BGBVorschriftenEStG § 33a Abs. 1 S. 1 EStG § 33a Abs. 1 S. 5 BGB § 1601 BGB § 1589 S. 1

Sprechen Sie uns an!

Kundenservice
Max-Planck-Str. 7/9
97082 Würzburg
Tel. 0931 4170-472
kontakt@iww.de

Garantierte Erreichbarkeit

Montag - Donnerstag: 8 - 17 Uhr
Freitag: 8 - 16 Uhr