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07.07.2010 · IWW-Abrufnummer 102029

Finanzgericht Niedersachsen: Urteil vom 23.02.2010 – 16 K 422/09

1. Im Rahmen der Steuerermäßigung gemäß § 35a Abs. 2 EStG kommen nur die tatsächlich vom Stpfl. gezahlten Aufwendungen in Betracht. Soweit Rechnungen von Dritten gezahlt werden, scheidet eine Steuerermäßigung aus.



2. Pastoren können eine Steuerermäßigung gemäß § 35a EStG für Handwerkerleistungen an ihrer Dienstwohnung geltend machen, soweit von ihrem Gehalt eine Pauschale für Schönheitsreparaturen abgezogen worden ist. In Anbetracht des Förderzwecks des § 35a EStG ist eine derartige wirtschaftliche Betrachtung angemessen. Ggf. ist eine Aufteilung der Pauschale in Materialaufwand und begünstigten Personalaufwand vorzunehmen.


Niedersächsisches Finanzgericht v. 23.02.2010

16 K 422/09

Tatbestand
Streitig ist die Frage, ob die Steuerermäßigung nach § 35a EStG für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen gewährt werden kann.

Die Kläger sind verheiratet und werden zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Der Ehemann ist Pastor. Die Kläger wohnen zusammen in einer Pastorendienstwohnung in R. Das Kreiskirchenamt der evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannover zieht vom Gehalt des Klägers neben einer Dienstwohnungsvergütung monatlich eine Pauschale für Schönheitsreparaturen in Höhe von 77,96 € ab.

Im Jahre 2007 wurden an der Wohnung der Kläger verschiedene Renovierungsarbeiten ausgeführt. Darüber liegen zwei Rechnungen vor, und zwar einmal des Malermeisters Thomas R. vom 6. März 2007 über einen Betrag von insgesamt netto 5.869,89 € für diverse Malerarbeiten. Vermerkt wird auf der Rechnung, dass in dem Rechnungsbetrag ein Stundenlohn in Höhe von 4.914,- € enthalten sei. Eine weitere Rechnung über einen Rechnungsbetrag von netto 744,10 € stammt von der Bau- und Möbeltischlerei Ralf G. und datiert auf den 20. März 2007. Gegenstand ist der Austausch von Fenstern. In dieser Rechnung wird der Arbeitslohn mit einem Betrag von 189,50 € gesondert ausgewiesen. Die beiden Rechnungen sind an das „Pfarramt R.” bzw. die „Kirchengemeinde R.” adressiert und sind mit einem Eingangsstempel des Landeskirchlichen Amts für Bau- und Kunstpflege bzw. des Pfarrkreisamts U. versehen. Bezahlt wurden die Rechnungen durch Überweisung an die Handwerker aus einem für Schönheits- und Renovierungskosten eingerichteten Fonds der Landeskirche.

In ihrer Einkommensteuererklärung für 2007 machten die Kläger neben einer vom Beklagten berücksichtigten und deshalb nicht streitigen haushaltsnahen Dienstleistung in Höhe von 241,- € die Rechnungen R. und G. mit Beträgen von 4.914,- € bzw. 221,- € als haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen geltend, wobei nicht ersichtlich ist, wie der Betrag von 221,- € – statt 189,50 € – zustande kommt.

Der Beklagte wich im Einkommensteuerbescheid 2007 vom 4. Dezember 2008 von der Erklärung insoweit ab, als er nur eine Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen von 49,-€ berücksichtigte.

Der dagegen gerichtete Einspruch hatte keinen Erfolg.

Die Kläger begehren die Berücksichtigung der Handwerkerleistungen gem. § 35a EStG. Sie fühlen sich gegenüber Eigentümergemeinschaften benachteiligt, bei denen die Finanzverwaltung die Steuerermäßigung anerkenne. Sie würden für die Schönheitsreparaturen bezahlen und hätten einen Anspruch auf die Renovierung aus den abgeführten Beträgen.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid 2007 vom 4. Dezember 2008 und die Einspruchsentscheidung vom 3. November 2009 abzuändern und die Einkommensteuer unter Berücksichtigung einer weiteren Steuerermäßigung nach § 35 a EStG von 551,- € niedriger festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hält die Klage für unbegründet. Zwar könnten Mieter die Steuervergünstigung des § 35a EStG dann in Anspruch nehmen, wenn sie selbst oder der Vermieter der Auftraggeber der Handwerkerleistung seien und die Kosten auf sie umgelegt würden. Diese Voraussetzungen würden hier bei der vom Landeskirchenamt erhobenen Schönheitsreparaturenpauschale nicht vorliegen. Zwar sei das Landeskirchenamt als Vermieter Auftraggeber der Leistungen, die Pfarrer würden jedoch nicht mit den auf ihre Wohnung konkret entfallenden Aufwendungen belastet. Vielmehr würden sie jedes Jahr über die Pauschale einen Teil der Aufwendungen für die Gemeinschaft aller Dienstwohnungsnutzer tragen. Die Höhe der Pauschale würde sich nicht nach den für die einzelne Wohnung konkret anfallenden Kosten richten. Anders sei die Situation bei Wohnungseigentümergemeinschaften: Hier blieben die in eine Instandhaltungsrücklage eingezahlten Beträge bis zum Abfluss Eigentum des Wohnungseigentümers, so dass er wirtschaftlich seine eigenen Aufwendungen trage.

Die 2007 tatsächlich angefallenen Aufwendungen könnten die Kläger nicht abziehen, weil diese nicht von ihnen getragen worden seien.

Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 6. Januar 2010 (Kläger) und 17. Dezember 2009 (Beklagter) auf mündliche Verhandlung verzichtet.



Gründe
Die Klage ist teilweise begründet.

Die Kläger können die Steuerermäßigung des § 35a EStG für Aufwendungen für eine Bemessungsgrundlage in Höhe von 721,84 € in Anspruch nehmen.

Gem. § 35 a Abs. 2 EStG in der für das Streitjahr 2007 geltenden Fassung ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen, für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die in einem inländischen Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden, auf Antrag um 20 Prozent, höchstens 600 Euro, der Aufwendungen des Steuerpflichtigen.

Unstreitig sind im Haushalt der Kläger im Streitjahr 2007 durch Handwerker begünstigungsfähige Renovierungs- und Modernisierungsmaßnahmen im Sinne des § 35a Abs. 2 EStG in Gestalt der Malerarbeiten sowie der Erneuerung der Fenster ausgeführt worden.

Allerdings kann die Steuerermäßigung des § 35a Abs. 2 EStG nicht auf der Grundlage des Personalkostenanteils an den Renovierungsmaßnahmen von 5.103,50 € in Ansatz gebracht werden. Wie sich aus dem Wortlaut des § 35 a Abs. 2 EStG eindeutig ergibt, können nur die „Aufwendungen des Steuerpflichtigen” berücksichtigt werden. Die Kläger haben jedoch die Handwerkerleistungen zumindest nicht in voller Höhe bezahlt. Denn die einzigen Zahlungen, die die Kläger im Streitjahr 2007 für Modernisierungs- und Renovierungsleistungen geleistet haben, sind die vom Gehalt abgezogenen Pauschalen für Schönheitsreparaturen in Höhe von monatlich 77,96 €, d.h. im Kalenderjahr 935,52 €. Ansonsten sind die Rechnungen unmittelbar von der evangelisch-lutherischen Landeskirche und mittelbar über die Pauschalen von anderen Pastoren bezahlt worden. Ein höherer Betrag als Bemessungsgrundlage für die Steuerermäßigung des § 35 a Abs. 2 EStG als diese 935,52 € kommt von vornherein nicht in Betracht.

Hinsichtlich der von der Kirche eingezogenen Pauschale für Schönheitsreparaturen weist der Beklagte zwar zutreffend darauf hin, dass die Kläger rechtlich mit ihrer Zahlung – im Gegensatz zur Bezahlung einer Handwerkerleistung aus einer Instandhaltungsrücklage bei einer Wohnungseigentümergemeinschaft – nicht ausschließlich die Handwerkerarbeiten an ihrer Wohnung bezahlt haben, weil die Kirche keine gesonderten Rücklagenkonten für jede einzelne Pastorendienstwohnung eingerichtet hat und der für Schönheitsreparaturen einbehaltene Teil des Gehalts nicht mehr in ihrem Eigentum stand, vielmehr einem Fonds zugeführt wurde, aus dem alle im betreffenden Kalenderjahr ausgeführten Reparaturarbeiten bezahlt worden sind.

In Anbetracht des Förderzwecks des § 35 a EStG hält das Gericht jedoch eine wirtschaftliche Betrachtung für geboten, bei der zweckgebunden für begünstigungsfähige Aufwendungen in einen Fonds geleistete Zahlungen insoweit berücksichtigt werden können, als tatsächlich Mittel aus diesem Fonds für Handwerkerleistungen zur Ausführung von Modernisierungs-, Erhaltungs- und Renovierungsarbeiten verwendet werden. Diese wirtschaftliche Zuordnung entspricht einem Rechtsgedanken, der sich vielfach in der Rechtsprechung des BFH findet. So lässt beispielsweise der BFH den Abzug der AfA für ein durch einen Ehegatten genutztes häusliches Arbeitszimmer in vollem Umfang auch dann zu, wenn das Gebäude in Miteigentum der Ehegatten zu je 1/2 und damit bei rein zivilrechtlicher Betrachtung auch das Arbeitszimmer zur Hälfte im Eigentum des anderen Ehegatten steht (BFH Beschluss des Großen Senats vom 23. August 1999 GrS 5/97, BStBl. II 1999, 774). Der BFH fingiert hier in wirtschaftlicher Betrachtung des Sachverhalts eine Zuordnung des Arbeitszimmers ausschließlich zum Miteigentumsanteil des nutzenden Ehegatten. Ebenso kann der Einzelunternehmer, der sein Wohnhaus zusammen mit dem Nichtunternehmerehegatten als Miteigentümer zu 1/2 erworben hat, dennoch bis zu einem Flächenanteil von 50 v.H. einzelne Räumlichkeiten dem Unternehmensvermögen zuordnen und die auf die Räume entfallenden Vorsteuern vollständig abziehen, obwohl es sich bei rein rechtlicher Betrachtung nur zur Hälfte um Leistungsbezüge für das Unternehmen handelt (BFH Urteil vom 6. Oktober 2005 V R 40/01, BStBl. II 2007, 13). Auch wenn den zitierten Entscheidungen zugegebenermaßen gänzlich andere Sachverhalte zugrunde liegen, so weist die rechtliche Würdigung der Fälle durch den BFH doch hinreichende Rechtsähnlichkeit mit dem Streitfall auf, was es geboten erscheinen lässt, auch hier eine wirtschaftliche Zurechnung vorzunehmen.

Bei Berücksichtigung der vom Gehalt abgezogenen Pauschale im Rahmen des § 35 a Abs. 2 EStG muss aber weiter beachtet werden, dass mit der Pauschale für Schönheitsreparaturen nicht nur die nach § 35 a EStG begünstigten Personalkosten, sondern sämtliche Aufwendungen für Schönheitsreparaturen, also auch der Materialaufwand, abgegolten werden. Deshalb entfällt rechnerisch nur ein Teil der Pauschale auf die begünstigten Personalaufwendungen.

Aufwendungen insgesamt: 6.613,99 € (5.869,89 € + 744,10 €)

davon begünstigt: 5.103,50 € (4.914,00 € + 189,50 €)

Anteil: 77,16 v.H.

in 2007 gezahlte Schönheitsreparaturenpauschale: 935,52 € (77,96 € x 12)

davon entfallen auf begünstigte Aufwendungen: 721,84 €

zusätzliche Steuerbegünstigung (20 v.H.): 144,00 €

Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 FGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

Das Gericht lässt die Revision gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zu.

RechtsgebietEStGVorschriftenEStG § 35a

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