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20.07.2010 · IWW-Abrufnummer 102310

BGH: Urteil vom 18.06.2010 – V ZR 164/09

a)Die Wohnungseigentümer haben bei der Bestimmung eines abweichenden Kostenverteilungsschlüssels nach § 16 Abs. 4 WEG ein nur eingeschränkt überprüfbares Gestaltungsermessen; das ist überschritten, wenn der Kostenverteilungsschlüssel nicht durch den in der Vorschrift genannten Gebrauchsmaßstab, sondern von anderen Gesichtspunkten bestimmt wird.

b)Ein Beschluss nach § 16 Abs. 4 WEG muss den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Verwaltung genügen. Daran fehlt es, wenn die für den Einzelfall beschlossene Änderung des Kostenverteilungsschlüssels einen Anspruch der betroffenen Wohnungseigentümer auf Gleichbehandlung in künftigen Fällen auslöst und so den allgemeinen Kostenverteilungsschlüssel unterläuft. Ein solcher Verstoß führt zur Anfechtbarkeit, nicht zur Nichtigkeit des Beschlusses.


Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
am 18. Juni 2010
durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und
die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision gegen das Urteil der 36. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 30. Juli 2009 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien sind Eigentümer von Wohnungen in einer Wohnungseigentumsanlage, die aus drei Gebäuden besteht, einer 1922 errichteten Villa mit drei Eigentumswohnungen und zwei 1984 errichteten Neubauten mit jeweils sechs Eigentumswohnungen. Weder die Teilungserklärung noch die in ihr enthaltene Gemeinschaftsordnung (GO) enthält eine Regelung über die Kosten der Unterhaltung und Instandsetzung. Die Gemeinschaftsordnung verweist auf das Wohnungseigentumsgesetz und sieht in § 7 vor, dass der Verwalter "Nutzungen, Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums anders als nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile verteilen [kann], wenn dies der Billigkeit entspricht oder der Vereinfachung dient". Nach § 16 GO in seiner seit 1982 geltenden Fassung bedürfen Änderungen der Gemeinschaftsordnung zu ihrer Wirksamkeit eines einstimmigen Beschlusses der Wohnungseigentümer.

2

In der Eigentümerversammlung vom 8. April 2008 befassten sich die Eigentümer u.a. mit der Instandsetzung des reparaturbedürftigen Daches der Villa. Sie beschlossen dazu mit unterschiedlich großen Mehrheiten und unangefochten, das Dach der Villa instand setzen zu lassen, die Instandsetzungskosten nicht nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile umzulegen, sondern nach dem Verhältnis der DIN-Wohnflächen, und eine Sonderumlage für die Sanierungskosten in Höhe von 65.000 € zu erheben. Mit der nach § 16 Abs. 4 Satz 2 WEG erforderlichen doppelt qualifizierten Mehrheit fasste die Eigentümerversammlung außerdem folgenden, hier angefochtenen Beschluss:

"In weiterer Anwendung von § 16 WEG beschließen die Wohnungseigentümer, dass nur die Eigentümer der Einheiten im Haus D. 4a [das ist die Villa] zu den entstehenden Gesamtkosten beizutragen haben und zwar unter sich nach dem Verhältnis der DIN-Wohnfläche. Infolge dieser Kostenverteilung haben auch nur diese Wohnungseigentümer die Sonderumlage zu bestreiten. Die Wohnungseigentümer des Hauses 4a erhalten für den Fall, dass dieser Beschluss nicht angefochten wird, die Möglichkeit, nach Rücksprache mit Hausverwaltung und Verwaltungsbeirat sowie Vorlage und Genehmigung des Kostenangebots unter Beschreibung der Arbeitsausführung, eine andere Dachdeckerfirma zu beauftragen."

3

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Kläger mit der fristgerecht eingereichten und begründeten Beschlussanfechtungsklage. Er meint, der Beschluss sei von § 16 Abs. 4 WEG nicht gedeckt.

4

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen (ZMR 2009, 238). Auf die Berufung des Klägers hat das Landgericht der Klage stattgegeben (ZMR 2010, 150). Dagegen wenden sich die übrigen Wohnungseigentümer mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision, mit welcher sie weiterhin die Abweisung der Klage erreichen wollen. Der Kläger beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe

I.

5

Nach Auffassung des Landgerichts lässt sich der gefasste Beschluss nicht auf die Gemeinschaftsordnung stützen; diese enthalte keine Öffnungsklausel. Eine solche ergebe sich auch nicht aus der Regelung in § 7 GO, die sich allein an den Verwalter, nicht aber an die Versammlung der Eigentümer richte. Auf § 16 Abs. 4 WEG lasse sich der Beschluss ebenfalls nicht stützen. Danach hätten die Wohnungseigentümer bei der Bestimmung eines abweichenden Kostenverteilungsmaßstabs zwar ein Ermessen. Dessen Grenzen seien hier aber überschritten. Es sei nicht gerechtfertigt, die Kosten der Sanierung des Dachs des Villengebäudes allein den Eigentümern mit Wohnungen in diesem Gebäude zuzuweisen. Einigkeit bestehe darüber, dass eine abweichende Kostenverteilung durch einen in irgendeiner Form gesteigerten Gebrauch gerechtfertigt sein müsse. Daran fehle es hier.

II.

6

Diese Erwägungen halten im Ergebnis einer rechtlichen Prüfung stand. Der angefochtene Beschluss ist für ungültig zu erklären, weil er weder auf die Gemeinschaftsordnung noch auf § 16 Abs. 4 WEG gestützt werden kann.

7

1.

Der angefochtene Beschluss lässt sich nicht auf die Gemeinschaftsordnung stützen.

8

a)

Die Gemeinschaftsordnung erlaubt allerdings eine Änderung des Kostenverteilungsschlüssels auch im Einzelfall durch Beschluss. Der gesetzliche Kostenverteilungsschlüssel nach § 16 Abs. 2 WEG, der nach § 1 Abs. 1 GO grundsätzlich gelten soll, kann nach § 1 Abs. 2 GO in Verbindung mit § 16 GO durch Beschluss der Wohnungseigentümer geändert werden. Erforderlich ist nach dieser Regelung aber ein einstimmiger Beschluss, an dem es hier fehlt. Der Kläger hat gegen den angefochtenen Beschluss gestimmt. Weitere Öffnungsklauseln enthält die Gemeinschaftsordnung entgegen der Ansicht der Revision nicht.

9

b)

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 7 GO. Danach kann der Verwalter Nutzen, Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums anders als nach dem an sich maßgeblichen gesetzlichen Verteilungsschlüssel verteilen. Das ermächtigt aber weder ihn noch die in der Vorschrift gar nicht angesprochene Eigentümerversammlung, diesen gesetzlichen Verteilungsschlüssel für eine Instandsetzungsmaßnahme zu ändern. Maßgeblich für die Auslegung einer Regelung in einer Gemeinschaftsordnung sind ihr Wortlaut und ihr Sinn, wie sie sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegend ergeben (Senat, Urt. v. 25. September 2009, V ZR 33/09, NJW-RR 2010, 227, 228). Danach ergibt § 7 GO keine Befugnis zur Änderung des grundsätzlich maßgeblichen gesetzlichen Verteilungsschlüssels. Ob und unter welchen Voraussetzungen eine Änderung der Gemeinschaftsordnung möglich ist, regelt diese in § 16 GO, und zwar ganz allgemein, auch für den Kostenverteilungsschlüssel. Sie verlangt hierfür einen Beschluss der Eigentümerversammlung, der zudem einstimmig sein muss. Mit dieser Regelung wäre es nicht zu vereinbaren, wenn die Änderung eines der wesentlichen Elemente der Gemeinschaftsordnung, nämlich des Kostenverteilungsschlüssels, durch den Verwalter, ein dienendes Organ der Wohnungseigentümergemeinschaft, und noch dazu ohne jede Vorgabe für Mehrheiten möglich wäre.

10

2.

Auch auf § 16 Abs. 4 WEG lässt sich, darin ist dem Berufungsgericht entgegen der Auffassung der Revision ebenfalls zu folgen, der angefochtene Beschluss nicht stützen. Nach dieser Vorschrift können die Wohnungseigentümer im Einzelfall zur Instandsetzung und Instandhaltung durch Beschluss mit der in § 16 Abs. 4 Satz 2 WEG bestimmten doppelt qualifizierten Mehrheit die Kostenverteilung abweichend von § 16 Abs. 2 WEG regeln, wenn der abweichende Maßstab dem Gebrauch oder den Möglichkeiten des Gebrauchs durch die Wohnungseigentümer Rechnung trägt. Diese Bedingungen sind hier nicht eingehalten.

11

a)

Der angefochtene Beschluss regelt allerdings die Verteilung der Kosten für eine einzelne Maßnahme, nämlich für die Instandsetzung des Dachs der Villa, und erschöpft sich in dem Vollzug dieser Maßnahme (zu diesem Gesichtspunkt: Elzer in Riecke/Schmid, WEG, 3. Aufl., § 16 Rdn. 98). Hierbei handelt es sich um eine Maßnahme zur Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums nach § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG. Der Beschluss ist mit der nach § 16 Abs. 4 Satz 2 WEG erforderlichen doppelt qualifizierten Mehrheit - drei Viertel der stimmberechtigten Wohnungseigentümer und mehr als die Hälfte aller Miteigentumsanteile - gefasst worden.

12

b)

Zweifelhaft ist aber schon, ob die beschlossene Kostenverteilung dem Gebrauch und der Möglichkeit des Gebrauchs des Gemeinschaftseigentums durch die Wohnungseigentümer in der nach § 16 Abs. 4 Satz 1 WEG gebotenen Weise Rechnung trägt.

13

aa)

Diese Anforderung verfehlt ein Beschluss über eine abweichende Kostenverteilung nicht schon dann, wenn diese den Gebrauch oder die Möglichkeiten des Gebrauchs nicht (mehr oder weniger) exakt abbildet. Die Wohnungseigentümer haben bei der Bestimmung des abweichenden Kostenverteilungsmaßstabs nämlich, worüber Einigkeit besteht, ein Gestaltungsermessen (Becker in Bärmann, WEG, 10., Aufl., § 16 Rdn. 124; Niedenführ in Niedenführ/ Kümmel/Vandenhouten, WEG, 9. Aufl., § 16 Rdn. 92; Elzer in Riecke/Schmid, aaO, § 16 Rdn. 117). Das ergibt sich aus der Formulierung der Vorschrift. Danach muss der von den Wohnungseigentümern beschlossene abweichende Verteilungsmaßstab dem Gebrauch oder den Gebrauchsmöglichkeiten nicht "entsprechen", sondern ihnen "nur" Rechnung tragen. Diesen Begriff hat der Gesetzgeber bewusst deshalb gewählt, um den Wohnungseigentümern die Möglichkeit einzuräumen, neben Gebrauch und Gebrauchsmöglichkeiten auch andere Kriterien einfließen zu lassen (Begründung des Entwurfs der WEG-Novelle 2007 in BT-Drucks. 16/887 S. 24 r. Sp.). Die Wohnungseigentümer ü-berschreiten ihren Gestaltungsspielraum, wenn der beschlossene abweichende Verteilungsmaßstab nicht durch den in § 16 Abs. 4 Satz 1 WEG bestimmten Gebrauchsmaßstab, sondern durch andere Kriterien bestimmt wird.

14

bb)

Der Gesetzgeber hat den Wohnungseigentümern mit § 16 Abs 4 Satz 1 WEG nicht die Möglichkeit verschafft, den gesetzlichen (oder vereinbarten) Kostenverteilungsmaßstab durch jedweden anderen Maßstab zu ersetzen. Nach der Vorschrift kommt es entscheidend darauf an, welchen Gebrauch die Wohnungseigentümer von den Teilen, Anlagen und Einrichtungen des gemeinschaftlichen Eigentums, die von der Instandsetzung oder Instandhaltung betroffen sind, tatsächlich machen oder machen können (Begründung des Entwurfs der WEG-Novelle 2007 in BT-Drucks. 16/887 S. 24). Der maßgebliche Gebrauch des Gemeinschaftseigentums durch die betroffenen Wohnungseigentümer muss dazu zwar nicht, wie etwa bei einem Balkon, exklusiv sein (Jennißen in Jennißen, WEG, 2. Aufl., § 16 Rdn. 64). Der beschlossene Verteilungsmaßstab kann vielmehr auch auf die tatsächliche Gebrauchshäufigkeit und die Gebrauchsmöglichkeit sowie die Anzahl der davon profitierenden Personen o-der vergleichbare Unterschiede zwischen den Wohnungseigentümern abstellen (Senat, Urt. v. 15. Januar 2010, V ZR 114/09, ZfIR 2010, 360, 363; Becker in Bärmann, aaO, § 16 Rdn. 124; Jennißen in Jennißen, aaO, § 16 Rdn. 65; Elzer in Riecke/Schmid, aaO, § 16 Rdn. 115; Timme/Bonifacio, WEG, § 16 Rdn. 191). Die Belastung eines Teils der Wohnungseigentümer mit den Kosten einer Instandsetzungsmaßnahme kommt aber, worüber im Ansatz Einigkeit besteht, nur in Betracht, wenn die belasteten Wohnungseigentümer von dem Gemeinschaftseigentum einen eigennützigen Gebrauch machen oder machen können, der den von den Kosten freigestellten Wohnungseigentümern nicht oder so nicht möglich ist (Becker in Bärmann, aaO, § 16 Rdn. 124; Elzer in Riecke/Schmid, aaO, § 16 Rdn. 114; im Ergebnis auch Bamberger/ Roth/Hügel, BGB, 2. Aufl., § 16 WEG Rdn. 20; MünchKomm-BGB/Engelhardt, 5. Aufl., § 16 WEG Rdn. 31; Niedenführ in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, aaO, § 16 Rdn. 92; Palandt/Bassenge, BGB, 69. Aufl., § 16 WEG Rdn. 14).

15

cc)

Danach ist die Belastung nur eines Teils der Wohnungseigentümer mit den Kosten der Instandsetzung des Daches einer Einzelhausanlage nicht möglich. Zwar mögen die Wohnungen der Dachgeschossbewohner dem instand zu setzenden Dach näher sein als die Eigentümer der übrigen Wohnungen. Es fehlt aber an einer gesteigerten Gebrauchsmöglichkeit und an einem konkreten Objektbezug (so ausdrücklich: Jennißen in Jennißen aaO, § 16 Rdn. 64; Timme/Bonifacio, aaO, § 16 Rdn. 193; ähnlich Elzer in Riecke/ Schmid, aaO, § 16 Rdn. 116a für Kosten der Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums ganz allgemein und Becker in Bärmann, aaO, § 16 Rdn. 122 und 126 für die Decke einer Tiefgarage unter der Einzelhausanlage). Ob für die Instandsetzung des Dachs eines Gebäudes einer Mehrhausanlage ohne eine Regelung über die Trennung von Kosten in der Teilungserklärung etwas anderes gilt (befürwortend: AG München ZWR 2009, 238, 239; Jennißen in Jennißen, aaO, § 16 Rdn. 64; Niedenführ in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, a-aO, § 16 Rdn. 93; Elzer in Riecke/Schmid, aaO, § 16 Rdn. 115; Timme/ Bonifacio, aaO, § 16 Rdn. 202; Schmidt, ZMR 2007, 913, 921), ist zweifelhaft, bedarf aber keiner Entscheidung.

16

c)

Der angefochtene Beschluss verstößt jedenfalls deshalb gegen § 16 Abs. 4 Satz 1 WEG, weil er den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung nicht entspricht.

17

aa)

Ein Beschluss über die abweichende Verteilung der Kosten einer einzelnen Instandsetzungsmaßnahme ist nicht schon dann von § 16 Abs. 4 WEG gedeckt, wenn er dem dort vorgeschriebenen Gebrauchsmaßstab entspricht und die in § 16 Abs. 4 Satz 2 WEG bestimmte Mehrheit findet. Er muss vielmehr auch den nach § 21 Abs. 3 und 4 WEG das Handeln der Wohnungseigentümergemeinschaft insgesamt bestimmenden Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen (Senat, Urt. v. 15. Januar 2010, V ZR 114/09, ZfIR 2010, 360, 363 Rdn. 25; Begründung des Entwurfs der WEG-Novelle 2007 in BT-Drucks. 16/887 S. 24 r. Sp.; Becker in Bärmann, aaO, § 16 Rdn. 123; Elzer in Riecke/Schmid, aaO, § 16 Rdn. 112; Timme/Bonifacio, aaO, § 16 Rdn. 213). Diesen Grundsätzen genügt der angefochtene Beschluss nicht. Er läuft nämlich auf eine verdeckte dauernde Änderung der Teilungsklärung hinaus, die § 16 Abs. 4 WEG nicht ermöglicht.

18

bb)

Würde der angefochtene Beschluss bestandskräftig, müssten die Eigentümer von Wohnungen in der Villa die Kosten der Dachsanierung alleine tragen. Im Übrigen bliebe es aber nicht nur bei der gesetzlichen Kostenverteilung nach Miteigentumsanteilen, sondern auch bei den in der Teilungserklärung vorgesehenen Mehrheiten und Zuständigkeiten. Die Eigentümer von Wohnungen in der Villa müssten sich also grundsätzlich an allen anderen Instandsetzungsmaßnahmen nach Maßgabe ihrer Miteigentumsanteile beteiligen, auch wenn es sich um die Instandsetzung von Teilen der beiden Neubauten handelt, also z.B. an der Reparatur des Dachs einer dieser Neubauten. Sie könnten auch nicht verhindern, dass die Mehrheit der Wohnungseigentümer Instandsetzungsmaßnahmen an der Villa gegen ihren Willen beschließt und ihnen wieder die Kosten auferlegt. Sie selbst könnten eine abweichende Kostenverteilung nach § 16 Abs. 4 WEG nur unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG erzwingen (Senat, Urt. v. 15. Januar 2010, V ZR 114/09, ZfIR 2010, 360, 363 Rdn. 27). Eine solche einseitige Zurücksetzung der Interessen einer Gruppe von Wohnungseigentümern wäre willkürlich und mit den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung (§ 21 Abs. 3 und 4 WEG) nicht zu vereinbaren.

19

cc)

In der Sache entspräche eine abweichende Kostenverteilung, wie sie hier beschlossen worden ist, den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung deshalb nur, wenn für alle gleich gelagerten Instandsetzungsmaßnahmen unter dem Gesichtspunkt der Maßstabskontinuität eine entsprechende abweichende Kostenverteilung beschlossen würde (OLG Hamm ZMR 2007, 296, 297; Becker in Bärmann, aaO, § 16 Rdn. 118; Jennißen in Jennißen, aaO, § 16 Rdn. 77; Niedenführ in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, aaO, § 16 Rdn. 93 a.E.; Palandt/Bassenge, aaO, § 16 WEG Rdn. 14; Elzer in Riecke/ Schmid, aaO § 16 Rdn. 119). Damit wird aber das in der Teilungserklärung vorgesehene Prinzip der Gesamtverantwortung aller Wohnungseigentümer für das Gemeinschaftseigentum an allen Gebäuden unterlaufen und im Wege von Einzelfallmaßnahmen in sein Gegenteil verkehrt. Das sollte mit § 16 Abs. 4 WEG gerade nicht ermöglicht werden. Ein solches Vorgehen (Begründung der WEG-Novelle 2007 in BT-Drucks. 16/887 S. 24 l. Sp.) widerspricht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung (ähnlich Hügel in Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, § 5 Rdn. 61).

20

d)

Der Beschluss ist deshalb aufzuheben. Ein Beschluss nach § 16 Abs. 4 WEG, der gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung verstößt, ist nicht nichtig, sondern anfechtbar (Becker in Bärmann, aaO, § 16 Rdn. 123, 130; Elzer in Riecke/Schmid, aaO, § 16 Rdn. 118; Timme/Bonifacio, aaO, § 16 Rdn. 189; Häublein, ZMR 2007, 409, 423).

III.

21

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Krüger
Klein
Lemke
Schmidt-Räntsch
Roth

Von Rechts wegen

Verkündet am: 18. Juni 2010

VorschriftenWEG § 16 Abs. 4, 21 Abs. 3

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