Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww

30.07.2010 · IWW-Abrufnummer 101929

Landesarbeitsgericht Hamm: Urteil vom 12.11.2009 – 16 Sa 1765/08

Wird in einem Sozialplan vereinbart, dass die Mitarbeiter berechtigt sind, eine Abfindung oder Teile davon durch Entgeltumwandlung in eine betriebliche Altersversorgung einzuzahlen, so unterliegt die Abfindung auch dann der Pfändung nach § 850 ZPO, wenn der Mitarbeiter die Einzahlung in die betriebliche Altersversorgung verlangt.


Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 23.09.2008 - 1 Ca 544/07 - wird zurückgewiesen.
Die Anschlussberufung der Beklagten wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass festgestellt wird, dass dem Kläger aufgrund des Sozialplans vom 26.07.2005 eine weitere Abfindung in Höhe von 11.180,44 € zusteht.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Höhe einer Sozialplanabfindung sowie darum, ob diese im Wege einer Entgeltumwandlung in die betriebliche Altersversorgung einzuzahlen ist.
Der am 05.03.1951 geborene, verheiratete Kläger war in der Zeit vom 01.08.1972 bis zum 31.12.2006 bei der Beklagten beschäftigt. Sein monatliches Entgelt belief sich auf 2.588,-- € brutto. Das Arbeitsverhältnis endete nach betriebsbedingter Kündigung der Beklagten, die diese unter dem 12.05.2006 erklärt hatte, am 31.12.2006, weil zu diesem Zeitpunkt das Werk der Beklagten in N1, in dem der Kläger tätig war, stillgelegt wurde. Gegen diese Kündigung hatte sich der Kläger zunächst mit einer Kündigungsschutzklage gewehrt. Diese nahm er zurück, nachdem es im Laufe des Dezember 2006 zu einer außergerichtlichen Einigung der Parteien gekommen war. Aufgrund dieser Einigung wechselte der Kläger mit Wirkung zum 01.01.2007 in eine Transfergesellschaft, an der die Beklagte beteiligt war. Des Weiteren vereinbarten die Parteien, dass die vergleichsweise Regelung "Rücknahme der Klage gegen Wechsel in die Transfergesellschaft" nicht die Frage der Höhe der Abfindung (Kappungsgrenze) und der Auszahlung (Einzahlung in die betriebliche Altersvorsorge) betreffe.
Im Hinblick auf die von der Beklagten im Juni/Juli 2005 beschlossenen Maßnahmen, zu denen die endgültige Schließung des Werkes N1 gehörte, wurde am 26.07.2005 mit dem Gesamtbetriebsrat sowohl ein Interessenausgleich als auch ein Sozialplan vereinbart. Der Gesamtbetriebsrat war von den Einzelbetriebsräten zur Verhandlungsführung sowie zum Abschluss der Vereinbarungen beauftragt worden. Unter Nr. 8 enthält dieser Interessenausgleichs weitere Regelungen zur Standort- bzw. Beschäftigungssicherung, zum einen im Hinblick auf nicht betroffene Standorte zum anderen im Hinblick auf Maßnahmen zur Durchführung der beschlossenen Restrukturierung für die Jahre 2007 bis einschließlich 2010, zu denen auch betriebsbedingte Kündigungen einzelner Mitarbeiter gehören können. Zu den Einzelheiten dieses Interessenausgleichs wird auf Bl. 96 - 103 d.A. Bezug genommen. Ebenfalls am 26.07.2005 schloss die Beklagte mit dem Betriebsrat des Werkes N1 einen Interessenausgleich, dem eine Namensliste der von der Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2006 betroffenen Arbeitnehmer beigefügt war. Hierzu gehörte auch der Kläger. Zu den Einzelheiten dieses Interessenausgleichs wird auf Bl. 50 - 54 d.A. verwiesen.
Der Sozialplan vom 26.07.2005 sieht unter Nr. 2 die Zahlung einer Abfindung an Arbeitnehmer vor, denen gemäß jeweiligem Interessenausgleich in den einzelnen Standorten eine Beendigungskündigung ausgesprochen wird. Abs. 2 und Abs. 3 enthalten die Abfindungsformel sowie die Grundsätze für die Berechnung der Abfindung. In Abs. 4 findet sich sodann die folgende Regelung:
"Die Abfindungssumme beträgt höchstens 18 Monatslöhne/-gehälter. Bei Betriebsänderungen mit einem Personalabbau von mehr als 5 % entfällt diese Begrenzung.
Die Kappungsgrenze gilt nicht für Leistungen nach Ziffer 5 des Sozialplans."
Ziffer 5 des Sozialplans betrifft abfindungserhöhende Zahlungen bzw. Mindestabfindungen.
Unter Nr. 6 "Altersversorgung" haben die Parteien des Sozialplans die folgende Regelung vereinbart:
"Es gelten die gesetzlichen Vorschriften des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (m/n-Regelung) in Verbindung mit der D2-Pensions-Ordnung für Mitarbeiter.
Mitarbeiter, die nach den Regelungen der Ziffer 3 dieser Vereinbarung ausscheiden, werden im Hinblick auf die Pensionsberechnung so gestellt, als wären sie nach dem Austritt direkt in die Altersrente gegangen (keine m/n-Regelung). Für die Dienstzeitberechnung der D2-Pension werden Dienstzeiten bis zum Austrittsdatum berücksichtigt.
Die Mitarbeiter sind berechtigt, die Abfindung oder Teile der Abfindung durch Entgeltumwandlung in die betriebliche Altersversorgung D2 (alle Pensionsordnungen) einzuzahlen."
Ansprüche aus dem Sozialplan werden, wie Nr. 16 bestimmt, fällig, wenn endgültig feststeht, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung oder den Aufhebungsvertrag rechtswirksam beendet worden ist, frühestens jedoch mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Zur Gültigkeitsdauer des Sozialplans ist vereinbart, dass dieser am 26.07.2005 in Kraft tritt und zugleich als vorsorglicher Sozialplan für etwaige Betriebsänderungen (bis zum 31.12.2010) in Folge etwaiger weiterer Restrukturierung des Unternehmens und sonstigen betriebsbedingten personellen Einzelmaßnahmen außerhalb von Betriebsänderungen (Kündigungsdatum bis 31.12.2008) dient. Zu den weiteren Einzelheiten der im Sozialplan getroffenen Regelungen wird auf Bl. 105 - 115 d.A. Bezug genommen. Die Beklagte berechnete die dem Kläger zustehende Abfindung unter Berücksichtigung der Kappungsgrenze des Sozialplans mit 77.449,28 €, woraus sich nach Abzug von Lohnsteuern, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuern ein Auszahlungsbetrag von 40.993,80 € ergab (vgl. Bl. 8 d.A.).
Im Zusammenhang mit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses erklärte der Kläger, dass die ihm nach dem Sozialplan zustehende Abfindung nicht an ihn ausgezahlt, sondern durch Entgeltumwandlung in die betriebliche Altersversorgung eingezahlt werden solle. Am 12.12.2006 lagen bei der Beklagten Pfändungen in Höhe von 400.374,01 € vor. Im Hinblick hierauf hinterlegte die Beklagte den Nettobetrag der Abfindung unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme beim Amtsgericht Beckum. Das Hinterlegungsverfahren ist inzwischen abgeschlossen und das hinterlegte Geld an die Gläubiger verteilt.
Mit seiner am 02.03.2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass ihm eine Abfindung in Höhe von insgesamt 88.629,72 € zusteht und diese Abfindung durch Entgeltumwandlung in die betriebliche Altersversorgung der Beklagten einzuzahlen sei. Durch Beschluss des Amtsgerichts Münster vom 01.08.2007 ist über das Vermögen des Klägers wegen Zahlungsunfähigkeit das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Zum Insolvenzverwalter ist Rechtsanwalt Dr. N2 K4 bestellt worden. Dieser hat mit Schreiben vom 22.06.2009 (Bl. 221 d.A.) die streitgegenständlichen Forderungen aus dem Insolvenzbeschlag freigegeben.
Durch Urteil vom 23.09.2008, auf das wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass dem Kläger eine Abfindung in Höhe von 88.629,72 € brutto zustehe und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Kläger nicht verlangen könne, dass die Abfindung durch Entgeltumwandlung in die betriebliche Altersversorgung der Beklagten eingezahlt werde. Eine Umwandlungsvereinbarung sei von den Parteien nicht geschlossen worden. Sie werde auch nicht durch die Sozialplanregelung vom 26.07.2005 ersetzt. Hierdurch sei der Arbeitgeber lediglich verpflichtet, mit dem Arbeitnehmer eine Vereinbarung zu schließen, die den Arbeitgeber berechtige, die Einzahlung vorzunehmen. Nach der Klausel dürfe aber der Mitarbeiter die Abfindung einzahlen, nicht die Beklagte. Diese habe deshalb die Abfindung an den Kläger auszuzahlen, der wiederum die Leistung vornehme. Nicht verlangen könne der Kläger, dass die Einzahlung durch die Beklagte erfolge. Allerdings bestehe der Anspruch in Höhe des vom Kläger begehrten Betrages. Die Höchstbegrenzungsklausel des Sozialplans finde auf den vorliegenden Fall keine Anwendung.
Gegen dieses Urteil, das dem Kläger am 22.10.2008 zugestellt worden ist, hat dieser am 24.11.2008, einem Montag, Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist fristgerecht begründet. Die Berufungsbegründung ist der Beklagten am 26.01.2009 zugestellt worden. Sie hat mit einem am 06.02.2009 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Anschlussberufung eingelegt und diese zugleich begründet.
Der Kläger beruft sich darauf, dass unter Berücksichtigung der Ziffer 6 des Sozialplans davon auszugehen sei, dass eine nach § 1 a Abs. 1 Satz 2 BetrAVG zu schließende Vereinbarung habe ersetzt werden sollen. Hierüber habe bei Abschluss des Sozialplans auch Einigkeit bestanden. Die Beklagte habe die Abfindung ganz oder teilweise direkt in die betriebliche Altersversorgung einzahlen sollen. Bei der angestrebten Entgeltumwandlung handele es sich auch nicht um eine unzulässige Lohnschiebung im Sinne von § 850 h Abs. 1 ZPO. Er habe lediglich den zu seinen Gunsten bestehenden Anspruch gemäß dem Sozialplan vom 26.02.2005 realisieren wollen. Entsprechend der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unterlägen Ansprüche, die durch Entgeltumwandlung in die betriebliche Altersversorgung eingezahlt werden sollten, nicht der Pfändung der Gläubiger. Die Erfüllung eines solchen Anspruchs könne nur durch Zahlung des Bruttobetrages an die Altersversorgung erfolgen.
Der Kläger beantragt,
unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Münster vom 23.09.2008 - 1 Ca 544/07 - festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Abfindung in Höhe von 88.629,72 €, hilfsweise 78.097,41 € durch Entgeltumwandlung in die betriebliche Altersversorgung D2 einzuzahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und im Wege der Anschlussberufung das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 23.09.2008 - 1 Ca 544/07 - insofern abzuändern, dass auch der Hilfsantrag des Klägers (festzustellen, dass dem Kläger der Höhe nach eine Abfindung in Höhe von 88.629,72 € zusteht) abgewiesen wird.
Der Kläger beantragt,
die Anschlussberufung zurückzuweisen mit der Maßgabe, dass festgestellt wird, dass dem Kläger aufgrund des Sozialplans vom 26.07.2008 eine weitere Abfindung in Höhe von 11.180,44 € zusteht.
Die Beklagte verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil, sie hält insbesondere den Wortlaut der Klausel des Sozialplans für eindeutig, wonach Mitarbeiter verpflichtet sind, die Abfindung in die betriebliche Altersversorgung durch Entgeltumwandlung einzuzahlen. Im Übrigen verweist sie darauf, dass sie durch die Hinterlegung von der Verbindlichkeit befreit sei. Zur Begründung der Anschlussberufung beruft sie sich darauf, dass die Vorschrift des Sozialplans über die Kappungsgrenze eingreife.
Zum weiteren Sachvortrag der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung der Beklagten sind jeweils zulässig. Beide Rechtsmittel haben jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Trotz Insolvenz des Klägers kann das Berufungsverfahren, das zwischenzeitlich gemäß
§ 240 ZPO unterbrochen war, mit dem Kläger als Partei durchgeführt werden. Der Insolvenzverwalter, Rechtsanwalt Dr. K4, hat durch Schreiben vom 15.06.2009 die im vorliegenden Verfahren geltend gemachten Ansprüche ausdrücklich aus dem Insolvenzbeschlag freigegeben, sodass der Kläger sie im eigenen Namen weiter verfolgen kann.
I. Der Kläger kann die Einzahlung der ihm nach dem Sozialplan vom 26.07.2005 zustehenden Abfindung in die betriebliche Altersversorgung der Beklagten im Wege der Entgeltumwandlung nicht verlangen. Sein dahingehender Feststellungsantrag ist unbegründet. Vielmehr hat die Beklagte durch die Hinterlegung eines Betrages von 40.208,16 € beim Amtsgericht Beckum unter Verzicht auf das Recht zur Rücknahme ihre nach dem Sozialplan bestehende Verbindlichkeit in diesem Umfang, damit überwiegend erfüllt.
1) Das Arbeitsgericht hat die Zulässigkeit der Feststellungsklage nach § 256 ZPO zutreffend bejaht. Hierauf wird zunächst Bezug genommen. Auf die Erhebung einer Leistungsklage, die die Einzahlung der fälligen und der Höhe nach im Wesentlichen unstreitigen Abfindung in die betriebliche Altersversorgung der Beklagten zum Gegenstand hätte, ist der Kläger nicht zu verweisen. Allein im Hinblick auf in einem solchen Fall wirksame steuerrechtliche Bestimmungen bestünden erhebliche Probleme der Berechnung der Forderung. Es ist aus diesem Grunde sachdienlich und auch prozessökonomisch sinnvoll, den Streitpunkt der Parteien im Rahmen eines Feststellungsverfahrens zu klären.
2) Dem Klagebegehren steht nicht schon die Hinterlegung der Nettoabfindung beim Amtsgericht Beckum nach § 372 BGB entgegen. Zwar hat die Beklagte nach § 376 Abs. 2 Nr. 1 BGB auf das Recht der Rücknahme verzichtet, was gemäß § 378 BGB die Befreiung des Schuldners von seiner Verbindlichkeit gegenüber dem Gläubiger bewirkt. Die Hinterlegung ist in Fällen der vorliegenden Art ein geeignetes Mittel, dem Interesse des leistungswilligen Schuldners Rechnung zu tragen, sich nach Fälligkeit der Schuld von seiner Leistungspflicht zu befreien. § 853 ZPO sieht deshalb die Hinterlegung bei mehrfacher Pfändung einer Geldforderung ausdrücklich vor. Zu den pfändbaren Forderungen gehören auch Abfindungen. Sie stellen Arbeitseinkommen im Sinne des § 850 Abs. 2 ZPO dar (vgl. BAG vom 12.09.1979, 4 AZR 420/77, DB 1980, 358).
Ist bei einer Hinterlegung die Rücknahme, wie hier, ausgeschlossen, so ist diese Erfüllungssurrogat (Heinrichs in MünchKom./BGB, 5. Aufl., § 372 Rdnr. 1 m.w.N.). Wäre, was der Kläger geltend macht, die Beklagte verpflichtet gewesen, die Abfindung von vornherein in die betriebliche Altersversorgung einzuzahlen, so hätte durch die Hinterlegung zugunsten verschiedener Pfändungsgläubiger eine Erfüllung gerade nicht eintreten können. Lohnbestandteile, die der Arbeitgeber im Wege der Entgeltumwandlung nach § 1 a BetrAVG auf die betriebliche Altersversorgung verwendet, sind nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts jedenfalls im Fall einer Direktversicherung nicht pfändbar. An die Stelle der Barvergütung tritt ein Versorgungsversprechen. Es entstehen keine Ansprüche des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf Barvergütung. Damit handelt es sich nicht mehr um Arbeitseinkommen im Sinne von § 850 ZPO. Der Arbeitgeber, der zur Erfüllung seines Versorgungsversprechens eine Verbindlichkeit gegenüber einem Versicherungsunternehmen eingeht, will in Höhe der Belastungen den Anspruch des Arbeitnehmers auf laufende Vergütung endgültig beseitigen. Es handelt sich in diesen Fällen nicht nur um eine Lohnverwendungsabrede, sondern um eine Gehaltsumwandlung (vgl. BAG vom 17.02.1998 - 3 AZR 611/97 - NZA 1998, 707).
3) Ob diese Rechtsprechung auch für die vorliegende Form der betrieblichen Altersversorgung zutrifft, kann dahinstehen. Denn die Regelung in Ziffer 6 des Sozialplans vom 26.07.2005 enthält keine Vereinbarung einer Entgeltumwandlung im Sinne des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung.
Allerdings haben die Betriebsparteien unter Ziffer 6 des Sozialplans die Altersversorgung der von einer Betriebsänderung betroffenen Mitarbeiter geregelt. Sie haben Bezug genommen auf die Pensionsordnung der Beklagten und in Absatz 2 für ältere Mitarbeiter die Möglichkeit eröffnet, Ansprüche aus der betrieblichen Altersversorgung direkt in Anspruch zu nehmen. In Absatz 3 ist allen Mitarbeitern das Recht eingeräumt worden, ihre künftige Altersversorgung dadurch zu verbessern, dass sie die Abfindung oder Teile der Abfindung in die betriebliche Altersversorgung der Beklagten einzahlen. Dies soll im Wege der Entgeltumwandlung geschehen.
Nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG bezieht sich eine Entgeltumwandlung auf künftige Entgeltansprüche, die in eine wertgleiche Anwartschaft oder Versorgungsleistungen umgewandelt werden. Hierum handelt es sich bei der in Ziffer 6 Abs. 3 Sozialplan geregelten Abfindung bzw. Teile der Abfindung nicht. Entgelt im Sinne des § 1 Abs. 2 Ziffer 3 BetrAVG ist zwar in einem weiten Sinn zu verstehen. Vom Begriff des "Entgeltanspruchs" ist jeder geldwerte Anspruch umfasst, der Gegenleistung für eine Tätigkeit des Arbeitnehmers ist (vgl. ErfKom/Steinmeyer, § 1 BetrAVG Rdnr. 19 ff; Blomeyer/Rolfs/Otto, Betriebsrentengesetz, § 1 Rdnr. 109 ff.). Hierzu gehört jedoch eine Sozialplanabfindung nicht. Sie dient dem Ausgleich oder der Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die entlassene Arbeitnehmer erleiden und besitzt keinen Entgeltcharakter. Es handelt sich nicht um die nachträgliche Vergütung geleisteter Dienste (vgl. BAG vom 12.11.2002, 1 AZR 58/02, NZA 2003, 1287).
Wegen des fehlenden Entgeltcharakters einer Abfindung sind auch die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Nr. 4 BetrAVG nicht erfüllt. Danach können auch Eigenbeiträge des Arbeitnehmers Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung begründen. Unabhängig von den sonstigen Voraussetzungen der gesetzlichen Vorschrift ist dies jedoch nur der Fall, wenn der Arbeitnehmer Beiträge aus seinem "Arbeitsentgelt" zur Finanzierung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung erbringt. Dann finden unter bestimmten Voraussetzungen die Regelungen für Entgeltumwandlung entsprechende Anwendung. Dem steht im Streitfall jedoch entgegen, dass die Einzahlung der Abfindung oder von Teilen der Abfindung in die betriebliche Altersversorgung der Beklagten keine Entgeltumwandlung darstellt. Zwar haben die Betriebsparteien den Begriff "Entgeltumwandlung" verwandt. Damit konnten sie die Rechtsfolgen des Betriebsrentengesetzes, die z.B. den Insolvenzschutz umfasst, jedoch nicht auslösen. Vielmehr ist durch die Verwendung dieses Begriffs ein Verfahren bezeichnet worden. Wie bei der Entgeltumwandlung soll die Leistung durch den Arbeitgeber für die betriebliche Altersversorgung erbracht werden. Der Sache nach handelt es sich um einen eigenen Beitrag des Arbeitnehmers zu seiner Altersversorgung. Das Ob und die Höhe seines Beitrages bestimmt ausschließlich der Arbeitnehmer. Die Beklagte hat sich als Leistung aus dem Sozialplan zur Milderung wirtschaftlicher Nachteile verpflichtet, diesen Eigenbeitrag des Arbeitnehmers nach dessen Wahl seiner betrieblichen Altersversorgung zugute kommen zu lassen. Mit dieser Ausgestaltung liegt eine Verwendungsabrede, nicht aber eine Schuldänderung bezogen auf die dem Kläger geschuldete Abfindung vor. Unterstützt wird diese Auslegung der Bestimmung des Sozialplans dadurch, dass es dort heißt, dass die Mitarbeiter berechtigt sind, die Abfindung oder Teile der Abfindung durch Entgeltumwandlung in die betriebliche Altersversorgung "einzuzahlen". Die Beklagte führt nach der Wahl des Mitarbeiters seine insoweit ihr zu erteilende Anweisung lediglich aus.
Handelt es sich nicht um eine Schuldänderung, sondern lediglich um eine Verwendungsabrede, so ist die Abfindung pfändbar. Ihre Verpflichtung aus dem Sozialplan hat die Beklagte im Wesentlichen durch die vorgenommene Hinterlegung erfüllt.
II. Dem Kläger steht jedoch eine Abfindung in Höhe von 88.629,72 € zu. Sein Anspruch unterliegt nicht der in Ziffer 2 Abs. 4 des Sozialplans enthaltenen Kappungsgrenze von höchstens 18 Monatseinkommen. Es liegt vielmehr eine Betriebsänderung mit einem Personalabbau von mehr als 5 % vor, bei der diese Begrenzung entfällt. Der Betrieb in N1, in dem der Kläger beschäftigt war, ist zum 31.12.2006 vollständig geschlossen worden.
Soweit die Beklagte einen Wertungswiderspruch darin sieht, dass zum einen Kappungsgrenze von 18 Monatsgehältern festgelegt und sofort danach festgestellt werde, dass diese bei einem Personalabbau von mehr als 5 % entfalle, ist dem nicht zu folgen. Vielmehr wird der Anwendungsbereich der Kappungsgrenze unter Berücksichtigung des am selben Tag abgeschlossenen Interessenausgleichs deutlich. Danach ist auch in den Jahren 2007 bis einschließlich 2010 ein weiterer Personalabbau möglich. Der Sozialplan findet nach Nr. 21 für solche personellen Einzelmaßnahmen ebenfalls Anwendung, zugleich auch für einzelne betriebsbedingte Kündigungen. In diesen Fällen kommt die Kappungsgrenze zum Zuge.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen.

RechtsgebietBGB ZPO BetrAVGVorschriften§ 372 BGB § 376 Abs. 2 Nr. 1 BGB § 378 BGB § 850 Abs. 2 ZPO § 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG § 1 Abs. 2 Nr. 4 BetrAVG § 1 a BetrAVG

Sprechen Sie uns an!

Kundenservice
Max-Planck-Str. 7/9
97082 Würzburg
Tel. 0931 4170-472
kontakt@iww.de

Garantierte Erreichbarkeit

Montag - Donnerstag: 8 - 17 Uhr
Freitag: 8 - 16 Uhr