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26.11.2002 · IWW-Abrufnummer 021669

Landesarbeitsgericht Mainz: Urteil vom 14.03.2002 – 1 Sa 1433/01

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


LANDESARBEITSGERICHT RHEINLAND-PFALZ
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

Aktenzeichen: 1 Sa 1433/01

Verkündet am: 14.03.2002

In dem Rechtsstreit

hat die 1. Kammer des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz auf die mündliche Verhandlung vom 14.03.2002 durch den Präsidenten des Landesarbeitsgerichts Prof. Dr. Schmidt als Vorsitzenden und den ehrenamtlichen Richter B und die ehrenamtliche Richterin A als Beisitzer für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 30.10.2001 - AZ: 8 Ca 1777/01 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Berichtigung und Ergänzung eines Arbeitszeugnisses.

Der Kläger war vom 01.01.1983 bis zum 31 03.1997 bei der Beklagten beschäftigt. Er wurde entsprechend dem in Bl. 15 d. A wiedergegebenen Arbeitsvertrag vom 17.12.1982, der unter anderem auf die Bestimmungen des Ersatzkassen-Tarifvertrages (EKT) verweist, eingestellt. Der Kläger wurde nach einem Jahr Geschäftsstellenleiter. Auf eigenen Wunsch des Klägers wurde die Arbeitszeit mit Wirkung vom 01.02.1995 reduziert und er von den Aufgaben als Geschäftsstellenleiter entbunden (Bl. 18 ff. d. A.). Die Beklagte erteilte dem Kläger bei seinem Ausscheiden das in Bl. 5 und 6 d. A. wiedergegebene Zeugnis. Der für die Beurteilung zuständige unmittelbare Vorgesetzte des Klägers hat das Unternehmen sechs Monate nach dem Ausscheiden des Klägers verlassen. Bei seinem Ausscheiden brauchte der Kläger zunächst kein Arbeitszeugnis. Inzwischen muss er sich jedoch wieder bei anderen Arbeitgebern bewerben und ihnen Zeugnisse vorlegen.

Der Kläger hat vorgetragen:

Das Zeugnis sei unrichtig und unvollständig. Die Beklagte könne den Inhalt des Zeugnisses noch überprüfen und habe die entsprechenden Unterlagen. Entgegen der Bezeichnung im Arbeitszeugnis sei er nicht als "Leistungssachbearbeiter", sondern als Außendienstmitarbeiter eingestellt worden. Zum Teil habe die Beklagte schriftliche Zeiteinteilungspläne, aus denen erkennbar sei, dass der Beklagte nur 10 Stunden im Innendienst und 30 Stunden im Außendienst tätig gewesen sei. Die Beförderung nach nur einem Jahr zum Geschäftsstellenleiter sei aufgrund seiner sensationellen Abschlusszahlen - der Kläger habe die Aufnahmen im Jahr 1983 im Vergleich zu seinem Vorgänger im Jahr 1982 verdoppelt -, seiner außerordentlichen Kompetenz und ausgezeichneten Menschenführung erfolgt. Versäumnisse seien dem Kläger nicht vorzuwerfen. Die Beklagte habe zur Begründung des Zeugnisses einen einzigen Prüfbericht mit einem minimalen Fehler herangezogen. Die anderen Prüfberichte zeigten, dass die Arbeitsleistung des Klägers nicht zu beanstanden gewesen sei. Herzprobleme und ein Schulbesuch im Hinblick auf neue berufliche Perspektiven seien ausschlaggebend für den Antrag des Klägers auf Arbeitszeitreduzierung gewesen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ein berichtigtes qualifiziertes Arbeitszeugnis zu erteilen auf der Grundlage des Zeugnisses vom 01.04.1997 nach Maßgabe folgender Berichtigungen:

a) Der Kläger wurde nicht am 01.01.1983 als Leistungssachbearbeiter in der Geschäftsstelle K eingestellt, sondern als Außendienstmitarbeiter der Geschäftsstelle K.

b) Die Ergebnisse der Außendienstmitarbeit des Klägers sind darzustellen und angemessen zu würdigen unter Hervorhebung der Tatsache, dass niemals vorher und auch danach ähnlich hohe Neuzugangszahlen bei der Beklagten festzustellen waren unter Hervorhebung des Umstandes, dass mit Beginn der Tätigkeit des Klägers ein ständig wachsender Kundenstamm dieser Geschäftsstelle zu verzeichnen war.

c) Der Umstand, dass der Kläger bereits nach nur 1-jähriger Mitarbeit zum Geschäftsstellenleiter befördert wurde, muss im Zeugnis entsprechend kenntlich gemacht werden, etwa mit der Formulierung wie "bereits nach nur 1 Jahr".

d) Die Beschreibung des Aufgabenkreises als Geschäftsstellenleiter ist zu vervollständigen um die verantwortliche Vertretung der Geschäftsstelle in den örtlichen Vertretungsorganen wie beispielsweise der V.

e) Das vielfach nachgewiesene Fachwissen des Klägers im Bereich der sozialen Krankenversicherung ist nicht nur als "umfangreich und fundiert" zu beurteilen, sondern als "hervorragend".

f) Die Gesamtbewertung der Tätigkeit des Klägers als Geschäftsstellenleiter kann nicht insgesamt mit "zu unserer vollen Zufriedenheit" beurteilt werden; vielmehr ist eine Leistungsbeurteilung einzusetzen, die entweder lautet "stets / jederzeit zu unserer vollsten Zufriedenheit" oder in jeder Hinsicht außerordentlich zufriedenstellend".

g) Hinsichtlich der Unternehmensziele ist das Zeugnis so zu gestalten, dass nicht nur die aktive Umsetzung der Unternehmensziele seitens des Klägers erwähnt wird, sondern der Umstand, dass er die ihm vorgegebenen Zielvorgaben erfolgreich umgesetzt hat.

h) Die Verhaltensbeurteilung des Klägers gegenüber dem im Zeugnis aufgezählten Personenkreis ist von "stets höflich, hilfsbereit, korrekt und ohne Tadel" abzuändern in "freundlich, höflich, in überdurchschnittlichem Ausmaße hilfsbereit, außerordentlich beliebt, sonstigen Personen gegenüber zuvorkommend und in jeder Hinsicht lobenswert".

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen:

Der Anspruch des Klägers sei verwirkt. Bei einem Zeitraum von über vier Jahren seit dem Ausscheiden des Klägers aus dem Arbeitsverhältnis habe die Beklagte nicht mehr mit der Geltendmachung eines Berichtigungsanspruches rechnen müssen. Zwischenzeitlich sei eine verantwortliche Beurteilung des Klägers im Hinblick auf das Ausscheiden des für die Beurteilung zuständigen Vorgesetzten nicht mehr möglich. Unterlagen, die das Vorbringen des Klägers stützten, befänden sich nicht in der Akte. Der Kläger sei als Sachbearbeiter und nicht als Außendienstmitarbeiter eingestellt worden. Die Übertragung der Leitung der Geschäftsstelle K sei keine Beförderung gewesen, sondern bereits bei der Einstellung vorgesehen gewesen. Zwar habe der Kläger einmal eine Prämie für einen Verbesserungsvorschlag erhalten, dies sei jedoch eine einmalige Angelegenheit gewesen und charakterisiere nicht die Leistung des Klägers für die gesamte Dauer seines Arbeitsverhältnisses.

Mit Urteil vom 30.10.2001 hat das Arbeitsgericht Kaiserslautern die Klage abgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf das erstinstanzliche Urteil (Bl. 34 ff. d. A.) verwiesen.

Mit Schreiben vom 04.12.2001, eingegangen beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am 05.12.2001, hat der Kläger gegen das ihm am 28.11.2001 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - AZ: 8 Ca 1777/01 - Berufung eingelegt und diese zugleich begründet.

Der Kläger trägt vor:

Ein für das Arbeitszeugnis erforderliches Persönlichkeitsprofil sei in Anbetracht der Aufbewahrungspraxis für Personalunterlagen bei Großbetrieben für die Beklagte jederzeit abrufbar. Einer konkreten persönlichen Erinnerung eines Vorgesetzten bedürfe es nicht, um ein nachträgliches Zeugnis zu erstellen. Die Beklagte habe durch den Sachvortrag in ihren Erwiderungsschriftsätzen demonstriert, dass sie entgegen ihren Behauptungen sehr wohl auch jetzt noch in der Lage sei, zu jedem einzelnen Punkt des Zeugnisses Stellung zu nehmen. An dem für die Verwirkung des Anspruchs erforderlichen Umstandsmoment fehle es, da der Kläger durch sein Verhalten nie zu erkennen gegeben habe, er werde keinen Zeugnisberichtigungsanspruch geltend machen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 30.10.2001 - AZ: 8 Ca 1777/01 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ein berichtigtes qualifiziertes Arbeitszeugnis zu erteilen auf der Grundlage des Zeugnisses vom 01.04.1997 nach Maßgabe folgender Berichtigungen:

a) Der Kläger wurde nicht am 01.01.1983 als Leistungssachbearbeiter in der Geschäftsstelle K eingestellt, sondern als Außendienstmitarbeiter der Geschäftsstelle K.

b) Die Ergebnisse der Außendienstmitarbeit des Klägers sind darzustellen und angemessen zu würdigen unter Hervorhebung der Tatsache, dass niemals vorher und auch danach ähnlich hohe Neuzugangszahlen bei der Beklagten festzustellen waren unter Hervorhebung des Umstandes, dass mit Beginn der Tätigkeit des Klägers ein ständig wachsender Kundenstamm dieser Geschäftsstelle zu verzeichnen war.

c) Der Umstand, dass der Kläger bereits nach nur 1-jähriger Mitarbeit zum Geschäftsstellenleiter befördert wurde, muss im Zeugnis entsprechend kenntlich gemacht werden, etwa mit der Formulierung wie "bereits nach nur 1 Jahr".

d) Die Beschreibung des Aufgabenkreises als Geschäftsstellenleiter ist zu vervollständigen um die verantwortliche Vertretung der Geschäftsstelle in den örtlichen Vertretungsorganen wie beispielsweise der V.

e) Das vielfach nachgewiesene Fachwissen des Klägers im Bereich der sozialen Krankenversicherung ist nicht nur als "umfangreich und fundiert" zu beurteilen, sondern als "hervorragend".

f) Die Gesamtbewertung der Tätigkeit des Klägers als Geschäftsstellenleiter kann nicht insgesamt mit "zu unserer vollen Zufriedenheit" beurteilt werden; vielmehr ist eine Leistungsbeurteilung einzusetzen, die entweder lautet "stets / jederzeit zu unserer vollsten Zufriedenheit" oder in jeder Hinsicht außerordentlich zufriedenstellend".

g) Hinsichtlich der Unternehmensziele ist das Zeugnis so zu gestalten, dass nicht nur die aktive Umsetzung der Unternehmensziele seitens des Klägers erwähnt wird, sondern der Umstand, dass er die ihm vorgegebenen Zielvorgaben erfolgreich umgesetzt hat.

h) Die Verhaltensbeurteilung des Klägers gegenüber dem im Zeugnis aufgezählten Personenkreis ist von "stets höflich, hilfsbereit, korrekt, und ohne Tadel" abzuändern in "freundlich, höflich, in überdurchschnittlichem Ausmaße hilfsbereit, außerordentlich beliebt, sonstigen Personen gegenüber zuvorkommend und in jeder Hinsicht lobenswert".

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt vor:

Aufgrund der bei Erteilung von Zeugnissen gebotenen Wahrheitspflicht könne ein qualifiziertes Zeugnis nur alsbald nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangt und erteilt werden. Nach vier Jahren und vier Monaten sei der Zeugnisberichtigungsanspruch jedenfalls verwirkt. Nach dem auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Ersatzkassentarifvertrag gelte gem. § 40 a EKT eine Ausschlussfrist von sechs Monaten für die Geltendmachung von etwaigen Ansprüchen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsprotokolle verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet.

A.

Die nach § 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthafte Berufung ist gem. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden.

B.

Das Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.

I.

Die Klage ist zulässig.

II.

Die Klage ist jedoch unbegründet.

Die Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Kläger ein geändertes Arbeitszeugnis zu erteilen.

1. Der Kläger macht einen Anspruch auf Berichtigung eines ihm erteilten Zeugnisses geltend. Gem. § 630 BGB hat der Arbeitnehmer bei der Beendigung eines dauernden Arbeitsverhältnisses Anspruch auf Erteilung eines Zeugnisses. Erfüllungsanspruch in diesem Sinne ist auch der sog Anspruch auf Berichtigung eines Zeugnisses. Wer Berichtigung eines ihm bereits ausgestellten Zeugnisses verlangt, macht damit einen Erfüllungsanspruch geltend, der dahin geht, ihm ein nach Form und Inhalt den gesetzlichen Vorschriften entsprechendes Zeugnis zu erteilen (BAG, 17.02 1988, AP Nr. 17 zu § 630).

2. Ein etwaiger Zeugnisberichtigungsanspruch wäre auch noch nicht verjährt, § 195 BGB i.V.m. Art. 229 § 6 EGBGB. Jedoch unterliegt der Anspruch auf Erteilung, bzw. Berichtigung eines Zeugnisses, wie jeder schuldrechtliche Anspruch, der Verwirkung (BAG, 17.02.1988, a.a.O.; LAG Hamm, 09.09.1999, NZA RR 00, 575). Zur Verwirkung eines Anspruchs müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein: Der Gläubiger muss sein Recht längere Zeit nicht ausgeübt und dadurch beim Schuldner die Überzeugung hervorgerufen haben, er werde sein Recht nicht mehr geltend machen. Der Schuldner muss sich weiter hierauf eingerichtet haben, und schließlich muss ihm die Erfüllung des Rechts des Gläubigers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles nicht mehr zumutbar sein (BAG, 17.02.1988, a.a.O.; LAG Hamm, 09.09.1999, a.a.O.). Die Frage des Rechtsmissbrauchs - der Verwirkungstatbestand ist ein Fall unzulässiger Rechtsausübung - lässt sich nur für den Einzelfall klären, eine schematisierende Betrachtung wird dem nicht gerecht. Zeit- und Umstandsmoment dürfen dabei nicht isoliert, sondern können nur im Zusammenhang gesehen werden (LAG Hamm, 09.09.1999, a.a.O.). Bei der Frage der Verwirkung von Zeugnisansprüchen ist die Besonderheit zu berücksichtigen, dass das Zeugnis der Wahrheit entsprechen muss. Der Aussteller übernimmt wegen des vertrauenerweckenden Charakters des Zeugnisses eine Mindestgewähr für dessen Richtigkeit und eine entsprechende Einstandspflicht (Dorner / Luczak / Wildschütz, Arbeitsrecht in der anwaltlichen und gerichtlichen Praxis, 2. Auflage 1999, F / Rz 13 f; Schießmann, Das Arbeitszeugnis, BB 1988, 1320). Falls ein einfaches Zeugnis verlangt wird, so wird die Ausstellung in einer für den Arbeitgeber noch zumutbaren Weise auch Jahre nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers möglich sein, solange die entsprechenden Unterlagen vorhanden sind. Anders ist jedoch das Verlangen nach einem qualifizierten Zeugnis zu beurteilen. Generell wird der Verwirkungszeitpunkt bei einem qualifizierten Zeugnis früher erreicht sein als bei einem einfachen Zeugnis, weil hierfür die notwendigen Angaben schwieriger festzustellen sind (Kossens, Verwirkung, AR-Blattei SD, 1720). Wird ein qualifiziertes Zeugnis nach Ablauf eines längeren Zeitraums ausgestellt, ist nicht mehr gewährleistet, dass es inhaltlich zutrifft, da das menschliche Erinnerungsvermögen und damit auch der Eindruck, den der Beurteilende hat, mehr und mehr verblasst. Eine Verwirkung des Zeugnisanspruchs ist zudem um so eher anzunehmen, wenn es nicht um den Ersterfüllungsanspruch, sondern - wie hier - um den Anspruch auf Zeugnisberichtigung geht. Von jemandem, dem bereits ein Zeugnis erteilt wurde, kann man eine schnelle Prüfung und entsprechende Rüge der nach seiner Ansicht gegebenen Mängel verlangen (Schießmann, Das Arbeitszeugnis, BB 1988, 1324; LAG Saarland, 28.02.1990, LAGE Nr. 9 zu § 630; Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht / Müller-Glöge, 2. Auflage, § 630 Rz 110).

Diese Gesichtspunkte untermauern, dass Zeugnisse, wenn sie ihre Funktion im Arbeitsleben erfüllen sollen, zeitnah nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers zu erstellen sind und sich hieran auch der Zeitrahmen orientiert, nach welchem der Arbeitgeber je nach den Umständen im Einzelfalls darauf vertrauen darf, der Arbeitnehmer werde das erteilte Zeugnis hinnehmen (BAG, 17.02.1988, AP Nr. 17 zu § 630 BGB). Diese Wertung wird dadurch unterstrichen, dass der Zeugnisanspruch regelmäßig von tarifvertraglichen Ausschlussfristen erfasst wird (BAG, 17.02.1988, AP Nr. 17 zu § 630 BGB; BAG, 23.02.1983, AP Nr. 10 zu § 70 BAT). Das Bundesarbeitsgericht hat das Zeitmoment bei der Verwirkung eines Zeugnisberichtigungsanspruches dahingehend präzisiert, dass es einen Zeitraum von fünf bzw. zehn Monaten als ausreichend angesehen hat (vgl. BAG, 17.02.1988, a.a.O.; BAG, 8.02.1972, AP Nr. 7 zu § 630 BGB.; LAG Saarland, 28.02.1990, a.a.O; Münchener Kommentar / Wank, § 128 Rz 38).

Unter Anwendung dieser Rechtsgrundsätze ist der Zeugnisanspruch verwirkt. Der Kläger ist zum 31.3.1997 ausgeschieden. Das Zeugnis datiert vom 01.04.1997. Der Kläger hat sich erstmals nach über vier Jahren nach Zeugniserteilung gegen die Formulierung gewandt. Das Zeitmoment ist damit nach den Vorgaben des Bundesarbeitsgerichts unzweifelhaft erfüllt.

Die Beklagte konnte dem Verhalten des Klägers auch entnehmen, er werde sein Recht nicht mehr verfolgen (sog. Umstandsmoment). Wie aus der Datierung des Zeugnisses ersichtlich ist, hat die Beklagte die Beurteilung unmittelbar im Zusammenhang mit dem Ausscheiden des Klägers unter dem Eindruck der Leistungen und der Persönlichkeit des Klägers abgegeben. Die Beklagte erteilte zudem ein detailliertes Zeugnis, das dem Kläger die Wahrnehmung einer verantwortungsvollen Aufgabe, ein umfangreiches und fundiertes Fachwissen, fachliche Kompetenz, Zielstrebigkeit, Selbständigkeit in der Aufgabenerledigung und einwandfreies Verhalten bestätigte. Darüber hinaus enthielt das Zeugnis die Gesamtbeurteilung der Tätigkeit als Geschäftsstellenleiter "zu unserer vollen Zufriedenheit" und eine wohlwollende Schlussformel. Die Ausstellung des Zeugnisses unmittelbar im Anschluss an das Ausscheiden des Klägers aus dem Unternehmen auf dessen Wunsch, verbunden mit dem detaillierten, durchaus nicht negativen Zeugnisinhalt, sind Umstände, die bei der Beklagten das Vertrauen begründen konnten, der Kläger werde sich mit dem Zeugnis zufrieden geben und die Abwicklung des Arbeitsverhältnisses ebenfalls als abgeschlossenen Vorgang betrachten, wenn er nicht seinerseits zeitnah zu erkennen gebe, dass er ein geändertes Zeugnis wünsche.

Vor allem musste die Beklagte berechtigterweise nicht mehr damit rechnen, dass der Kläger Jahre nach Erteilung eines derart detaillierten Zeugnisses grundlegende Änderungswünsche vorbringen würde. Diese Änderungswünsche zielen nicht nur darauf ab, die Tätigkeitsbeschreibung noch weiter als bereits geschehen zu konkretisieren, sondern auch darauf, Leistungs- und Verhaltensbeurteilungen in das Zeugnis aufzunehmen, wie sie in der gewünschten differenzierten Form nur ein unmittelbarer Eindruck der beurteilten Person erlaubt.

Der Beklagten ist nach über vier Jahren auch nicht mehr zuzumuten, den Anspruch des Klägers zu erfüllen. Nicht nur lässt das menschliche Erinnerungsvermögen im Laufe der Jahre nach, hinzu kommt, dass in jedem Betrieb eine gewisse Fluktuation von Mitarbeitern, auch von leitenden Mitarbeitern, herrscht. Im vorliegenden Fall hat der unmittelbare Vorgesetzte des Klägers das Unternehmen der Beklagten 6 Monate nach dem Ausscheiden des Klägers verlassen, so dass nach Ablauf mehrerer Jahre nicht mehr sichergestellt ist, dass ein Zeugnis von einem Aussteller herrührt, der aufgrund eigner Erinnerung und entsprechenden Beurteilungsvermögens hierfür die Verantwortung übernehmen kann (so auch BAG, 17.02.1988, a.a.O.).

Der Umstand, dass der Kläger aufgrund seiner beruflichen Situation erst jetzt ein Arbeitszeugnis für Bewerbungen benötigt, kann keine andere Bewertung rechtfertigen. Insofern sind vom BAG weder ein Unfall, noch berufliche Überlastung des Arbeitnehmers als Gründe angesehen worden, die einer Verwirkung des Zeugnisberichtigungsanspruchs entgegenstehen können (BAG, 17.02.1988, a.a.O.). Dies muss erst recht für die unterlassene Geltendmachung eines möglichen Anspruchs aus mangelndem gegenwärtigen Interesse gelten.

3. Ob die Ausschlussfrist des § 40 a EKT den Zeugnisberichtigungsanspruch erfasst, kann angesichts der Verwirkung dahinstehen.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1 ZPO, § 64 Abs. 6 ArbGG.

D.

Die Revision konnte nicht zugelassen werden, da keine der gesetzlichen Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG vorlag.

RechtsgebieteEKT, ArbGG, ZPO, BGB, EGBGBVorschriftenEKT § 40 a ArbGG § 64 Abs. 1 ArbGG § 64 Abs. 2 ArbGG § 66 Abs. 1 ArbGG § 64 Abs. 6 ZPO § 519 ZPO § 520 BGB § 630 BGB § 195 EGBGB Art. 229 § 6

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