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21.07.2005 · IWW-Abrufnummer 050889

Finanzgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 22.01.2003 – 13 K 175/98

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Finanzgericht Baden-Württemberg

Urteil

Az: 13 K 175/98

In dem Finanzrechtsstreit XXX

wegen Einkommensteuer 1996

hat der 13. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg in der Sitzung vom 22.1.2003 durch XXX für Recht erkannt:

1. Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 30.7.1998 wird der Einkommensteuerbescheid 1996, zuletzt vom 5.3.1998, insoweit abageändert, als die Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit um DM 3.792 zu mindern sind. Die für das Jahr 1996 festzusetzende Einkommensteuer ist durch den Beklagten zu berechnen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des mit Kostenfestsetzungsbeschluss angesetzten Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.

Rechtsmittelbelehrung XXX

Tatbestand

Streitig ist der Zufluss von Zukunftssicherungsleistungen.

Der Kläger (Kl.) war im Streitjahr Gesellschafter-Geschäftsführer der Firma XXX GmbH und bezog aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Dem lag ein Anstellungsvertrag vom 25. August 1972 zugrunde. Das Gehalt wurde zuletzt im Rahmen einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung vom 25.10.1994 mit DM 11.688,-- brutto festgelegt. Mit Vereinbarung vom 03.08.1994 wurde mit Wirkung zum 01.04.1994 zwischen dem Kl. und der GmbH eine Gehaltsumwandlung (Barlohnverzicht) vereinbart. Hiernach hatte die GmbH jährlich DM 3.600,- an Beitrag für eine Direktversicherung zu leisten. Dieser Betrag wurde durch die GmbH nach § 40b Einkommensteuergesetz (EStG) pauschal versteuert. Der Beitrag für das Jahr 1995 wurde vom Septemberlohn des Jahres 1995 einbehalten. Nach Zahlungsaufforderung des Versicherungsunternehmens vom 14.12.1995 wies die GmbH den Beitrag für 1995 mit Postgiroauftrag vom 27.12.1995 zur Zahlung an. Das Konto bei der Postbank wies zu diesem Zeitpunkt ein Guthaben in Höhe von DM 19.695,93 aus.

Im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung durch das Finanzamt XXX wurde ausweislich des Prüfungsberichts vom 31.05.1996 festgestellt, dass der Direktversicherungsbeitrag 1995 in Höhe von DM 3.600,- (betreffend Versicherungsjahr 1995/1996) erst mit Wertstellung 02.01.1996 vom Konto der GmbH bei der Postbank XXX abgebucht worden war. Ebenfalls im Streitjahr 1996 wurde der Versicherungsbeitrag 1996 in Höhe von DM 3.600,-- (betreffend Versicherungsjahr 1996/1997) entrichtet. Dies führte zu der Prüfungsfeststellung, dass im Kalenderjahr 1996 für den Kl. Beiträge von mehr als DM 4.200,-- geleistet wurden, die bei der nach § 40b Abs. 2 S. 2 EStG möglichen Durchschnittsberechnung nicht mit einzubeziehen waren. Da somit der nach § 40b EStG zulässige Pauschalierungsbetrag in Höhe von DM 3.408,- mit DM 3.792,-überschritten wurde, sollte eine Nachversteuerung im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung erfolgen. Entsprechend verfuhr der Beklagte und erhöhte im Einkommensteuerbescheid vom 14.10.1997 (aus anderen Gründen zuletzt geändert durch Bescheid vom 05.03.1998, der nach § 365 Abs. 3 Abgabenordnung - AO - zum Gegenstand im Einspruchsverfahren geworden ist) den Arbeitslohn um DM 3.792,-.

Mit Schreiben vom 24.10.1997 legte der Kl. dagegen Einspruch ein, den der Bekl. durch Einspruchsentscheidung vom 30.07.1998 als unbegründet zurückgewiesen hat. Zur Begründung führte er u. a. aus, dass es sich bei den Direktversicherungsbeiträgen um Arbeitslohn handele, für den das Zuflussprinzip des § 11 EStG gelte. Überweise der Arbeitgeber Beiträge zugunsten des Arbeitnehmers an eine Versicherung, liege steuerpflichtiger Arbeitslohn in dem Zeitpunkt vor, in dem das Geld bei der Versicherung eingehe. Da die Beiträge für das Jahr 1995 erst in 1996 gezahlt worden seien, sei ein entsprechender Zufluss beim Kl. auch erst im Jahr 1996 erfolgt. Schließlich greife auch die Ausnahmeregelung in § 11 Abs. 1 Satz 2 vorliegend nicht ein, da die Beitragszahlung für 1995 nicht innerhalb von 10 Tagen vor Ablauf des Kalenderjahres fällig geworden sei. Da der nach § 40b Abs. 1 EStG maximal zulässige Pauschalierungsbetrag von DM 3.408,- somit um DM 3.792,- überschritten worden sei, sei der Differenzbetrag als laufender Arbeitslohn zu besteuern.
Hiergegen wendet sich der Kl. mit seiner - rechtzeitig - beim Finanzgericht eingereichten Klage. Zur Begründung trägt er vor, dass für Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit § 38a Abs. 1 S. 2 und 3 EStG gelten würden, wonach laufender Arbeitslohn als in dem Kalenderjahr bezogen gelte, in dem der Lohnzahlungszeitraum ende, d. h. die Beitragsleistung 1995 in 1995. Auch handele es sich bei Gehalt um regelmäßige Einnahmen im Sinne von § 11 Abs. 1 S. 2, die als in dem Kalenderjahr bezogen gelten würden, zu dem sie wirtschaftlich gehörten, auch wenn sie kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres zugeflossen seien. Er sei der Auffassung, dass es sich bei einer Gehaltsumwandlung um eine Umwandlung von laufendem Arbeitslohn in Versorgungslohn handele, die diese jedoch nicht in einen sonstigen Bezug verändere, auf den das Zuflussprinzip des § 11 Abs. 1 S. 1 EStG anzuwenden sei. Es sei somit § 38a Abs. 1 S. 2 EStG anzuwenden mit der Folge, dass der Zufluss der strittigen Beitragsleistung 1995 in 1995 erfolgt sei. Im Übrigen sei bei Anwendung des § 11 Abs. 1 S. 2 die geringfügig gegenüber dem Kalenderjahr verspätete Zahlung von laufendem Arbeitslohn dem Lohnzahlungszeitraum 1995 zuzurechnen, zumal die Absicht bestanden habe, die Zahlung im laufenden Lohnabrechnungszeitraum abzuschließen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Einkommensteuerbescheid vom 05.03.1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30.07.1998 dahingehend zu ändern, dass die Einkommensteuer unter Verringerung der Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit um DM 3.792,-- herabgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Gemäß § 38a Abs. 1 EStG bemesse sich die Jahreslohnsteuer nach dem Arbeitslohn, den der Arbeitnehmer im Kalenderjahr beziehe. Laufender Arbeitslohn gelte in dem Kalenderjahr als bezogen, in dem der Lohnzahlungszeitraum ende. Arbeitslohn, der nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt werde (sonstige Bezüge), werde in dem Kalenderjahr bezogen, in dem er dem Arbeitnehmer zufließe. Vorliegend handele es sich bei dem jeweils im Herbst zahlbaren Versicherungsbeitrag nicht um fortlaufend gezahlten Arbeitslohn, sondern um einen sonstigen Bezug, der damit zum Zeitpunkt des Zuflusses zu erfassen sei. Abschließend sei noch festzustellen, dass auch eine Verdoppelung des pauschalierungsfähigen Betrags bzw. nachträgliche Ausschöpfung des Grenzbetrages gemäß § 40b Abs. 2 EStG bei der Nachzahlung von Beiträgen für zurückliegende Jahre nicht möglich sei.

In weiteren Schriftsätzen vom 09.11.1998 und vom 03.02.1999 vertritt der Kl. die Auffassung, dass es sich bei den Versicherungsbeiträgen um laufenden Arbeitslohn handele, der ihm seit 1977 regelmäßig gewährt worden sei. Dies ergebe sich umso mehr aus der Tatsache, dass die Beiträge aus einer Gehaltsumwandlung stammten, mithin eine Überweisung von Barlohn des Lohnzahlungszeitraums 1995 vorliege. Dass die Zahlung an den Versicherer nicht sofort nach der Einbehaltung im September 1995 erfolgt sei, habe ihre Ursache in der damals bevorstehenden Liquidation der GmbH. Da es sich um die letzte derartige Zahlung an den Versicherer gehandelt habe, sollten zum Zahlungszeitpunkt alle bestehenden Verrechnungen ausgeglichen werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die ausgetauschten Schriftsätze und die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.

Entscheidungsqründe

Die Klage ist begründet. Der Einkommensteuerbescheid 1996 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 FGO).

Zahlungen des Arbeitgebers in eine Direktversicherung stellen Lohn dar (vgl. u. a. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 18. Dezember 1987 VI R 108/85, BFH/NV 1988, 499).

Nach § 40b Abs. 1 EStG (in der für das Streitjahr 1996 gültigen Fassung) kann der Arbeitgeber die Lohnsteuer von Beiträgen für eine Direktversicherung mit einem Pauschalsteuersatz von 20 % der Beiträge erheben. Dies gilt jedoch nach § 40b Abs. 2 S. 1 EStG nicht, soweit die zu besteuernden Beiträge für den Arbeitnehmer DM 3.408,-im Kalenderjahr übersteigen. Der diese Grenze übersteigende Teil der Leistung unterliegt dem normalen Lohnsteuerabzug und kann beim Arbeitnehmer im normalen Veranlagungsverfahren berücksichtigt werden (vgl. BFH-Urteil vom 18. Januar 1991 VI B 140/89, BFHE 163, 204, BStBI II 1991, 309). Nach § 40b Abs. 2 S. 2 EStG gilt bei mehreren Arbeitnehmern, die gemeinsam in einem Direktversicherungsvertrag versichert sind, als Beitrag für den einzelnen Arbeitnehmer der Teilbetrag, der sich bei einer Aufteilung der gesamten Beiträge durch die Zahl der begünstigten Arbeitnehmer ergibt, wenn dieser Teilbetrag DM 3.408,- nicht übersteigt.

Bemessungsgrundlage für die Pauschalierung ist dabei der tatsächlich vom Arbeitgeber für den jeweiligen Arbeitnehmer im Kalenderjahr geleistete Beitrag, d.h. maßgebend sind die in einem Kalenderjahr beim Arbeitgeber für den Arbeitnehmer abgeflossenen Beiträge (vgl. BFH-Urteil vom 10. Juni 1988 VI R 171/85, BFH/NV 1989, 23). Unerheblich ist daher, ob es sich um Einmalbeiträge, laufende Beiträge, zusätzliche zum vereinbarten Gehalt oder im Rahmen einer Gehaltsumwandlung geleistete Beiträge handelt. Auch Nachzahlungen sind deshalb dem Jahr der Zahlung zuzuordnen (vgl. BFH-Urteil vom 18. Dezember 1987 VI R 108/85, a. a. O.). Korrespondierend zum Abfluss beim Arbeitgeber ist beim Arbeitnehmer ein Zufluss von Einnahmen zu erfassen, die nach § 11 Abs. 1 S. 1 EStG grundsätzlich auch zu diesem Zeitpunkt zugeflossen sind, auch wenn sie ein anderes Kalenderjahr betreffen. Der Gesetzgeber hat dabei in § 11 EStG bewusst in Kauf genommen, dass es durch die Zusammenballung von Einnahmen und Ausgaben in einem Veranlagungszeitraum zu steuerlichen Zufallsergebnissen kommen kann, die ggf. zu einer erheblichen steuerlichen Be- oder Entlastung führen (so BFH-Urteil vom 18. Dezember 1987 VI R 108/85, a. a. O.).

Da vorliegend die Versicherungsbeiträge bei der GmbH zwar erst mit Wertstellung 02.01.1996 abgebucht worden sind, die Überweisung aber bereits vom 27.12.1995 datiert und das Konto eine ausreichende Deckung aufwies, liegt nach der BFH-Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, ein Abfluss bei der GmbH und ein Zufluss beim Kläger bereits im Jahr 1995 vor (vgl. BFH-Urteil vom 06.03.1997 IV R 47/95, BFHE 183, 78, BStBI II 1997, 509). Spätester Leistungszeitpunkt ist danach die Lastschrift beim Auftraggeber. Bei ausreichender Deckung auf dem Bankkonto ist jedoch bereits die Erteilung des Überweisungsauftrages ausreichend. Die Beiträge wurden daher zutreffend von der GmbH im Jahr 1995 der Pauschalversteuerung unterworfen und mussten bei der Veranlagung 1996 außer Ansatz bleiben (§ 40 Abs. 3 S. 3 EStG).

Dahingestellt bleiben konnte die nachrangige Frage, ob es sich bei Direktversicherungsbeiträgen aus Gehaltsumwandlung um laufenden Arbeitslohn im Sinne des § 38a Abs. 1 S. 2 und 3 handelt, der in dem Kalenderjahr als bezogen gilt, in dem der Lohnzahlungszeitraum endet; ebenso dahingestellt bleiben konnte die Frage, ob es sich bei den Direktversicherungsbeiträgen um regelmäßig wiederkehrende Einnahmen im Sinne von § 11 Abs. 1 S. 2 handelt mit der Folge der Erfassung des Zuflusses im Jahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, 711 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) i. V. m. § 151 Abs. 1 FGO (BFH-Beschluss vom 15. April 1981 - IV S 3/81, BStBI II 1981, 402).

RechtsgebietEStGVorschriften11 I S. 1 EStG, § 40b EStG

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